Besuch von den Grangers

Als Harry am nächsten Morgen etwas verspätet zum Frühstück herunter kam, verstummten alle wie auf Kommando. Misstrauisch sah er in die Runde: „Was?"

Remus räusperte sich: „Iss erst mal, Harry!"

„Ich würde es lieber jetzt wissen!" Ungefähr 20 Sekunden hielt Remus Harrys forderndem Blick stand, dann erhob er sich seufzend: „Komm, wir gehen nach draußen!"

„Lupin will verhindern, dass jemand verletzt wird!" feixte George. Harry ignorierte ihn und folge Remus in den Garten.

„Also, was ist? Ihr wisst doch schon wieder irgendwas!" Harry bemühte sich, nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen.

Remus nahm erst einmal auf der Holzbank Platz und reckte sein müdes Gesicht der Sonne zu. Dann legte er eine Hand über die Augen, um sie gegen das grelle Licht ab zu schirmen und sah Harry an: „Wir müssen spätestens übermorgen zurück zum Grimauldplatz!"

Harry sackte auf einen Holzklotz neben den Bank und schüttelte schwach den Kopf: „Ich will nicht!"

„Das habe ich mir beinahe gedacht!" meinte Remus bitter, „Aber ich muss dir nicht wirklich erklären, warum es trotzdem notwendig ist, oder?"

Harry machte ein säuerliches Gesicht: „Ein bisschen."

„Es hat sich eine ganze Menge Arbeit angesammelt. Molly, Arthur und ich müssen auf jeden Fall zurück und wir können euch wohl schlecht hier allein lassen!"

„Och ..."

„Quatsch, Harry! Ihr seid hier nicht sicher! Der Grimauldplatz ist viel geschützter. Dumbledore will nicht warten, bis wir hier angegriffen werden, bis er uns nach London holt. Du glaubst ja gar nicht, wie viel Arbeit und Mühe und wie viel Überredungskraft es uns gekostet hat, euch Kids überhaupt eine Zeit lang in den Fuchsbau zu holen! Du musstest deine vier Wochen bei den Dursleys absitzen und damit du herkommen konntest, haben wir dieses Haus mit sämtlichen Schutzzaubern belegt, die uns eingefallen sind. Apparierschutz, Sicherung des Kamins, Hexenringe um den ganzen Garten. Aber der Fuchsbau ist noch nicht unortbar und es dauert, so etwas nachhaltig zu bewerkstelligen. Der Grimauldplatz ist sogar durch ein Geheimnis geschützt."

„Aber ... es würde mir weh tun!" flüsterte Harry.

Remus zuckte leicht zusammen, lehnte sich vor und stützte seine Arme auf die Knie. Er fuhr sich mit den Fingern durch seine hellen, angegrauten Haare und ließ die Hände im verspannten Nacken liegen: „Ich war mehr als einmal im Sommer da. Und ... es ist wirklich nur ein Haus!"

Harry starrte ihn mit einer Mischung aus Zorn und Fassungslosigkeit an: „Nur ein Haus?"

„Ja ... und es geht ... irgendwie." Remus machte eine unbestimmte Handbewegung, „Komm schon, Harry. Es endet eh damit, dass du mitkommst. Deine Alternative wären die Dursleys. Also lass uns versuchen, das zusammen durchzustehen. Stell dich jetzt nicht gegen mich!"

„Das hatte ich ... nicht wirklich vor." murmelte Harry.

„Nicht wirklich?" Remus grinste leicht, „Verstehe. Willst du jetzt protestieren?"

Harry dachte ernsthaft darüber nach. Dann schüttelte er den Kopf: „Ich glaube nicht. Ich sehe es ja ein, aber ..."

