Kampfstimmung
Ende August ging es wieder ans Kofferpacken. Harry fragte sich mehrfach verzweifelt, wie er es geschafft hatte, alle seine Socken zu verlieren und Ron brachte es doch tatsächlich fertig, seine kleine Schwester zu verlieren. Ginny tauchte im Laufe des Tages glücklicherweise wieder auf. Ron hatte sie in einem der Kofferzimmer auf dem Speicher.
Remus war gereizt. Sein Bein verheilte nicht so gut, wie es sollte und so sehr es ihn auch anfangs aufgebracht hatte, wieder am Grimauldplatz zu wohnen, so widerstrebte es ihm jetzt ganz augenscheinlich, alles zurück zu lassen.
„Er weiß auch nicht, was er will und wohin er gehört, oder?" fragte Ron leicht spöttisch und stopfte geschickt ein weiteres Hemd in seinen Koffer, der bereits aus allen Nähten platzte. Doch Ron ließ sich durch eine solche Lappalie aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung im Packen nicht beeindrucken.
Harry stockte und sah Ron an. Sein Freund hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Remus gehörte nun zwar dieses Haus, doch er war hier eindeutig nicht zu Hause. Er gehörte wirklich nirgendwo hin. Doch wie er gerade in der Eingangshalle stand und Hermine samt Krummbein scheuchte, damit sie von der Treppe verschwunden waren, bevor Bill und Charlie einige zerbrechliche Geräte für seinen Unterricht herunter balancierten, schien er doch recht gut zurecht zu kommen. Harry schüttelte grinsend den Kopf, als Remus Hermine und den Kater kurzerhand mit einem „Wingardium Leviosa!" abwärts beförderte und wandte sich wieder seinem Koffer zu. Er freute sich noch einmal mehr über das Geschenk seiner Freunde. Neben seinem Feuerblitz, sämtlichen Schulbüchern, einigen hässlichen Muggelklamotten von Dudley und seinen Zauberumhängen passten auch das Denkarium; sorgfältig in einer extra dafür vorgesehenen Kiste verschlossen; etliche Pasteten von Mrs. Weasley und die Festumhänge von ihm und Ron hinein und er war noch immer leicht zu tragen.
Meta kam mit Jakob aus der Küche und beobachtete amüsiert das bunte Treiben.
„Habt ihr schon gepackt?" fragte Bill nachdem er keuchend ein spiegelähnliches Ding abstellt hatte.
„Ich habe gar nicht erst ausgepackt." sagte Jakob und Meta lachte: „Und ich habe nicht wirklich viel Gepäck."
Remus warf beiden einen Blick zu, den Harry, so sehr er sich auch bemühte, absolut nicht deuten konnte und auf den er sich auch nicht konzentrieren konnte, denn er selbst war gerade gestern wieder etwas zurück geworfen in seiner positiven Lebensplanung, die er sich so mühsam aufgebaut nach den Erfolgen in den Okklumentikstunden mit Dumbledore und der Bewältigung des Großteils seiner Alpträume aufgebaut hatte. Doch erst gestern Nacht lag er wach im Bett und musste daran denken, dass es jetzt genau drei Monate her war.
Vor drei Monaten hatten sie im Ministerium gekämpft und Sirius war getroffen worden und gefallen. Und gestorben. Harry waren bei diesem Gedanken Tränen in die Augen gestiegen. Harry hatte mittlerweile noch mehr Bilder von Sirius im Kopf. Er sah ihn vor sich, wie er mit James, Remus und Peter im Gemeinschaftsraum saß und lachte; wie er als Hund seinem Freund in einer Vollmondnacht beistand; wie er ihn selbst, Harry, als Baby auf den Armen trug und strahlte. Sirius war viel mehr gewesen, als jemand, der aus einem Gefängnis ausgebrochen war und sich als bester Freund seines Vaters herausstellte. Er war auch mehr als jemand, dem Harry Briefe schreiben und dem er sein Herz ausschütten konnte. Mittlerweile stand ein ganzes Leben hinter Sirius, das er mit Harry hätte teilen können.
„Harry? Harry!"
Er sah sich um und stellte fest, dass alle inzwischen in der Küche beim Abendessen saßen und er noch immer zwischen seinen wieder gefundenen Socken mitten in der Eingangshalle saß und vor sich hin starrte.
„Tränen? Tun sie wenigstens gut?" fragte eine sanfte Stimme.
„Hm."
