Im Geiste

Die Tage am Grimauldplatz vergingen schneller und harmloser, als Harry erwartet hatte. Er hatte keine Träume mehr, traf sich aber jeden zweiten Tag mit Professor Dumbledore im Kaminzimmer, um sich die Träume in dem Glasbehälter an zu sehen und sie zu besprechen. Remus saß die ganze Zeit über schweigend in der Ecke und tat, als würde er lesen.

Manche Träume durchlebte Harry noch einmal und wenn er dann nass geschwitzt und zitternd wieder aufwache, war stets Remus zur Stelle und beruhigte ihn, damit sie mit der Arbeit und der Bewältigung fortfahren konnten.

Dumbledore begann auch, Harry wieder in Okklumentik zu unterweisen und es war wesentlich angenehmer, als es im letzten Jahr mit Snape gewesen war. Jedenfalls meistens.

„AAAHHH! NEIN! GEH WEG!"

„Harry! HARRY! Mach die Augen auf!"

Harry stöhnte und ließ seine Kopf schwer auf den Boden fallen: „Ich schaff es heute nicht! Vorgestern ging es so gut, aber heute schaff ich es nicht!" Gemeinsam halfen Remus und Dumbledore ihm auf.

„Lass uns noch einen Versuch starten, Harry. Dann ist Schluss für heute!" sagte Dumbledore und Remus schoss ihm denselben wütenden Blick zu, mit dem er ihn seit den letzten drei Versuchen bedachte, doch er sagte nichts. Wenn Harry es jetzt nicht lernte und sei es auch auf diese verdammt harte Tour, dann würde er noch viel mehr leiden, wenn Voldemort sich wieder in sein Gehirn einpflanzte.

„Mach aber ein bisschen zu, Albus, damit Harry sich noch etwas erholen kann, bevor es Mittag gibt."

„Natürlich. Bist du bereit, Harry?" Dieser nickte, sah jedoch nicht sehr überzeugt aus.

„Mach deinen Kopf frei!" Dumbledore fixierte ihn, „Legilimens!"

Harry spürte, dass etwas durch seinen Kopf kroch und eine Moment lang dachte er panisch, dass es ein Wurm war, der sein Gehirn fressen wollte. Er stöhnte und schlug sich gegen den Schädel. Der Wurm fiel heraus. Aber es war doch gar kein Wurm, oder?

Sirius stand ihm in der Heulenden Hütte gegenüber und Harry wusste, er würde ihn umbringen.

Ein jüngerer Snape stand zitternd vor einem Werwolf.

Mrs. Weasley hielt ihm eine Schüssel Kartoffelbrei unter die Nase.

Denk an nichts! Denk an nichts! Denk an nichts! Denk an nichts! Denk an nichts!´

Charlie flog neben ihm auf dem Besen.

Umbridge lachte, als er fassungslos seine blutenden Handrücken anstarrte.

Der kleine Remus saß weinend und allein in der Hütte und schaute ängstlich zum Mond, der durch das Fenster schien.

James und Sirius saßen in einem Klassenraum und lachten sich kaputt.

Lily saß auf einem Besen vor James und machte ein ganz ungläubiges Gesicht, während James hinter ihr breit grinste.

„AH! GEH WEG! GEH WEG! PROTEGO!"

Dumbledore strauchelte nicht einmal, doch er ließ von Harry ab, welcher ermattet auf den Stuhl sank. Sofort war Remus an seiner Seite und stützte ihn, da er herunter zu fallen drohte.

„Sag mal, Remus, hast du eigentlich eure komplette Vergangenheit vor ihm ausgebreitet?" fragte Dumbledore und klang leicht ärgerlich.

„Wie meinst du das?" Remus verstand nicht.

„Nein, hat er nicht, aber ich habe viel Phantasie!" sagte Harry stattdessen. Dumbledore seufzte: „Du musst auch davon wegkommen, Harry! Auch das kann dir weggenommen und gegen dich verwendet werden!"

„Ich weiß. Machen wir es noch einmal; ich habe gerade eine Idee!"

„Nichts da! Du ruhst dich jetzt ein bisschen aus und dann essen wir. Molly nimmt mich auseinander, wenn du zitternd und schweißgebadet in ihrer Küche auftauchst!"

„Remus, einmal noch! Die Idee ist wirklich gut! Naja, hoffe ich jedenfalls!"

Dumbledore half Harry auf die Beine und schob Remus, der sich etwas sträubte, mit der freien Hand zur Seite: „Fertig? Legilimens!"

Da war er wieder; der Wurm. Weg damit!

Er saß mit Ron und Hermine im Gemeinschaftsraum und sie lachten.

Er schwamm durch den See und hielt verzweifelt nach Ron Ausschau.

Der Stein der Weisen lag in seiner Hand.

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„Stopp! Mach die Augen auf, Harry! Wie hast du das gemacht?"

„Hat es geklappt?" Harry sah Dumbledore freudig an. Dann wurde ihm schwarz vor Augen und er knickte ein. Ihm war übel und Remus hielt fürsorglich seinen Kopf, als er sich in den eilig herbei gezauberten Eimer übergeben musste.

„Ja, es hat geklappt! Also, was hast du gemacht?"

