Der Fisch


Die Beine des Zwergen bewegten sich wie von alleine und so konnte er sie auch nicht stoppen, als er das Unheil direkt vor sich sah. Ein paar Schritte vor ihm hörte der Weg plötzlich auf und endete - im Nichts. Gimli versuchte zu bremsen, doch seine unübersehbaren Kilos (die stammten von einem köstlichen Getränk das"Bier" genannt wurde und dasdamals ihm Zwergenreich in rauen Mengen gebraut wurde) waren nicht so leicht zu bändigen, wie sich der Baumbezwinger das vorgestellt hatte. Das Gesetz der Trägheit wurde demGrünzeugverachter zum Verhängnis. Sein Bauch war schneller als seine Beine und ließ sich nicht zurückhalten. Schon war es soweit. Gimli war an einem Abgrund angelangt. Doch anstatt einen letzten, entscheidenden Versuch zu unternehmen um stehen zu bleiben, wie es jeder vernünftige Zwerg getan hätte (OK, von dieser Sorte gibt es ja nichtall zu viele), rannte Gimli nun erst recht auf den Rand des Abgrundes zu, oder besser gesagt darüber hinweg.

Und er fiel.

In ein tiefes Loch.

Ein sehr tiefes Loch.

Mit viel Wasser am unteren Ende.

Und auch auf einer Seite.

Das Wasser fiel mit Gimli um die Wette.

Es war ein - na? Richtig! Ein Wasserfall.

Und Gimli sah aus - wie? Richtig!

Wie ein professioneller Klippenspringer.

Nach den ersten Sekunden des Schocks, breitete der Extremsportler kurzentschlossen seine kräftigen Ärmchen aus und "flog" durch die Luft. "Yipeeee!", kreischte er vergnügt. Das war ein absolut geiles Gefühl! Das würde er sofort noch mal machen! Vorausgesetzt, dass er dieses erste Mal überleben würde. Doch diesen Gedanken schob er vorläufig noch auf die Seite. Der Ex- Steineklopfer stellte sich vor, was die vielen Zwerginnen wohl dazu sagen würden, wenn sie ihn jetzt so sehen könnten. Ach, er war schon ein Vorbildszwerg! Der Traum aller jungen Zopfgeflochtenen. Er war muskulös (na ja, sein Bauch vielleicht weniger), gut aussehend (wenn man auf verfilzte Haare steht), intelligent (auf seine eigene Art und Weise ja) und geschickt bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (das stimmte, das musste man ihm lassen). Oh, was hatten die Mädchen in seinem Heimatdorf verpasst! Aber es gab ja noch sooo viele schöne Zwerginnen auf dieser Welt! Wenn er die nur fand!