„Schwer ist es sowieso, Harry! Und ich bin der Letzte, der dir sagt, dass es bald leichter wird. Aber ... irgendwie schafft man es. Unbewusst. Beinahe versehentlich. Weißt du, heute morgen, als die Zwillinge meinten, sie müssten unbedingt mit mir zusammen Zähne putzen, das habe ich seit langem wieder einmal laut gelacht und es ist nichts Schlimmes passiert!" Remus´ Gesicht sah verwirrt und trotzdem glücklich darüber aus.

Eine Weile schwiegen sie. Dann stand Remus auf und strich sein Hemd glatt: „Also?"

Harry stellte sich neben ihn: „Gehen wir rein und schocken wir sie!"

Remus legte für eine kurze Minute seine Hand auf Harrys Schulter und ging dann voran.

Remus hatte sich erboten, Hermines Eltern mit dem Wagen, den Mr. Weasley seinen Nachbarn abgekauft und den er tatsächlich nicht verzaubert hatte, vom Bahnhof abzuholen, obwohl Fred und George die beiden am liebsten sofort auf einen Besen gesetzt hätten.

Hermine überwachte peinlich genau die letzten Aufräum- und Putzaktionen und schickte die Weasley-Jungen erbarmungslos durch die Gegend.

Schließlich hörten sie Autotüren schlagen und Hermine vergaß, dass sie Krummbein freundlich bitten wollte, das Sofa zu verlassen und warf ihn kurzerhand hinunter. Dann flog sie zur Tür.

Mr. Granger trat als Erster ein. Er hatte schütteres, helles Haar, eine große, gerade Nase und ein freundliches, wenn auch etwas erschöpftes Lächeln auf den Lippen. Die leicht schief sitzende Brille und die tiefen Stirnfalten verliehen ihm ein bisschen das Aussehen eines verwirrten Professors, fand Harry. Mrs. Granger hatte lange, dicke Haare, die zu einem lockeren Knoten im Nacken zusammengebunden waren. Sie war fast so groß wie ihr Mann, schlank und hatte Lachfalten um die leuchtenden Augen. Beide staunten, als sie die weasley´sche Küche betraten und zogen unwillkürlich etwas die Köpfe ein; wohl in Erwartung einiger verquerer Zauberdinge.

„Minchen!" Mr. Granger fing seine Tochter lachend auf und wirbelte sie einmal im Kreis. Dann umarmte Hermine ihre Mutter und zog sie ungeduldig weiter zu Ron und Harry, welche, ziemlich nervös und ärgerlich darüber, an der Treppe standen. Sie hatten Hermines Eltern schon einmal gesehen, doch waren ihnen nicht wirklich vorgestellt worden.

Ron stammelte schüchtern: „Ähm, nett, Sie kennen zu lernen!"

Mrs. Granger schüttelte lächelnd seine Hand: „Es freut mich auch, Ronald!"

Ron verzog das Gesicht, riss sich aber zusammen. Vielleicht nannte sie Harry ja gleich „Harold". Bei dem Gedanken hätte Ron beinahe losgelacht.

„Hallo, Mrs. Granger!"

„Hallo, Harry!" Es war zu schade, fand Ron und wandte sich dann mit bemühtem Grinsen Hermines Vater zu.

Irgendwann saßen sie endlich alle am Tisch und Mr. Granger erzählte von der gemeinsamen Praxis und den vielen elektrischen Geräten dort, von denen Mr. Weasley gar nicht genug hören konnte.

„Jetzt zeig uns doch mal dein Zeugnis, Minchen!" sagte Mrs. Granger, als sie mit dem Nachtisch fertig waren, „Du warst doch so aufgeregt!"

Hermine sprang auf und holte ihre Bescheinigung. Während die anderen schon einmal abräumten, bestaunten die Eltern Granger die Noten ihrer Tochter.

„ ... und hier haben wir nachts auf dem Schuldach gesessen und mussten die Sterne und ihre Position beschreiben. Und hier bei Verwandlung wäre es fast schief gegangen. Ich hatte nämlich ..."

