Disclaimer: Nichts an dieser Geschichte gehört mir, außer dem Plot. Alle originalen Charaktere und Schauplätze die aus dem HP-Universum entnommen sind, gehören J. K. Rowling oder Warner Bros. oder wem auch immer. Ich mache damit kein Geld.
Kapitel 7 – Vorbereitungen
Die nächsten Wochen verstrichen, und Harry hatte seine Leistungen wieder auf dem Niveau, das er sich vor Jahresbeginn vorgenommen hatte. Professor McGonagall lobte ihn dafür mehrmals, und auch Professor Flitwick und McNally lobten ihn für hervorragende Leistungen. Tatsächlich gelang es ihm als erstem, im direkten Duell gegen Professor McNally zu bestehen, welches nach über zwanzig spannenden Minuten abgebrochen werden mußte, da die Stunde nun schon deutlich überzogen war und Professor McGonagall ihre Anwesenheit einforderte. Beim Hinausgehen klopfte er Harry auf die Schulter und zwinkerte ihm zu, während er ihm ein «Gerne wieder» zuflüsterte. Obwohl er sich mehr als alles andere wünschte, Hermine hätte ihn bei diesem Duell sehen können, war er trotzdem stolz auf diese Leistung, und vor allem Malfoy hatte es buchstäblich die Sprache verschlagen. Er war wohl beeindruckt, was er natürlich niemals zugegeben hätte, und er war wütend, was Harry mehr als nur deutlich zu hören bekam – allerdings erst nach dem Abendessen, als Malfoy seine Sprache wiedergefunden hatte.
Die Besuche im St. Mungo wurden noch seltener, da die drei Kranken gute Fortschritte machten und wohl schon zum neuen Jahr entlassen werden könnten. Auch beim DA-Training kamen sie ein gutes Stück weiter und fanden tatsächlich zwei neue Mitglieder aus dem Hause Slytherin. William und Scott verbürgten sich für die beiden, und so befragte Harry sie unter Einfluß des gleichen Wahrheitsserums, welches er schon für jene beiden benutzt hatte. Mit zwei Neuen wuchs die DA nun auf zweiundsechzig Mitglieder und war damit so schlagkräftig wie nie zuvor. Obwohl sie sich fragten, woher sie die Zeit nahmen, fanden sie sogar noch freie Stunden, die sie sogleich mit Quidditch-Training ausfüllten, um ihre Teamleistung endlich auf die des Vorjahres zu erhöhen.
Von Hermines Verbleib erfuhr Harry nichts Neues, was ihn einerseits tief bekümmerte, ihn aber andererseits auch erleichterte, da er lieber keine Neuigkeiten als schlechte Neuigkeiten hören wollte. Wie sehr sie ihm noch immer fehlte und ihm wohl immer fehlen würde, bekam er jede Nacht zu spüren, die er wieder nicht durchschlafen konnte, ohne durch grausamste Alpträume geweckt zu werden. Obwohl eigentlich alle Nächte seit der Entführung hart für ihn waren und er kaum genug Schlaf bekam, fühlte er sich dennoch nie auch nur annähernd so kaputt und fertig wie in der Zeit bei den Dursleys nach Sirius' Tod.
Eines Abends wollte Dumbledore schon Hermines persönliche Sachen abholen lassen, doch Harry verbot es dem dazu abkommandierten Elfen. Wutentbrannt eilte er zu Dumbledore und stellte ihn zur Rede. Dieser wollte sich davon nicht beeindrucken lassen, doch Harry drohte ihm schließlich damit, Malfoy davon zu erzählen, daß sie von Voldemorts Angriff wußten. Zuerst wollte Dumbledore ihn nicht ernst nehmen, doch Harry meinte es todernst. Er allein würde entscheiden, wann ihre Sachen an ihre Eltern geschickt würden, und niemand sonst, sagte er ihm mit einer Stimme, die leise und doch so furchteinflößend war, daß Dumbledore sichtlich ein Schauer über den Rücken lief. Er lenkte zumindest so weit ein, daß er sich an Hermines Eltern wenden würde und diese entscheiden sollten. Harry war sehr skeptisch, wollte es aber erst einmal darauf ankommen lassen, Einspruch konnte er dann immer noch einlegen. Zu Harrys Überraschung teilten sie aber seine Meinung zu dem Thema, wobei es wahrscheinlich hauptsächlich Hermines Mutter gewesen war, die noch immer genug Hoffnung übrig hatte. Doch das war Harry gleich; mit der Stimme von Hermines Eltern im Rücken mußte Dumbledore seinen Wunsch respektieren und ließ ihre Sachen, wo sie nach Harrys Meinung hingehörten.
Tag um Tag verging, und pünktlich zum Sonntagmorgen, dem ersten Dezember, gab es den ersten Schnee. Die meisten Schüler verbrachten den Tag draußen an der frischen Luft und tollten durch die dreißig Zentimeter dicke weiße Winterpracht, die in nur einer Nacht entstanden war. Auch Harry und die anderen gönnten sich eine Stunde im Schnee und eine weitere bei Hagrid in der Hütte, um wieder aufzutauen, während sie den Rest des Tagen zu Rons Verdruß mit Lernen und dem Anfertigen ihrer Hausaufgaben verwendeten.
Am Abend erhob sich Dumbledore nach dem Essen und bat für einen Augenblick um Ruhe:
»Mit Stolz möchte ich nun bekanntgeben, daß der Termin der Abreise des Hauses Slytherins feststeht. Am Freitagabend gegen zwanzig Uhr beginnt die Reise am Bahnhof Hogsmeade, von wo euch der Hogwarts-Expreß, der mit Schlafabteilen ausgestattet sein wird, bis nach London bringen wird. Dort steigt ihr in ein anderes Transportmittel, welches ich euch noch nicht verraten möchte, da euch sonst eine witzige Überraschung verloren ginge.« Dabei zwinkerte er und lächelte breit. »Das Ziel dürfte jedem bekannt sein, es ist das Durmstrang-Institut. Ich hoffe, ihr freut euch auf die Gelegenheit des Kräftemessens mit einer anderen Schule, und ich bin mir sicher, daß ihr die in euch gesetzten Erwartungen erfüllen könnt. Dieses Turnier im Zaubertrankbrauen wird etwa einen Monat in Anspruch nehmen und endet am Donnerstag, den neunten Januar. Eure Rückkehr wird für Freitagabend erwartet, und solltet ihr das Turnier für euch entscheiden können, wird das euch erwartende Festmahl gleich noch einmal um ein beträchtliches festlicher ausfallen. Da ihr in dieser Zeit trotz der Weihnachtsferien, auf die ihr in diesem Fall sicher gerne verzichten werdet, doch auch einigen Unterricht versäumen würdet, habe ich in Absprache mit den Lehrern entschieden, den regulären Unterricht bis zu eurer Rückkehr auszusetzen. Diese Zeit wird ausschließlich für Wiederholungen verwendet, damit euch für eure Prüfungen kein Nachteil entsteht.« Dumbledore machte eine kurze Pause und trank einen Schluck, ehe er fortfuhr. »Professor Snape wird euch heute abend in eurem Gemeinschaftsraum über die genauen Details informieren, und so bleibt mir eigentlich nur noch, euch viel Spaß und viel Erfolg zu wünschen.« Der Schulleiter setzte sich wieder.
Tosender Applaus brach am Tisch der Slytherins aus, während sich die drei anderen Tische auffällig ruhig verhielten. Allenfalls ein paar Hufflepuffs und zwei Ravenclaws klatschten mit und wurden von ihren Kameraden sofort mit entsprechenden Blicken abgefertigt.
Die Zeit bis zum sechsten Dezember verging vor allem für Ron zu schnell. Noch immer hatte er, trotz der Hilfe von Ginny und Luna, keine geeignete Möglichkeit zur Kommunikation gefunden, so daß man sich mit William und den drei anderen darauf einigte, erst einmal mit Eulen in Kontakt zu bleiben. Kurz vor dem Abendessen hatte Harry noch eine letzte Konfrontation mit Draco Malfoy. Harry kam gerade aus der Eulerei, in der er Hedwig besucht hatte, und traf ihn auf dem Weg in die Große Halle.
»Na, Potter, ganz allein unterwegs? Wo sind denn das Wiesel und das Schlammblut? Ach warte, das Schlammblut ist ja beim Lord und bettelt um ihr Leben«, sagte Malfoy mit einem Grinsen im Gesicht, während Harry speiübel wurde und sich Zorn in ihm ansammelte und konzentrierte.
»Verpiß dich doch endlich nach Durmstrang. Du glaubst gar nicht, wie gut es mir gefällt, dich mal einen Monat vom Hals zu haben.«
Draco Malfoy grinste noch breiter. »Vielleicht sehen wir uns früher wieder, als dir lieb ist«, fauchte er mit Verachtung in der Stimme. Die Anspielung verstand Harry sofort, doch durfte er nicht darauf eingehen.
»Egal, wann wir uns sehen, es wird immer viel früher sein, als mir lieb ist, du stinkendes Frettchen«, gab er zurück und ging ein wenig schneller, in der Hoffnung, Malfoy loszuwerden.
»Was ist los, Potter? Seit das Schlammblut weg ist, macht es keinen richtigen Spaß mehr, mit dir zu streiten. Vermißt du sie so sehr? Mußt du jeden Abend weinen? Hast du schlimme Alpträume?« Dabei äffte Malfoy eine etwas seltsam klingende Babystimme nach. Harry blieb abrupt stehen und zielte mit gezogenem Zauberstab auf Malfoys Stirn, was diesen erschrocken zurückweichen ließ.