Inzwischen hatte Gimli dreiviertel des Weges, oder besser gesagt des Falles, hinter sich gebracht. Nun wurde es aber wirklich Zeit, sich Gedanken über eine Landung mit so wenigen Schmerzen wie möglich zu machen. OK, wenn er sofort beim Aufprall auf das Wasser sterben würde, hätte er auch keine Schmerzen mehr, aber diese Version der Ankunft gefiel ihm nicht besonders. Er wollte ja nicht als Fischfutter enden! Diese Vieher wollte er essen und nicht von ihnen gegessen werden! Was aber sonst? Da kam ihm eine Idee. Bis jetzt war er waagrecht durch die Lüfte gesegelt, doch jetzt brachte er sich in eine neue, bessere Position. Kopfüber stürzte er sich wagemutig in Richtung kühlem Nass. Der Extremzwerg konnte nur hoffen, dass dieser See da auch tief genug für seinen nicht sehr professionellen Kopfsprung war. Langsam zählte er von 10 abwärts. Sein persönlicher Countdown. Würde er überleben oder nicht? Ach war das ein beschissener Tag! Und Hunger hatte er immer noch! Er wollte nicht hungrig sterben! Was für eine Schande für einen Zwergen! Doch weiter kam er mit seinen Grübeleien nicht. Es war soweit. Mit einem ohrenbetäubenden Knall und meterhohen Wellen landete Gimli in den Fluten. Er hatte sich eigentlich eine Erfrischung erwartete, doch das Eintauchen fühlte sich so an, als ob er sich durch eine Betonmauer wühlen würde. Sogar seine Begegnung mit der Felswand im Bergwerk seines Vaters vor drei Jahren war angenehmer gewesen. Er hatte versucht mit seinem riesigen Bergwerkshammer einen Goldklumpen aus dem Felsen zu schlagen und hatte dabei vergessen den Griff des Hammers festzuhalten. Dieser hatte sich dann blöderweise an das Gesetz der Schwerkraft gehalten und war mit seinem ganzen Gewicht auf des Tollpatsches Schädel gescheppert. Jaulend hatte er sich die Beule gehalten, hatte dadurch aber nichts mehr gesehen und war mit Schwung in die Felswand gerannt. Die Beulen hatte er zwar noch einige Monate mit sich herumgetragen und war auch tüchtig dafür ausgelacht worden, aber diesmal würde es mehrere blaue Flecken geben. Doch zuerst musste der Edelsteinfanatiker wieder auftauchen! Die Minuten verstrichen. Von dem Zwergen war nichts zu sehen. Auch als sich das Wasser schon längst wieder beruhigt hatte, war noch nicht einmal das winzigsteBart- oder Kopfhaarvon Gimli, das durch sein leuchtendes Rot natürlich sofort aufgefallen wäre,aufgetaucht. Bis auf das endlose Rauschen des Wasserfalls war es still. Zu still. Richtig unheimlich.

"Buääähhhhh! Weg mit dir! Raus aus meinem Mund! Was fällt dir ein du stinkender Schuppenheini! Sooo hungrig bin ich nun auch wieder nicht, dass ich dich roh essen müsste!", war das erste Lebenszeichen, das Gimli von sich gab. Er hatte bei seiner langen Reise in die Tiefen des Tümpels einige Tierchen dort unten zu Tode erschreckt und unter anderem einen Fisch verschluckt. Vergeblich versuchte er, das Grätenvieh wieder heraufzuwürgen, aber dem Fisch gefiel es anscheinend in Gimlis Magen. Froh und munter zappelte er darin herum und kitzelte den armen Algen-auf-dem-Kopf-Tragenden. Das war ja fies! Da wurde man gekitzelt und konnte sich nicht einmal dagegen wehren! "Buääähhh! Ach, ich bin schon ein Unglückszwerg! Heut ist einfach nicht mein Tag!", seufzte Gimli deprimiert. Er begann ernsthaft zu überlegen, ob er nicht einfach zurückgehen sollte in sein geliebtes Heimatdörfchen. Doch dann kam ihm in den Sinn, dass sein Verschwinden sicher schon entdeckt worden war und dass man ihn bloß auslachen würde, wenn er so schnell schon wieder nach Hause kommen würde. Er hatte ja einen Abschiedsbrief für seine Eltern zurückgelassen, indem stand, er würde in ein paar Jahren zurückkommen und ihnen in der Zwischenzeit Briefe aus aller Herren Länder schreiben. Nein, diese Blamage würde er nicht riskieren. Dann wäre er für alle Zeiten als Muttersöhnchen abgestempelt. "Oh Zwerg! (Oh Mann)", seufzte er, "warum hat sich die ganze Welt gegen mich verschworen? Ich bin doch nur ein armer, unschuldiger, kleiner Bergwerker, der versucht selbständig zu werden! Was ist denn daran so falsch?" Nach ein paar Minuten des Grübelns, schlug der Verzweifelte mit der Faust in seine Hand und rief: "Ach, das wäre doch gelacht, wenn ich, Gimli Gloinsson, es nicht schaffen würde diese doofe Welt zu erkunden! So schwer kann das doch gar nicht sein!" Oh wie er sich da täuschte!

A/N: na? schon gespannt wie es weiter geht? nee, ich werde euch sicher nichts verraten, dass müsst/dürft ihr schon selber lesen!