„Gesungen!" Harry spülte sich angewidert, aber irgendwie zufrieden den Mund aus, „Irgend so ein Schwachsinnslied, das dauernd bei Dudley lief. Ich kenne den Text nicht richtig, also hab ich mir was ausgedacht!"

„Fantastisch!" Dumbledore klatschte in die Hände, „So, dann auf zum Essen!"

„Du isst mit?" Remus half Harry beim Aufstehen.

„Aber natürlich! Es gibt Bratwurst!"

Später. Der Mond schimmerte sanft durch die etwas dreckige Fensterscheibe und beleuchtete die Staubflocken, die gemütlich umhertrudelten. Remus hatte, als Harry, Ron und Hermine hereingestürmt waren, seine Pergamentrollen zur Seite geschoben und ihnen einen leckeren Tee gemacht. Jetzt saßen sie seit mittlerweile einer Stunde beieinander und plauderten; vorzugsweise über Percy, der sich in seinem momentanen Auftrag für den Orden durch das Ministerium spionieren musste, was er erschütternd und alle anderen ziemlich witzig fanden.

„Also, wollen wir dann mal? Sonst werde ich zu müde für irgendwelche verqueren Ausflüge in die Vergangenheit." Harry sah sich um. Ron und Hermine nickten, wohingegen Remus etwas unsicher aussah.

„Willst du mitkommen?" Harry sah Remus an, doch dieser zögerte: „Ich weiß nicht. Ich hab sie ja schon gesehen!"

„Aber sicher nicht alle!" warf Ron ein, „Das Ding scheint mir doch ziemlich komplex zu sein!"

„Ist er nicht klug?" sagte Hermine und wuschelte Ron über den Kopf.

„Hey!"

„Lasst mal; geht mal besser ohne mich! Ich muss noch etwas tun!"

„Haben Sie vor irgendetwas da drin Angst?" Remus blickte Ron an und sagte dann: „Nein! Also, gut. Eine kleine Pause vom Arbeiten täte mir ganz gut!"

Harry lachte: „Du hast grad mit uns Tee getrunken!"

„Dann brauch ich eben eine Pause vom Teetrinken!" meinte Remus unbeeindruckt, „Na, dann, auf!" Er nahm Harrys und Rons Hand und Hermine stellte sich zwischen die Jungen.

„Habt ihr euch alle? Gut! Dann beugen wir uns jetzt vor!"

Und sie ließen sich in den Sog der Erinnerung fallen.

Sie fanden im Gemeinschaftraum der Gryffindors wieder. Der junge Remus saß am Tisch und war über eine Hausaufgabe gebeugt.

„Sie waren ja wirklich ein ganz entsetzlicher Streber!" sagte Ron und schüttelte den Kopf.

Remus lachte nur und betrachtete sich interessiert. Als Junge hatte er noch keine grauen Haare und noch nicht so viele Fältchen um die Augen, doch die Blässe, der noch nicht verheilte Schmiss an der Lippe und die nachdenkliche Falte auf der Stirn verrieten ihn.

Von der Treppe, die zu den Jungenschlafsälen führte, kam ein lautes Trampeln und dann sprang Peter die letzten drei Stufen herunter: „Hier, ich hab´s! Ich wusste doch, dass ich sie schon gemacht hab!" Er sah nicht so dick und grau aus, wie Harry, Hermine und Ron ihn in der Heulenden Hütte erlebt hatten. Tatsächlich hatte er einen kleinen Sonnenbrand auf der Nase, ein sauberes T-Shirt an und wirkte ausgeschlafen und frisch.

„Na, siehst du!" Remus klang milde und ließ sich die Pergamentrolle aushändigen. Er las sie konzentriert durch, während Peter sich in den Aufsatz vertiefte, den Remus gerade studiert hatte. Da flog die Tür zum Portraitloch auf und James und Sirius taumelten lachend ins Zimmer. Sie trugen Polohemden und verwaschene Jeanshosen. James war zerzaust wie immer, doch diesmal sah auch Sirius aus, als hätte er seit Wochen keinen Kamm mehr gesehen, so dass man die zwei gut hätte verwechseln können. Erst bei näherem Hinsehen erkannte man, dass Sirius etwas größer war und James eine schmale, unauffällige Brille trug.

Remus runzelte die Stirn, während Peter grinsend zu den beiden hinsah: „Na, wie war´s?"

„Fantastisch, Peter!" keuchte James und ließ sich auf eine Sessel fallen.

„Ihr musstet nachsitzen. Bei Sayers. Ihr habt einen echt komischen Humor." stellte Peter trocken fest. Sirius winkte ab: „Sayers ist ein Trottel. Er hat uns zu Hagrid geschickt. Er blickt einfach nicht, dass Nachsitzen bei Hagrid das absolut Stärkste ist."

Remus richtete sich auf und fixierte beide mit einem ernsten Blick. Nach einer Weile stöhnte Sirius auf: „Was, Moony? Komm schon, sag es! Du beißt dir doch schon seit fünf Minuten auf die Zunge!"

„Das ändert nichts an der Tatsache, dass es für euch eine Strafe sein sollte; eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, was ihr getan habt und warum es mal wieder so verdammt falsch war!"

„Was heißt „verdammt falsch", Moony? Er hat es nicht anders verdient!"