»Entweder, du hältst für den Rest des Tages dein widerliches Maul, oder ich werde es dir so verhexen, daß selbst Madam Pomfrey es in jahrelanger Kleinarbeit nicht wieder hinbekommen wird«, drohte Harry mit einem Ernst in der Stimme, welche Draco Malfoy zusammenzucken ließ. Eine Ewigkeit starrten sie sich an, und Harry beobachtete jede noch so kleine Regung seines Feindes. »Hast du mich verstanden?« fragte er noch einmal und wartete. Eine weitere Ewigkeit später nickte Malfoy und lief los. Harry blieb, wo er war, und ließ ihn vorlaufen, ehe er eine gänzlich andere Richtung einschlug und über einen Umweg die große Halle aufsuchte, da er befürchtete, Malfoy würde ihm irgendwo auflauern.
Als Harry vor der Großen Halle ankam, standen dort schon die Koffer der Slytherin-Schüler, die nun gleich von ihnen mit zum Zug genommen werden würden. Die Abreise verlief unkritisch, und kaum waren sie aus dem Schloß, begannen in drei Häusern von Hogwarts kleinere Feiern, an denen sich Harry und die anderen aber nicht beteiligten. Sie verbrachten den Abend damit, endlich eine Kommunikationsmöglichkeit mit den vier soeben abgereisten DA-Mitgliedern zu finden, blieben aber ohne Erfolg und mußten das Vorhaben gegen elf Uhr enttäuscht abbrechen.
»Ich wünschte, wir könnten einfach einen Lehrer fragen oder daß wir wenigstens Hermine hätten. Ich wette, sie hätte für das Problem schon eine Lösung gefunden«, meinte Ron und legte das letzte Buch auf den Haufen. Dann besah er sich den Stapel und fragte in die Runde: »Und wer bringt die morgen vor dem Unterricht zurück?«
»Das können wir zusammen machen, morgen ist doch Samstag«, erwiderte Ginny und lächelte ihren leicht verwirrten Bruder an.
»Durch das viele Lernen verliert man ein Gespür für die Wochenenden. Letztes Jahr wäre mir das nie passiert.« Er klang fast ein wenig eingeschnappt.
»Letztes Jahr hättest du auch niemals die volle Punktzahl in einem Test von Snape gehabt«, sagte Harry und grinste Ron an.
»Da muß ich dir recht geben. Letztes Jahr hatte ich in allen Tests zusammen kaum so viele Punkte wie in meinem letzten«, gab Ron zu und fing an zu lachen. »Wißt ihr, was ich mache, wenn V-Voldemort tot ist? Falls ich es überlebe, meine ich.« Bei diesen Worten war Ron wieder absolut ernst.
»Sag schon«, stocherte Ginny.
»Ich mache ein halbes Jahr Urlaub und werde mein Bett nur zum Essen verlassen.«
»Du willst dich einfach nur faul in deinem Bett verkriechen?« fragte Harry und wußte, daß Ron es nicht ganz ernst meinte.
»Was dagegen? Klingt das nicht super? Einfach nur rumgammeln, nichts tun, abschalten. Keine einzige Zeile in keinem gottverdammten Buch lesen und nicht einen einzigen komplizierten Zauber erlernen, der nur dafür da ist, sich der eigenen Haut zu erwehren oder sich zu schützen. Ich meine, ich bin wirklich müde. Zu viele Abenteuer, zu viele Gefahren in zu kurzer Zeit. Schon nach der Schule bräuchte ich eigentlich Urlaub, doch bis V-Voldemort nicht tot ist, werde ich mir keinen erlauben können. Ich hoffe wirklich, daß ich nicht irgendwann vorher einfach zusammenbreche.« Bei jedem Wort klang er zunehmend ernster und leiser.
»Du bist stärker, als du glaubst. Niemand hätte dir vorher zugetraut, solch gute Noten überhaupt erreichen zu können. Von Percy hatte niemand etwas anderes erwartet, von Ginny nahm man es sicher an, doch du hast etwas sehr Schwieriges geschafft: du hast alle Erwartungen und sogar deine eigenen bei weitem übertroffen, schon jetzt«, sagte Harry beinahe flüsternd und lächelte mild. »Sei stolz auf das Erreichte, und gib einfach weiterhin dein Bestes. Wenn du eine Auszeit brauchst, dann nimm sie dir. Ich habe es dir schon einmal gesagt, erinnerst du dich? Niemand erwartet von dir, dich hier kaputtzumachen. Wenn du den ganzen morgigen Tag damit verbringst, deinen Spaß zu haben, dann nimmt dir das keiner übel, ich am wenigsten. Du glaubst gar nicht, wie dankbar ich dir bin, daß du hier bei mir stehst und zu mir hältst. Ich kann es gar nicht in Worte fassen, so viel bedeutet es mir.«
»Schon gut, Kumpel«, wehrte Ron ab und schien beinahe zu Tränen gerührt.
Ron verbrachte den Samstag nicht nur damit, Spaß zu haben. Zwar setzte er sich für zwei Stunden mit Luna ab und tobte draußen durch den Schnee, doch die restliche Zeit saß er mit Harry in der Bibliothek und gab alles, was er konnte. Unheimlich froh war Harry, daß er sich auf Ron verlassen konnte, genauso wie auf Neville, Ginny und Luna. Alle gaben sie ihr Bestes, und das war weit mehr, als er jemals von ihnen erwarten konnte.
Am Sonntagabend dann fand Ron endlich, was er suchte. Er fand einen alten Spruch, mit dem man ein Pergament so verzaubern konnte, daß es das zeigte, was auf entsprechenden Gegenstücken geschrieben wurde, und andersherum. Schon am nächsten Morgen vor dem Frühstück führten sie einige Tests durch und waren mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Mit einem Lächeln im Gesicht gingen sie zum Frühstück und setzten sich an ihre Plätze. Nur Augenblicke danach erhob sich Dumbledore:
»Ich bitte alle, heute noch sitzen zu bleiben, ich habe eine wichtige Ankündigung zu machen.«
Insgesamt hörte Harry diese Worte noch viermal, ehe wohl tatsächlich alle Schüler in der Halle waren und zumindest mit dem Essen begonnen hatten. Das steigerte seine Spannung ins Unermeßliche.
»Was, glaubst du, will er uns sagen?« fragte Ginny besorgt.
»Er wird uns sagen, wann der Angriff erfolgt und was wir tun werden«, erwiderte Harry.
»Was werden wir tun?« fragte Ron.
»Das weiß ich noch nicht ganz genau. Es hängt von zwei Faktoren ab.«
»Welche Faktoren?« fragte Luna, die wieder einmal bei ihnen am Tisch saß.
»Zum einen davon, ob er uns freiwillig mitkämpfen läßt oder er uns davon abhalten will, und zum anderen davon, was der Rest der DA entscheidet. Ich für meinen Teil habe mich entschieden, doch ich werde mich hüten, für alle zu sprechen«, gab Harry flüsternd zurück, damit nur die vier ihn verstehen konnten. Er hatte diese Entscheidung schon vor einiger Zeit so getroffen, doch bisher mit niemandem wirklich darüber geredet.
»Was heißt, du hast dich entschieden?« fragte Ron und klang nervös.
»Ich habe nur noch wenig Hoffnung, daß Hermine zurückkehrt. Es sind nun bald zwei Monate. Ich habe weder von Snape noch von Voldemort etwas gehört und muß langsam davon ausgehen, daß sie bereits tot ist. Für mich gibt es nur wenige Gründe weiterzuleben, und einer davon ist Rache. Rache heißt, ich werde kämpfen, je früher, desto besser«, flüsterte Harry ganz leise in Rons Ohr. Niemand der anderen konnte es hören. Erstaunt und erschrocken wich Ron ein Stück zurück.
»Ich verstehe, wenn alle anderen die Hoffnung verlieren, doch von dir hätte ich das nie gedacht«, meinte Ron und klang verletzt. Die anderen hatten zwar nicht Harrys Rede, aber Rons Antwort gehört, und blickten die beiden ratlos an.
»Ich habe sie nicht verloren … ich werde sie nie verlieren, doch sie ist nur noch gering. Zu gering, um sich zu verkriechen und zu verstecken, bis sie vielleicht irgendwann plötzlich wieder auftaucht. Ich werde das Wagnis eingehen und kämpfen«, flüsterte er Ron erneut ins Ohr.
»Du glaubst doch nicht, daß wir dich allein lassen, Kumpel. Viele werden dir folgen«, meinte Ron und klang dabei für Harry erschreckend selbstsicher.
»Jeder kann für sich selbst entscheiden, aber ich hoffe, daß mir viele folgen«, meinte Harry leise. Er wollte noch etwas sagen, doch im gleichen Moment blickte Ron an ihm vorbei in Richtung Lehrertisch, und instinktiv drehte sich auch Harry um.
Dumbledore hatte sich schon erhoben und mit einemmal verstummten alle Gespräche. Das Gesicht des alten Mannes wirkte auf Harry besorgt, doch auch entschlossen, und das machte ihm Mut, bevor auch nur ein Wort gesprochen war. Der alte Mann wartete noch einen Moment – fast könnte man meinen, er müsse sich die Worte erst in seinem Mund zurechtlegen, ehe er sie herauslassen konnte – doch Harry wußte, daß es nicht so war. Sein Schulleiter war ein erstklassiger Redner und wußte immer, was er wie sagen wollte, bevor er sich überhaupt erhoben hatte. Diese Pause diente ausschließlich dazu, jedem den Ernst der Lage zu verdeutlichen und aufnahmebereit zu machen für die Botschaft, die er zu verkünden hatte.
»Heute ist der zehnte Dezember, und es ist Dienstag, wie ein jeder von euch weiß. Es ist vielleicht der letzte Dienstag, den wir in Frieden leben können, denn schon an diesem Sonntag, den fünfzehnten Dezember früh am Morgen, noch in der Dunkelheit, wird ein großer Angriff Voldemorts auf diese Schule stattfinden.«
Dumbledore machte eine Pause. Ein Gemurmel hob an, doch nicht einmal Professor McGonagall versuchte, die Schüler mit ihren Blicken zum Schweigen zu bewegen. Die Schüler mußten darüber reden, und zwar jetzt.