Meta stand vor ihm und reichte ihm eine Hand: „Komm, sonst essen die uns noch alles auf!"
„O.K.!"
Am Abend des 31. August stand erst einmal wieder eine Art Feier an. So ziemlich jeder, der im nächsten Jahr in Hogwarts unterrichten würde, hatte sich eingefunden und Mrs. Weasley tischte wieder einmal die köstlichsten Dinge auf.
Harry und Ron trugen ihre Festumhänge und empfanden sich als ziemlich gut aussehend. Allerdings kamen sie gegen die Mädchen nicht an. Hermine und Ginny hatten sich gegenseitig die Haare hochgesteckt und trugen schlichte, dunkle, lange Kleider, die von silbernen Fäden durchzogen waren. Dazu passend hatten sie Silberschmuck angelegt.
Harry stand der Mund offen und Ron schluckte.
„Wow!"
„Danke!" Ginny lächelte, „Das sind unsere Festumhänge! Die Zwillinge haben sie uns geschenkt und wir weihen sie ein!"
Harry nickte und bemühte sich, den Mund wieder zu schließen. Wieder einmal musste er ärgerlich feststellen, dass Ginny bei Weitem nicht mehr nur Rons kleine Schwester war.
„Harry, Ron! Helft mir mal bitte!" erklang da Mrs. Weasleys Stimme, „Oh, Ginny, Hermine, ihr seht ja bezaubernd aus! Na, kommt, Jungs!" Sie scheuchte die beiden in die Küche und gab ihn etwas zum Reintragen und Aufdecken. Langsam fanden sie auch ihre Fassung wieder.
„Ganz ehrlich, Harry, im Orden zu sein, muss ziemlich cool sein. Andauernd Partys und so!" Ron wiegte beeindruckt den Kopf und trug die große, gläserne Salatschüssel vorsichtig ins Kaminzimmer. Harry grinste und musste aufpassen, dass ihm die Baguettes nicht vom Brett flutschten: „Naja, es ist schon nicht schlecht! Aber mitfeiern dürfen wir ja immerhin."
„Hallo, ihr zwei!" Die Zwillinge kamen ihnen entgegen, in neue, prollige Umhänge gekleidet, und begrüßten sie, nachdem ihr kostbares Gut abgeladen hatten, mit kräftigen Schulterschlägen: „Wie läuft das Leben hier ohne uns?"
„Harmlos!" meinte Ron, „Jetzt fällt mir erst auf, was mir die ganze Zeit schon komisch vorkam: Mum jagt euch nicht mehr schreiend durchs Haus!"
„Ja, das vermissen wir auch am meisten!" lachte George.
„Woran man sich nicht alles gewöhnen kann! Ah, da ist River! Ich muss mal fragen, wie es Lee geht!" Fred machte sich davon und George folgte ihm, nachdem er eine Tomate vom Buffet stibitzt hatte. Bald gesellten sich ihre älteren Brüder zu ihnen und Harry und Ron wurden von einem ganz seltenen Gast überrascht. Percy stand vor ihnen und ehe die beiden sich versahen, wurden sie einmal an seine Brust gedrückt: „Ihr beide; wie schön, dass es euch noch gibt!"
„Wieso sollte es uns nicht mehr geben?" fragte Ron verwirrt und Harry sah Percy beunruhigt an: „Alles klar?"
„So klar, wie es eben in Zeiten wie dieser sein kann, mein Lieber! So klar, wie es diese dunklen, hoffnungslosen, finsteren, grausamen, schrecklichen Zeiten gestatten! Es ..."
„Percy Weasley, welch eine Freude!" Kingsley unterbrach ihn sacht, bevor er sich richtig in Rage reden konnte und schob hin von Harry und Ron weg, welche darüber sichtlich erleichtert waren.
„Das bekommt ihm nicht gut, glaube ich!" sagte Ron fast mitleidig.
„Aber", ertönte da Hermines Stimme hinter ihnen, „Mit einem hat er Recht: Es ist schön, dass es euch noch gibt!"
„Dass es UNS noch gibt, Hermine!" sagte Harry bestimmt und legte seinen beiden Freuden je einen Arm um die Schulter. Erleichtert stellte er fest, dass man sich mit Hermine noch normal unterhalten konnte, obwohl sie wunderhübsch aussah. Jedenfalls konnte er das. Ron hingegen sah wieder völlig verwirrt aus.
„Na, ihr! Plant ihr eine Verschwörung?" Tonks stellte sich neben sie und grinste breit.