„Wann wirst du es endlich verstehen, Sirius? In solchen Angelegenheiten steht es dir nicht zu, zu entscheiden, ob jemand etwas Falsches getan hat und ob er dafür eine Abreibung verdient hat! Du bist weder Vertrauensschüler noch Schulsprecher und schon gar kein Lehrer! Und du weißt auch, dass du immer zu hitzig reagierst. Also schreib dir endlich mal hinter die Ohren, dass du weder die rechtsprechende noch die ausführende Institution an dieser Schule bist!"

Sirius schnaubte ärgerlich und Remus wandte sich James zu: „Und du hast bereitwillig den Mitläufer gegeben! Es ging dich diesmal nicht das Geringste an, doch du konntest dich nicht heraushalten, hab ich Recht?"

„Natürlich ging es mich etwas an! Dieser hinterhältige Kerl hat schließlich meinen Freund angegriffen!" rief James empört.

„Die Grenze, die du zwischen angreifen und schief angucken ziehst, ist ziemlich schmal, findest du nicht? Mich erstaunt es immer wieder!"

„Ah, Mann, Moony! Derselbe Typ hat dich letzte Woche beleidigt; erinnerst du dich nicht?"

„Rosier?"

„Ja!"

Remus schüttelte den Kopf: „Man erreicht keine Einigung, wenn man sich ständig gegenseitig angreift. Man kann Feuer nicht mit Feuer bekämpfen!"

„Erstens hörst du bitte auf mit deinen komischen Muggelsprichwörtern und zweitens will ich mich mit dem gar nicht einigen!" zischte Sirius wütend.

„Gut, Sirius! Genauso ist es richtig! Lasst uns unsere Schulzeit nur ja darauf verwenden, die effektivsten Techniken zu erlernen, um andere zu demütigen oder ihnen zu schaden!" sagte Remus sarkastisch, „Du bist nicht besser als Rosier, Wilkes oder Snape, weißt du das!"

Sirius fuhr auf und einen Augenblick sah es so aus, als wollte er auf Remus losgehen, weswegen Peter, welcher bisher still zugehört hatte, sich vorsichtshalber zwischen die beiden stellte. Doch Sirius beruhigte sich wieder: „Du bist der Einzige, der so etwas zu mir sagen darf, Remus!"

„Nein, ich bin der Einzige, der so etwas überhaupt zu dir sagt, damit du endlich mal dein ach-so-geniales Hirn einschaltest und für sinnvollere Sachen benutzt, als für diese lästigen, halbherzigen Kämpfe mit dieser elenden Slytherinbande!"

„Du hältst mich für genial?" Sirius grinste. Er wollte sich nicht ernsthaft mit Remus streiten, doch dieser schüttelte unnachgiebig den Kopf: „Denk doch mal nach, Sirius! Die lachen sich doch scheckig über dich, wenn sie erfahren, dass du deswegen schon wieder eine Strafarbeit aufgebrummt bekommen hast. Wenn du ihnen schon eurer tiefen Feindschaft zuliebe einen reinwürgen willst, dann könntest du es mal auf die Art versuchen, dass du dich als wesentlich besser hinstellst, als sie es sind. Du lässt dich ständig auf ihr Niveau herab, dabei könntest du mindestens einen halben Kopf über ihnen stehen und lachen!"

„Ach, Moony!" Sirius wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte. Remus wandte sich James zu, welcherganz still geworden war:„James, dir brauche ich ja wohl gar nicht zu sagen, bei wem du deinen guten Eindruck, den du gerade letzte Woche so mühsam aufgebaut hast, beinahe wieder zerstört hast, oder!"
James runzelte die Stirn: „Nur beinahe? Bist du sicher?"

„Ziemlich sicher! Du könntest deine Energie zur Abwechslung mal darauf konzentrieren, Lily auf sinnvollem Wege für dich zu gewinnen, statt Slytherins zu verhexen!"

„Aber ..."

„Ich weiß, dass dir das Spaß macht. Trotzdem ist es weder angebracht noch hilfreich noch schmückt es dich irgendwie!"

„Ja, ich wollte nicht sagen, dass es mir Spaß macht!" murrte James.

„Tut es das nicht?"

„Natürlich tut es das, aber darauf kam es diesmal nicht an! Diesmal sind sie einen Schritt zu weit gegangen!"

Remus schüttelte den Kopf: „Es ist sehr leicht, bei dir einen Schritt zu weit zu gehen, James. Das sagte ich bereits! Vielleicht solltest du dir mal Gedanken darüber machen, ab wann man bei dir zu weit geht und wenn du dann gemerkt hast, dass das kein wirklich ernst zu nehmender Standard ist, solltest du deine Grenzen mal überdenken!"

James guckte ihn verärgert an, sagte aber nichts.

„Schön!" Sirius klopfte sich die Hände an der Hose ab, „Dann bedenke ich also meine Kompetenzen, James seine Grenzen und wenn wir wieder runtergekommen sind, behandelst du uns ja vielleicht nicht mehr wie kleine Kinder!"

Remus protestierte: „Ich hab euch nicht nach oben geschickt!"

„Ich möchte aber, dass es den Eindruck hat, damit dich alle für nicht ganz dicht halten! Komm, James!" Die beiden stolzierten nach oben und Remus erntete tatsächlich einige verständnislose, belustigte Blicke. Er seufzte und wandte sich wieder seinem Aufsatz zu.