Harry und Ron grinsten sich an und beobachtete Hermine, wie sie eifrig auf ihre Eltern einredete, welche wiederum sichtlich Probleme hatten, ihrem Redeschwall zu folgen. Remus setzte sich neben sie: „Ich habe eure Noten ja noch gar nicht gesehen!"

Harry holte ihre Briefe und Remus vertiefte sich darin.

„ ... und schaut mal die Urkunde! Seit 21 Jahren ... ist das nicht total unglaublich! Ich wüsste ja nur zu gerne, wer damals so ein gutes Zeugnis hatte!" Hermine seufzte glücklich. Auf Remus´ Gesicht hatte sich ein leichtes Lächeln ausgebreitet, ohne, dass er den Blick von Rons Noten nahm.

„Na, unser guter Remus, natürlich!" lachte Mr. Weasley und alle Blicke hefteten sich an Remus.

„Ehrlich?" Hermine starrte ihn begeistert an.

„Ja, ehrlich!" sagte Remus und sah in die erstaunte Runde. Harry und Ron stand leicht der Mund offen und die Zwillinge schwankten zwischen Respekt und Entsetzen.

„Ich war in Fliegen zwar besser, aber dafür hatte ich in Pflege Magischer Geschöpfe nur ein E." erklärte Remus lächelnd.

„Nur ein E!" knurrte Ron leise und Harry schüttelte den Kopf.

„Ach, Fliegen!" Hermine machte eine wegwerfende Handbewegung, worüber Charlie herzhaft lachte.

Später im Garten. Harry schloss den Griff fest um den Besenstiel. Er fühlte sich glatt, stark und kühl an. Wie lange war er nicht mehr geflogen? In Harry kribbelte es. Er holte tief Luft und ließ den Blick über den großen Garten der Weasleys streifen. Es war früher Abend und nachdem sie den ganzen Tag geschuftet hatten; vor allem gepackt und repariert und die Eltern Granger abwechselnd herumgeführt; war entschieden worden, dass ein kleines Quidditchspiel jetzt angebracht war.

Hinter Harry rumste es und Fred und George zogen einen großen, schweren Koffer aus dem Haus, in dem sie ein paar Bälle vermuteten, die sie während ihrer Schullaufbahn hatten mitgehen lassen. Tatsächlich fanden sie drei Quaffel, einen Klatscher und einen Schnatz, dessen Flügel gebrochen waren.

Remus stellte sich zu ihnen und betrachtete die Ausbeute der Zwillinge. Er brauchte nur kurz die Augenbrauen hochziehen und die beiden ernst angucken, schon machten sie betretene Gesichter und Fred warf die Idee auf, der Schule im nächsten Jahr ein Set Bälle zu stiften, welches nicht wirklich billig war.

„Na, dann wollen wir doch mal sehen, ob wie die nicht wieder hinkriegen!" Remus legte die verschrammten und irgendwie schlapp wirkenden Bälle vor sich auf den Rasen und ging vor ihnen in die Knie. Er zog den Zauberstab, richtete ihn auf einen Quaffel und fragte: „Correcto?" Der Quaffel leuchtete und Remus lächelte zufrieden.

Dann wandte er sich dem Klatscher zu: „Reparo!" Der Klatscher zitterte und glühte. Dann schien er wieder wie neu.

„Dublicate!" befahl Remus und der Klatscher verschwamm und glitt auseinander und plötzlich lagen zwei Klatscher auf den Boden

„Respekt!" staunte George.

„Danke!" Remus grinste. Dann betrachtete er den Schnatz: „Ich fürchte, das dauert etwas. Ihr fangt besser erst einmal ohne ihn an und ich lasse ihn dann später los, wenn ich ihn so weit hab!"

„Kann der uns nicht abhauen?"

„Nein, wir haben zwar die Zauber direkt über dem Garten aufgehoben, so dass ihr fliegen könnt, ohne einen Schlag zu bekommen, aber im weitläufigen Umfeld sind noch genug aktiv, um so ein kleines Bällchen aufzuhalten!"

