Kapitel 8
Faramir hielt schützend seine Arme um Aylana, als sie die Halle durchquerten, doch sie kamen nicht weit. Der König hatte die beiden Heiler begleitet und beugte sich jammernd über seinen ältesten Sohn. Als er Faramir bemerkte, rief er seinen Namen.
„Faramir, komm her!"
In seinem Ton lag eine Mischung aus Verzweiflung und Ärger. Sein Blick warf Faramir feindliche Blicke zu und Aylana dachte an Boromirs Andeutung, dass Faramir es nicht leicht hatte. Der junge Mann drehte sich zu seinem Vater um und in diesem Moment erkante er Aylana. Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen.
„Beschäftigst du dich lieber mit dieser Hure, als deinem Bruder beizustehen? Nedan...!"
Er sprach mit einem seiner Männer und deutete auf Aylana, die sich hinter Faramir drängte und Sicherheit vor den Soldaten suchte, doch ehe sie sich versah wurde sie von hinten ergriffen. Ihr Arm wurde schmerzhaft verdreht und Aylana konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken, als ihr Handgelenk nachgab. Ihr Kopf wurde an den Haaren nach hinten gezogen und sie war nicht länger fähig sich zu wehren.
Faramir war hin und her gerissen, dem Zorn seines Vaters nachzugeben oder Aylana zu helfen. Doch mit einem entschuldigenden Blick in Aylanas Richtung folgte er den Heilern und dem König, der seinen Soldaten noch zurief.
„Bringt sie nach unten. Ich befasse mich später mit ihr."
Man erstickte ihren Protest, indem man ihr den Mund zuhielt und zerrte sie aus der Halle, die Stufen hinunter in den Keller. Der vermoderte Geruch in dem Verlies stieg ihr unangenehm in die Nase, als Aylana von den Wachen vorwärts gestoßen wurde. Fackel erhellten den langen Gang und aus den Zellen, die mit schweren Eisentüren verriegelt waren, drangen unheimliche Laute, die Aylana als weinen oder schreien deutete.
Sie wurde bis ans Ende des Ganges geführt und in eine kleine, dunkle Zelle geschoben, in der einzelne, erleuchtete Kerzen bereitstanden. In dem schemenhaften Dunkel konnte Aylana nur die Umrisse eines kahlen Felsvorsprungs an der Wand erkennen. Sonst war das Verlies leer und eiskalt. Eine der Wachen lachte und ließ die Tür hinter sich zufallen.
„Nun, letztendlich konnte dich der Königssohn doch nicht beschützen. Jetzt gehörst du dem Herrscher selbst. Doch da dieser im Moment anderweitig beschäftigt ist..."
Er grinste und streckte die Hand aus, um Aylanas Haare zu berühren. Angewidert schlug sie seinen Arm weg, bereute diese unüberlegte Handlung jedoch sofort. Schneller als erwartet griff er in ihre langen Haare und zog ihren Kopf brutal zurück.
„Ich mag nicht so mächtig sein, wie der König, doch über dich kann ich allemal verfügen, wenn du dich sträubst."
Er ließ ihre Haare los und warf sie mit solcher Kraft nach vorne, dass Aylana gegen die Wand prallte. Sie schrie vor Schmerzen, als sie mit ihrem angeschlagenen Handgelenk aufkam. Von der kurzen Benommenheit überwältigt, brauchte sie eine Weile, bis sie die groben Hände des Soldaten spürte, die sich unter ihre Kleidung schoben.
Mit aller Kraft wehrte sie sich gegen den größeren Mann, doch er drückte mit dem Unterarm gegen ihr Schlüsselbein und jede Bewegung vergrößerte ihre Schmerzen und ihre Panik.
„Versuch gar nicht erst zu schreien. Es macht mich wahnsinnig und keiner wird dir helfen. Das läuft hier so, gewöhn dich dran, Pferdemädchen."
Die Verhöhnung ihrer Herkunft machte Aylana wütend und sie nahm sich zusammen und holte kräftig mit ihrem Knie aus. Sie traf den Mann direkt an seiner empfindlichsten Stelle. Die Wache ließ keuchend von ihr ab und ging zu Boden. Aylana nutzte ihre Chance und hechtete in Richtung Tür, doch sie rannte gegen ein Hindernis aus Fleisch und Blut, das ihr sofort die Arme auf den Rücken drehte und ihr drohte.
„Es ist einfach sich gegen einen zu verteidigen, doch schaffst du es auch gegen zwei?"
Aylana versuchte sich zu befreien, doch die Schmerzen überwältigten sie, also hielt sie still und stieß einen verzweifelten Laut aus.
Der Erste stand mittlerweile wieder auf den Beinen und kam ihr bedrohlich entgegen.
„Noch einmal tust du so etwas nicht, Miststück!"
Das letzte was Aylana sah war die Faust, die auf ihr Gesicht zuraste. In ihrem Kopf hallte der Schlag wider, dann war alles still.