„Na, bei Hagrid sind sie zwar davon gekommen, aber solange du hier bist, kann die Schulleitung davon ausgehen, dass die beiden trotzdem eine Strafpredigt erhalten!" sagte Peter und setzte sich wieder.

„Ja, toll, nicht!" Remus klang etwas grimmig.

„Du hast mal wieder die richtigen Worte gefunden!"

„Die finde ich doch immer! Das hier allerdings, Peter, ist Schwachsinn! Du kannst nicht einfach Wörter erfinden, wenn du den halben Text nicht verstehst! Oh, warte! Du hast sie gar nicht erfunden. Du hast sie falsch abgeschrieben! Lass mich raten, von wem! Wirklich, Peter! Abschreiben allein ist ja schon schlimm genug, aber sich dabei noch so dusslig anstellen, ist ja wohl so peinlich, dass man am besten gleich versuchen sollte, seine Aufgaben selbst zu machen, findest du nicht!"

„Ah, Remus! Was wird das heute? Rundumschlag?" Peter nahm ärgerlich seinen Aufsatz zurück.

„Wenn ihr euch aber auch alle so blöd anstellt!"

Neben Harry musste Remus so sehr lachen, dass ihm Tränen die Wangen herunter flossen: „Meine Güte, ich ... wusste ja nicht ..."

„Was? Dass Sie so grässlich sind?" vollendete Ron und Hermine sprang ihrem Lehrer sofort bei: „Er hat Recht bei allem, was er gesagt hat und er kann schließlich nichts dafür, dass es an ihm hängen bleibt, das zu sagen!"

Harry und Ron schüttelten fassungslos die Köpfe: „Ihr seid beide nicht ganz dicht!"

Sie hörten die letzten Sätze, die Remus und Peter sprachen nicht und sahen nur noch verschwommen, wie James und Sirius wieder versöhnlich in den Aufenthaltsraum zurückkehrten.

Dann wurden sie langsam, aber unnachgiebig zurückgezogen. Sie landeten im Kaminzimmer.

„Jetzt mal ehrlich: Haben Sie ihnen öfter solche Predigten gehalten?"

Remus schüttelte lachend den Kopf: „Irgendwann war das zum Glück nicht mehr nötig. Mir wären ja auch die Ideen ausgegangen."

„Wollen wir noch eine Erinnerung ausprobieren, bevor wir ins Bett gehen? Oh, Mann, ich muss aufpassen, dass ich nach den Dingern nicht süchtig werde!" Harry grinste.

„Allerdings!" sagte Remus wichtig, „Ich glaube, ich gehe aber lieber ins Bett!"

„Nein, ach bitte, kommen Sie mit! Ich möchte mir noch einmal eine Erinnerung anschauen, in denen Sie diese Dussel zusammenstauchen! Das ist so witzig!" Hermine sah ihn bittend an.

„Komm schon, geben Sie sich einen Ruck! Sie haben doch eh nichts Besseres vor!" meinte Ron.

„Ich könnte schlafen!"

„Ich sag ja: Nichts Besseres! Also, los!"

Wieder im Denkarium: „Wo sind wir? Es ist stockdunkel!" wisperte Hermine.

„Na, kommt gleich der Werwolf?" fragte Ron und Remus meinte: „Ich glaub nicht! Ich kenn das hier. Gleich ..."

„Ah!" Sie stöhnten alle gleichzeitig auf.

„Gleich geht irgendwo ein ziemlich helles Licht an!" vollendete Remus lachend.

„Wir sind in einem Wohnzimmer? Sieht nett aus hier!" Harry sah sich um. Das kleine Zimmer war vollgemüllt mit alten Besen, Putzsachen für diese, Kesseln, Kisten und Heften. Eine ausgeklappte Schlafcouch stand an der Wand. Auf ihr lagen bunte Decken und Kissen in einem fröhlichen Durcheinander und auf dem Fensterbrett türmten sich die verschiedensten Sachen und Figuren: kleine Quidditchspieler, die sich gegenseitig bedrohten, angeschlagene Porzellanhunde und eine verfilzte Stoffkatze, Bonbons, Pergamentrollen, Tintenfässer und Federkiele.

Der Kamin an der linken Seite war so klein, dass Harry nicht darin aufrecht stehen könnte und er war furchtbar dreckig und verrußt. Der Schreibtisch daneben wirkte ziemlich aufgeräumt. Hier lagen wichtig aussehende Papiere wie es schien ohne System, doch immerhin sorgfältig gestapelt. Ein kleiner, summender Pokal diente als Briefbeschwerer und ein Kaktus, der in unregelmäßigen Abständen einen Stachel verschoss, thronte auf einem Stapel alter, dicker Bücher. Auf dem Kaminsims in Augenhöhe standen eine Menge Bilderrahmen und auch an die Wand daneben waren Fotos geklebt.

„Da sind Bilder von meinen Eltern! Das Hochzeitsfoto!" Harry betrachtete das Bild, das er schon kannte, und dann die anderen.

Vier junge Männer furchtbar stolz mit ihren Abschlusszeugnissen in den Händen und ausgesprochen hässlichen Hüten auf dem Kopf; Lily Potter an einem vollgerümpelten Schreibtisch, wie sie dem Fotografen lachend mit einem Federkiel drohte; Peter mit einem unsicheren Grinsen auf einem riesigen Motorrad, das von Sirius gehalten wurde; im Rahmen daneben James und Sirius in einem Flur des Zaubereiministeriums.