„O.K.!"

Nun kamen endlich auch Ron, Ginny und Hermine aus dem Haus. Ron trug seinen geliebten Besen wie einen Pokal vor sich her. Ginny hatte seinen alten bekommen. Hermine hielt einen ordentlichen Durchschnittsbesen in den Händen, den sie erst vor wenigen Wochen bekommen hatte. Ihre Eltern hatten sich bei einem Einkauf in der Winkelgasse versucht und waren dabei auf ihn gestoßen. Ihnen folgten Bill und Charlie. Bill hatte einen Standardbesen von der Bank bekommen, der weniger ein Rennbesen war, auf dem er es aber trotzdem versuchen wollte. Charlie nannte einen Nimbus 2001 sein Eigen.

Harry und Ron schwangen gleichzeitig ein Bein über ihre Besen. Harry stieß sich ab und schoss in die Luft. Der Feuerblitz schien ebenso ungeduldig wie er zu sein und zitterte und ließ sich nur schwer lenken. Harry ließ ihn ein paar Minuten treiben und fasste dann fester an den Griff. Er begann langsam zu lenken und zog weite Kreise über den Garten. Dann versuchte er sich an einigen Berg- und Tal-Flügen und schwang locker auf und ab.

Ron war kurz nach ihm aufgestiegen und in die Höhe geschossen. Er stob einige Zeit unruhig über den Platz und fand dann seine Form. Er steuerte seinen Besen geschickt über die hohen Baumwipfel und die sich versammelnden Zuschauer.

Hermines Eltern ermutigten sie, auf ihren Besen zu steigen, während Ginny und die restlichen Weasley-Jungen sich zum Start bereitmachten. Remus schaute auf und sein Blick suchte Harry, der gerade leichte Schlenker vollführte und Ron lachend etwas zurief.

„Er lenkt den Besen aus dem Handgelenk!" stellte Remus fest und Mr. Weasley, der neben ihn getreten war, nickte: „Er hat ihn mit dem kleinen Finger unter Kontrolle."

Remus lächelte. In der Luft zog Harry jetzt seinen Feuerblitz hoch, stieg steil nach oben und ließ sich dann vornüber fallen. Im ungebremsten Sturzflug schoss er auf die Erde zu und riss erst im letzten Moment den Besen hoch. Scharfe Kurven ziehend flog er wieder hoch.

Mr. Weasley stieß einen verblüfften Laut aus: „Er ist wirklich gut!"

„Er ist fantastisch!" sagte Remus und in seiner Stimme schwang Stolz mit.

„Er ist absolut lebensmüde!" keuchte Hermine, die sich wie ihre Eltern furchtbar erschrocken hatte. Dann setzte sie sich zögerlich auf ihren Besen und stieg hoch. Sie suchte Ginny und blieb erst einmal an ihrer Seite, während Bill und Charlie die Mannschaften einteilten und die jeweiligen Kleider rot und gelb zauberten.

„Wenn das nachher nicht wieder rausgeht, habt ihr beide ein arges Problem!" rief Mrs. Weasley ihnen zu.

Schließlich standen sie sich in der Luft gegenüber: Auf der einen Seite Fred, Bill, Ron und Ginny, auf der anderen George, Charlie, Harry und Hermine.

Harry konnte kaum still auf seinem Besen sitzen, so aufgeregt war er. Endlich wieder Quidditch und er spielte sogar mit dem „berühmten Charles Weasley", wie Fred gelästert hatte.

Remus trat in die Mitte des Gartens und erschuf mit ein paar Zauberstabschlenkern vier leuchtende, silberne Ringe; zwei auf jeder Seite, durch die sie den Quaffel spielen sollten. Er schickte den Zwillingen je einen Schlagballschläger hoch und ließ die Klatscher los. Dann ermahnte er sie noch einmal, nicht allzu hart zu spielen und warf den Quaffel hinauf.