„Wie immer!" gab Harry schlagfertig zurück.
„Vielleicht könnt ihr mir trotzdem eine kleine Auskunft geben. Wer ist denn der wahnsinnig gut aussehende Kerl da hinten in der Ecke, der gerade von den Zwillingen beschwatzt wird?"
Da Harry und Ron der Mund offen stand, übernahm Hermine es, zu antworten: „Das ist Lee Jordans Bruder River. Er hat die Schule vor acht Jahren beendet und hat zeitweise in Deutschland gearbeitet. Als so eine Art Fluchforscher wie Meta und Jakob."
„Freundin?"
„Tut mir Leid, keine Ahnung!"
„Aber das kann ich raus finden, wenn du willst!" Alle drehten sich um und sahen in Ginnys grinsendes Gesicht. Jetzt zuckte Harry ein bisschen zusammen.
„Ah, das ist nicht meine Art, aber danke!" Tonks lächelte breit und zog ihr leuchtendes Oberteil zurecht und schüttelte kurz den leichten Rock, „Ich flirte ihn ganz offen an; das hat bis jetzt immer geklappt! Wünscht mir Glück!" Sie machte sich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Weg, stolperte kurz über Krummbein, woraufhin Hermine tatsächlich „Viel Glück!" rief und brachte sich dann geschickt in das Gespräch der jungen Männer ein.
„Könntet ihr wieder aufhören, so dämlich zu gucken?" blaffte Hermine Harry und Ron an, „Ihr seht langsam lächerlich aus!"
„Tschuldigung!" Ron wirkte etwas kleinlaut und Harry versuchte ein lockeres Grinsen. Dann beguckte er erst einmal ganz in Ruhe die Leute um sich herum und begann, sie seinen Freunden vor zu stellen: „Das dort ist Hestia Jones. Sie hat mich im letzten Jahr auch von den Dursleys abgeholt. Genauso wie Emmeline Vance; die steht rechts neben Pomfrey. Ich hab nicht viel von denen mitgekriegt, aber ich denke mal, sie sind ganz nett. Der Typ da bei Kingsley und Jakob ist Elphias Doge. Der, der beim Reden so pfeift. Weißt du, wer bei deinem Vater steht, Ron?"
„Klar. Das ist Benjamin Walter, der aus dem Ministerium. Macht doch diesen Politikquatsch."
Hermine räusperte sich und Ron griente sie verlegen an. Natürlich hatte Hermine Zaubereipolitik belegt, wie auch Zaubereigeschichte, -forschung und -schule, weswegen Ron nur mild den Kopf geschüttelt hatte.
„Ist denn Dennis´ Mum auch hier?" fragte Ron um abzulenken.
„Nein, sie ist kein Mitglied im Orden, ganz im Gegensatz zu mir jetzt" beantwortete Meta seine Frage. Sie war zu den vieren getreten und hatte ihnen Gläser mitgebracht, „Hier. Gleich wird die Bowle ausgeschenkt." Sie verteilte die Gläser, doch ihre Handbewegungen waren etwas fahrig. Prompt ließ sie Harrys Glas fallen.
„Geht´s dir gut?" fragte Hermine besorgt und Meta winkte ab, hielt sich am nächsten Stuhl fest und schloss die Augen. Sie beobachteten sie, um sie auffangen zu können, falls sie umkippte, doch sie hielt sich erstaunlich lange an diesem Stuhl fest. Nach geschlagenen zwei Minuten, in denen Ginny ihr mehrmals ein Wasser angeboten hatte und jedes Mal ignoriert worden war, sah Meta wieder auf. Sie war blass und ihre Augen waren glasig, doch sie sah nicht mehr aus, als würde sie ohnmächtig werden.
„Alles klar?" fragte Ron.
Sie sah ihn an: „Hier findet offensichtlich eine Party statt! Sprich: Es geht mir bestens! Bestens!" Sie drehte sich, um einmal den ganzen Raum in Augenschein zu nehmen und begann, breit zu grinsen, als sie das Buffet sah: „Das sieht gut aus! Wer hat das bewerkstelligt?"
„Meine Mum, wie immer!" sagte Ron verwirrt.
„Ich kenn weder dich noch deine Mutter, Jungchen, aber solange sie so ein Futter auf den Tisch stellt, ist mir alles recht! Gibt´s auch was zu trinken?"
Hermine ging als erste ein Licht auf: „Josepha!"