„Aurorenzentrale." las Harry und drehte sich zu Remus um, „Die beiden waren Auroren? Das hab ich gar nicht gewusst! Und gefragt hab ich auch nie!"

Remus trat näher: „Sie haben die Ausbildung gemacht und schlossen als Beste ihres Jahrgangs ab. Lily hat auch im Ministerium gearbeitet; in der Zauberwesenbehörde. Sie hat für die Anerkennung von Werwölfen gekämpft. Gerechtigkeit war ihr immer am wichtigsten. Das Gesetz zum Verbot der Jagd auf registrierte Werwölfe hat sie mit ihrer Kollegin durchgeboxt. Ich war sozusagen in der Forschung tätig."

Er deutete auf das nächste Bild. Dort saß Remus, eingehüllt in einen riesigen Mantel und umgeben von aufgeschlagenen Büchern am Boden und kratzte sich ratlos am Kopf. Ab und an schaute er auf und grinste in die Kamera.

„Du wirst ohne Bücher auch nicht glücklich, oder?" fragte Harry und Remus lachte: „Nicht wirklich, nein!"

„Da bin ich!" sagte Harry mit zitternder Stimme. Ein kleiner, silberner Rahmen zeigte ihn als schlafenden Säugling in einem Bett, das voll gestopft war mit Kuscheltieren. Am Rand stand in einer kleinen, schwarzen Schrift geschrieben „Mein Patenkind".

Harry schluckte: „Wir sind hier bei Sirius?"

„Ja."

„O.K." Harry nickte langsam und betrachtete tief Luft holend einige weitere Bilder.

„Tut mir Leid, Leute, aber es geht los!" ließ sich Ron vernehmen. Harry und Remus drehten sich um.

„Ich wage zu behaupten, dass ihr euch wieder loslassen könnt!" stichelte Harry leicht lachend und dankbar, seine Gedanken etwas Fröhlicherem zuwenden zu können. Ron und Hermine, die sich noch immer an den Händen gehalten hatten, gingen verlegen einen Schritt auseinander.

Im Vorflur schloss jemand die Haustür auf.

„Komm rein, aber pass auf den Schirmständer auf! Da drin hockt irgend so ein Vieh. Im Dach wohnt auch schon wieder ein Guhl oder so was." Es schepperte ein bisschen und dann öffnete sich die Tür.

„Sirius, wie kannst du hier nur wohnen? Das ist ja sogar für mich zu klein!" Peters Stimme.

Sirius lachte sein typisches, bellendes Lachen und trat ein: „Ich find´s gemütlich!"

„Gemütlich wär´s, wenn du mal aufräumen würdest!" meinte Peter trocken. In dieser Erinnerung sah er dem heruntergekommenen, ungepflegten Mann, den sie in der Heulenden Hütte gesehen hatten, wesentlich ähnlicher. Er war kaum gewachsen, mehr in die Breite gegangen, hatte eine ungesunde Gesichtsfarbe und dunkle Ringe unter den Augen.

Sirius wirkte etwas schmal und als hätte er in letzter Zeit wenig geschlafen. Sein Haar war sorgfältig kurz geschnitten und seine Klamotten hingen schlaff an ihm herunter, doch sein warmes Lächeln und das Funkeln in seinen Augen waren ihm geblieben. Er warf seinen Mantel auf die Couch und bot Peter den Schreibtischstuhl und ein Glas Muggelbier an: „Das solltest du echt mal probieren; das kitzelt total witzig!"

Peter lehnte beides ab und stand etwas unsicher mitten im Zimmer. Sirius fläzte sich auf die Couch und sah ihn an: „O.K., kommen wir zur Sache! Ich habe einen Grund, dass ich dich hergebeten habe."

„Und der wäre?"

Sirius setzte sich aufrecht hin und stützte die Ellenbogen auf die Knie: „Du weißt, dass etwas nicht stimmt, oder, Wurmschwanz?"

Peter zuckte kaum merklich zusammen, sagte aber so locker wie möglich: „Natürlich!"

Sirius wand sich etwas, als ob es ihm arg schwer fiel, fort zu fahren.

„Ich ... ähm ... wann hast du Remus das letzte Mal gesehen?" fragte Sirius.

„Hm." Peter runzelte nachdenklich die Stirn, „Ist schon etwas her. Er hat sich neulich mal per Eule gemeldet; das war Montag. Und besucht hat er mich vor ... Mann, das muss ja sechs Wochen her sein!" Peter machte ein erstauntes Gesicht und Sirius´ Blick wurde noch finsterer: „Hab ich mir beinahe gedacht."

„Was ist los? Habt ihr Zoff?"

Sirius grummelte etwas Unverständliches. Jetzt nahm Peter doch auf dem Schreibtischstuhl Platz und sah Sirius an: „Sag schon. Ich merke doch, dass was nicht stimmt. Außerdem war es schon komisch, dass er so Hals über Kopf ausgezogen ist."

„Ausgezogen?" fragte Harry und Remus zuckte anstelle einer Antwort erschrocken zusammen.