Ginny und Charlie stürzten sich sofort darauf, doch der große Bruder schnappte den Ball geschickt und trieb ihn gemeinsam mit George nach vorn. Harry duckte sich vor Freds Klatscher und drohte ihm mit der Faust. Dann flog er zu Hermine, welche noch etwas unsicher zwischen den Torringen herumschlingerte.

„Willst du den Hüter geben und hängst du nur aus Verlegenheit hier rum?"

„Wo laufe ich am wenigstens Gefahr, verletzt zu werden?"

Harry grinste: „Wenn du immer dahin fliegst, wo der Quaffel ist."

„Haha!" Hermine zog eine Schnute. Ihr blieb aber nichts anderes übrig, als sich zu bewegen, da Charlie sie gerade anspielte und brüllte: „Ab durch die Mitte, Hermine!" Sie lehnte sich also tapfer nach vorn. Aber es war für sie zu ungewohnt, eine Hand vom Besenstiel zu nehmen, um den Quaffel zu halten und so brauchte Ron sie nur anzutippen und den fallengelassenen Ball zu fangen. Er schmetterte ihn Richtung Torring, doch Harry fing ihn geschickt ab: „So nicht, mein Freund!"

Ron lachte und Harry schoss nach vorne. Bill, dessen Besen sich tatsächlich nur langsam fortbewegte, schwebte ergeben zwischen den Ringen seiner Mannschaft, während Fred unermüdlich die Klatscher gegen seine Gegner schlug. George erwiderte seine Angriffe problemlos und zeitweise sah es aus, als vollführten die beiden ein Tennisspiel.

Charlie, der es sichtlich genoss, wieder zu spielen, trieb den Quaffel wie auch seine Mannschaftskollegen rastlos nach vorn und schoss ein paar ausgezeichnete Tore.

Da Ron diesmal nicht für die Bewachung der Torringe zuständig war, wusste er zuerst nicht so recht, wohin mit sich, doch als er merkte, dass er mit Ginny prima zusammenspielen konnte, schummelten sich die beiden öfter unbemerkt durch Hermines mühsame Abwehr und würgten Harry ein paar Treffer rein.

Hermine wackelte zwar noch etwas auf ihrem Besen, doch sie war fest entschlossen, sich gut zu machen und so kämpfte sie verbissen gegen ihre eigene Unerfahrenheit und gegen den Ansturm der Gegner. Und als es ihr immer öfter gelang, zumindest Ginny abzuwehren, lachte sie laut auf und versuchte sich sogar mit Charlies Hilfe an ein paar Stürmen auf das feindliche Tor.

Sie spielten lange und ausgelassen, während unten die Älteren standen und zusahen. Hermines Eltern staunten mit offenen Mündern und ließen sich von Mr. Weasley die Regeln erklären. Remus hatte die Arme vor der Brust verschränkt und versuchte, Harry so unauffällig wie möglich zu beobachten, doch Mrs. Weasley trat neben ihn und sagte: „Er ist großartig, nicht wahr?"

Remus grinste verlegen und nickte. Da fragte Hermines Vater: „Haben Sie das auch mal gespielt?"

„Ich musste mit meinem Freunden üben; diesen armen Irren!" Remus lachte bei der Erinnerung daran und wandte sich direkt an Hermines Eltern, „Harrys Vater und unser gemeinsamer Freund waren in der Hausmannschaft. Sie sagten, sie müssten unbedingt auch außerhalb der Trainingszeiten üben und spannten mich mit ein. Sie glauben ja gar nicht, wie oft die beiden mich in den Krankenflügel geschickt haben, weil ich armer Kerl ihren Angriffen nicht standhalten konnte. Sie waren einfach zu gut für mich!"

„Ich wüsste gerne, wie gut du heute bist, Remus!" rief Bill, welcher gerade zur Landung ansetzte, „Ich für meinen Teil kann nicht mehr! George hat mich jetzt zum siebten Mal erwischt und langsam wird mir doch etwas übel. Hier!" Er drückte Remus seinen Besen in die Hand und ließ sich, die Hände auf den Magen gepresst, auf die Holzbank fallen.