Harry schlug sich an die Stirn. Wie hatten sie das denn vergessen können? Und so sah es also aus, wenn sie tauschten.
„Habt ihr euch eigentlich mittlerweile vorgestellt, Früchtchen?" fragte sie ohne sich umzudrehen.
„Hermine Granger, Ron Weasley und Ginny Weasley." sagte Hermine.
„Kennt ihr die ganzen Leute hier?"
„Ja."
„Gehören die auch zu eurem komischen Orden?"
„So ist es!"
„Auch der Schleimbeutel da drüben?" Mit fragenden Blicken folgten sie ihrem ausgestreckten Finger und erblickten Snape. Harry, Ron und Ginny prusteten los vor Lachen, doch Hermine fühlte sich genötigt, zu sagen: „Das ist einer unserer Lehrer. Professor Snape."
„Ganz ruhig, Schätzchen. Den nehm ich dir garantiert nicht weg!"
Hermine verzog empört das Gesicht. Da kam Snape doch tatsächlich auf sie zu und richtete das Wort an Josepha; Harry und seine Freunde geflissentlich ignorierend: „Guten Abend, Miss Rosenstein!"
„Wie auch immer. Wollen Sie was Bestimmtes?" erwiderte Josepha einigermaßen unfreundlich.
„Ich wollte lediglich höflich sein, da Sie noch nicht allzu viele Personen in diesem Raum zu kennen scheinen!"
„Es würd mich nicht stören, wenn ich noch eine Person weniger kennen würde!" sagte Josepha und schickte einen Blick zu Snape, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie damit ihn meinte. Harry konnte nicht umhin zu grinsen. Snapes Mundwinkel zuckten, doch er sagte recht beherrscht: „Ihre andere Persönlichkeit hat mir besser gefallen, Miss Rosenstein!" Dann drehte er sich um und stolzierte davon.
„Schockierend!" kommentierte Josepha, „Meta mag ihn?"
„Scheint so."
„Ist ja eklig. Wisst ihr, sie echt ein Problem damit, Leuten, die ihr unsympathisch sind, ihre Meinung zu sagen!"
„Damit hast du ja offensichtlich kein Problem!" bemerkte Hermine abschätzig.
„Allerdings nicht. So, ich hole mir jetzt etwas zu trinken. Wollt ihr auch was? Besonders du, Wuschelkopf, könntest mal einen ordentlichen Schwips vertragen!"
„Nein, danke!" sagte Hermine spitz und auch Harry lehnte ab. Mit einem letzten, spöttischen „Kleinkinder!" verschwand Josepha in Richtung Buffet.
„Das ist irgendwie unheimlich!" meinte Ginny.
„Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich Josepha mag." überlegte Ron laut, „Wenn sie Snape anzickt, ist sie ja ganz lustig, aber zu uns könnte sie mal netter sein!"
„Sie ist unmöglich" sagte Hermine fest und Harry gab ihr insgeheim Recht.
Als er zum Buffet ging, um sich ein neues Glas zu holen, warnte er Remus und Jakob, die dort zusammen standen, vor, dass Josepha unterwegs war. Jakob seufzte: „Hoffentlich trinkt nicht so viel. Die arme Meta kann kaum was vertragen!"
„Ah, Harry. Wie geht es dir? Man sollte nicht meinen, dass wir im selben Haus wohnen, so selten, wie wir uns sehen!" Mr. Weasley kam hinzu klopfte Harry auf die Schulter und Harry grinste: „Es geht mir gut, danke!"
Als Mr. Weasley sich heimlich etwas vom Buffet stahl und daraufhin Reißaus vor seiner Frau nehmen musste, wandte sich Jakob wieder an Harry: „Ich habe mich ein bisschen mit deinen Träumen beschäftigt, Harry. Dumbledore hat mich darum gebeten."
„Wie bitte?" Harry schnappte nach Luft.
„Er wird an der Schule keine Zeit haben, dich in Okklumentik zu unterrichten oder mit dir deine Alpträume zu bewältigen und deswegen hat er mich gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen!"
„Tatsächlich?" Harry klang aggressiver, als er eigentlich wollte, „Okklumentikunterricht basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Ich kenne dich überhaupt nicht!"
„Das ist wahr, aber wir haben noch Zeit, uns kennen zu lernen." Jakob klang recht zuversichtlich und Harry tat es schon Leid, dass er gleich so aufgebracht reagiert hatte.