Sirius deutete auf eine kleine Reisetasche: „Ich hab immer noch Klamotten von ihm."

„Was?" Peter klang einigermaßen fassungslos, „Aber er ist vor zwei Monaten ausgezogen. Und es ist auch nicht so, als könnte Remus mit Geld um sich schmeißen, also wieso holt er seine Sachen nicht? Habt ihr euch gestritten? Oder hast du irgendwas ...?"

„Nein, verdammt noch mal!" fuhr Sirius auf, „Ich weiß ja, dass es schön einfach ist, zu glauben, dass ich mal wieder alles verbockt habe, aber so ist es nicht! Wir haben hier friedlich zusammen gelebt und plötzlich ist er wieder so komisch. Irgendwas ist passiert, doch er sagt mir nicht, was. Und dann zieht er von einem Tag auf den anderen aus und, jetzt rate mal: Natürlich hat er sich seitdem noch nicht gemeldet!"

„Weiß James, wo er ist?" fragte Peter.

„Keine Ahnung. Remus hat sich wohl mal bei ihm gemeldet. Nach Vollmond, um zu sagen, dass alles O.K. ist. Klasse, nicht!" Sirius ballte frustriert die Fäuste und atmete schwer, während Harry, Hermine, Ron und Remus beobachten konnten, dass es Peter tatsächlich ziemlich kalt ließ. Er sah verstohlen auf die Uhr und machte erst wieder ein betroffenes Gesicht, als Sirius zu ihm blickte.

„Was soll ich machen?"

„Wie wär´s, wenn du ihm schreibst?"

„Ich hab ihm schon zigmal getan, du Scherzkeks! Flubber kam immer zurück, ohne den Brief abgeliefert zu haben. Ich hab sogar schon Dumbledore gebeten, mir zu sagen, wo er ist und wenn er demnächst das sechste Mal nein sagt, gehe ich ins Ministerium."

„Wenn Remus sich nicht bei dir meldet, tut er das vielleicht auch nicht beim Ministerium." meinte Peter teilnahmslos.

„Unsinn! Wenn Remus sich nicht meldet, schicken die ihm ..." Sirius verstummte entsetzt.

„ ... die Werwolfjäger auf den Hals." vollendete Peter dumpf.

Sirius schüttelte den Kopf: „Unsinn! Ich zwinge Dumbledore einfach, mir zu sagen, wo er ist!"

„Gute Idee." Peter räusperte sich: „Ich will nicht unhöflich sein, Sirius, aber ich habe heute Nacht noch einen Termin in Wales. Mach dir mal nicht allzu große Sorgen. Wenn jemand auf sich aufpassen kann, dann doch Remus!"

„Danke, Peter!" Sirius erhob sich und klopfte ihm zum Abschied fest auf den Rücken, „Mach´s gut!" Peter ging und Sirius sah sich etwas im Zimmer um. Er seufzte: „Wie oft muss man hier eigentlich noch sauber hexen!"

„Ach!" Er winkte ab und kniete sich vor den Kamin und flüsterte, den Zauberstab auf die Holzreste gerichtet: „Incendio!" Das Reisig entzündete sich und Sirius ging kurz hinaus, um noch etwas Holz zu holen.

„So, was war denn los?" Harry wandte sich an Remus, „Warum bist du damals ausgezogen?"

„Wir wussten gar nicht, dass Sie mal mit Sirius zusammen gewohnt haben." stellte Hermine fest. Remus zog die Schultern hoch: „Es hat verschiedene Gründe gegeben. Es war nicht wirklich die beste Zeit damals."

„Tolle Antwort!" sagte Harry sarkastisch, „So schön schwammig!" Er fing sich dafür einen strafenden Blick von Hermine ein, doch Remus reagierte nicht, sondern starrte finster ins Zimmer.

Plötzlich rauschte und funkte es und im Kamin erschien ein Kopf. Ein Mädchen mit dunkelblonden Haaren und blitzenden, blauen Augen blickte im Zimmer umher. Sie hatte einen breiten, lächelnden Mund und feine Sommersprossen auf der geraden Nase.

Schließlich rief sie: „Sirius?"

„Wer ist das?" fragten Ron und Harry gleichzeitig, doch Remus biss die Lippen zusammen und schwieg beharrlich.

Sirius trat wieder ein, setzte das Holz ab und zauberte sich schnell die Hände sauber.

„Zu faul, um einmal zum Waschbecken zu gehen!" lachte das Mädchen und Sirius grinste sie an: „Hallo, Süße!"

„Wie bitte?" Harry sah Remus durchdringend an. Remus schüttelte den Kopf und blickte unverwandt auf die Szene.

Sirius legte sich ein Kissen neben den Kamin und setzte sich: „Ich dachte, du kommst später!"

„Ich habe es ohne dich nicht mehr ausgehalten, weißt du!"

„Haha!"

„Naja, mir war langweilig. Ich hab noch so eine super trockene Recherche für die Kolumne nächste Woche zu machen und die möchte ich so lange wie möglich aufschieben."

„Welches Thema?" fragte Sirius und schenkte sich ein Glas Bier ein.

„Wieder diese Animagi. Keine Ahnung, was an denen so toll sein soll." Sie grinste und Sirius klopfte ihr einmal auf den Kopf: „Nicht so frech, meine Liebe!"