„Erst einmal muss dieser Schnatz hier startklar gemacht werden." sagte Remus, um Zeit zu schinden und beugte sich über ihn. Dummerweise reichten drei kleine Formeln bis das Ding wieder surrend und bebend seine Flügel ausstreckte und sich dann mit einem kleinen Pfeifton in die Höhe absetzte.

„Schauen Sie noch einmal gut hin!" wies Mr. Weasley die Grangers an, „Den sehen Sie erst wieder, wenn Harry ihn gefangen hat!"

Unter Bills schadenfrohem Grinsen bestieg Remus nun dessen Besen und wippte prüfend auf und ab: „Mal ehrlich: Der kann nichts, Bill!"

„Das weiß ich auch. Viel Spaß damit!"

Remus sah ihn an und dann breitete sich auf seinem Gesicht ein verwegenes Grinsen aus. Er richtete den Zauberstab auf den Stiel und flüsterte einen Spruch. Der Besen leuchtete kurz und Bill sprang auf: „Was hast du gemacht?"

„Das wirst du gleich sehen!" Remus lachte, ging in die Knie und stieß sich so fest er konnte vom Boden ab. Der Besen schoss steil in die Höhe und in rasender Geschwindigkeit drehte Remus ein paar Runden über den Platz. Er hielt weit über den Kindern an, welche erstaunt und fragend nach oben starrten.

„Dieser Fiesling! Das hätte er vorhin auch mal für mich machen können!" knurrte Bill und fiel schwer auf die Bank zurück.

Harry fiel die Kinnlade herunter, als er Remus über sich sah und er setzte zum Aufstieg an, als Remus ihm auch schon entgegen kam: „Hi!"

„Was machst du denn hier?" An Harrys zweifelndem Gesichtsausdruck sah Remus belustigt, dass dieser daran zweifelte, ob Remus überhaupt die Regeln kannte. Er lachte: „Jetzt beleidige mich mal nicht, Harry! Ich habe früher oft genug, eher öfter als mir lieb war, mit James und Sirius üben müssen. Glaub mir, ich kann was!"

Harry lächelte leicht.

„Ich spiele übrigens gegen dich!" warnte Remus ihn, „Und ich habe den Schnatz losgelassen!"

„Und, wirst du gleich nach ihm suchen?" fragte Harry herausfordernd.

„Allerdings, also nimm dich in Acht!"

„Ha!"

Die beiden stoben auseinander und Remus nahm Rons Platz neben Ginny ein, da dieser sich vor den Torringen postiert hatte. Er hielt gekonnt und bekam spontanen Applaus von den Zuschauern.

Remus bewies tatsächlich mehr Geschick, als die Kinder vermutet hatten und er erspielte sich mit Ginny und zeitweise mit Fred schöne Torchancen, die Charlie und Harry allerdings meistens vereitelten.

Harry hatte angekündigt, dass er nach dem Schnatz Ausschau halten musste, so dass Hermine in ständiger Bereitschaft stand, die Ringe zu übernehmen, falls Harry davonflog. Wenn seine Mannschaft im Angriff war, kreiselte Harry etwas über ihnen und starrte angestrengt umher, um den kleinen, goldenen Ball auszumachen. Remus hielt ebenfalls öfter an, um zu spähen und so kam es, dass sie ihn beinahe gleichzeitig entdeckten.

Harry riss sofort den Besenstiel herum und raste auf den Schnatz zu. Er fluchte verhalten, da Remus näher dran war, stellte aber eine Sekunde darauf befriedigt fest, dass er ihn schnell ein- und schließlich überholte.

