30. Unverständnis und eine Überraschung
Kharek folgte langsam dem Pfad zu den Quartieren, wo Rûmil immer noch wohnte. Er hatte das Angebot Glorfindels ausgeschlagen, denn er wollte in Khareks Nähe bleiben, der immer noch in dem Gastquartier lebte und sich dort auch schon häuslich eingerichtet hatte nach seinen Maßstäben. Sie mochten beide die relative Abgeschiedenheit ihrer Heimstätten, auch wenn sie ebenso gern die Gesellschaft der gemeinsamen Abende schätzten, wobei Rûmil hier noch mehr Vergnügen fand, als Kharek, der in sich in der Fülle der Gedichte und Lieder der Elben seiner Andersartigkeit nur allzu deutlich bewusst wurde.
Feiner weißer Rauch kringelte sich aus dem schmalen Schornstein von Rûmils Haus, denn er hatte einen Wasserkessel über dem Feuer aufgehängt. Der Elb saß in einem bequemen Sessel und las in einem Buch. Er blickte auf, als er Khareks feste Schritte vernahm und schaute seinem Freund lächelnd entgegen.
„Kharek! Ich wusste doch, dass ihr unversehrt zurückkommt. Gloráre geht's doch auch gut, ja?"
Der große Ork nickte langsam, während er zur Feuerstelle herüber ging und sich dort im Schneidersitz auf dem dicken Fell davor nieder ließ.
„Ja, es geht ihr gut, wir haben den Sturm in einer Höhle unbeschadet überstanden. Wir sind nur ziemlich nass geworden. aber wir hatten ein Feuer zum Wärmen…"
Bei dem Gedanken daran, wie sie sich sonst noch gewärmt hatten fühlte er seine Wangen heiß werden. Rûmil, der von diesen Gedanken nichts ahnte rettete unbewusst die Situation mit seiner nächsten Frage.
„Wollen wir Tee zusammen trinken, ich habe gerade Wasser gekocht. Dann kannst du mir in Ruhe von dem Ausritt erzählen."
Kharek nickte beinahe erleichtert und so saßen die beiden Freunde kurz darauf ebenso wie Celoniell und Gloráre bei einer Tasse Tee zusammen.
Kharek berichtete Rûmil von dem Ausritt, den Stellen, die Gloráre ihm gezeigt hatte, dem netten Picknick und wie sie schließlich von dem Unwetter überrascht worden waren und sich in die Höhle flüchteten. Hier machte er eine kleine Pause, atmete tief durch. Seine großen Hände hielten den tönernen Becher umschlossen, als könne der ihm Halt geben.
Rûmil betrachtete Kharek ruhig, stellte seinen Becher auf dem Tisch ab und lehnte sich ein wenig zurück.
„Kharek, ich werde das Gefühl nicht los, dass dir etwas das Herz schwer macht. Ist etwas passiert, was dich so verunsichert? Hattest du Streit mit Gloráre?"
Kharek schüttelte den Kopf.
„Nein, es ist etwas anderes, das mir Sorgen bereitet. und das bringt mich zum Ende meiner Geschichte des Ausrittes."
Kharek brauchte mehrere Ansätze, aber dann wusste Rûmil, was in der Höhle geschehen war. Der Elb spürte, wie aufgewühlt Kharek war, überwältigt von den heftigen fremden Gefühlen, die ihn ängstigten. Und er wusste auch, was Kharek besondere Sorgen bereiten würde, der Gedanke nämlich, dass eine Verbindung zwischen ihm und Gloráre unmöglich wäre, da Glorfindel sie niemals gutheißen würde. Sie hatten schon öfter darüber geredet. Er überlegte einen Moment, noch nicht sicher, ob er sich für Kharek freuen sollte, dass er seine Gefühle in Gloráre wieder fand oder ihm von seinen Befürchtungen erzählen, was die Zukunft dieser Beziehung betraf.
„Kharek, ich freue mich, dass du den Mut gefunden hast, Gloráre deine Gefühle zu offenbaren und ich freue mich dafür, dass sie diese zu erwidern scheint. Aber ich möchte dich bitten auch nicht zu vergessen, dass dir längst nicht alle Elben hier wohlgesonnen sind. Sie dulden dich, sie hüten ihre Zungen in deiner Gegenwart, weil du unter dem Schutz von Glorfindel stehst und Elronds Söhne dich achten, aber das bedeutet eben nicht, dass sie dich mögen."
Khareks leichtes Nicken zeigt Rûmil, dass er es nicht vergessen hatte.
„Und was deine Verbindung mit Gloráre angeht, so fürchte ich, dass es hier auch mit der Toleranz ihre Vaters schwer werden dürfte. Und zu guter letzt. Die Vereinigung zwischen euch beiden war in meinen Augen unverantwortlich. Habt ihr nicht einmal daran gedacht, dass euer Tun Folgen haben könnte? Was, wenn sie ein Kind erwartet, dein Kind, Kharek? Mal abgesehen davon, was aus diesem armen Geschöpf werden soll, sollte es lebensfähig sein, was glaubst du, wird ihm hier entgegenschlagen? Eine Welle der Liebe und des Verständnisses? Das glaube ich leider nicht."