„Tatsache ist, dass ich das wirklich drauf habe. Und ich habe genug Zeit. Ich verlange nicht, dass du mir vor Freude um den Hals fällst, aber es wäre schon ganz nett, wenn du mich nicht so angiften würdest. Ich habe dir noch gar nichts getan!" Bei den letzten Worten grinste er verwegen und Harrys Widerstand schmolz: „Naja, wir müssten uns mal öfter unterhalten."
„Ich bin kein Mensch, der zwingend neue Leute kennen lernen oder auf Partys herum stehen muss." sagte Jakob entschuldigend, „ Am liebsten würde ich hier auch wieder verschwinden, aber ich weiß, dass Meta mich köpfen würde."
Harry grinste, doch er sah, wie Remus nur ganz leicht und nur für eine Sekunde den Mund verzog.
„Was hast du eigentlich noch zu tun?" fragte Harry, „Welche Aufgabe erfüllst du im Orden?"
„Netter Versuch, Harry, aber ich weiß sehr gut, dass ihr nicht eingeweiht werden dürft und Molly über euch peinlich wacht." Jakob grinste breit und Harry musste ebenfalls lächeln.
„Was ist mit Snape?" fiel Harry ein. Jakob lachte leise: „Der hat sich nicht beschwert, als es hieß, dass ich diese Aufgabe übernehmen soll. Er schien mir eher ... grimmig erfreut und wollte mir gleich einige Tipps geben, wie ich mit dir verfahren sollte."
„Hast du ihm zugehört?" fragte Harry in neu aufkeimendem Misstrauen.
„Nein, keine zwei Minuten!" antwortete Jakob verschwörerisch und Harry musste lachen. Remus entschuldigte sich höflich und ging zu Hagrid, der eben angekommen war. Und Harry beschloss ein wenig zu forschen, um einmal der Beziehung Jakobs zu Meta etwas auf den Grund zu gehen. Da die beiden ja entgegen allen Erwartungen kein Paar waren, verwunderte es alle sehr, und Mrs. Weasley störte es ganz unheimlich, dass sie sich ein Zimmer teilten.
„Und, wie fühlst du dich hier so am Grimauldplatz? Lebt es sich gut hier?"
„Ja, ich kann mich nicht beklagen." Jakob machte schon jetzt den Eindruck, als wüsste er, worauf Harry hinaus wollte, doch er hatte nicht vor, es ihm zu erleichtern. Harry wiederum beabsichtigte nicht, aufzugeben und so erkundigte er sich weiter höflich: „Und dein Zimmer gefällt dir?"
„Ja." Jakobs Grinsen wurde breiter und er nippte an seinem Wein.
„Muss ja hart sein, mit einem Mädchen zusammen zu wohnen. Also, ich möchte mir nicht mit Hermine ein Zimmer teilen müssen." meinte Harry ganz beiläufig und ließ sich von George Bowle einschenken.
„Och, es geht. Ich bin es gewohnt, mein Zimmer nicht für mich allein zu haben."
„Und wieso teilt ihr es überhaupt? Ich meine, es gibt genügend Räume hier."
„Tagsüber laufen wir eh alle hier unter um. Und nur zum Schlafen muss Molly doch nicht noch ein zweites Zimmer herrichten."
Harry rümpfte die Nase und sah zu ihm hoch, doch Jakob ließ den Blick schweifen und machte ein ganz und gar unschuldiges Gesicht. Da trat Tonks plötzlich auf sie zu: „Na, hat er dir schon von der guten Nachricht erzählt?" Sie sah Harry erwartungsvoll an, „Ist doch netter, als wieder mit Snape herum zu krebsen, oder?"
„Das wird sich herausstellen!" sagte Harry vorsichtig und Tonks lachte. Harry wandte sich um, als jemand nachhaltig an sein Glas schlug. Remus stellte sich wieder zu ihm. Und da hob Dumbledore schon die Stimme: „Liebe Freunde! Ich heiße Sie herzlich willkommen in diesem Haus!"
„In meinem Haus!" wisperte Remus, „Eigentlich sollte ich mich hinstellen und eine Rede halten!"
„Tu dir keinen Zwang an!" Harry grinste und deutete nach vorn. Remus winkte ab: „Ach, vielleicht sollte ich sie auch alle rauswerfen!"
„Deine Laune ist ja reizend heute. Was ist denn?"
Wieder wedelte Remus abwehrend mit der Hand.
