Fassungslos starrten die beiden dem Ungetüm nach. Das war doch unglaublich. Dieses übergroße Scheusal hatte Angst vor ihnen. Das war zu lächerlich um wahr zu sein. Plötzlich fiel Buffy ihre Schwester wieder ein. „Faith?", rief sie fragend und sah sich suchend um. Das Mädchen war nicht zu sehen. „Angel, siehst du sie?", fragte sie angstvoll, doch ihr Freund schüttelte den Kopf. „Sie wird doch nicht..." Nach minutenlangen, erfolglosem Suchen hatte die blonde Vampirjägerin plötzlich eine Idee, die ihr jedoch ganz und gar nicht gefiel.
„Das wäre gut möglich, sie kann sich ja nicht in Luft auflösen!", stimmte ihr Freund zu. Besorgt schritten sie nun auf die tote Kreatur zu und versuchten mit vereinten Kräften sie von der Stelle zu bewegen, was ihnen jedoch nicht besonders gut gelang.
Buffy schloss für einen Augenblick die Augen und atmete tief durch, im nächsten öffnete sie sie wieder und schob mit einem einzigen Stoß das Tier zur Seite, worauf Angel ihr einen erstaunten Blick zuwarf. Sie wusste, dass er sich fragte, woher sie diese gewaltige Kraft auf einmal genommen hatte, doch dies war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, um ihm das zu erklären, so entschied sie.
Tatsächlich lag Faith unter dem Höllengeschöpf. Buffy war zwar darauf vorbereitet gewesen, dass sie verwundet sein und nicht wie das schöne, starke Mädchen, das sie sonst darstellte, aussehen würde, doch dieser Anblick übertraf ihre schlimmsten Befürchtungen.
„Nein," flüsterte Buffy, den Tränen nahe und stürzte zu ihrer Schwester. Ihr Gesicht glich einem Glücksrad, in dem allerdings nur die dunklen Farben vorhanden waren. Grün, braun und dunkelrot, eine Mischung aus dem eigenartigen Blut des Dämons und ihres eigenen. In ihrem Bauch steckte ein Schwert, drum herum war nur viel Blut zu sehen. Das Einzige was hierbei besonders herausstach, war ein kleines, aber friedvolles Lächeln, das ihre Lippen umspielte.
Buffy nahm die Hand ihrer Schwester und drückte sie sanft. Dabei rief sie immer wieder ihren Namen und rüttelte sie dabei. Angel hatte sich ihr gegenüber gekniet und fühlte Faiths Herzschlag. „Es schlägt noch, wenn auch sehr schwach," erklärte er leise und sah seine blonde Freundin an, die drauf und dran war, die Beherrschung zu verlieren. Still rollten ihr die Tränen über die Wangen. Dabei blickte sie starr auf den leblosen Körper ihrer Schwester. Der Vampir nahm das Gesicht des verzweifelten Mädchens in die Hände und zwang es dadurch, ihn anzusehen. „Es gibt noch Hoffnung," sagte er dann eindringlich und versuchte, überzeugend zu klingen.
„Sie war meine Schwester, Angel. Meine kleine Schwester", sagte sie schluchzend. „Sie ist es noch," erwiderte Angel darauf und nahm Buffy in seine Arme. Er drückte sie fest an sich und strich ihr durch das durcheinander geratene schmutzige Haar. „Heute ist unser Jahrestag! Sie hat sich so gefreut...", erklärte sie bestürzt.
In diesem Moment wurde ihm etwas. Genau vor zwei Jahren war Buffy gestorben. Er würde nie den Tag vergessen können, an dem sie leblos in seinen Armen gelegen hatte und er sie nur festhalten, ihr aber nicht helfen konnte. Er würde nie das Gefühl grenzenloser Verzweiflung vergessen können, das ihn in diesen Minuten beherrscht hatte. Aber der Punkt war, dass sie nur wenige Minuten tot gewesen war. Allerdings hatten diese bereits ausgereicht, um Faith ebenfalls die Kräfte der Jägerin erhalten zu lassen. Und nun war es anzunehmen, dass auch Faith starb. Konnte dies wirklich ein Zufall sein?
Da es noch aber nicht soweit war, mussten sie schnell handeln. Denn noch hatten sie die Macht, das Eintreffen der eben prophezeiten Geschehnisse zu verhindern. Und diese hatten sie zu nutzen. Entschlossen packte Angel die Jägerin bei den Schulter und hoffte, dass ihr angegriffener Verstand gut genug arbeitete, um aufzustehen und diesem Kampf kein unglückliches Ende zu bereiten.
TBC