„Ist das Muggelbier?"

„Ja!"

„Krieg ich auch einen Schluck?"

„Bitte!" Sirius flößte ihr etwas Bier ein, wobei er eine Menge verkleckerte und beide mussten lachen.

„Sind die zwei zusammen?" fragte Harry etwas erbost, „Und warum hat mir das schon wieder kein Mensch erzählt!"

„Du könntest den Kamin auch mal wieder sauber hexen! Ich bin voller Ruß. Wahrscheinlich muss ich gleich noch mal duschen!"

„Du kannst ja dich sauber hexen, wenn du aussteigst!"

Das Mädchen seufzte über Sirius´ Faulheit und fragte: „Was gibt es denn Neues von Lil und James? Und von dem kleinen Süßen?"

„Er kann jetzt „Muni" sagen und Peter hatte beim letzten Babysitterdienst arg Ärger mit ihm. Der Arme hat die ganze Nacht kein Auge zugetan!" Beide lachten mitleidig, doch in Harry zog sich alles zusammen. Der Gedanke, dass dieser Verräter allein mit ihm in einem Haus gewesen war und dass er ihn wahrscheinlich auf den Armen herum getragen hatte, machte ihn krank. Er schauderte und musste tief durchatmen.

„Und, geht es den beiden denn gut? Nach dem letzten Angriff war Lily doch so außer sich!"

„Sie sind die Besten! Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde! Ich habe ein bisschen Angst um sie! Es ist doch echt lächerlich, Meghan! Wir treffen uns hier und schnacken und reden über Bier und den Kleinen ... Weißt du, was wir heute Morgen im Ministerium gemacht haben? Zwei Todesser umgebracht!" Sirius drückte sich die Faust an die Stirn und stöhnte, „Es ist ... ich weiß nicht, was ich machen soll! Wir können nur so viele Leute wie möglich warnen und verstecken und hoffen, dass uns niemand findet, bevor wir in der Lage sind, uns zu verteidigen!"

„Ihr habt ...?" Meghan verstummte kurz. Dann: „Soll ich zu dir kommen?"

„Das musst du nicht. Dann wirst du auch noch viel dreckiger." wehrte Sirius ab, doch seine Augen sagten eindeutig etwas anderes.

„Ich bin gleich bei dir!" Ihr Kopf verschwand und Sirius rückte einen Schritt weg. Kaum eine Minute später rumpelte es und Meghan purzelte keuchend und prustend aus dem Kamin heraus.

„Oh, ist das eklig!" Sie schüttelte sich und wandte sich dann Sirius zu, „Hey!" Sie legte beide Arme um ihn und Sirius drückte sich an sie. Er schloss die Augen und bettete seinen schweren Kopf auf Meghans Schulter. Sie strich ihm vorsichtig über die Haare und küsste ihn auf die Stirn.

„Ich musste den Fluch zum Glück nicht ausführen. Moody hat es getan, aber James und ich haben zugesehen. Und wir haben sie dann weggebracht. Du weißt ja, dass Moody nur tötet, wenn er keinen anderen Weg mehr sieht. Die beiden sollten nicht nach Askaban. Sie sind verhört worden. Sie haben ... Kanntest du die Prewetts? Gideon und Fabian?"

Meghan schüttelte den Kopf.

„Sie haben sie umgebracht! Nicht allein. Sie und drei weitere Todesser, doch die anderen drei sind entkommen. Die zwei wurden versteinert und so konnten wir sie ergreifen. Sie ... ."

„Du warst dabei? Wurdest du verletzt?" Meghan schob ihn von sich und betrachtete ihn auf der Suche nach Verletzungen. Sirius winkte ab: „Mir ist nichts passiert. Ich konnte den, der mich angegriffen hat, schocken. James hat eins auf den Kopf bekommen, aber ihm war nicht mal schwindelig."

Meghan sah ihn schweigend an und strich ihm noch einmal zärtlich über die Wange. Sirius blickte sie von unten herauf an. Es knisterte eindeutig zwischen den beiden, doch dann zog Sirius sich ein Stückchen zurück und Meghan lehnte sich gegen die Kachelwand: „Seit wann bist du so zurückhaltend?" Sie klang amüsiert und herausfordernd.

Sirius sah sie an: „Du hast jetzt einen Freund."

„Den du nicht mal kennst. Außerdem waren wir zuerst da. Und jetzt komm her und küss mich. Das wird uns beiden gut tun!" Sie nahm ihn an beiden Händen, zog ihn zu sich und küsste ihn. Sirius zögerte keine Sekunde, legte ihr die Hände auf die Wangen und erwiderte ihren Kuss.

Harry zog die Augenbrauen hoch, aber Remus verzog keine Miene.

Sirius und Meghan lösten sich wieder voneinander und Sirius sagte lächelnd: „Das erinnert mich an früher; an die Schule. Das hatten wir es noch schön." Sein Blick wurde finster: „Jetzt ist die ganze Welt eine einzige Gefahr und niemand traut mehr niemandem!"

„Du traust mir!"

„Ja, dir traue ich!" Sirius sagte das in einem so seltsamen Ton, dass Meghan sofort nachhakte: „Wem denn nicht?"

Sirius sah sie an und überlegte anscheinend einen Augenblick, ob er es ihr sagen sollte. Dann flüsterte er: „Remus."

