Author's Note: Zunächst einmal vielen Dank an meine 3 Reviewschreiber und alle Schwarzleser. Ich hoffe, das neue Kapitel gefällt euch :-)

Auch in Zukunft würde ich mich über Kommis freuen – und es dürfen ruhig auch mal ein paar mehr sein 'lieb guck'

Kapitel 2 - Gefangen

Hermine erstarrte, als Draco Malfoy sich zu ihr umdrehte. Es gab keinen Zweifel, dass es sich um ihren ehemaligen Mitschüler aus Slytherin handelte, auch wenn sein spitzes Gesicht schmaler und seine weißblonden Haare länger wirkten als gewöhnlich. „Snape muss auch hier sein", war der letzte klare Gedanke, den sie fassen konnte. Dann ging alles sehr schnell.

Später erinnerte sie sich, dass sie hatte rufen wollen, doch es war bereits zu spät. Malfoy machte einen Sprung in ihre Richtung, drehte sie blitzschnell um und presste ihr die Handfläche auf Mund und Nase. Sie versuchte sich zu wehren, doch trotz seines offensichtlich geschwächten Zustandes war ihr Gegner um einiges stärker als sie. Panik wellte in ihr auf, als sie fühlte, dass er in die Tasche seiner Jacke griff. Sie spürte etwas Kaltes hart auf ihren Hinterkopf aufschlagen. Dann wurde alles schwarz.

Als würde sie das Geschehen von einem weit entfernten Ort aus verfolgen, nahm Hermine einen Arm wahr, der sich unter ihren schob und sie wegzog. Eine Stimme fragte, ob alles in Ordnung sei. „Ihr ist schlecht geworden. Ich bringe sie zu unserem Bus … da drüben … Klassenfahrt." Es mochte vielleicht seltsam klingen, doch diese Worte, deren Beigeschmack von Normalität in dieser Situation beinahe grotesk wirkte, beruhigten sie. So sehr, dass sie sich nun vollends in die bereits wartenden Arme der Ohnmacht sinken ließ.

Als sie die Augen aufschlug, sah sie zunächst nichts. Vielleicht war sie ja tot, überlegte sie. Aber bedeutete tot sein wirklich endlose Dunkelheit? Und konnten Tote wirklich solche Kopfschmerzen haben? Sie fasste sich an den Hinterkopf, zog die Hand jedoch gleich wieder zurück. Kein Blut, aber eine riesige Beule. Was war passiert? Hermine versuchte sich zu erinnern, aber das Pochen in ihrem Schädel setzte diesem Versuch schnell ein Ende. Sie schloss abermals die Augen (was keinen großen Unterschied machte) und ließ sich für eine Weile treiben. Dabei musste sie wohl eingeschlafen sein, denn als sie zum nächsten Mal aufwachte, wurde sie von seltsamen Träumen geweckt, die durch ihr Unterbewusstsein schwirrten. Hogwarts, Dementoren, Todesser, das Ministerium – alles lief durcheinander und verschwamm zu einem unheimlichen Ganzen. Und immer wieder das Gesicht von Draco Malfoy.

Wobei letzteres auch nicht verschwand, als sie sich endlich dazu durchringen konnte, die Augen abermals zu öffnen. Zwar war es noch immer dunkel, nun allerdings drang ein Lichtschein durch einen schmalen Spalt, der wohl eine Türöffnung darstellte.

„Guten Morgen, Granger. Gut geschlafen?"

Verständnislos sah Hermine Draco an. Wo war nur der Zusammenhang zu ihrem Traum?

„Genau wie deine beiden Freunde! Kannst es einfach nicht lassen, deine Nase in anderer Leute Angelegenheiten rein zu stecken, nicht wahr? Aber diesmal – diesmal wird es für dich nicht so glimpflich abgehen wie sonst. Kein Potter mehr, der dich beschützt. Keine heldenmütigen Gryffindors, die jederzeit dazu bereit sind, ihr wertloses Leben für ein kleines Schlammblut wie dich zu opfern!"

Ihr Gehirn war noch nicht wieder dazu in der Lage, diese Worte zu verarbeiten, doch sie kam nicht umhin, den harten, umbarmherzigen Unterton in seiner Stimme zu registrieren. Malfoy grinste hämisch. Was wollte er nur von ihr? Und wie war sie überhaupt hierher gekommen. Unter Schmerzen drehte sie den Kopf zur Seite und erkannte im fahlen Lichtschein einen Bretterverschlag. An der Wand hatte jemand Brennholz gestapelt und in der Ecke lehnte eine Axt, deren Existenz sie mit vor Angst geweiteten Augen zur Kenntnis nahm. Instinktiv griff sie nach ihrem Zauberstab – doch ihre Jackentasche war leer.

Wiederum ein dunkles, hämisches Lachen. „Glaubst du im Ernst, ich hätte nicht daran gedacht? Nein, du kleines Stück Schmutz, hier wird nicht gezaubert. Schon gar nicht von Muggelabschaum wie dir!"

„Was hast du mit meinem Zauberstab gemacht?" Sie wollte schreien, doch ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen.

„Willst du das wirklich wissen?"

„Gib ihn mir wieder!"

Draco wollte etwas erwidern, doch er wurde durch ein äußerst beunruhigendes Geräusch unterbrochen, das aus dem Nebenzimmer zu kommen schien. Zuerst dachte Hermine, es müsse sich um irgendein Tier handeln, doch dann erkannte sie, dass es ein Mensch war, der dort hustete und würgte, als würden ihm die Eingeweide aus dem Hals quellen. Malfoy schreckte hoch und wollte eben nach draußen eilen, als er sich noch einmal der Gegenwart Hermines erinnerte. Er griff in die Tasche seiner Jeans – im Übrigen ein für ihn äußerst ungewöhnliches Kleidungsstück – und warf ihr zwei Holzstücke zu.