„Wir haben uns wieder einmal und leider, wie ich sagen muss, zusammen gefunden, um zu kämpfen! Doch, und das sage ich mit Freude, DOCH dieses Mal stehen wir sehr viel besser da!" fuhr Dumbledore fort.
„Erzählt er gleich von der Prophezeiung?" zischte Harry entsetzt und Remus legte ihn eine Hand auf die Schulter: „Nein, keine Sorge!"
„Sein Glück!" knurrte Harry.
„Damals, vor ziemlich genau 15 Jahren wurden wir überrannt; überschwemmt von einer wahren Meute von Zauberern, die eine Idee hatten. Eine Gesinnung, ein Ziel, das sich gegen jegliche Vernunft und Würde stellte und sie waren stark! Damals haben sie uns auf dem falschen Fuß erwischt; damals haben sie uns mit vielem überrascht und erschrocken, doch das passiert uns heute nicht mehr! Wir sind stark und was uns Stärke gibt, ist die Tatsache, dass wir sie nun kennen! Wir wissen, woran sie glauben und wofür sie kämpfen! Wir wissen, zu welchen Mitteln sie greifen und wovor sie nicht zurückschrecken und DESWEGEN können sie uns lange nicht mehr so überrumpeln wie damals! Lord Voldemort ist zurück, doch wir sind ebenfalls zurück!"
Lauter Beifall unterbrach ihn und die Leute hämmerten auf die Tische und trampelten mit den Füßen, als müssten sie ihre Anwesenheit durch Lautstärke unter Beweis stellen.
Dumbledore lächelte: „Wir sind ebenfalls zurück, wenn auch; und das sollten wir nie vergessen und ich weiß, wir werden es auch nicht; wenn auch nicht alle unserer ehemaligen Mitstreiter dabei sind! Ich möchte an dieser Stelle an einige Menschen erinnern, die, und das sage ich voller Stolz und Ehrfurcht, die für unsere Sache, für Frieden und Gerechtigkeit gekämpft haben, als gäbe es kein Morgen! Marlene McKinnon, eine junge, starke Frau. Benjamin Fenwick und Edgar Bones, zwei gute Freunde, die vor allem anderen viel Mut bewiesen haben."
Harry schloss die Augen. Er wusste, was kommen würde. Remus verstärkte den Druck seiner Hand auf Harrys Schulter.
„Die Brüder Gideon und Fabian Prewett, zwei unserer stärksten Kämpfer, deren Verlust uns sehr getroffen hat. Dorcas Meadows, die bedingungslos ihre Ansichten vertrat und sich nie einschüchtern ließ; auch im Angesicht des Todes noch hielt sie tapfer daran fest. Zwei unserer jüngsten Mitstreiter, Lily und James Potter, die uns mit ihrem Sohn Harry einen starken, mutigen Menschen geschickt haben, der ihren Geist bewahrt! ..."
In Harry zog sich alles zusammen und er ertrug die Blicke kaum, doch er konnte nichts anderes tun, als aushalten. Remus´ Finger gruben sich schmerzhaft in seine Schulter.
„ ... Und wir gedenken auch den Menschen, die Schicksale erlitten haben und heute noch erleiden, welche den Tod beinahe als eine Gnade erscheinen lassen. Wir denken an Frank und Alice Longbottom, die unermüdlich gekämpft und unablässig ermutigt haben und die nun in einem Krankenhaus ein Dasein fristen, das ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschen möchte!"
Harry fand die Wortwahl etwas sehr makaber und wert, darüber nachzudenken und er war von Dumbledores Worten ergriffen. Er schluckte schwer und Nevilles Gesicht tauchte vor ihm auf, wie er von seiner Grandma erzählte und sich nie jemand gefragt hatte, warum er nicht bei seinen Eltern lebte. Und das Gesicht von Nevilles Mutter erschien vor Harrys geistigem Auge, wie sie den Gang entlang schlich, um den Sohn, den sie nicht einmal richtig erkannte, ein Bonbonpapier zu schenken.
„ ... Wir denken an Caradoc Dearborn, der eines Tages auf einer gefährlichen Mission verschwand und von dem wir nie wieder etwas gehört haben! Und auch in diesem Jahr gibt es schon Verluste zu betrauern. Wir haben Sirius Black als Schüler gekannt und später als Kämpfer. Wir glaubten, ihn als Verräter zu kennen, doch er stellte sich als Freund heraus; war immer unser Freund gewesen. ..."
Remus stöhnte einmal so leise auf, dass nur Harry ihn hören konnte.