Harry und die anderen hatten kein großes Bedürfnis, Worte zu tauschen, bis jetzt war das einzig Neue das Datum des Angriffs, und auch dieses war keine Überraschung. Obwohl das Gemurmel in der Großen Halle beinahe ohrenbetäubend war, verstand Harry nur wenige Wortfetzen und behielt die ganze Zeit über Dumbledore im Auge, da er überaus gespannt war, wie diese Rede weitergehen würde. Nach beinahe fünf Minuten wurde es ruhiger, ehe dann die Halle schnell ganz verstummte.
»Ich weiß, es ist eine überaus schockierende Information, die ich euch soeben gegeben habe, doch gibt es noch mehr zu sagen. Das Haus Slytherin ist nur aus einem Grunde in Durmstrang. Voldemort weiß nicht, daß wir seine Angriffspläne kennen und uns darauf vorbereiten und teilweise auch schon vorbereitet haben, und diese Information soll er auch nicht mehr erhalten. Obwohl ich großes Vertrauen in viele der Schüler des Hauses Slytherin setze, gibt es doch den einen oder den anderen, die dieses Vertrauen hätten mißbrauchen können, weshalb wir es für klüger hielten, sie unauffällig von der Schule zu nehmen. Auch euch werde ich in zwei Tagen geschlossen nach Hause schicken«, verkündete Dumbledore weiter, wurde aber von einer schier überwältigenden Geräuschkulisse der Schüler unterbrochen.
Viele erhoben sich zornig und brüllten, daß sie kämpfen wollten. Sehr viele von ihnen erkannte Harry als DA-Mitglieder, und er kam nicht umhin, stolz auf sie zu sein. Harry selbst erhob sich nicht, er wußte, es hatte keinen Zweck. Dumbledore hatte sich entschieden und konnte nicht umgestimmt werden. Trotzdem würde er mitkämpfen, und nun wußte er mit Sicherheit, daß er es nicht allein würde tun müssen.
»Ruhe am Ravenclaw-Tisch«, rief Cho plötzlich ziemlich laut und übernahm offenbar die Rolle des Sprechers, obwohl sie nicht einmal Vertrauensschülerin war.
Am Hufflepuff-Tisch bat Zacharias um Ruhe und stand ebenso wie Cho. Nur am Tisch von Gryffindor wurde noch munter debattiert und immer mal wieder etwas in Richtung Lehrertisch gerufen. Doch immer mehr Augen richteten sich auf Harry. Scheinbar erwartete jeder von ihm, nun ebenfalls aufzustehen und für das ganze Haus zu sprechen. Eine Aufgabe, die Harry nicht übernehmen wollte. Demonstrativ verschränkte er seine Arme und sah die Schüler mit einem festen Blick in den Augen an. Katie war es, die sich schließlich erhob.
»Auch bei uns bitte Ruhe«, rief sie mit lauter Stimme, und nun beruhigte sich auch dieser Tisch schnell. Katie hatte die Position der Vertrauensschülerin übernommen, als Hermine entführt worden war, und übernahm jetzt fürs erste die Rolle des Sprechers für das Haus Gryffindor, obwohl sie Harrys Blick entnehmen konnte, daß er es für falsch hielt, für alle sprechen zu wollen.
Überrascht stellte Harry fest, daß alle drei Sprecher ihrer Häuser in der DA waren und die beiden Schulsprecher noch immer auf ihren Plätzen saßen und nicht die geringsten Anstalten gemacht hatten, selbst die Führung zu übernehmen. Im Gegenteil sahen die beide unsicher aus, und Harry bezweifelte, daß sie wirklich geeignet für diesen Posten waren. Normalerweise hätte Dumbledore die Schulsprecher ausgewählt, doch die Ereignisse haben diese Regelung nichtig werden lassen, weil die ausgewählten Schulsprecher den Job abgelehnt hatten. Stattdessen hatten die Vertrauensschüler gewählt und Harry war mit jeder Sekunde sicherer, daß die aktuellen Schulsprecher nur deshalb von den anderen gewählt worden waren, weil sich niemand sonst diese zusätzliche Arbeit aufladen wollte, obwohl es zur Belohnung einen separaten Wohnbereich gab, was einen eigenen Gemeinschaftsraum, ein eigenes Bad und ein Schlafzimmer ohne Zimmergenossen einschloß. Normalerweise rissen sich alle um diese beiden Posten, brachten sie doch auch Prestige und Anerkennung. Dieses Jahr jedoch waren bis auf vier Ausnahmen alle Vertrauensschüler in der DA gewesen, und anscheinend war ihnen das erheblich wichtiger als ein eigenes Badezimmer. Zwei von den übrig gebliebenen vieren waren Slytherins, denen Harry niemals trauen würde, und die beiden anderen waren zum Schulsprecher gewählt worden. Wieder fühlte Harry einen tiefen Stolz in sich, genau die richtigen in der DA zu haben, auch wenn sie jetzt etwas taten, was er mißbilligte. Cho war es, die als erste das Wort ergriff, während Dumbledores Gesicht wie in Stein gemeißelt schien.
»Sir, ich will Ihnen nur ungern widersprechen, doch Sie können uns nicht einfach nach Hause schicken, wenn Hogwarts in Gefahr ist. Viele von uns sind bereit zu kämpfen, und wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, unseren Feind zurückzuschlagen«, verkündete Cho, und für Harry klang sie wirklich überzeugend. Dumbledore wandte den Blick zum Hufflepuff-Tisch. Zacharias machte nun Anstalten, sprechen zu wollen.
»Sir, ich muß Cho Chang zustimmen. Wir sind ebenfalls bereit und lassen uns nicht einfach abschieben, nur weil die Situation schwierig wird.«
Dumbledore blickte nun zu Katie. Sie suchte nervös Harrys Blick, doch der schüttelte mit dem Kopf.
»Sir. Ich kann nicht für alle sprechen, doch einige von uns sind bereit zu kämpfen. Ich bitte Sie, lassen Sie zumindest die älteren Schüler für sich selbst entscheiden«, sagte Katie und setzte sich wieder. Harry lächelte ihr kurz zu, denn ihre Worte gefielen ihm bei weitem am besten. Dumbledore ergriff nun wieder das Wort, und so nahmen auch die beiden anderen ihre Plätze ein.
»Ich freue mich sehr, daß ihr mir eure Unterstützung zusichert. Ich muß sie allerdings zurückweisen, und ich dulde hierbei keinen Widerspruch!« Seine Stimme war markerschütternd, und selbst Harry zuckte dabei zusammen. Er hatte recht behalten. Dumbledore würde seine Meinung nie ändern. »Ich bin mir sicher, daß ihr recht habt und durchaus eine Hilfe sein könntet, doch kann ich die Verantwortung für euer aller Leben nicht tragen; nicht inmitten einer Schlacht, deren Ausgang völlig ungewiß ist. Es wird sehr gefährlich, und ich glaube, daß viele von euch diese Gefahr unterschätzen. Viele, wenn nicht sogar alle von euch, könnten sterben. Aber ihr seid die Hoffnung der Zauberergemeinschaft; sterbt ihr, stirbt auch die Hoffnung.
Eure Eltern würden mich mit Schimpf und Schande davonjagen, würde ich euch bitten, mir zu helfen, oder es überhaupt nur erlauben, daß ihr eine Schlacht schlagt, für die ihr nicht ausgebildet und für die ihr auch nicht alt genug seid. Einige von euren Eltern werden sich an dieser Schlacht beteiligen, und auch unter ihnen wird es viele Opfer geben. Wenn wir schon Opfer in den Familien haben werden, so sollen es wenigstens nicht die Jüngsten sein. Aus diesem Grunde lasse ich mich von euch nicht umstimmen. Ein jeder von euch wird am Donnerstag nach dem Abendessen mit einem Portschlüssel nach Hause reisen. Zuerst hatten wir es in Erwägung gezogen, euch im Schloß zu verstecken, doch wäre es für Voldemorts Armee dann ein leichtes, euch alle auf einen Schlag auszulöschen, sofern er unser Abwehrbollwerk überwinden kann, was leider nicht auszuschließen ist.
Ihr solltet euch in den nächsten Tagen ausschließlich in eurem Hause oder eurer Wohnung aufhalten und dafür Sorge tragen, daß niemand euch zu sehen bekommt, der euch lieber nicht sehen sollte. Bitte versteht, daß Geheimhaltung überaus wichtig ist. Wenn ich ehrlich bin, ziehe ich nur ungern eine solche Menge ins Vertrauen, doch denke ich, daß ihr es verdient, davon zu erfahren.
Noch einmal: Geheimhaltung ist der Schlüssel zum Erfolg. Erfährt Voldemort von eurer Abreise, erfährt er davon, daß wir seine Angriffspläne kennen, war alles vergebens. Wir haben die einmalige Chance, ihn jetzt und hier aufzuhalten; bitte bedenkt dies, bei einer jeden Entscheidung, die ihr trefft. Aufgrund der großen Menge von Schülern und der Schwere der Portschlüsselherstellung wird dafür die halbe Nacht benötigt werden. Wir beginnen mit dem Hause Hufflepuff direkt nach dem Abendessen. Ab zweiundzwanzig Uhr reist das Haus Ravenclaw zurück, und gegen ein Uhr beginnen wir mit dem Haus Gryffindor. Bereitet euch darauf vor, und nehmt das Notwendigste mit euch. Laßt den überwiegenden Teil eurer Kleidung und Bücher hier und nehmt die Dinge mit, auf die ihr keinesfalls verzichten könnt oder wollt. Der Unterricht wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Genießt die Zeit, die euch hier noch zur Verfügung steht, und sprecht mit euren Freunden über eure Ängste und Sorgen; niemand erwartet von euch, keine zu haben. Wenn ich ehrlich bin, fürchte auch ich mich ein wenig vor der Schlacht, auch wenn ich voller Hoffnung bin. Gerne könnt ihr euch auch noch ein wenig draußen aufhalten, im Moment erwarten wir keine weiteren Gefahren, zudem gibt es eine neue Absicherung. Verlaßt allerdings das Gelände keinesfalls, und betretet nicht den Verbotenen Wald.«
Da Dumbledore bei seinen letzten Worten einen Seitenblick auf Hagrid warf, fiel es Harry wie Schuppen von den Augen. Die Riesen mußten angekommen sein, und sie waren die neue Absicherung. Harry fragte sich, ob dieser Hinweis extra für ihn gegeben worden war, war sich aber nicht sicher.
