Die Nacht in den Bergen

Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag ich in Takuyas Armen. Ich erinnerte mich wieder. Takuya hatte mich abends in den Arm genommen und war danach neben mir eingeschlafen. Er war ziemlich müde. Doch dann schreckte er mit einem lauten Schrei in die Höhe und kuschelte sich an mich. Ich meinte: „Takuya, was hast du denn? Hast du schlecht geträumt? Mein Engel, was hast du?" Takuya sah mich an und antwortete: „Ich habe von der Sache im Freizeitpark geträumt, Tamara. Ich habe Angst. Irgendeine geheimnisvolle Kraft raubt uns den Frieden und wenn es vielleicht mit meiner Herkunft zusammenhängt." Hitomi rief mich zu sich und sagte: „Van hat schlecht geschlafen. Hat Takuya auch schlecht geschlafen? Ich hatte eine Vision, in der ich sah, dass einer der Zwillinge schwarze Schwingen hat. Was heißt das? Kannst du dir das vorstellen? Ich habe eine Idee. Ich lege uns die Tarotkarten." Ich erwiderte: „Ich hatte auch schon Visionen. Unerwartet, aber stark. Ich habe letzte Nacht geträumt, dass ich in eine Schlucht falle und ein Engel mit schwarzen Schwingen erscheint, während der Engel mit den weißen Schwingen mich rettet. Ich habe Angst, dass der Fluch von Atlantis wahr wird. Ich bin die allerletzte Tochter von Atlantis. Ich bin somit auch verflucht." Da kam Van dazu und meinte: „Nein, nicht. Du kannst nicht auch noch verflucht sein. Es reicht, dass Takuya und ich darunter leiden müssen. Nicht auch noch Hitomi und du." Wir erzählten ihm vom Traum und der Vision und dann erschrak er sehr. Van konnte das alles nicht mehr verstehen und fragte: „Würdet ihr immer für uns da sein, wenn wir euch brauchen?" Wir nickten. Dann gab Takuya mir einen kleinen silbernen Dolch, den er in Asturia geschenkt bekommen hatte. Er sagte: „Wenn ich wirklich verflucht bin, dann ist es besser, du tötest mich. Ich will nicht auch noch den Fluch über Takako und dich bringen. Ein verfluchtes Mitglied der Familie reicht doch. Ich weiß, dass Van genauso denkt und Hitomi sicherlich auch darum bitten wird. Ich weiß ihr könnt es nicht, aber es muss sein." Ich drückte Takuya an mich und meinte: „Takuya! Ich kann es nicht. Ich kann dich nicht töten. Bist du verrückt? Ich liebe dich. Ich bin bereits verflucht. Ich habe dein Blut in mir durch die Geburt von Takako und auch durch meine Wunde. Hitomi ist auch verflucht, wenn Van es ist. Sie hat durch Kais Geburt sein Blut in ihren Adern. Also rede keinen Unsinn, Takuya." Takuya fügte sich selbst eine Wunde zu und meinte traurig: „Sag das nicht, Tamara. Als ich glaubte, dass ich falle, war da ein Licht. Ein Licht so warm und schön. Es hat mich beschützt. Du hast zum allerersten Mal Wärme in mein verwundetes Herz gebracht. Und du hast mir gezeigt, dass mein Leben einen Sinn hat. Tamara, ich bin zu schwach um zu kämpfen, das fühle ich. Wenn ich kämpfen müsste, dann wäre ich verloren." Ich nahm ihn in meine Arme und sagte: „Dieses Licht war die Wärme, die ich dir geschenkt habe, Takuya. Ich fühle, dass du nicht kämpfen kannst, mein Engel. Es tut mir weh, dass du dich selbst verletzt. Ich möchte das nicht zulassen, wenn ich es verhindern kann." Dann auf einmal gab er mir den silbernen Dolch und sagte: „Wenn der Moment gekommen ist, dann weißt du, was du zu tun hast. Lieber gebe ich mein Leben, als dass ich dich verfluchen würde. Mein Blut ist von alten Generationen her durch die Schande der Menschen von Atlantis beschmutzt." Ich ging zu Bett und konnte doch nicht einschlafen, weil ich weiterhin immer an Takuyas Worte denken musste. Er hatte mich um etwas völlig unmögliches gebeten und deshalb war ich sehr traurig. Ich stand auf und dann ging ich raus. Ich breitete meine Schwingen aus und flog davon. Van konnte in dieser Nacht auch nicht einschlafen. Takuyas Entscheidung machte ihn traurig. Er entschied, mich zu begleiten. Ich wusste nichts davon und flog in die Berge. Auf einer Klippe sitzend sah ich ins Tal hinab und lauschte dem Wind. Eine Feder flog an mir vorbei. Ich drehte mich um und da stand er. Van´s Augen waren von der Traurigkeit getrübt. Er musste geweint haben, während er mir gefolgt war. Seine Augen waren nämlich auch leicht gerötet. Wir wollten in dieser Nacht nicht schlafen und blieben in den Bergen.