Verzweiflung

Ich bat Takuya um einen Gefallen. Er sollte Van zu mir rufen. Ich musste dringend mit meinem Freund sprechen. Er war mit Hitomi zusammen und kannte sie sehr gut. Van kam zu mir und dann meinte ich: „Van, kannst du mir sagen, was los ist? Hitomi scheint eifersüchtig auf mich zu sein. Wollte sie mich etwa verärgern, damit ich nicht mehr in deiner Nähe bin? Das kann ja wohl nicht sein. Ich verstehe alles nicht mehr." Van senkte betrübt den Kopf und sagte: „Es tut mir leid, Tamara. Ich habe versucht, alles rauszukriegen, doch sie spricht immer nur davon, dass sie dich nicht leiden kann und, dass sie mich noch immer liebt und du mich nicht lieben sollst. Das ist alles kompletter Schwachsinn. Wir sehen uns jeden Tag im Studentenwohnheim, bei dir zuhause, in der Uni und hier. Wie sollten wir uns da vergessen können? Ich kann dich nicht vergessen. Du bist meine Schwester. Takuya ist mein Bruder und dein Partner. Ich bin ja auch nur dein Adoptivbruder, aber du behandelst mich so, als wären wir wirklich Geschwister." Ich sah ihn an und sah dann zu Takuya. Er sah so traurig aus und ich verstand nicht mehr, was mit den Zwillingen los war. Auf einmal hörte ich, dass Van und Hitomi erneut stritten. Plötzlich knallte die Holztür und dann kam Hitomi zu mir hoch und meinte: „Du hast nun geschafft, was du schaffen wolltest. Hast du nun endlich Ruhe? Du hast uns auseinander gebracht." Plötzlich hörte ich einen lauten Schrei. Entsetzt dachte ich: Van! Das war seine Stimme. Oh nein! Ich stand auf und ging raus. Dann breitete ich meine Schwingen aus und flog in die Richtung, aus der, der Schrei gekommen war. Ich sah Van nirgendwo und dann hörte ich, wie er schrie: „Tamara, hilf mir! Hier unten. Ich kann mich nicht mehr lange halten." Ich flog zu ihm hinunter und nahm ihn in den Arm. Dann hielt ich ihn fest und stieg wieder auf. Oben gelandet, sank er mir in die Arme. Seine Kleidung war an einigen Stellen zerrissen, doch verletzt war er glücklicherweise nicht. Takuya und Hitomi kamen zu mir. Hitomi sah mich an. Dann hielt Takuya seinen Bruder fest und ich ging auf sie. Wuterfüllt holte ich aus und schimpfte: „Wegen deiner Eifersucht war der ganze Streit. Du kannst meine Eltern fragen, sie haben ihn adoptiert, als er heimatlos umherirrte und keinen Menschen hatte, der ihm Wärme schenkte und ihn bei sich aufnahm. Wir haben Van eine Heimat geschenkt in meiner Welt und nun ist er mein Adoptivbruder. Deinetwegen wäre er beinahe in die Schlucht gefallen. Ich konnte ihm helfen. Mach das nie mehr, Hitomi. Ich werde Takuya bald heiraten und du heiratest Van. Also dann ist die ganze Sache Schnee von gestern." Man sah den Abdruck meiner rechten Hand auf Hitomis Wange. Ich war ärgerlich. Der Zorn war wie ein schwelendes Feuer in mir und dann merkte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich sah über die Schulter und sah Van, der hinter mir stand. Sein Blick war kalt und leer. Ich konnte ihn nicht ansehen. Dieser kalte Blick machte mir Angst und ich wollte nicht, dass er sich durch meine Gefühle verletzt fühlt. Ich sah zu Takuya und er deutete an, dass ich Van helfen soll in dieser Situation. Er kannte seinen Bruder zwar auch kaum, aber konnte sich sehr gut in dessen Lage versetzen. Ich drehte mich vorsichtig um und nahm Van in den Arm. Ich musste wieder an die Situation über der Schlucht denken. Er sah so hilflos aus. Ängstlich sah er mich an und dann merkte ich, als ich ihn im Arm hielt, dass er vor Angst zitterte. Er war wie ein verstörtes Kind, dass Schutz und Geborgenheit bei jemandem suchte. Ich konnte ihn nicht im Stich lassen. Er hatte mir schon oft aus der Patsche geholfen und dann war ich es ihm schuldig. Dank ihm hatte ich Takuya gefunden, als er in der Gefangenschaft in der Höhlenfestung von Bazram war. Nun konnte ich meinen großen Bruder ja auch nicht im Stich lassen. Das würde er mir niemals verzeihen. Nach einem beinahen Absturz, fühlte man sich immer nicht wohl. Doch ich konnte fühlen, dass Van Angst hatte und in seiner Verzweiflung kuschelte er sich schutzsuchend an mich. Ich streichelte tröstend über seinen Rücken. Dann auf einmal sah er mich an und sagte: „Ich möchte, dass du etwas weißt. Ich bin auch, wenn ich mit Hitomi verheiratet bin, immer für dich da. Nun, da ich wieder gesund bin, werden wir wieder im Projekt zusammenarbeiten können. Takuya und Hitomi haben normalen Unterricht. Wir haben nur noch zwei Monate laut Erdzeit. Aber du sollst wissen, dass du mir vertrauen kannst." Ich wusste Bescheid. Denn Vertrauen ist wichtig. Doch dieser kalte Blick war wie ein verzweifelter Hilferuf. Ich fühlte seine Verzweiflung