Dumbledore entließ alle, und es schien, daß sich jeder damit abgefunden hatte, nach Hause zurückzukehren und nicht in den Kampf zu ziehen. Hagrid verließ die Halle. Harry besprach sich noch hektisch mit Zacharias und Justin und legte das Treffen auf neun Uhr fest, was in knapp einer Stunde war, und eilte mit Ron und den anderen zu Hagrids Hütte, um mit ihm über die Riesen zu sprechen. Er brauchte nicht einmal anzuklopfen, da Hagrid sie schon erwartete und vom Fenster aus beobachtet hatte.
»Wollen wir gleich zu ihnen?« begrüßte sie Hagrid lächelnd.
»Wie viele sind es?« fragte Ron und sah leicht nervös aus.
»Wirst gleich sehen … bis auf einen von ihnen. Sein Name ist Gutamog, und der is' sehr scheu. Is'n Einzelgänger, will aber fürs Gute kämpfen«, sagte Hagrid überaus warm klingend und kam aus seiner Hütte. Harry wußte sofort, daß Hagrid an Gutamog einen Narren gefressen hatte, und folgte ihm in den Wald.
»Wir haben aber nicht viel Zeit. Wir müssen was Dringendes erledigen«, sagte Harry und sah seinen großen Freund still nicken.
»Sind schon 'ne Woche hier, doch Dumbledore meinte, ich soll's euch noch nich' sagen«, sprach Hagrid, während er sie tiefer in den Wald führte.
Etliche Minuten später trafen sie sie auf einer kleinen Lichtung, und Harry mußte zugeben, daß ihre Erscheinung imposant war. Viele von ihnen überragten sogar noch Grawp, der scheinbar von der neuen Gesellschaft noch immer nicht genug bekommen konnte, lief er doch fast ununterbrochen von einem zum nächsten. Hagrid stellte ihnen alle kurz vor, und zu Harrys Erstaunen waren fast alle erheblich umgänglicher, als er es erwartet hatte. Manche von ihnen sprachen ein passables Englisch, und wenn er dafür Zeit gehabt hätte, hätte er mit ihnen sogar ein wenig gesprochen. Obwohl sie die Riesen eigentlich nur kurz gesehen hatten – bis auf Gutamog, da dieser noch tiefer im Wald für sich blieb –, eilten sie schon nach zwanzig Minuten zurück ins Schloß, denn dort stand ein wichtiges Treffen an.
»Wir sind spät dran. Die anderen warten sicher schon«, meinte Harry, als sie das Schloßportal durchschritten und den Weg in den vierten Stock antraten. Als Harry eintrat, war der Raum tatsächlich gut gefüllt, und kaum war die Tür geschlossen, stürmte Cho auf ihn zu.
»Warum hast du uns hängen lassen? Warum hast du nicht was gesagt. Vielleicht hättest du ihn umstimmen können!« schrie sie beinahe, wovon sich Harry aber nicht aus der Ruhe bringen ließ.
»Er hätte seine Meinung niemals geändert, auch nicht, wenn ich etwas gesagt hätte. Zudem paßt mir das gut so. Niemand hat gesagt, daß wir nicht trotzdem mitkämpfen können«, entgegnete Harry ruhig und sachlich. Cho schien davon ein wenig verwundert, rümpfte sie doch kurz ihre hübsche Nase.
»Wie willst du das machen, wenn wir zu Hause rumhocken?« fragte ihn Katie.
»Wir kennen den Ort, wir kennen den Zeitpunkt. Der Rest liegt allein in unserer Entscheidung. Ich persönlich weiß, was ich mache, ihr solltet euch genau überlegen, ob ihr es wirklich wollt. Dumbledore hat recht, wenn er sagt, daß es viele Tote und Verwundete geben wird. Macht euch die Entscheidung also nicht zu leicht. Niemand erwartet, daß ihr bereit seid, womöglich euer Leben zu opfern, doch werde ich über jeden einzelnen froh sein, der dann an meiner Seite steht.« Dabei blickte sich er sich im Kreis um. »Ich werde versuchen, unauffällig weitere Einzelheiten aus Dumbledore herauszubekommen, und euch heute abend über alles informieren. Wir treffen uns nach dem Abendessen, und nach meinen Ausführungen solltet ihr dann eure Entscheidung getroffen haben. Ich werde jetzt gleich unsere vier Mitglieder in Durmstrang informieren, und wir werden ihnen gleichzeitig die bereits vorbereiteten Pergamente schicken, mit denen die Kommunikation wesentlich erleichtert wird. Sollten sich genügend zusammenfinden, die kämpfen wollen, dann werden wir uns heute abend bereits besprechen und versuchen, offene Fragen zu klären; zum Beispiel, wie wir unauffällig nach Hogwarts kommen.«
Cho und auch viele andere blickten ihn einen Moment lang skeptisch an, ehe sich auf viele Gesichter ein kurzes Lächeln schlich.
»Wir könnten mit Besen herkommen. Der Flug ist nachts, da ist es unauffällig«, schlug jemand von weiter hinten vor. Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, war das doch auch genau sein erster Gedanke gewesen.
»Das klären wir heute abend, hab' ich gesagt. Überlegt lieber, ob ihr wirklich euer Leben riskieren wollt. Geht jetzt, und überlegt es euch wirklich gründlich. Ist die Entscheidung getroffen, erwarte ich, daß man sich daran hält.« Dann griff er Ginny sanft am Oberarm und raunte ihr zu: »Gehe bitte die Pergamente holen, du findest sie in meinem Koffer. Wir brauchen vier von ihnen, und auch etwas zum sicheren Verpacken. Komm damit in die Eulerei, und bring auch noch etwas zum Schreiben mit, damit wir William instruieren können.« Ein kurzes Kopfnicken bekam er als Antwort, ehe sie schon verschwunden war. »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Harry wieder laut und klatschte mehrmals in die Hände. »Los jetzt, raus hier!«
Ein wenig widerwillig verließen die DA-Mitglieder den Raum und traten den Weg in ihre Gemeinschaftsräume an.
»Was genau hast du vor?« fragte Ron, der ein wenig unsicher aussah.
»Das hängt davon ab, wie viele von ihnen mit mir kommen wollen«, sagte Harry nur. Noch wollte er niemanden in die Pläne einweihen, nicht solange einige Punkte ungeklärt waren.
»Du meinst mit uns!« verbesserte ihn Ron, und Neville nickte heftig.
»Ja«, erwiderte Harry nur und lächelte.
Einige Minuten später trafen sie Ginny in der Eulerei, die tatsächlich noch vor ihnen da war.
»Bist du gerannt?« fragte Harry, doch hätte er sich die Frage eigentlich sparen können, stützte sie sich doch mit ihren Hände auf ihre Knie, war weit nach vorn übergebeugt und zog pausenlos große Mengen Luft ein, während sie dazwischen die verbrauchte Luft wieder ausstieß.
»Was – denkst du?« japste sie völlig außer Atem und blickte kurz zu ihm hoch.
»Laßt uns gleich anfangen. Luna, würdest du schreiben, deine Schrift können sie sicher am besten lesen«, sagte Harry und reichte ihr das Schreibzeug. Er ließ Luna in stark geraffter Form alles aufschreiben, was Dumbledore ihnen schon mitgeteilt hatte, und er ließ sie ferner aufschreiben, was er selbst den DA-Mitgliedern gesagt hatte. »Schreib noch einmal, sie sollen sich absolut sicher sein, was sie tun, denn es wird Tote geben. Sie sollen nur dann zurückkommen, wenn es unauffällig möglich ist; und wie sie das anstellen, ist ihnen überlassen.«
»Sollen wir alle unterschreiben«, fragte Ron.
»Nein. Wir unterschreiben nur mit einem großen DA. Ich hab' es mit William so abgesprochen«, meinte Ginny. »Ich hab' hier auch ein paar spezielle Toffee von Fred und George, die ihnen vielleicht helfen können effektiv eine paar Krankheiten vorzutäuschen, die in Durmstrang nicht behandelbar sind. Vielleicht kommen sie damit leichter zurück. Gegenmittel habe ich natürlich auch hier in der Tüte und eine genaue Anleitung, was wofür ist.«
»Du bist gut, Ginny«, sagte Harry anerkennend und lächelte.
»So. Ich habe den Brief fertig und mit einem großen DA unterzeichnet«, sagte Luna und gab Harry den Brief.
»Hier die Pergamente und die Tüte.« Ginny reichte ihm alles. Harry verpackte alles möglichst klein und blickte sich dann bei den Eulen um.
»Da wir nicht wissen, wo Durmstrang ist, haben wir keine Ahnung, wie lange es für eine Eule dauert, dort hinzukommen. Ich würde sagen, wir nehmen daher die größte, auch wenn Hedwig dann beleidigt ist«, sagte Harry.
»Wir dürfen Hedwig gar nicht nehmen, da einige der Schüler sie erkennen könnten, vor allem Malfoy«, gab Ron zu bedenken.
»Daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht. Guter Einwand. Das macht es mir leichter, eine Schuleule zu nehmen. Wie wär's mit der da. Scheint eine der größten zu sein.« Dabei zeigte er auf eine ziemlich weit oben sitzende, riesige graue Eule.
»Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah. Dreh dich mal um«, meinte Neville und lächelte.
»Wow, was für ein Riese«, rief Harry überrascht aus, kaum daß er sich umgedreht hatte und eine dunkelgraue Eule mit einigen helleren Flecken erblickte, die fast ganz unten saß.
»Die hab' ich noch nie hier gesehen«, bemerkte Ron.
»Hoffen wir, daß es wirklich eine Schuleule ist«, sagte Harry grinsend und band das kleine Päckchen an ihr Bein. »Wird schon schiefgehen«, fügte er hinzu und hoffte inständig, daß die Nachricht ankommen würde.
Er baute auf William, nicht nur, weil er als Mensch wertvoll war, sondern auch, weil er einer der besseren Flieger und Zauberer war. Nur ungern würde er auf ihn verzichten wollen, und auch Scott war ein tüchtiges Mitglied gewesen, welches sich in der kurzen Zeit schon ziemlich weit nach oben arbeiten konnte. Die beiden anderen waren eher Mitläufer, doch wollte Harry ihnen das nicht verübeln, waren sie doch noch zu kurz dabei und hatten ihr Außenseiterdasein noch nicht ganz ablegen können. Zwar war es schon viel besser geworden, doch noch immer verhielten sich einige ihnen gegenüber ein wenig reserviert. Trotzdem zählte jeder Mann, und lieber mit den beiden als ohne sie, dachte Harry und ließ die Eule starten.
»Was als nächstes?« fragte Luna.
»Ihr geht lernen. Schaut euch während der nächsten zwei Stunden Sprüche an, die möglicherweise noch für eine Schlacht hilfreich sein könnten; was, überlasse ich euch. Ich komme nachher dazu, sobald ich mit Dumbledore gesprochen habe. Heute nachmittag werden wir die Sprüche üben und heute abend den anderen beibringen. Wenn alles klappt, üben wir morgen fliegen.« Dabei zwinkerte Harry mit dem Auge. Er hatte zwar nicht vorgehabt, ihnen einen Hinweis zu geben, doch dann konnte er es sich nicht verkneifen.
»Dann sehen wir uns in der Bibliothek?« fragte Neville, dem die Sache mit dem Fliegen wohl entgangen war.
»Ich bin dann weg, bis später«, sagte Harry mit dem Kopf nickend und verschwand eilig aus der Eulerei.
Zwar rannte er nicht, doch legte er eine schnelle Gangart ein, und war bald darauf am Wasserspeier, der den Eingang zu Dumbledores Büro flankierte. Schnell nannte Harry das Paßwort, das seit dem letzten Mal nicht geändert worden war, und klopfte oben an die Tür.
»Herein«, kam es von drinnen, und obwohl Harry damit gerechnet hatte, schien Dumbledore nicht überrascht zu sein. »Ich habe dich schon viel eher erwartet. Warum die Verspätung?« Der Schulleiter lächelte merkwürdig und sah so aus, als wüßte er schon wieder über alles genauestens Bescheid.
»Verschiedene Gründe; einer davon ist, daß ich von der DA soeben dafür gescholten worden bin, nicht intensiv darauf gedrängt zu haben, daß wir Schüler an der Schlacht teilnehmen dürfen«, sagte Harry und setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
»Warum hast du es nicht?« fragte sein Schulleiter und blickte ihn schelmisch an.
»Weil ich offenbar einer der wenigen war, die wußten, daß Sie ihre Meinung zu diesem Thema nicht ändern können.«
»Diese Antwort habe ich erwartet. Sie ist so richtig wie weise. Ich kann es nicht verantworten, daß ihr euch mit meiner Erlaubnis in diese Schlacht wagt.«
»Ich weiß, Sir. Ich bin aus einem anderen Grund hier. Wie sehen Ihre Pläne aus … was mich anbelangt?« Harry blickte ihm in die Augen.
»Sie sind so einfach, wie sie kompliziert sind. Du wirst zum Grimmauldplatz reisen, ebenso wie Ron und Ginny Weasley. Dort wirst du dich versteckt und bedeckt halten, bis ich oder jemand anderes vom Orden dich holen kommt. Sofern unser Plan wie gewünscht funktioniert, werden wir … besser gesagt, du die Möglichkeit erhalten, Voldemort zu vernichten.«
»Sie meinen, ich muß ihn töten?« fragte Harry ein wenig skeptisch.
»Glaube mir, daß ich das nur ungern bestätige, doch muß es leider sein. Wenn du ihn nicht vernichtest, wird es niemand tun; er wird dann dich vernichten und für alle Ewigkeit herrschen«, erwiderte Dumbledore mit fester Stimme.
»Ich weiß weder, ob ich es überhaupt kann, noch, wie ich es machen soll.«
»Du wirst es können. Denke nur an Hermine. Du wirst es aber nicht mit deinem Zauberstab machen, sondern mit dem Schwert von Godric Gryffindor. Wir wissen nicht einmal sicher, ob Voldemort überhaupt mit einem Zauber getötet werden kann, doch sind wir uns ziemlich sicher, daß es mit dem Schwert getan werden kann, sofern es von deiner Hand geführt wird.«
»Nun gut. Sofern sich die Möglichkeit ergibt, werde ich es versuchen.«
»Möchtest du über unsere Pläne etwas genauer informiert werden?« Dumbledore lächelte. Es war ein Lächeln, das Harry nicht so recht zu deuten vermochte. Es schien ihm freundlich gesinnt zu sein, doch strahlte es auch etwas anderes aus, was eher wie eine Art Köder aussah.
»Wenn Sie das wollen. Wenn Sie der Meinung sind, ich sollte es wissen, dann bin ich einverstanden«, antwortete er schlicht und wollte dabei betont lässig klingen, gab es doch im Moment nicht viel, was ihn mehr interessierte.
»Nun. Du hast unsere Riesen gesehen, die vor vierzehn Tagen in England angekommen und letzte Woche bei uns eingetroffen sind; aber auf Voldemorts Seite steht die vier- bis fünffache Masse bereit. Voldemorts Riesen sind bereits drei Tage länger in England, brauchen aber bis Freitagnacht, um ihre Ausgangsposition für den Angriff zu erreichen, weshalb Voldemort nicht früher angreifen konnte. Wir haben Glück, daß Voldemorts Riesen einen Umweg genommen haben; unsere sind den direkteren Weg gegangen …« Dumbledore unterbrach sich, als er in Harrys Augen eine Frage auftauchen sah.
»Woher sind Sie über Voldemorts Riesen so gut informiert?«
»Sagen wir es so, nicht nur du und Hermine kennen eine gewisse unregistrierte weibliche Animagi und Redakteurin des Tagespropheten«, sagte Dumbledore mit einem Augenzwinkern.
»Rita Kimmkorn?« stieß Harry ungläubig hervor, und Dumbledore nickte. »Das glaub' ich ja nicht. Wie können Sie ihr trauen?« fragte er fassungslos.
»Sie ist Mitglied des Ordens und damit an uns gebunden«, sagte Dumbledore nur und ließ die Art der Bindung im dunkeln.
»Wird sie mitkämpfen?«
»Nein. Kämpfen – mit dem Zauberstab, meine ich – ist nicht ihre Stärke. Sie wäre eher ein Hindernis denn eine Verstärkung unserer Kampfkraft.«
»Was ist mit Arthur, Percy und Mad-Eye?«
»Eigentlich sind alle drei noch nicht in der Verfassung zu kämpfen, doch laß mich dir sagen, daß die letzten Fortschritte gut waren und es mich wundern würde, wenn sie meine Anweisung befolgen würden und im Krankenhaus blieben«, sagte er und zwinkerte Harry zu. Einerseits freute sich Harry, daß die drei vielleicht kommen würden, doch andererseits war er auch um sie besorgt. Angeschlagen waren sie vermutlich keine große Hilfe und wären noch gefährdeter als die anderen auf dem Schlachtfeld.
»Klingt gut«, murmelte Harry schließlich, war sich aber nicht sicher, ob er es wirklich so meinte.
»Ansonsten sieht unsere Planung im Moment noch ziemlich einfach aus. Wir bündeln die größtmöglichen Kräfte und werden uns Voldemorts Armee in den Weg stellen. Die Riesen sind ein großes Problem, doch dafür haben wir vielleicht schon bald eine Lösung. Leider wird es sich wahrscheinlich erst auf dem Schlachtfeld zeigen, ob sie so effektiv ist, wie wir es uns erhoffen. Ansonsten werden wir uns gut vorbereiten, und im Moment sieht es vielversprechend aus. Gibt es keine unerwarteten Überraschungen – wobei Überraschungen meistens unerwartet sind –«, er zwinkerte Harry heiter zu, »könnten wir tatsächlich als Sieger hervorgehen, und ich bin deshalb im Moment voller Zuversicht. Wir haben auch ein paar Kleinigkeiten in der Hinterhand, doch die weiteren Details wirst du im Grimmauldplatz erfahren, genau wie die Mitglieder des Ordens.«
»Wenn Sie meinen, daß es das Beste ist«, sagte Harry und versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen.
»Dann will ich dich auch nicht länger von deinen Reisevorbereitungen abhalten«, sagte Dumbledore und erhob sich von seinem Stuhl.
»Vielen Dank für Ihre Offenheit«, erwiderte Harry und schüttelte ihm kurz die Hand.
