Kapitel 15

Ein Schrei ließ Boromir aus tiefem Schlaf aufschrecken. Er benötigte eine Weile um sich bewusst zu werde, wo er war. Er war immer noch in der Höhle und Tageslicht drang herein. Doch Aylana war nicht da.

Panik erfasste ihn. Er war eingeschlafen. Mit einem Satz kam er auf die Füße und stürmte nach draußen. Das helle Licht blendete ihn für einen Moment, doch dann entdeckte er etwas in der Ferne. Mit großen Schritten lief er darauf zu, bis er auch erkannte was dort vor sich ging.

Drei Soldaten des Königs und Denethor selbst standen vor Aylana, die auf den Knien und mit hinter dem Rücke gefesselten Händen vor ihnen saß. Sie keuchte schwer, ihre Haare waren zerzaust und Boromir glaubte neue Wunden an ihrem Körper zu sehen.

Denethor entdeckte seinen Sohn zuerst. Mit geheuchelt freudiger Mine und offenen Armen trat er auf ihn zu.

„Boromir. Mein ältester Sohn und Erbe. So habe ich dich wieder gefunden. Und deine kleine Freundin ebenfalls." Aylana drehte ihren Kopf in Boromirs Richtung als sie den König sprechen hörte. Sie schwankte von Zeit zu Zeit und drohte jeden Moment ohnmächtig zu werden. Boromir ballte die Fäuste vor Zorn.

„Lass sie gehen, Vater. Sie hat dir nichts getan."

Der König lachte verächtlich.

„Das haben die vielen anderen aus Rohan auch nicht und trotzdem gab ich dir den Befehl sie zu töten, mein Sohn."

Boromir stand nun direkt vor seinem Vater, der nur wenig kleiner war, als er selbst. Er blickte in die Augen, sie so voller Hass waren und hätte ihn am liebsten auf der Stelle getötet.

Doch sein Schwert hing an dem Sattel seines Pferdes, den er aus Eile in der Höhle liegen gelassen hatte. Sein Pferd stand unschuldig ein Stück weiter vom Fluss und trank.

„Was hast du mit ihr vor?"

„Ich denke ich werde sie wieder mit zurück in die Stadt nehmen. Sie hat mir gute Dienste erwiesen. Du hast einen ausgezeichneten Geschmack, Boromir."

Die Wut in ihm ließ seine Haut förmlich glühen. Also hatte er sich doch an ihr vergriffen. Wie oft, wollte Boromir nicht wissen. Ohne darüber nachzudenken, schlug er dem König mit der Faust geradewegs ins Gesicht. Dieser stöhnte auf und taumelte zur Seite. Dann blitzte er Boromir an und fauchte.

„Du wagst es die Hand gegen deinen eigenen Vater zu erheben?"

Boromir näherte sich ihm und entgegnete im selben Ton.

„Das wage ich alter Mann."

Erneut schlug er unaufgehalten auf seinen Vater ein, solange bis er sich nicht mehr halten konnte und zu Boden ging. Im rechten Moment drehte Boromir sich um und stellte sich den drei Soldaten entgegen. Sie kamen zögerlich auf ihn zu und er sah ihnen an, dass die nicht wussten was sie tun sollten. Schließlich war Boromir ihr Heerführer.

Doch als Denethor ihnen vom Boden aus zurief, dass sie ihn verteidigen sollten, fackelten die Wache nicht lange und gingen mit erhobenen Schwertern auf Boromir los. Er duckte sich und wich zur Seite aus. Dabei riss er einen der Soldaten mit sich zu Boden und rammte ihm seine Faust ins Gesicht. Er nahm ihm das Schwert ab und schwang sich auf die Füße. Nun stand er den anderen beiden gegenüber, die zur zweiten Attacke übergingen. Boromir parierte beide Schwerthiebe und es gelang ihm, den einen an der Seite zu treffen.

Nicht lange und Boromir war obenauf, während die Soldaten blutend am Boden lagen. Doch es traf ihn wie ein Schlag, als ihm auffiel, dass Aylana nicht mehr an ihrem platz saß. Er sah sich um und erblickte sie in den Armen des Königs, der ihr ein Messer an die Flanke hielt.

„An deiner Stelle Boromir würde ich mir jetzt gut überlegen was ich tue. Dein Mädchen fühlt sich nicht gut, ich biete mich gerne an sie von ihren Leiden zu erlösen."

Er drückte das Messer näher an ihre Haut und Aylana wimmerte vor Angst. Boromir hob beschwichtigend die Hände.

„Vater, lass sie laufen. Ich komme wieder mit dir zurück nach Minas Tirith, ich werde wieder dein Heerführer. Doch lass Aylana laufen!"

Denethor runzelte die Stirn.

„Aylana. Ein hübscher Name. Genauso hübsch, wie die, die ihn trägt."

Der König strich Aylana die Haare aus dem Gesicht und Boromir konnte sehen, wie sie zitterte. Sie hatte eine tiefe Platzwunde an der Stirn und Blut lief ihr an der Wange hinunter. Boromir beobachtete die Stelle an die Denethor das Messer presste und überlegte, ob er sie dort tödlich treffen konnte. Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich dem König. Er hielt das Schwert des Soldaten fest in der Hand.

„Du kannst das nicht tun. Überlege doch, wenn du sie tötest, töte ich dich. Wenn du es nicht tust, kannst du sie haben."
Aylanas Augen wurden größer und sie blickte Boromir irritiert an. Der König verkniff die Augen misstrauisch.

„Ich kann sie haben? Du denkst, ich glaube dir das, Sohn? Dass du dieses Mädchen einfach aufgibst, nach allem was du für sie getan hast?"

Boromir nickte ernst und seufzte.

„Ich wollte doch nur einmal etwas für mich alleine haben. Du hast mir noch nie eine eigene Sklavin gegönnt, also musste ich sie mir wohl beschaffen. Und du hast selbst gesagt, sie ist hübsch. Sehr hübsch."

Denethor war so verwirrt, dass er nicht bemerkte, dass Boromir ihm immer näher kam. Er war nur noch eine Schwerlänge von ich entfernt.

„Wie kann ich dir glauben schenken, Boromir?"

Boromir schmunzelte.

„Ich bin dein Sohn."

Dann ging alles sehr schnell.