„ ... Er hat sich uns angeschlossen und uns dieses Haus zur Verfügung gestellt, damit wir den Orden hier wieder einberufen und unentdeckt bleiben konnten. Und entgegen einiger ungerechtfertigter Meinungen hat er uns geholfen, uns beigestanden und das, obwohl die Muggel- und die Zaubererwelt seinen Kopf wollte und er somit guten Grund gehabt hätte, sich zu verstecken. Doch Sirius hat sich nicht versteckt. Er hat uns hier in London zur Seite gestanden und hat sich einem Kampf gestellt, den er am Ende verlieren musste."
Harry nickte unbewusst und wischte sich ein paar Tränen vom Gesicht. Remus atmete schwer, doch er wirkte nach außen hin geradezu ungehörig beherrscht.
„Meine lieben Freunde", Dumbledore lächelte, doch es fiel ihm sichtlich schwer, „Meine Freunde, das ist schwer und das weiß ich! Und es tut mir Leid! Es tat mir damals Leid und es tut mir heute noch genauso weh, doch es gibt noch mehr zu sagen! Besseres! Gutes! Denn wir gedenken heute nicht nur; wir betrauern nicht nur, wir begrüßen auch zurück! Ich freue mich, dass meine lieben Lehrerkollegen Minerva McGonagall, Severus Snape, Poppy Pomfrey, Alexandra Sprout, Filius Flitwick, Elenor Hooch und Rubeus Hagrid wieder bei uns sind und mit uns kämpfen!"
Ein lauter Applaus unterbrach ihn und Harry sah, wie Hagrid ganz rot wurde, als gebühre dies allein ihm. Er lächelte etwas, versuchte, die Tränen zu besiegen und klatschte.
„Ich freue mich über Alastor Moody, der ebenfalls unterrichten wird, und über Dädalus Diggel, über Emmeline Vance und über Elphias Doge! Ich begrüße besonders herzlich zurück Remus Lupin, den ich wiederum als Lehrer gewinnen konnte!"
Dumbledore sah Remus fest über Harrys Schulter hinweg an und Remus lächelte.
„Und wir haben viele neue Mitglieder zu begrüßen: Nymphadora Tonks, Mundungus Fletcher, Hestia Jones, Kingsley Shaklebolt, Amber Dorothy, Meta Rosenstein, Jakob Schuhmann und River Jordan und nicht zu vergessen einen ganzen Haufen Weasleys, die Eltern Molly und Arthur und ihre ältesten Söhne William, Charles und Perceval!"
Während alle johlten und applaudierten besah sich Harry Tonks´ mürrisches Gesicht und fragte sich, ob Percy tatsächlich „Perceval" hieß. Ron war ganz rot angelaufen und jubelte am lautesten; kräftig unterstützt von seiner Schwester und Hermine.
„Wir sind so viele diesmal und wir sind wissend und vorsichtig und vor allem vorbereitet! Es kommt zum Krieg-" Schlagartig brach der Applaus ab. „- doch wir werden uns verdammt gut schlagen! Ich sage nicht, wir werden gewinnen; schließlich bin ich kein Wahrsager und überlasse dieses Feld gerne anderen. Aber ich sage euch: Unsere Chance stehen nicht schlecht! Und wenn unsere Jüngsten, unsere kleinen Hoffnungsträger, morgen wieder zur Schule zurückkehren, werden sie dort denselben Kampf aufnehmen wie wir, nur mit anderen Waffen!"
Harry zog positiv überrascht die Augenbrauen hoch, aber Mrs. Weasleys Gesicht sah bei Weitem weniger begeistert aus ob dieser Formulierung.
„Unsere Schüler bringen die besten Voraussetzungen mit und sie werden ausgebildet zu vernünftigen, toleranten, starken Zauberern, die nach uns einmal in einer besseren Welt leben und diese erhalten werden!"
Wieder brandete Beifall auf und Harry, Ron, Hermine und Ginny machten verlegene und leicht schockierte Gesichter.
„Ich möchte euch nicht länger aufhalten; ich weiß, dass ihr langsam Hunger kriegt! Doch lasst euch gesagt sein und merkt euch meine Worte, wo auch immer ihr in nächster Zeit hingeht: Wir sind so stark, wie wir einig, und so schwach, wie wir gespalten sind und da wir uns sehr einig sind, sind wir auch sehr stark!"
