Die
letzten Strahlen der untergehenden Sonne bahnten sich ihren Weg durch
das Fenster des Vertrauensschülerabteils und tauchten es, durch
die staubige Scheibe gedämpft in ein warmes Licht. Überall
verbreiteten sie ein magisches Leuchten, aber keiner von ihnen traf
das Gesicht von Ronald Weasley, denn er hatte sich in seinem Sitzt
weit zurück gelehnt und wurde außerdem von einem langem
Schatten verdeckt. Er gehörte zu einem Mädchen, das lesend
neben ihm, am Fenster saß. Sie hatte buschiges, braunes Haar
und sehr dunkle Augen, die schnell über die Zeilen ihres Buches
wanderten. Sie waren von einem Glanz erfüllt, den Hermine
Granger immer beim Lesen aufsetzte. Es war derselbe Glanz, der die
Gesichter der Erstklässler zeichnete, die in euphorischer
Begeisterung, der Ankunft in Hogwarts entgegen fieberten.
Ron war
alles andere als euphorisch. Es war bereits seine siebte Fahrt zum
Schloss und er fand sie längst nicht mehr so spannend wie in
seinen ersten Jahren. Zu denen man sein Zweites eigentlich gar nicht
zählen konnte, da er und sein bester Freund Harry Potter in
diesem Jahr ein anderes Transportmittel benutzt hatten. Mittlerweile
hatte es ein neues zu Hause im Wald der Schulländereien
gefunden, wo unter anderem auch Zentauren, Einhörner und
Riesenspinnen lebten. Ron dachte daran was er Harry und Hermine dort
schon alles erlebt hatten. Sie hatten so gut wie jedes ihrer
Abenteuer in Hogwarts gemeinsam bestritten, aber irgendwann hatte
jeder Mal seine Zeit gehabt über die nur er selbst alles wusste.
Bei Harry waren es Momente, die er mit Cho erlebt hatte, bei Hermine
war es das Jahr indem sie den Zeitumkehrer benutzt hatte und bei
ihm…das wusste weder Hermine, noch Harry. Er hatte es nie erzählt,
obwohl er fast ständig daran dachte.
Angefangen hatte es vor
etwa drei Jahren, zu Beginn von Rons viertem Schuljahr. Zuerst war
alles normal verlaufen und sie hatten sich, nach den Ferien frisch
vereint, das Quidditchfinale der Weltmeisterschaften angesehen. Aber
dann hatte das Trimagische begonnen und mit der Ankunft der anderen
Schüler hatte das Übel seinen Lauf genommen.
Ron konnte
nicht fassen, dass er Krum jemals bewundert hatte. Er mochte halbwegs
gut Quidditch spielen, aber sonst war er ein total unsympathischer,
hässlicher, mürrischer Widerling. Doch Krum hatte alles
richtig gemacht. Alles was er, Ron, sich nicht getraut hatte
auszusprechen ausgesprochen. Es war schon seltsam, Ron hatte Hermine
bis zu diesem Zeitpunkt immer als Kumpel gesehen. Sie war einfach da,
half ihm aus jeder Patsche, gab Ratschläge, die eigentlich
Niemand brauchte und war manchmal ein bisschen nervig. Das war die
Hermine, die er bis zu dem Auftauchen von Krum beschrieben hatte,
doch dann war sein Bild durch Krum ziemlich ins Wanken gebracht
worden. Hermine war ein Mädchen und so platt es auch klingen
mochte, Ron hatte sie nie so gesehen. Sie war einfach Hermine,
Hermine mit der er ständig stritt, Hermine die nervtötenderweise
auf jede Frage eine Antwort wusste, Hermine die ihn pausenlos zur
Weißglut brachte und Hermine die sich mit ihm und Harry
anscheinend besser verstand als mit anderen Mädchen, wenn nicht
mit sämtlichen Hogwartbewohnern, einschließlich den
Lehrern.
Ron fand, dass es schrecklich klang, aber insgeheim
hegte er eine Art Besitzanspruch auf sie. Sie beide und Harry hatten
sich immer gut verstanden, zwar manchmal gekabbelt, trotzdem immer
zusammen gelacht und so viel Spaß gehabt, auch wenn es nach
außen anders schien. Niemals würden sie den Tag vergessen
an dem sie Freundschaft geschlossen hatten.
Doch dann war Krum
gekommen, und war zur einzigen Person geworden mit der sie sich auf
Anhieb verstanden hatte und von da an hatte es außer Harry und
ihm noch jemanden gegeben mit dem sie lachte und Spaß hatte,
der Unterschied war nur, dass dieser jemand sie ganz anders gesehen
hatte als Harry und Ron.
Ohne es anfangs selbst zu merken, hatte
der Moment, in dem er Krum und Hermine zum ersten Mal zusammen reden
und lachen sah, ihm einen unsichtbaren Schlag versetzt, der ihn erst
betäubt und dann nachträglich hatte aufschrecken lassen.
Der Schlag traf ihn beim Weihnachtsball, als er sie an der Seite
von Krum sah und wie sie tanzten und lachten. Überhaupt die
Tatsache, dass Hermine mit Krum zum Ball gekommen war, hatte ihn
völlig aus der Bahn geworfen. Nach dieser Betäubungsphase,
in der er sich kopfschüttelnd immer wieder daran erinnert hatte,
dass es wirklich Hermine war, war das böse Erwachen gekommen.
Hermine lachte ohne Harry und ihn. Ron hatte die ganze Zeit
weggetreten neben Padma gesessen und verzweifelt gehofft sie würde
kommen und ihm einen Ratschlag zuflüstern. Einen von diesen, die
er immer so gehasst hatte und die er eigentlich schon aus Prinzip
ignorierte. Aber so einen hatte er sich an diesem Abend erhofft, dass
sie nur einmal von Krum weggehen und sich um ihn kümmern würde,
auch eine Bemerkung über Hausaufgaben hätte ihn
aufgemuntert, nur irgendwas freundliches…
Und dann kam endlich
seine Erkenntnis, so unmittelbar plötzlich, als hätte sie
ihm jemand ins Ohr geschrieen. Er war eifersüchtig! Er wollte
sie wieder für sich und Harry und sie nicht mit so einem dummen
Schnösel, der nur reich und berühmt war, weil er gut
fliegen konnte teilen.
Ron hatte sich niemals wirklich gut
ausdrücken können, aber über Gefühle zu sprechen,
die er sich nicht einmal selbst erklären konnte, stellte eine
derartige Herausforderung an ihn, dass er es bis heute nicht mal über
sich gebracht hatte es auch nur Harry zu erzählen. Geschweige
denn Hermine. Doch nach vier Jahren Grübelei war er endlich
dahinter gekommen was wirklich mit ihm los war. Anfangs hatte er nur
geglaubt er würde sie einfach als gute Freundin nicht verlieren
wollen, aber jetzt war er dahinter gestiegen. Er und Hermine warfen
sich ständig gegenseitig bissige Bemerkungen an den Kopf und
hatten sehr wenige bis gar keine netten Worte für den anderen
über. Ron hatte seine Gefühle vor sich selbst, vor allem
aber vor dem Rest der Welt hinter fiesen Kommentaren oder wahlweise
auch abwertenden Worten über Krummbein versteckt. Er war in
Hermine verknallt und dieser Gedanke traf ihn wie der Blitz, jetzt wo
er unterwegs zu ihrem letzten gemeinsamen Hogwartsjahr so neben ihr
saß und sich nicht traute sie anzusehen.2
