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Part 3
Die Atmosphäre
in der Kneipe war heiter, wie es sich gehörte. Die Männer
bestellten sich am laufenden Band Drinks, sodass der junge Barkeeper
alle Hände voll zu tun hatte; ein paar Mädels tanzten auf
der Anrichte. Lautes Gelächter war zu hören.
Sie saß an der Theke und beobachtete die anderen Gäste. Jeden Einzelnen nahm sie unter die Lupe. Sie sah einen dicken, älteren Mann an, musterte ihn eingehend von Kopf bis Fuß und seufzte frustriert. Er war okay. Sie nahm einen Schluck von ihrem halbvollem Bier und überlegte kopfschüttelnd, ob ihr Instinkt nicht richtig funktionierte. Es war schlechthin unmöglich, dass sich unter diesen insgesamt 30 Leuten nur zwei Vampire in dem kleinen Lokal befanden.
Schweigend nahm sie sich den nächsten Kerl vor. Er war vielleicht Mitte Zwanzig und trug abgetragene, schwarze Kleider. Beim Anblick seiner dunklen, bedrohlichen Augen, die starr auf eine hübsche, junge Frau gerichtet waren und seinen ansonsten warmen Gesichtszügen eine unglaubliche Härte verlieren, spürte sie das gewohnte Hämmern in ihrem Hinterkopf. Ihre besondere Fähigkeit war wieder einmal in Aktion getreten. Der Mann war ein Vampir.
Auf diese Methode machte sie noch vier andere Vampire ausfindig. Um Geschöpfe der Nacht auf diese Weise ausfindig zu machen, war eine große Menge an Geduld erforderlich, doch die Jahre der Erfahrung hatten sie gelehrt, dass ein geduldiges Verhalten oftmals bitter nötig war.
Sie trank ihr Bier aus und bestellte sich ein neues. Dann griff sie in die Innenseite ihres Jäckchens. Geschwind ließ sie die Augen über die Kneipengäste und das Personal huschen. Keiner beachtete sie. Gut, dann konnte es ja losgehen. Sie zog eine Pistole aus dem Mantel und ließ sieben sauber gezielte und dicht aufeinanderfolgende Schüsse verlauten. Die Gestalten zerfielen zu Staub und alle Augenpaare richteten sich auf sie. Die Musik hatte aufgehört zu spielen, eine unheimliche Stille entstand im Inneren des Lokals.
Künstlerisch blies sie über die Öffnung ihrer Waffe und steckte sie zurück in ihre Jacke. „Wollt ihr euch nicht dafür bedanken, dass ich eurer aller Leben gerettet habe?", fragte sie grinsend und wandte sich wieder ihrem Bier zu. Endlich setzten die Gespräche wieder ein und die Musik ertönte. Nun konnte sie sich wieder entspannen, denn egal, wie cool ihr Spruch eben auch geklungen hatte, sie stand nicht gern unter der Beobachtung so vieler Menschen.
Sie trank in gierigen Zügen von ihrem Getränk, das sie dem Gesetz zufolge gar nicht hätte besitzen dürfen und ihre Schwester es auch nicht gern gesehen hätte. Doch diese war nicht hier.
Zufrieden lehnte sie sich zurück. Wieder einmal war ihr Plan aufgegangen. Sie konnte wirklich nicht verstehen, warum ihre Schwester den altmodischen Teil der Jagd vorzog, wo man die meiste Arbeit doch auch auf diese angenehme Weise erledigen konnte. Aber gut, ihre Schwester war anders veranlagt und es hatte lange gedauert, bis sie selbst das als positiv angesehen hatte.
Ihr Handy klingelte. Auf dem Display erkannte sie den Namen ihrer Schwester. „Ja?", rief sie erfreut in die Muschel.
TBC