Alle jubelten und Dumbledore eröffnete eigenmächtig das Buffet, indem er sich einen Teller schnappte. Harry für seinen Teil musste erst einmal tief durchatmen und er war verdammt froh, dass Remus hinter ihm stand, sonst wäre er wahrscheinlich umgefallen.
„Na, sollen wir ein bisschen an die Luft?" fragte Remus leise, doch Harry schüttelte den Kopf: „Es war zwar etwas viel, aber ich glaube, ich möchte hier bleiben. Ich fühle mich gerade irgendwie wohl, wenn auch etwas erdrückt." Vorsichtig sah er Remus an und dieser lächelte: „So erging es mir auch oft früher" Er holte tief Luft, runzelte dann die Stirn und meinte: „Aber ich brauche ein bisschen frische Luft und Wind."
„Hast du etwas dagegen, wenn ich dich nach draußen begleite?" fragte eine sanfte Stimme und Meta oder Josepha schob sich durch die Leute, die zum Buffet drängten und sich die letzten Tränen aus den Augen wischten, zu ihnen.
„Meta?" fragte Harry sicherheitshalber und sie nickte: „Tut mir Leid! Das kommt immer sehr plötzlich und ich hatte halt keine gute Nacht gestern."
„Kein Ding!" meinte Harry großzügig und da er an Remus´ zurückhaltendem Gesichtsausdruck sah, dass dieser versucht war, ihre Frage mit ja zu sagen, sagte er laut: „Das ist eine ganz fantastische Idee! Geht mal zusammen raus"
Meta hakte Remus unter und während dieser Harry noch einen etwas ungnädigen Blick nachwarf gingen sie hinaus in den Flur und von dort aus durch den Hauswirtschaftsraum, wie Mrs. Weasley ihn nannte, ins Freie.
„Hey!" hörte Harry jemanden sagen und im nächsten Augenblick hing Hermine ihm um den Hals und schluchzte. Harry wischte sich geduldig ihre Haare aus dem Gesicht und strich ihr über den Rücken.
„Das hat Hermine echt mitgenommen!" flüsterte Ron ihm zu und drückte die ebenfalls sehr blasse und trüb vor sich hinstarrende Ginny noch etwas fester an sich. Harry nickte: „Mich auch."
„Aber, hey, wir sind die kleine Hoffnung und so!" Ron fabrizierte ein breites, beinahe echt wirkendes Grinsen, „Wir wurden lobend erwähnt und sie haben für uns geklatscht!"
„Ich hätte auch gut ohne Applaus leben können, wenn alle diese Leute ..." wisperte Ginny und verbarg ihren Kopf an der Schulter ihres großen Bruders. Hermine löste sich von Harry und sah ihn an: „Geht´s dir gut?"
„Ja! Ich habe ja euch!"
Hermine schniefte und dann lächelte sie: „Klar!"
„Nun, meine Lieben?" Dumbledore hatte sich unbemerkt neben sie gestellt und kaute an einem Stück Kuchen.
„Professor Dumbledore, das war eine wirklich schöne Rede!" sagte Hermine mit rauer Stimme und Ginny nickte.
„Vielen Dank! Seid ihr fit für das neue Schuljahr?" Sie nickten etwas unmotiviert.
„Hermine, du solltest dich als Schulsprecherin möglichst bald mit Professor McGonagall besprechen ... warte! Im neuen Schuljahr! Noch sind Ferien! Ginny, dir habe ich noch zu sagen, dass du Vertrauensschülerin deines Jahrgangs bist. Ich habe in diesem Jahr auf Briefe verzichtet, da ich länger darüber nachdenken musste, wem ich diese Aufgabe anvertrauen soll. Herzlichen Glückwunsch!"
Ginny strahlte ihn an: „Oh, wirklich? Danke, Professor Dumbledore!"
„Ich denke, du wirst das ganz fantastisch machen! Und du hast schließlich Hermine zur Unterstützung. Harry, du hast bereits mit Jakob gesprochen?"
„Ja."
„Und meinst du, ihr könnt euch zusammen raufen? Ich gebe zu, dass das etwas spontan kommt, aber ich glaube, das ist das Beste!"
„Das passt schon!" meinte Harry und nickte zuversichtlich.
„Schön! Jetzt aber ab ans Buffet, sonst schnappen euch die Zwillinge die besten Sachen vor der Nase weg!"
Die vier schoben sich also ans Buffet und Harry beobachtete, als er später mit seinen Freunden bei Hagrid saß und schlemmte, wie Remus und Meta wieder rein kamen; Seite an Seite und recht friedlich wirkend.