Remus hatte sich tief über seinen Besen gebeugt und hielt auf den Ball zu, welcher gemütlich dahinflatterte und offenbar noch nicht wahrgenommen hatte, dass er ins Visier genommen worden war. Er hörte Harry hinter sich und schon war er neben ihm. Harry grinste ihn schief von der Seite an und setzte sich dann ab. Er streckte den Arm aus, wich noch einem Klatscher von Fred aus und folgte dann dem Schnatz, der jetzt hektisch Richtung Rasen stob. Remus hielt sich zurück.

Harry spürte den scharfen Luftstrom und lachte begeistert auf. Er fokussierte den Schnatz, lenkte schon fast unterbewusst zur Seite, als ihn ein weiterer Klatscher anpeilte und schon berührten seine Fingerspitzen den Ball. Doch Harry griff nicht zu, sondern schob die Hand weiter nach vorn und schirmte den Ball etwas ab. Er grinste, als das kleine, glitzernde Ding nicht wusste wohin. Er zog langsam den Arm an seinen Körper, noch immer, ohne den Schnatz zu berühren. Lediglich die hohle Hand verhinderte, dass dieser ausbrach. Er sirrte wütend.

Harry lachte noch einmal und schloss dann die kalten Finger um das verärgerte Bällchen. Er riss den Besen hoch und vollführte einen kleinen Looping bevor er triumphierend zu seinen Mannschaftskollegen zurückflog. Alle jubelten und Remus bekam für eine Weile den Mund nicht mehr zu.

„Das war ganz fantastisch! Arrogant, überheblich, überflüssig; das ist klar! Aber ganz fantastisch!" sagte er leise zu Harry, als sie nebeneinander zur Landung ansetzten.

Es war währenddessen dunkel geworden und sie gingen müde, aber glücklich ins Haus. Mrs. Weasley zauberte kalte Limonade und schenkte sie zusammen mit ihrem Mann aus.

„Haben Sie denn etwas dagegen, sich für heute Nacht mit Remus das Schlafzimmer zu teilen?" fragte Mr. Weasley die Grangers, „Wir haben für Sie eine extra große Liege."

„Mr. Weasley, wir sind Camper. Wir haben schon in zwei Quadratmeter großen Zelten geschlafen!" lachte Hermines Vater und seine Frau fügte hinzu: „Ich für meinen Teil bin schon froh, wenn ich nicht auf dem Boden schlafen muss. Das macht nämlich mein Rücken langsam nicht mehr mit."

Remus war still geworden. Er starrte leicht betrübt auf sein Glas. Harry schubste ihn und sah ihn fragend an, doch Remus schüttelte den Kopf: „Alles in Ordnung!"

Nachdem sie eine Weile dem Gespräch über die Gefahren von Quidditch gelauscht hatten, fragte Harry ihn leise: „Bin ich gut geflogen?"

„Natürlich. Das weißt du doch!" Remus musste grinsen.

„Hast du früher gern mit meinem Dad und Sirius trainiert?"

„Nein! Sie haben mich fertig gemacht!" entgegnete Remus ebenso leise.

„Echt?"

„Na, hör mal! Sie waren die absoluten Helden und ich konnte mich manchmal kaum in Sicherheit bringen vor Sirius´ Klatschern!"

„Er war Treiber?"

„Klar! Das hat ihm wahnsinnig Spaß gemacht! Aber wenn ein Jäger ausgefallen ist, hat er manchmal den Part übernommen. Er und James waren dann praktisch unschlagbar!" Remus lachte, „Wenn die gegnerische Mannschaft gehört hat, dass Black und Potter die Jäger geben würden, wollten sie manchmal schon gar nicht mehr antreten!" Harry grinste und dann merkte er, dass sich alle Aufmerksamkeit auf sie gerichtet hatte.

„Ja, die beiden waren schon eine Klasse für sich!" meinte Remus ausweichend und stand auf, „Wer möchte noch Saft?"