Minuten später saß er bei den anderen in der Bibliothek und begann damit, kleine, aber effektive Zauber zu suchen, die auf dem Schlachtfeld nützlich sein könnten. Ginny suchte vor allem im Gebiet der Heilzauber, während Ron sich dem Bereich der Angriffzauber zuwandte und Neville die Abwehrzauber auf bisher Übersehenes prüfte. Bis zum Essen hatten sie eine kleine, aber feine Auswahl von neun Zaubern zusammen, die sie zwischen Mittag- und Abendessen einstudierten. Zwei Schildzauber mußten sie aufgeben, da sie in der Kürze der Zeit nicht mehr erlernbar waren, doch Harry hielt sie im Hinterkopf fest, da man doch nie wissen konnte, was noch alles passieren würde. Auch ein weiterer Zauber von Neville war zwar praktisch, doch in den wenigen Tagen hätte höchstens Harry ihn hinbekommen, da er überaus anspruchsvoll war. Die restlichen sechs schrieben sie auf eine Liste und nahmen sie mit zum Abendessen. Gleich darauf war das Treffen im DA-Raum, und Harry informierte alle über die neuesten Informationen, die er von Dumbledore erhalten hatte.
»Nun wißt ihr alles, was ich weiß. Ich bitte um eure Entscheidung. Wer kämpfen will, der hebe bitte die Hand«, forderte Harry sie auf und blickte sie erwartungsvoll an. Zwar zögerten viele einen Augenblick, doch dann schnellten die Hände in die Höhe. Als letzte Hand im Raum ging die von Harry nach oben, und gleichzeitig gingen seinen Mundwinkel in die gleiche Richtung. »Wenn ich ehrlich bin, dann hätte ich das nicht erwartet, und so leicht werde ich es euch nicht machen. Jeder einzelne wird nun vor die anderen treten und folgende Worte sprechen: Ich bin bereit zu kämpfen, und wenn es so sein soll, bin ich bereit, für die gute Seite zu sterben!« Harry tat einen Schritt zur Seite, und Ron stellte sich als erstes vor die versammelte Truppe.
»Ich bin bereit zu kämpfen, und wenn es so sein soll, bin ich bereit, für die gute Seite zu sterben«, wiederholte er Harrys Satz und trat zur Seite. Es dauerte einige Zeit, doch jedes einzelne DA-Mitglied ging nach vorne und sprach diesen Satz.
»Ich bin wahrlich stolz auf jeden einzelnen von euch. Nun denn, will ich euch meinen Plan offenbaren. Solltet ihr Verbesserungsvorschläge haben, zögert nicht, mich zu unterbrechen.
Jeden morgen um zehn Uhr und abends um achtzehn Uhr werden wir miteinander Kontakt aufnehmen, und zwar über die Pergamente, die Ron inzwischen vorbereitet hat. Jeder von uns muß nach Hogwarts kommen, und ich schlage vor, daß wir uns in London treffen. Die genaue Adresse bekommt ihr morgen nach dem Frühstück. Wie ihr dort hinkommt, ist im Prinzip euch überlassen, doch empfehle ich den Fahrenden Ritter. Dieser kann gleich dort bleiben, denn mit ihm werden wir uns Hogwarts nähern. Wahrscheinlich fahren wir in etwa bis nach Hogsmeade, und den Rest des Weges fliegen wir mit dem Besen.« Mitten in der Menge hob sich ein Arm, und Harry unterbrach seine Ausführungen.
»Wie sollen wir fliegen? Ich habe keinen Besen und weiß auch nicht richtig, wie das geht«, sagte eine männliche Stimme, die Harry nicht erkannte.
»Um dieses Problem werde ich mich ab heute kümmern. Ich muß von jedem, der keinen Besen hat und einen brauchen wird, die Adresse haben, wo wir einen hinschicken lassen können.«
»Wer soll das bezahlen?« kam eine Frage aus der Menge.
»Ich werde einen jeden davon bezahlen. Es wird kein Feuerblitz sein, doch es werden anständige Besen sein, das verspreche ich euch. Diejenigen unter euch, die das Fliegen noch nicht so gut beherrschen, bekommen morgen vormittag ein Spezialtraining verpaßt, welches Ron und Ginny leiten werden. Ich kümmere mich um diejenigen, die sich besonders schwer tun, und werde ihnen ein paar kleinere Tricks verraten, die es ihnen vielleicht erleichtern. Ebenfalls hoffe ich auf Chos Hilfe, und die von Katie könnte ich auch gebrauchen.« Die genannten Personen antworteten mit einem Kopfnicken. »Was die Taktik in der Schlacht angeht, bin ich mir noch nicht so sicher, da wir die Situation noch nicht richtig einschätzen können. Wir sollten uns alle Gedanken darüber machen, wie wir möglichst effektiv sein können, doch sollten wir auch immer unsere Flexibilität bewahren.
Ich denke, das war's vorerst. Kleinigkeiten können wir zwischendurch noch klären, und für größere Sachen bleibt uns die Kommunikation über die Pergamente, die Ginny beim Verlassen des Raumes austeilen wird. Verlegt sie nicht, sind sie doch überaus wichtig für uns. Vergeßt nicht, eure Anschrift auf das ausliegende Pergament auf den Tisch zu schreiben. Damit könnt ihr anfangen, während wir jetzt noch auf die Schnelle ein paar Zauber einüben«, schloß Harry und holte seinen Zauberstab heraus.
Entgegen der Forderung der Schulleitung, bis neun Uhr in den Gemeinschaftsräumen zu sein, arbeiteten sie bis zwei Uhr, bis wirklich jeder mindestens vier der Sprüche anwenden konnte. Dann ließ er die Schüler in Zweiergruppen zurückgehen, nicht ohne immer wieder einen Blick auf die Karte des Rumtreibers zu werfen, um sicherzustellen, daß kein Lehrer und auch nicht Filch ihren Weg kreuzte.
Harry und Ron hatten noch eine weitere Aufgabe zu erledigen. Sie schlichen sich hoch in die Eulerei, und Ron schrieb ihre Bestellung an einen kleinen Laden in der Winkelgasse. Die Bestellung lautete über achtundzwanzig Besen und sollte aus dem Verlies mit der Nummer sechshundertsiebenundachtzig bezahlt werden. Ron hatte sich für die Modelle Sauberwisch Elf und Zwölf entschieden, in der Hoffnung, daß so viele auch kurzfristig lieferbar wären. Als Alternative nannte er noch den Nimbus Zweitausend, der zwar ein wenig teurer, doch selbst als Auslaufmodell dem neuen Sauberwisch noch immer knapp überlegen war. Harry kraulte derweil seine Eule, die sich freute, endlich wieder zum Einsatz zu kommen.
»Vergiß die Liste mit den Lieferanschriften nicht«, meinte Harry noch.
»Ja, die hab' ich hier«, antwortete Ron und holte die Liste aus seinem Umhang.
»Ich hoffe, die können das alles lesen. Manch einer hat echt eine Sauklaue, dabei dachte ich, meine wäre schon schlimm.« Ron warf einen letzten Blick auf die Bestellung. »Donnerwetter, diese Schlacht wird wirklich teuer für dich.« Gewissenhaft steckte er beide Briefe in einen Umschlag.
»Ich hoffe, du verstehst es nicht falsch, doch Geld spielt für mich keine Rolle, nicht wenn es um etwas so Wichtiges geht.«
»Das sagen nur Leute, die Geld haben«, entgegnete Ron und zwinkerte Harry zu dessen Erleichterung zu.
»Gib her, dann können wir Hedwig losschicken und dann ins Bett. Morgen müssen wir früh raus und gleich nach dem Frühstück aufs Quidditch-Feld.«
Ron gab ihm den Brief. Augenblicke später war Hedwig in der Luft und wurde schnell zu einem kleinen Punkt, der dann verschwand.
»Ich hoffe wirklich, daß alles so gut klappt, wie ich mir das vorstelle. Wir sind über sechzig Mann, und mit dieser Gruppe unauffällig zu blieben, wird nicht leicht«, meinte Harry, als sie schließlich zusammen die Eulerei verließen.
Schon um sieben saßen sie beim Frühstück, und zu Harrys Überraschung waren etwa fünfzig DA-Mitglieder in der Halle, als er mit Ron, Neville und Ginny dazukam.
»Was ist denn hier los?« fragte Harry in Katies Richtung, die gerade in ihren mit Marmelade bestrichenen Toast biß.
»Du bekommst mehr Hilfe, als du erbeten hast«, sagte sie mit vollem Mund. Harry setze sich an den Tisch und begann sich einen Toast zu schmieren.
»Was meinst du damit genau?«
»Fast alle wollen helfen, denen das Fliegen beizubringen, die es noch nicht oder nicht gut genug beherrschen.«
Den ganzen Vormittag über verbrachten Harry und die anderen auf dem Quidditch-Feld und übten das Fliegen. Entgegen seinen Erwartungen hatten nur ganz wenige Probleme damit. Luna stellte sich schnell als wahres Naturtalent heraus, und auch ein paar andere waren mit reichlich Begabung gesegnet, worunter auch Neville fiel, der sich selbst darüber wunderte, hatte er im ersten Jahr doch noch erhebliche Probleme gehabt. Trotzdem gab es auch einige, denen es sehr schwerfiel und die seit einigen Jahren nicht mehr auf einem Besen gesessen hatten. Harry kümmerte sich mit Katie und Cho um die schwierigen Fälle, während Ron und Ginny sich um die leichten kümmerten. Die Unterstützung der anderen DA-Mitglieder bestand nicht nur darin, ihren Besen zur Verfügung zu stellen, sondern auch darin, moralischen Beistand zu leisten und immer da zu helfen, wo Hilfe benötigt wurde. Wäre der Grund des Ganzen nicht ein solch ernster gewesen, fast hätte man meinen können, daß es ein vergnügliches Treffen war. Dennoch gab es eine Sache, die Harry Sorgen bereitete. Ihr Treffen in der Öffentlichkeit konnte nicht allen entgangen sein, und besonders Dumbledore würde es mit Sicherheit bemerkt haben. Harry fragte sich, was sein Schulleiter wohl annahm, was sie hier taten. Immer wieder versuchte er eine plausible Erklärung zu finden, doch auch auf dem verdienten Weg zum Mittagessen hatte er noch immer keine gefunden.
