Dieses Kapitel ist wohl noch die Ruhe vor dem Sturm, der Showdown folgt in den letzten Kapitel, also nicht von der Rührseligkeit täuschen lassen :)

Und danke für das vermehrte Feedback !

Grüßlein, Neldoreth

Kapitel 13

Sie waren nicht lange geritten, als Boromir entschied, kurz anzuhalten. Er hatte sein Pferd in den nächsten Wald geführt und suchte nun einen versteckten Platz, um zu rasten. Boromir stieg ab und half Aylana auf die Füße.

Nun hatte er das erste Mal die Möglichkeit sich bei Tageslicht um ihre Wunden zu kümmern. Ihre Haut und ihre Lippen waren blass und ihr Atem ging schwer. Sie ließ sich an einem dicken Baumstamm nieder und schloss erschöpft die Augen. Boromir setzte sich neben sie und betrachtete Aylana.

„Hast du große Schmerzen?"

Aylana schüttelte den Kopf.

„Nicht sehr." Ihre Stimme war immer noch nur ein raues Flüstern.

Boromir schob den Mantel beiseite und warf einen Blick auf ihre von dunklen Flecken übersäte Haut. Ihr Handgelenk war leicht angeschwollen und blau und ein tiefer Schnitt lief über ihre Schulter. An der Stelle war das grüne Kleid blutgetränkt.

Boromir kramte in einem der Beutel und zog einige Stücke Stoff hervor. Aus einem kleinen Lederbeutel goss er etwas Wasser auf den Stoff und wusch damit die blutige Wunde. Aylana öffnete die Augen und sah ihm zu.

„Was tust du da?"

„Ich kümmere mich um dich."

Sie stöhnte kurz auf vor Schmerz, als das kalte Wasser über die klaffenden Wunde floss.

„Nun erzähl mir was passiert ist, während ich weg war."

Boromir wartete auf eine Antwort, doch als er Aylana das nächste Mal ins Gesicht sah, entdeckte er Tränen, die ihr übers Gesicht flossen.

„Was? Was hast du?"

Aylana murmelte mit tränenerstickter Stimme etwas, was Boromir nicht verstand. Sie wiederholte es, doch Boromir konnte nichts damit anfangen.

„Sie haben Atanir getötet. Dein Vater hat ihn getötet."

„Wen hat er getötet, Aylana?

Sie wischte sich mit ihrer unverletzten Hand über das Gesicht und versuchte sich zusammenzureißen.

„Er war einer der Gefangenen aus Rohan. Als du zusammengebrochen bist, war er da. Dein Vater wollte ihn erpressen, doch das haben sie nicht geschafft. Er hat ihn umgebracht."

In Boromirs Kopf entstand langsam ein Bild. Er dachte nach, welchen der Gefangenen sie meinte. Viele waren damals in der Menge gestanden. Da fiel ihm der junge Mann ein, den er mit sich geführt hatte. Er glaubte sich zu erinnern, dass man ihn Atanir genannt hatte.

„Doch was hat das mit dir zu tun?"

Er strich ihr übers Gesicht um sie zu beruhigen. Es musste wichtig für sie sein, also wollte er alles wissen.

„Er war... mein Verlobter."

Erneut brach das Mädchen in Tränen aus und legte ihren Kopf an Boromirs Schulter.

Boromir selbst war wie erstarrt bei ihren Worten. Er streichelte ihre Haare und versuchte sich den jungen Mann ins Gedächtnis zu rufen. Natürlich hatte er damit rechnen müssen, dass Aylana in Rohan noch eine Familie hatte. Vielleicht sogar einen Ehemann. Doch dass sie in Minas Tirith auf jemanden den sie geliebt hatte treffen könnte, daran hatte er nicht gedacht.

Der Gedanke, wie stark ihre Liebe zu dem Rohirrim gewesen war, kam in ihm auf. Vielleicht war die Liebe, die er für Aylana empfand nur einseitig. Vielleicht war er nur ein Ersatz gewesen, jemand dem sie versuchte zu vertrauen inmitten ihrer Feinde. Er blickte hinunter auf das Mädchen in seinen Armen und fegte diese Gedanken hinweg. Aylana klammerte sich an sein Hemd und weinte minutenlang.

Mit der Zeit wurde er unruhig. Sie hatten sich zu lange an einer Stelle aufgehalten, die noch zu nahe an der Stadt lag. Als sie sich schließlich langsam beruhigt hatte wich Boromir ein Stück zurück und blickte ihr ins Gesicht.

„Beruhige dich Aylana. Wir müssen weiter. Mein Vater wird längst nach und suchen lassen und die Späher werden bereits benachrichtigt sein. Wir können hier nicht bleiben!"

Aylana nickte und strich sich die langen Haare aus dem Gesicht. Boromir hielt ihr seine Hand hin und zog sie vorsichtig auf die Füße. Als er ihr auf das Pferd half, quälten ihn die Gedanken an ihren toten Verlobten so sehr, dass er die Frage nicht zurückhalten konnte.

„Sag liebst du mich?"

Aylana sah verwirrt auf ihn herunter. Boromir steckte ein tiefer Kloß im Hals. Niemals hätte er geglaubt so etwas jemals zu einer Frau zu sagen. Er hatte immer gedacht, er wäre nur für den Krieg und nicht für die Liebe geboren worden. Doch als Aylana ihm als Antwort ein kleines, liebevolles Lächeln schenkte, wurde ihm klar, dass dem nicht so war.