Harry, Hermine und Ron fuhren herum und Remus stöhnte auf.

„Remus? Was ist das für ein Schwachsinn, Sirius Black! Wenn du irgendeinem Menschen auf der Welt vertrauen kannst, dann Remus! Er würde für euch sterben; das weißt du!"

„Ja, Remus, aber was ist mit dem Werwolf in ihm! Kann er den kontrollieren? Nein! Und wir wissen, dass viele Werwölfe zu Voldemort übergelaufen sind. Er schafft es, sie zu erreichen und sie für sich zu gewinnen. Remus ist gefährdet und ... Ich weiß nicht ..." Sirius hatte arge Probleme, die richtigen Worte zu finden, doch Meghan wartete geduldig, „Er ist einfach ausgezogen und hat nicht erklärt, warum. Ich weiß, dass Remus kein Mensch ist, der anderen was vorjammert und so, aber vor mir braucht er doch keine Geheimnisse haben! Offensichtlich hat er die aber doch! Er geht weg und sagt mir nicht wohin. Er trifft irgendwelche Leute, die ich nicht kenne. Irgendwann wollte er nicht mehr rüber und Lily, James und Harry besuchen. Er hat sich so abgekapselt ..."

Meghan runzelte die Stirn: „Und du meinst, dass dahinter ein dunkles Geheimnis steckt?"

„Sag das nicht so ironisch!" fuhr Sirius leicht auf, „Und, ja! Verdammt, wie soll ich denn wissen, ob er nicht schon lange zu den Todessern übergelaufen ist, wenn ich wochenlang nichts von ihm höre?"

„Er könnte genauso gut tot sein!" flüsterte Meghan kaum hörbar und Sirius starrte sie mit aufgerissenen Augen an.

„Ja." sagte er dann heiser, „Und was mache ich dann?" Sein Gesichtsausdruck war so verzweifelt, dass es Harry richtig weh tat.

Sirius seufzte und machte eine ausholende Handbewegung: „Ich bin so müde! Ich bin diesen ganzen Kram so leid! Ich mache mir Sorgen um so ziemlich jeden! Ich schaue aus dem Fenster, sehe rüber zu Lily und James und dem Kleinen und frage mich, ob sie morgen früh noch da sein werden, um mit mir zu frühstücken, bevor wir zur Arbeit fliegen! Ich denke an Remus und wünsche mir einerseits, dass er wiederkommt und andererseits, dass er sich von mir und Lily und James so weit wie möglich fernhält, wenn er einfach eine Gefahr für uns bedeutet! Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten soll!"

Meghan verzog mitleidig das Gesicht und Sirius trank hastig noch einen Schluck.

„Ich glaube, ich setze mich jetzt mal meinen Bericht für morgen. Und du dich an deinen Artikel, meine Liebe!"

„Ich könnte auch hier schlafen." schlug Meghan mit übertrieben harmloser Stimme vor.

Sirius sah sie lange und nachdenklich an. Er seufzte: „Wohnst du nicht schon mit ihm zusammen?"

„Er ist die ganze Woche nicht da."

Sirius nickte, strich sich die Haare zurück und stand dann auf: „Du hast noch eine Zahnbürste im Bad und kannst von mir ein Schlafshirt haben." Er reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Meghan bürstete sich ein wenig halbherzig an den Klamotten herum.

Da verschwamm das Bild und Harry, Ron, Hermine und Remus wurden zurück in die Wirklichkeit gesogen.

Als sie leicht keuchend und über die Maßen irritiert wieder im Kaminzimmer standen, ging Harry ohne Umschweife auf Remus los: „Was sollte das jetzt schon wieder? Nie, NIE wird mir erzählt, was ... .Warum wusste ich jetzt schon wieder nichts von diesem Mädchen? Du kennst sie doch? Wer ist sie? Wie war sie so? Lebt sie noch? Wo ist sie jetzt? Wieso bist du so plötzlich bei Sirius ausgezogen? Wie konnte er so einen Verdacht gegen dich haben?"

Remus fuhr zu ihm herum: „Ich weiß, dass du dir nicht vorstellen kannst, dass Menschen Gründe dafür haben, etwas zu verschweigen! Du glaubst auch, dass sich alles nur um dich dreht und du das Recht hast, alles zu erfahren! Aber das hast du verdammt noch mal nicht! Das ist etwas, das dich nichts angeht und das wirst du gefälligst akzeptieren!"

„Sirius meinte anscheinend, dass ich das durchaus erfahren darf, sonst hätte er es wohl kaum ins Denkarium getan!" schrie Harry zurück.

„Ich bin nicht Sirius!" brüllte Remus und schlug mit beiden Fäusten auf die Tischplatte, „Ich bin nicht Sirius und ich habe oft nicht verstanden, was in seinem Kopf vorging! Und da ..." Er brach ab und Tränen stiegen ihm in die Augen. „ ... und da Sirius tot ist, werden wir nie erfahren, was er mit dieser Szene bezweckt hat UND JETZT RAUS!"

Harry starrte Remus außer sich vor Zorn an, doch Remus funkelte genauso wütend zurück. Ron nahm Harry am Arm und zog ihn aus dem Zimmer. Hermine ging eilig hinter her und schloss die Tür.