Eine traurige Botschaft
Gimli versuchte mit aller Macht wach zu bleiben, aber die Müdigkeit übermannte ihn und seine Augen fielen zu. Er wusste nicht wie lange er so geschlafen hatte, als ihn plötzlich Schreie weckten.
Haldir stand am Krankenbett und redete auf Legolas ein, der immer wieder aufschrie und mit den Beinen strampelte. Weitere Elben rannten dazu und hielten ihn fest. Gimli sprang vom Stuhl und beobachtete mit erschrockenem Blick, was geschah. Legolas war völlig aus der Fassung geraten. Er schrie immer noch und weinte laut. Haldir legte ein feuchtes Tuch auf seine Stirn und sprach immer wieder beruhigend klingende Worte in der Sprache der Elben. Gimli verstand nur „Elrond", sonst nichts.
Aber der kranke Elb auf dem Lager wollte sich kaum beruhigen. Nur langsam wurden die Aufschreie leiser, bis sie in ein leichtes Wimmern übergingen. Legolas lag wieder ruhig da, aber weinte wie ein kleines Kind. Haldir hatte ihn leicht nach oben gezogen in den Arm genommen und wiegte ihn hin und her. Immer noch sprach er Elbisch. Dann sagte er etwas zu einem der anderen. Dieser nickte und rannte sofort los.
Der Zwerg bekam es mit der Angst zu tun.
„Haldir, was ist mit Legolas, wieso hat er so geschrieen?"
Haldir sah Gimli bedrückt an.
„Er hat schwere Träume, das ist die Vorstufe. Sein Fieber ist gestiegen. Aber Elrond ist auf dem Weg. Er wird in wenigen Stunden eintreffen."
Der letzte Satz beruhigte Gimli. Sicher würde der Heiler helfen können. Immerhin hatte er damals auch Frodo kuriert, wo es so schlimm um ihn stand.
Haldir versuchte Legolas zum Trinken zu bringen, aber dieser weigerte sich.
„Legolas, du musst trinken…kämpfe…bitte kämpfe…."
Aber auch diese Worte nützten nichts. Legolas drehte den Kopf immer wieder weg. Gimli sah, dass er immer noch weinte, aber nun beinahe unhörbar.
„Legolas…." fing er an. „Bitte trink das Wasser….du kannst nicht einfach so gehen….du musst doch bei mir bleiben…denk an dein Versprechen…..wir wollten die Höhlen besuchen…."
Das war vielleicht in diesem Augenblick nicht wichtig, aber Gimli wusste kein anderes Argument. Und es schien tatsächlich zu funktionieren. Legolas schluckte ein wenig Wasser und ließ sich dann ins Kissen zurück sinken. Haldir streichelte sanft über seine Wangen.
Gimli atmete erleichtert auf. Vielleicht war dies ein gutes Zeichen, Legolas schien vielleicht doch zum Kämpfen bereit.
Ein junger Elb kam aufgeregt zu Haldir geeilt.
„Eine wichtige Botschaft von König Thranduil!"
Haldir nickte zum Dank, nahm die Pergamentrolle und las sie etwas abseits. Seine Miene wurde von Sekunde zu Sekunde dunkler.
„Ich begreife das nicht!" entfuhr es ihm.
Schon rannte er weg.
Gimli schritt näher an Legolas heran. Er schien nun wieder friedlich zu schlafen. Also setzte sich der Zwerg wieder auf seinen Stuhl und beschloss nun wirklich nicht mehr einzuschlummern. Seine Gedanken wanderten zu der Botschaft des Königs. Was hatte Haldir dermaßen erregt? Wieso schickte Legolas' Vater nur eine Botschaft, wo sein Sohn doch jederzeit hätte sterben können? Warum war er nicht sofort her geritten?
Haldir kehrte zurück. Noch immer machte er ein aufgebrachtes Gesicht.
„Gimli, würdest du mir bitte folgen?" Gimli nickte.
Sie gingen ein Stück in den Wald hinein und trafen dort auf Galadriel. Sie hielt die Botschaft in der Hand und sah ebenfalls nicht glücklich drein. Dann reichte sie das Schriftstück an Gimli weiter.
Meine
verehrteste Frau Galadriel,
Herrscherin von Lothlórien,
mir wurde soeben mitgeteilt, dass mein Sohn Legolas in Eurem Reich ist und sich in einem bedauernswerten Zustand befindet.
Ich
bin untröstlich, dass ich derzeit einigen Verpflichtungen
nachgehen muss und somit nicht erscheinen kann. Meine
Gemahlin
ist zurzeit unpässlich und ebenfalls nicht im
Stande zu
verreisen.
Persönliche Umstände sind desgleichen hinderlich.
Richtet
meinem Sprössling die segensreichsten
Genesungswünsche
aus.
Thranduil, König von Düsterwald
Gimli las den Brief zweimal durch bevor er wieder zu Galadriel blickte.
„Das ist alles?" fragte er fassungslos. „Sein Sohn liegt im Sterben und dies ist alles, was er dazu zu sagen hat? Welche Verpflichtungen sind wichtiger als das Leben seines Kindes?"
Gimli war völlig aufgelöst.
„Auch wir sind erzürnt über diese kurze Mitteilung des Königs. Wir können uns keinen Reim daraus machen." sagte Galadriel zutiefst bedrückt.
Auch Haldir sah betrübt zu Gimli.
„Wir werden nun auf Elrond warten, vielleicht weiß er etwas, das wir nicht kennen. Immerhin hatte er guten Kontakt zu Legolas von dessen Kindesbeinen an."
Schweigend gingen sie zurück. Gimli spürte großes Mitgefühl für seinen Freund, er hätte ihm so sehr gewünscht, dass seine Eltern bei ihm waren.