Traurig schüttelte Rûmil den Kopf. Dann schaute er Kharek schweigend an, er hatte gesagt, was er zu sagen hatte. Nun verwirrte ihn der Ausdruck in Khareks Augen. Der große Ork hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt und erwiderte Rûmils Blick fragend.
„Du meinst, sie könnte ein Kind bekommen…von mir? Glaubst du wirklich, dass so etwas möglich ist?"
Der Elb griff nach Khareks Hand, beinahe gerührt von dessen Naivität. Sein großer Freund hatte tatsächlich nicht an diese mögliche Folge gedacht. Die Welle aus Leidenschaft und überwältigenden Gefühlen hatten es ihm schon schwer genug gemacht, wie es aus seiner Erzählung hervorging.
„Kharek, ich habe gerade in der kürzliche Vergangenheit gelernt, dass ich an alles glauben kann, auch wenn es mir vorher unmöglich schien. Allein, dass wir hier zusammen sitzen sollte dir zeigen, was alles möglich ist."
Kharek senkte nachdenklich den Kopf, eine Weile schwieg er, ehe er Rûmil wieder in die Augen blickte.
„Aber Gloráre würde so etwas doch nicht tun, oder? Sie weiß welche Probleme das nach sich ziehen könnte. Nein, sie würde das nicht zulassen, sicher nicht." sagte Kharek eher zu sich selbst. Vielleicht versuchte er sich selbst zu überzeugen.
Rûmil seufzte leise. Er hatte Glorfindels Tochter als sehr eigensinnig, um nicht zu sagen starrköpfig erlebt. Ihn würde es nicht überraschen, wenn sie sich nun in den Kopf gesetzt hätte ein Kind zu bekommen, welches die Gemeinschaft der Elben von Imladris an die Grenze ihrer Toleranz treiben würde.
Allerdings hoffte sein Herz, dass Kharek mit seiner Einschätzung der Elbe richtig lag.
Eine Bewegung an der Tür ließ ihn aufblicken und zeigte, dass seine Gedanken Gestalt angenommen hatten, denn Gloráre stand dort.
„Ich grüße dich Rûmil." sagte sie freundlich lächelnd, ehe sie sich an Kharek wandte, der sie freudig überrascht ansah.
„Kharek, ich würde gern mit dir reden….allein."
Rûmil nickte den beiden zu und ging zur Tür.
„Ihr könnt gern hier bleiben, ich muss noch einmal zu Alagosion, er erwartet mich. Wir sehen uns dann später, ja Kharek?"
Der Angesprochene nickte nur und schaute dann abwartend zu Gloráre. Nachdem Rûmil gegangen war, setzte sie sich auf seinen Platz und goss sich Tee in seinen Becher. Nach einem kleinen Schluck setzte sie den Becher behutsam ab. Ihre Augen suchten Khareks Blick.
„Ich habe den ganzen Weg hier her überlegt, wie ich es dir sage, und dann habe ich mich dazu entschlossen den direkten Weg zu nehmen."
Noch eine kurze Pause, sie holte tief Luft und griff dann langsam nach seiner Hand.
Kharek schwieg, sein Herz hämmerte heftig gegen den Käfig der Rippen, sein Mund war trocken und er wagte nicht seinen Blick von ihr abzuwenden.
Gloráre strich mit dem Zeigefinger sanft über seinen Handrücken, ihr Lächeln wurde ein wenig breiter, ihre Augen leuchteten.
„Was ich dir zu sagen habe, wird uns beide sicher vor neue Herausforderungen stellen, aber gemeinsam werden wir diesem Weg gehen und wir werden alle Hindernisse überwinden, da bin ich mir ganz sicher. Gut, ich wollte nicht lange darum herum reden, also Kharek, ich trage dein Kind unter meinem Herzen."
Mit einem lauten Krachen zerbarst der irdene Becher, als Kharek aufsprang und ihn so vom Tisch stieß. In viele Scherben zerbrochen blieb er unbeachtet liegen.
„Nein Gloráre, das ist nicht wahr!"
Mit diesen Worten stürmte der Uruk-hai aus der Hütte und ließ eine mehr als sprachlose Elbe zurück, die Hand noch in Richtung Tür ausgestreckt, als könne sie ihn Kraft ihrer Gedanken zurückholen…
***Noch ein Kapitel nur Gerede…ich hoffe ich langweile euch nicht allzu sehr, aber manche Dinge müssen eben gesagt werden. Zum Thema, wie denn das Kind der beiden aussehen könnte…hm, ist einer von euch künstlerisch begabt? Ich leider nicht…also ihr dürft euch da gern Gedanken machen: Haare blond, Augen goldgelb, kupferfarbene Haut…alles andere stelle ich frei. Das einzige, was ich beisteuern kann ist ein von mir nachbearbeitetes Bild des erwachsenen Kindes, also wie es aussehen könnte. Neugierig? Dann schaut hier: http://w ww.sdfl.gmxhome.de/syniamencloth.jpg (natürlich müsst ihr den Leerschritt zwischen den ersten w's löschen, danke ans ff.net *g* So, dann bis zum nächsten Kapitel…***