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen und seine Gefangene erneut in beinahe völliger Dunkelheit zurückgelassen hatte, rappelte sich Hermine hoch. Da die Tür kaum mehr als eine Reihe lose zusammengenagelter Bretter darstellte, fielen noch immer einzelne Lichtstreifen in den Verschlag und es dauerte nur wenige Augenblicke, bis ihre Augen sich an die spärliche Beleuchtung gewöhnt hatten.

Obwohl ihr Kopf noch immer schmerzte und ein leichtes Schwindelgefühl verursachte, konnte sie ohne fremde Hilfe stehen. Wie lange sie wohl auf dem harten Holzboden gelegen hatte? Ihr Rücken tat weh, ebenso ihre Arme – kurzum: Sie fühlte sich, als wäre sie gerädert oder zumindest auf die Streckbank geschnallt worden. Unter beinahe übermenschlicher Anstrengung bückte sie sich nach den beiden Holzstücken, die ihr Malfoy zugeworfen hatte. Mit Schrecken registrierte sie, dass es sich um ihren Zauberstab handelte.

Sie hielt die beiden Teile aneinander, als hoffe sie, sie würden sich von selbst wieder zusammenfügen – aber nichts geschah. Sie war vollkommen wehrlos. Wenn sie doch nur Harry und … Ja! Natürlich! Mit einem Mal fiel ihr alles wieder ein. Harry und Ron, die Dursleys, die Tankstelle – und Draco Malfoy. Sie war aus der Toilette gekommen, hatte ihn erkannt und war überfallen worden. Augenscheinlich hatte er sie hierher gebracht. Sie sah sich erneut um, diesmal ruhiger und mit verhältnismäßig klarem Kopf. Anscheinend handelte es sich um eine Holzfällerhütte irgendwo im Wald. Sehr weit von der Autobahn entfernt konnten sie nicht sein, denn selbst wenn Draco einen Helfer gehabt hätte, hätte er sie in bewusstlosem Zustand nur schwerlich über eine weite Strecke schleppen können. Da ihr Verschwinden sicher auch von den anderen bemerkt worden war, war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis man sie finden würde. Die Frage war nur, ob tot oder lebendig.

Draco war nach dem Mord an Dumbledore verschwunden, ebenso wie Severus Snape. Das Ministerium als auch der Phönixorden waren hinter ihnen her, wahrscheinlich war auch die Regierung der Muggel informiert worden. Die beiden konnten kein besonderes Interesse daran haben, einen Sichtzeugen zu haben – was für sie zwangsläufig den Tod bedeuten musste.

Doch warum trieb sich Draco überhaupt draußen herum, noch dazu an einer Tankstelle, wo täglich hunderte von Menschen vorbeikamen? Und war Snape bei ihm? Der Gedanke war ihr noch überhaupt nicht gekommen, doch wenn sie darüber nachdachte, schien dies mehr als wahrscheinlich zu sein. Voldemort sorgte wirklich nicht besonders gut für seine Schäfchen, dachte sie mit einem leichten Anflug von Zynismus. Eine Holzfällerhütte an einer Autobahn stellte kaum die luxuriöse Art von Belohnung dar, die dem Mörder von Albus Dumbledore wohl zugestanden hätte. Irgendetwas Unvorhergesehenes musste passiert sein – etwas, mit dem weder Draco noch Snape gerechnet hatten. Doch das sollte nicht ihre Sorge sein. Zunächst musste sie hier herauskommen. Die Frage war nur, wie. An Draco und seinem mysteriösen Begleiter würde sie wohl nicht vorbeikommen. Sie konnte von draußen leises Stimmengemurmel hören, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie nicht weggegangen waren.

Eine Waffe hatte sie auch nicht, es sei denn … .

Ja, natürlich, die Axt! Sie lehnte noch immer unverändert an ihrem Platz neben dem Holzstoß. Anscheinend hatte Malfoy vergessen, sie wegzunehmen, vielleicht war sie ihm aber auch gar nicht aufgefallen. Kurz entschlossen ergriff sie den schon etwas mitgenommen aussehenden Holzgriff und riss die Axt in die Höhe. Die Klinge war schwerer als erwartet, wodurch Hermine gezwungen wurde, einen Ausfallschritt zur Seite zu machen. Dabei stieß sie unbeabsichtigt gegen die ordentlich gestapelten Holzscheite, von denen nun einige polternd zu Boden fielen. Erschrocken ließ sie die Axt wieder sinken und hielt die Luft an. Sie war sich sicher, dass Malfoy den Lärm bemerkt haben musste. Unbewusst umklammerte sie den Griff fester, während sie wartete. Doch nichts geschah. Aus dem Nebenraum waren keine Schritte zu vernehmen und es schien sich auch niemand in der Nähe der Tür aufzuhalten. Erleichtert atmete sie aus. Das war gerade noch einmal gut gegangen!

Hermine schalt sich selbst, in Zukunft vorsichtiger zu sein. (In ihrem Kopf machte sie sich eine Randnotiz, künftige Horrorfilm-Regisseure darauf hinzuweisen, dass Szenen, in denen junge Frauen eine Axt über dem Kopf schwangen, keinerlei Realitätsnähe besaßen.)

Erneut stemmte sie ihre Waffe in die Höhe und holte noch einmal tief Luft. Als sie die Tür öffnen wollte, fand sie diese zu ihrer großen Überraschung unverschlossen vor. Vor ihr, im Licht einer Petroleumlampe sah sie etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Sie stieß einen leisen Schrei aus.

Dann ließ sie die Axt fallen.