Nun saß er mit den anderen in der großen Halle und unterhielt sich über die Fortschritte der Anfänger, während er immer wieder einen kurzen Blick zu Dumbledore warf, immer in der Hoffnung, er würde nicht nach den Flugstunden fragen. Gott sei Dank tat er es nicht. Den Nachmittag verbrachte die DA zuerst noch zwei Stunden auf dem Feld und danach wieder in ihrem Raum, wo sie versuchten, auch die beiden anderen Sprüche noch zu erlernen, während dann schon beim Abendessen die Antwort auf ihre Besenbestellung ankam.
Der Besitzer von Qualität für Quidditch war einverstanden, schrieb allerdings, daß er keine achtundzwanzig gleichen Besen zur Verfügung habe. Er würde fünfzehn Sauberwisch-Elf- und -Zwölf-Modelle liefern, acht Nimbus Zweitausend und fünf Nimbus Zweitausendeins. Bei dieser großen Bestellung wollte er Harry aber im Preis entgegenkommen und berechnete keinen Aufpreis für das Zweitausendeins-Modell im Vergleich zum Vorgänger. Die Besen würden Freitagmorgen geliefert werden und die Endsumme von vierzehntausenddreihundert Galleonen Harrys Verlies entnommen.
Den Abend gab Harry allen frei. Sie sollten sich noch einmal entspannen und gemeinsam ein wenig Spaß haben, bevor das vielleicht nicht mehr möglich wäre. Schon früh setzten sich Ron und Luna von ihm ab, und er verbrachte den Abend alleine in der Bibliothek. Immer wieder fielen seine Gedanken auf Hermine zurück, und mit Tränen in den Augen erinnerte er sich an das gemeinsam Erlebte. Es waren überwiegend die schönen Dinge, an die er sich erinnerte, von den schlechten träumte er noch immer viel zuviel, hatte sich aber inzwischen damit abgefunden. Besonders gern erinnerte er sich an ihren friedlichen Tag im Schwimmbad, der ihm nun so unendlich weit weg vorkam. Alle Erlebnisse mit Hermine waren für ihn so merkwürdig weit weg, doch konnte er sich gleichzeitig noch immer an alle Einzelheiten erinnern. Er sah ihr Gesicht so genau vor sich, daß es beinahe echt aussah und er es berühren zu können glaubte. Er konnte ihr Haar riechen und die Zartheit ihrer Haut fühlen, und doch war sie nicht hier bei ihm. Er war noch immer so verliebt in sie, daß ihn jeder Gedanke an sie schmerzte und gleichzeitig wärmte, was so surreal und gleichzeitig so logisch und vertraut schien, daß es ihn bestürzte.
Es gab nichts, was er tun konnte, als einfach nur weiterzumachen. Weitermachen mit dem Leben; sie gehen lassen – doch er konnte nicht. Doch, er konnte es, aber er wollte es nicht. Niemals wieder würde er wirklich glücklich sein können, das war ihm klar, doch war das für ihn auch unbedeutend. Wahres Glück ohne Hermine war für ihn unlogisch und jenseits aller Vorstellungskraft, und deshalb war es richtig, so wie es jetzt war. Er hatte noch eine Aufgabe, und die blieb ihm erhalten. Er konnte sich nicht vor ihr verstecken, und sie sich nicht vor ihm. Der Tag würde kommen, und vielleicht war er nah. Vielleicht war der Tag nah, an dem er etwas über ihren Verbleib würde erfahren können. Wenn er Voldemort erst gegenüberstand, würde er ihm Fragen stellen können, fragen, was passiert war. Er würde ihm wahrscheinlich nicht glauben, doch er würde ihm die Fragen stellen. Wo ist Hermine? Was hast du mit ihr gemacht? Voldemort würde ihm nicht so leicht davonkommen, das schwor er sich, und darauf bereitete sich Harry gedanklich ebenso vor, wie er Zeit damit verbrachte, sich an Hermine zu erinnern.
Die Bibliothekarin, Madam Pince, hätte ihn normalerweise schon kurz vor neun hinauswerfen müssen, doch seltsamerweise ließ sie ihn völlig in Ruhe. Harry wußte, daß auch sie Hermine sehr vermißte, waren die beiden in all den Jahren doch so etwas wie Schwestern im Geiste geworden, da beide Bücher über alles liebten und das Lesen einer jeden Seite genossen.
Gegen elf Uhr kehrte Harry dann freiwillig in den Gemeinschaftsraum zurück, wollte er ihr doch nicht den verdienten Feierabend vermiesen. Zu seiner Überraschung war der Gemeinschaftsraum fast leer, nur einige Drittkläßler, von denen niemand in der DA war, spielten noch Snape explodiert. Müde schlich er die Treppe nach oben und betrat seinen Schlafsaal. Neville, Dean und Seamus lagen in ihren Betten und schliefen bereits einen ruhigen Schlaf, doch Ron war nicht da. Sicher ist er noch bei Luna, dachte Harry und begann sich umzuziehen. Er legte sich in das angewärmte Bett und wünschte sich jetzt nichts sehnlicher, als Hermine bei sich zu haben. Würde Harry heute nacht in den Spiegel Nerhegeb schauen, so würde er sich selbst und Hermine sehen, wie er sie fröhlich lachend in seinen Armen hielt und sich mit ihr vergnügt im Kreise drehte.
Er schloß die Augen und versuchte, in den für ihn inzwischen normalen flachen Schlaf zu fallen, doch heute fiel ihm selbst das besonders schwer. Minute um Minute verging, bald wurde daraus eine Stunde und schnell eine zweite. Schon leicht verzweifelt richtete er sich auf und hatte eine Entscheidung getroffen. Er würde Hermines gesamtes Hab und Gut mit in den Grimmauldplatz nehmen und es nach der Schlacht ihren Eltern schicken. Es hat doch einfach keinen Sinn mehr, sich hier etwas vorzumachen, dachte er und stieg aus dem Bett. Er ging zu seinem Koffer und wollte daraus ein Buch nehmen. Nicht irgendeines. Es war das Buch über Hogwarts Geschichte, welches ihm Hermine geschenkt hatte. Er wollte es fest an sich drücken und daran glauben, daß er sie in seinen Armen hielt, um endlich einzuschlafen. Er öffnete den Koffer und erblickte sein verzaubertes Pergament. Es stand eine Nachricht darauf. Es waren nur drei Worte, doch diese reichten aus.
»Wir kommen! William«, las er leise. Er nahm seine Feder und schrieb nur ein Wort als Antwort und löschte dann sein Pergament. Das Wort war Danke.
Weiter suchte er das Buch und fand es unter seinem Tarnumhang liegend. Vorsichtig nahm er es heraus, fast, als würde es jeden Moment zu Staub zerfallen können und ging damit zurück in sein Bett. Er kuschelte sich unter die Decke, drückte das Buch fest an sich und war nur Minuten später friedlich eingeschlafen.
Harry erwachte spät am nächsten Morgen. Es war bereits nach neun, und so beeilte er sich etwas beim Duschen und Anziehen. Er verließ als letzter den Schlafsaal und hetzte in die Große Halle. Viele Schüler waren längst mit Essen fertig, doch Ron und Luna hatten offenbar erst vor wenigen Augenblicken damit begonnen. Zielstrebig setzte er sich zu ihnen, sagte aber nichts. Ron aß kraftvoll und mit Hingabe, während Luna ihn dabei eigentlich nur verträumt anlächelte und das Essen auf ihrem Teller kaum beachtete.
»Wo warst du gestern nacht?« fragte Harry, nachdem er schon seinen ersten Toast gegessen hatte. Sofort wurde Ron rot und vermied direkten Augenkontakt.
»Ich – ähhm – im Bett«, stotterte er sich zurecht, doch Harry wußte, daß er log. Mehrere Augen richteten sich auf Ron, anscheinend hatten einigte das Gesagte mitgehört.
»Verstehe«, sagte Harry lächelnd, doch Ron schüttelte sofort den Kopf.
»Tust du nicht«, sagte er mit fester Stimme und klang überzeugend. Luna sagte nichts. Sie lächelte weiter Ron an und schien überhaupt nichts mitzubekommen.
»Später erzählst du's mir?« fragte Harry einfach etwas frech, ging ihn das Ganze doch eigentlich nichts an. Erst blickte Ron zu Luna und dann wieder zu Harry. Seine Röte nahm langsam wieder ab, und er nickte.
Dumbledore erinnerte erneut daran, daß heute nach dem Abendessen die Abreise beginnen würde und jeder daran denken sollte, nichts Wichtiges zu vergessen. Nach dem Frühstück gingen Harry und die anderen wieder in den Gemeinschaftsraum, um dort ihre Sachen zu packen. Bevor Harry in den Schlafsaal nach oben ging, sah er Ginny an.
»Wärst du so lieb und würdest bitte Hermines gesamtes Hab und Gut in ihrem Koffer verstauen und ihn dann später mit nach unten bringen? Ich würde ihn gerne mit in den Grimmauldplatz nehmen«, sagte Harry so leise, daß nur sie es verstand.
»Was?« fragte Ginny und klang ziemlich ungläubig. »Das ist dein Ernst, oder?«
»Ich denke schon«, erwiderte Harry, quälte sich zu einem Lächeln und verschwand auf der Treppe nach oben. Dort angekommen, begann er einige Sachen zusammenzusuchen, die er in eine Tasche packte, da er seinen Koffer hierlassen wollte. Augenblicke danach kam Ron dazu, und Dean und Seamus folgten ihm gleich darauf.