Er ging in die Küche, um einen weiteren Krug zu holen. Dort verharrte er einen Augenblick an der Theke und schloss die Augen. Mit dem gläsernen Krug ging er zurück ins Wohnzimmer und schenkte reihum ein. Dort waren währenddessen die Eltern Granger aufgesprungen. Mrs. Granger hielt ihre Arme in Richtung Mr. Weasley ausgestreckt und keucht: „Meinen Sie das ernst? Machen Sie keine Scherze mit uns! Meinen Sie das ernst?"

Mr. Weasley nickte betrübt: „Es tut mir Leid! Das trifft Sie jetzt alles unvorbereitet, aber ich habe mich gestern extra noch einmal mit unserem ... Schuldirektor besprochen und auch er ist der Meinung, wir sollten unbedingt Maßnahmen ergreifen, um sie zu schützen!"

Hermines Mutter schüttelte ungläubig den Kopf: „Aber es kann doch gar nicht so schlimm sein! Es kann nicht!"

„Es darf nicht, Schatz, aber es scheint doch so schlimm zu sein!" sagte ihr Mann mit heiserer Stimme und legte einen Arm um sie, damit sie sich beide wieder setzten. Dann wandte er sich Mr. Weasley zu: „Was haben Sie denn genau vor?"

„Haben Sie einen Kamin?"

„Nein!"

„Dann brauchen Sie einen! Wir reisen durch den Kamin. Und wenn Sie einen haben, dem wir eine Verbindung zu unserem Hauptquartier verpassen, dann können wir Sie und Sie uns jederzeit erreichen!"

Die Grangers nickten, obwohl sie nicht den Eindruck machten, Rons Vater wirklich folgen zu können.

„Außerdem werden wir Ihr Haus mit Schutzzaubern belegen, damit Sie niemand finden kann, der Ihnen Böses will!" fuhr Charlie fort.

„Sie bekommen verschiedene ... sagen wir, Hilfsmittel und Geräte von uns, mit denen Sie in der Lage sind, sich zu schützen, falls Sie jemand auf offener Straße angreifen will!" sagte Mr. Weasley und fügte schnell hinzu: „Was aber nicht passieren wird!"

Hermine warf ein: „Ich habe euch ja auch schon einiges erklärt, aber wir wissen noch nicht, was wir für Schutzmaßnahmen ergreifen sollen und dürfen, oder?"

„Dumbledore hat grünes Licht gegeben für eine gewisse Grundausstattung." sagte Bill und Hermine atmete erleichtert aus: „Also, Mum, wenn Dumbledore was unternimmt, um euch zu schützen, dann kann euch echt gar nichts passieren!" Der überzeugte Ton in der Stimme ihrer Tochter beruhigte die Eltern etwas.

Harry zog missbilligend die Augenbrauen hoch und flüsterte: „Na, wenn sie meint!"

„Was?" Remus sah ihn aufmerksam an, doch Harry reagierte nicht.

„Wir besprechen das morgen nach dem Frühstück noch genauer, würde ich vorschlagen!" sagte Mr. Weasley und Mrs. Weasley nickte: „Und jetzt gehen wir ins Bett! Wir haben alle einen anstrengenden Tag vor uns!"

Als sie nach oben trotteten, schwor sich Harry, dass er die Blicke von Rons zu Hermines Eltern richtig gedeutet hatte als „Lassen Sie uns die Kinder nach oben schicken und uns dann gleich hier unten wieder treffen!" Die übellaunigen Gesichter von Ron und den Zwillingen besagten das Gleiche, aber keiner hatte genug Lust oder Energie, um sich mit Langziehohren an die Treppe zu hängen.

„Na, dann Gute Nacht, Leute!" Selbst George gähnte und Fred schlurfte wie ein Schlafwandler hinter ihm her und murmelte: „Ich habe einfach keine Übung mehr! Ein bisschen Quidditch und schon mach ich schlapp! Fast schon peinlich!"

„Gute Nacht!" Hermine und Ginny lächelten in die Runde und gingen in ihr Zimmer.