»Würdet ihr uns entschuldigen, nur einen Augenblick«, bat Ron die beiden, kaum daß sie im Zimmer waren. Sie sahen sich kurz an und nickten beide mit dem Kopf. Langsam schloß Ron die Tür hinter ihnen. Harry achtete nicht auf ihn, sondern suchte seinen Koffer nach Dingen ab, die er auf jeden Fall mitnehmen wollte.
»Ich – also – du hast mich gefragt, wo ich war. Nun – ich war – mit Luna zusammen im – DA-Raum«, stotterte er mehr, als daß er sprach, und klang nicht wirklich glücklich, darüber zu reden.
»Das habe ich mir schon gedacht«, sagte Harry, ohne aufzusehen.
»Nicht, wie du denkst«, warf Ron schnell ein, und seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
»Das geht mich nichts an.«
»Wir waren nur zusammen. Da ist nichts passiert. Ich – wollte nur etwas mit ihr klären. Ich meine – jetzt wo wir vielleicht alle sterben.« Es klang, als ob ihm dabei der Mut sank.
»Du mußt mir nichts sagen. Ich gebe zu, es interessiert mich, doch, na ja.«
Ron unterbrach ihn. »Ich möchte es dir sagen. Dann kann ich dir auch noch was anderes sagen. Ich, na ja – habe – Luna gesagt, daß ich mich in sie – verliebt habe. Ich meine ... ich wußte schon lange, daß sie mich liebt, doch ich war mir nie sicher genug, es ihr zu sagen. Aber jetzt, na ja, ich wollte es ihr gesagt haben, bevor ich es vielleicht nicht mehr kann. Weißt du, sie verdient es, weil ich wirklich nicht geglaubt hätte, daß sie es überhaupt solange mit mir aushält, wo ich doch so ein …«
Harry schnitt ihm das Wort ab. »Mach dich nicht schlechter, als du bist. Luna hat allen Grund, dich zu lieben, so wie du sie. Ich freue mich für euch beide und hoffe wirklich, daß ihr die Schlacht überlebt, damit ihr diese Liebe verfestigen und ausbauen könnt.«
»Das hast du schön gesagt. Irgendwie klingt das alles so gar nicht nach uns, doch …« Er legte eine längere Pause ein, ehe er fortfuhr. »Ich wollte dir auch noch etwas anderes sagen. Ich wollte dir sagen, wie wichtig du mir bist. Du warst mir in all den Jahren, nun, ein guter Freund. Ich meine, wir hatten auch unsere Streitereien, doch – nun ja – ich wollte halt, daß du das weißt.« Harry nickte lächelnd und auch in Rons Gesicht schlich sich ein Lächeln.
»Das gebe ich zurück. Ohne deine Hilfe wäre ich schon so manches Mal gescheitert, und immer wenn es darauf ankam, konnte ich auf dich zählen. Ich danke dir, daß du mir immer ein guter Freund warst.«
Ron war beinahe zu Tränen gerührt, das konnte er sehen, doch bevor sie tatsächlich fließen konnten, drehte er sich weg und packte seinerseits eine Tasche zusammen. Einige Minuten später kamen Dean und Seamus wieder, und sie hatten Neville dabei. Sie fragten, ob sie jetzt wieder hereinkommen könnten, und Ron winkte sie herbei. Alle begannen nun, ihren wichtigsten Besitz zusammenzusuchen. Bald darauf lag auf jedem Bett eine Tasche, und auf drei der Betten lagen auch Besen bereit.
»Hoffentlich fragt uns Dumbledore nicht, warum so viele ihre Besen mitnehmen«, meinte Ron, als sie wieder im Gemeinschaftsraum saßen und auf Ginny warteten, damit sie in die Bibliothek konnten.
»Was macht Ginny nur so lange? Wir sollen doch nur das Nötigste mitnehmen«, sagte Neville und sah ungeduldig auf die Uhr.
»Sie packt Hermines Sachen«, erwiderte Harry und wurde sofort von Ron mit einem ungläubigen Blick angesehen, der dem von Ginny erstaunlich ähnlich war.
Obwohl Harry sehen konnte, wie gerne Ron darüber sprechen wollte, sagte er kein Wort zu dem Thema. Sie mußten noch zwanzig Minuten warten, dann kam Ginny herunter. In der Zwischenzeit hatten Harry und die anderen nicht viel gesprochen.
»Ich bin fertig«, verkündete sie und setzte sich zu ihnen.
»Du hast alles in ihrem Koffer, und er steht in ihrem Zimmer bereit?« fragte Harry. Sie blickte kurz zu Ron, der darauf nicht wirklich reagiert hatte, und dann wieder zu Harry. Offenbar war sie sich nicht sicher, ob er Ron gesagt hatte, was er mit Hermines Sachen vorhatte.
»Ja. Ich habe alles, was ich finden konnte, zusammengeräumt. Vielleicht fehlt noch was, doch ich wüßte nichts.«
»Dann laßt uns in die Bibliothek gehen. Die letzte Möglichkeit, etwas nachzuschlagen, sollten wir uns nicht entgehen lassen«, schlug Harry vor und stand auf.
Bis zum Mittagessen hatten sie nichts Sinnvolles mehr geschafft, doch am Nachmittag fanden sie noch ein paar interessante Dinge, die sie noch am Grimmauldplatz ausprobieren könnten, sofern sie dort zaubern dürften, was für Harry noch unklar war. Danach schickten sie Hedwig und Pig zum Grimmauldplatz, damit diesen während der Schlacht keinesfalls etwas zustoßen konnte, und gingen dann zum Abendessen. Direkt nach dem Essen räumten die Ravenclaws und Gryffindors die Große Halle, und die Hufflepuffs holten ihre Sachen. Ab jetzt waren sie für die Kommunikation untereinander auf die Pergamente angewiesen, die ein jeder von ihnen mit nach Hause nehmen sollte. Da Harry und die meisten anderen noch ein wenig Zeit hatten, gingen sie bis neun in die Bibliothek und verabschiedeten sich an der Treppe von Luna, die schon in einer Stunde nach Hause reisen würde. Erstaunlicherweise küßten sich Ron und Luna lange und leidenschaftlich und schienen sich von Harrys, Ginnys und Nevilles Anwesenheit nicht stören zu lassen, bis dann doch der Zeitpunkt zum Loslassen gekommen war. Die vier Gryffindors gingen anschließend in den Gemeinschaftsraum und lasen noch bis halb eins, ehe Professor McGonagall bei ihnen auftauchte.
»Wir beginnen nun. Die Erstkläßler holen bitte zuerst ihre Sachen und als letztes die Siebtkläßler«, verkündete sie und wartete, bis die Erstkläßler sich mit ihren Taschen aufgestellt hatten. »Wir gehen jetzt langsam los, die anderen folgen dann in kurzen Abständen in die Große Halle. Bitte gehen Sie alle direkt und bleiben zusammen«, sagte sie und verließ, von den Jüngsten gefolgt, den Raum.
Als sich die Viertkläßler zum Abmarsch bereitmachten, gingen Harry, Ron, Dean, Neville und Seamus in ihren Schlafsaal, während Ginny mit Hermines Koffer und ihrer Tasche gerade die Treppe herunterkam.
»Wir sollten die Besen schrumpfen«, meinte Dean, während sie die Treppe hochgingen und blickte die beiden anderen an.
»Stimmt, dann kann Dumbledore auch nichts auffallen«, sagte Ron und schlug sich mit der flachen Hand an den Kopf. »Ich verstehe wirklich nicht, warum wir an so was nicht denken.«
»Weil Hermine für uns immer an so etwas gedacht hat«, entgegnete Harry mit trauriger Stimme und öffnete die Tür zum Schlafsaal.
Mit Wehmut trat er ein, war er doch unsicher, ob er je hierher würde zurückkehren können. Harry nahm seinen Besen und schrumpfte ihn so weit, daß er problemlos in die Tasche paßte. Er verstaute ihn und verließ von den anderen gefolgt mit seiner Tasche den Schlafsaal nach unten. Im Gemeinschaftsraum standen die anderen Sechstkläßler, und auch Ginny wartete dort.
»Solltest du nicht schon weg sein?« fragte Ron seine Schwester.
»Wir haben ohnehin das gleiche Ziel, warum einen Portschlüssel verschwenden«, erwiderte sie und lächelte.
Harry levitierte Hermines Koffer in die Höhe, und mit den anderen verließen sie den Gemeinschaftsraum und nahmen den direkten Weg in Richtung Große Halle. Unmittelbar vor ein Uhr traten sie ein und sahen gerade noch, wie die letzten beiden Ravenclaw-Schüler verschwanden. Dumbledore sah ein wenig müde aus, als er sich den Erstkläßlern von Gryffindor zuwandte und ihnen ein Zeichen gab, zu ihm herüberzukommen. Mit einem für Harry unglaublichen Tempo ließ er Gegenstände in seiner Hand erscheinen, verwandelte sie in einen Portschlüssel und drückte sie einem Schüler in die Hand, der daraufhin verschwand. Die Zweitkläßler folgten und dann die Dritt- und Viertkläßler. Da Harry bei keinem einen Besen entdeckte, mußte er annehmen, daß niemand so spät wie sie selbst auf diese einfache Lösung des Schrumpfens gekommen war. Die Fünftkläßler waren die nächsten, und nur Ginny blieb übrig. Inzwischen war es weit nach zwei Uhr, und nun war Neville an der Reihe. Er gab Ginny einen kurzen Kuß, der leichtes Johlen hervorrief, und verschwand mit rotem Kopf, als er von Dumbledore ein großes Lineal in die Hand gedrückt bekam. Endlich waren auch Harry, Ron und Ginny an der Reihe und traten vor Dumbledore.
»Du nimmst Hermines Sachen mit«, fragte er leise, und Harry nickte. »Wir sehen uns morgen.« Dumbledore drückte den dreien einen Radiowecker in die Hände. Einen Zauberstabschwenk später spürte Harry das Reißen am Bauchnabel.
