Remus saß auf einem Stuhl neben Harrys Bett und schrieb auf einem Block auf seinen Knien. Harry beobachtete ihn stirnrunzelnd und kaute ein paar Erdnüsse. Um Remus´ Stuhl herum lagen etliche aufgeschlagene Bücher mit bunten Zetteln drin und scheinbar Tausend beschriebene Blätter.
„Musst du jetzt arbeiten?"
„Ja. Ich hab´s bald raus. Ich muss das bis zur Sitzung morgen fertig haben!"
„Wo ist Tatze?"
Sie hatten sich darauf geeinigt, von Sirius als „Tatze" zu sprechen. Es war einfach sicherer, wenn sie sich es jetzt schon angewöhnten. Schließlich würde im Januar die Schule wieder voller Schüler sein und bis dahin mussten sie seine Geheimhaltung perfektioniert haben.
„Bei Hagrid." Remus war heute wirklich nicht der Gesprächigste. Umso erfreuter war Harry, als Ron herein kam und verkündete, Harry sollte jetzt einmal aufstehen und Hermine besuchen gehen. Schließlich hatten sie morgen den Vortrag und da musste Harry mindestens eine Stunde herumstehen. Ron sah es als seine Pflicht an, Harrys Kreislauf zu trainieren. Harry schwang die Füße aus dem Bett.
„Mach langsam!" ermahnte ihn Remus automatisch.
„Ich passe schon auf!" sagte Ron wichtig und reichte Harry seinen Bademantel.
„Nur hier in der Krankenstation und in einer halben Stunde liegst du wieder im Bett!" Remus sah Harry ermahnend an.
„Jaha!" Harry verdrehte genervt die Augen.
„Ich warte hier!" stellte Remus fest.
„Das habe ich mir beinahe gedacht!" schoss Harry zurück.
„Zick mich nicht an!"
„Ich zicke dich nicht an!"
Ron hob erstaunt die Augenbrauen und sah verunsichert von Harry zu Remus und wieder zurück. Die beiden funkelten sich an und mussten dann gleichzeitig grinsen.
„Krieg ich ´ne ganze Stunde?" fragte Harry und schnürte das Band seines Mantels.
„Eine Stunde und ich hole dich ab!"
„Damit kann ich leben!" Harry ließ sich von Ron unterhaken und winkte Remus triumphierend grinsend zu. Dieser schüttelte lachend den Kopf und vergrub sich wieder in seine Aufzeichnungen.
„Harry!" Hermine jubelte ihnen entgegen und warf sich in Harrys Arme, als er endlich nahe genug stand, weswegen Harry ordentlich ins Schwanken geriet.
„Setzt euch!" Harry und Ron nahmen auf zwei Stühlen neben Hermines Bett Platz.
„Oh, ihr sollt nach London und vor dem Orden sprechen! Das ist ja wahnsinnig aufregend! Ich wünsche mir so sehr mitzukommen, aber ich darf noch nicht! Ich kann noch nicht einmal einen simplen Aufrufzauber; das macht mich völlig nervös! Ich will, dass das so schnell wie möglich aufhört! Aber ihr müsst mir alles erzählen, wenn ihr wieder zurück seid! Und ..."
„Immer mit der Ruhe, Hermine!" Ron hob beschwichtigend die Arme, „Natürlich erzählen wir dir alles! Und natürlich hört das bald auf und du hext wieder, dass uns Hören und Sehen vergeht!"
Hermine streckte ihm die Zunge raus und drehte sich zu Harry: „Wie geht's dir?"
„Gut, danke! Ich kriege gutes Essen, habe nette Gesellschaft ..."
„Wo ist Tatze denn gerade?"
„Bei Hagrid."
„Er muss ja völlig fertig sein. Aber du hast noch nichts Abnormales bei ihm entdeckt, oder, Harry?"
„Er ist ziemlich müde."
„Naja, das ist ja auch kein Wunder. Wenn man bedenkt, dass er vielleicht ein halbes Jahr wach gewesen ist. Der Arme ist bestimmt völlig durcheinander. Besonders auch, wenn er jetzt feststellen muss, dass Harry und Professor ... Remus eine so innige Beziehung zueinander haben." sagte Hermine altklug.
„Wie gut, dass wir dich haben, um das Gefühlsleben anderer Leute erklärt zu bekommen!" stellte Ron lachend fest und Harry bemerkte spitz: „Vielleicht solltet ihr euch mal lieber um euer eigenes Gefühlsleben kümmern! Da ist auch genug los!"
Ron wurde wie auf Kommando tomatenrot und Hermine tat doch tatsächlich so, als hätte sie Harry nicht gehört und sah teilnahmslos an die Wand. Sie machte damit Remus Konkurrenz, fand Harry. Seine Freunde hatten sich gerade wieder beruhigt und Hermine wollte soeben zu einer neuen Diskussion über das nervtötende Fehlen ihrer Zauberkräfte ansetzen, als eine laute Stimme die Aufmerksamkeit der gesamten Krankenstation auf sich zog: „Meine Lieben! Genießt die letzten Blicke auf euren Direktor, wie er in einem Bild steckt!"
Ihre Köpfe flogen herum zu Dumbledores Rahmen; auch Remus kam aus Harrys Zimmer, lehnte sich gegen den Türrahmen und schaute gemütlich zu. Harry konnte von Hermines Bett aus seine tintenverschmierten Finger sehen und musste lächeln.
„Ich werde mich jetzt in mein Büro begeben, wo der gute Professor Walter diesen unsäglichen Zauber aufheben wird! Wünscht mir Glück!"
Sie applaudierten spontan. Dumbledore verbeugte sich und verließ den Rahmen.
„Na, wird aber auch Zeit!" meinte Ron. Remus ging langsam zu ihnen: „Nicht schlecht, oder? Das wird in die Bücher eingehen! Albus Dumbledore: der Direktor, der es geschafft hat, seine Schule von einem Bilderrahmen aus zu leiten!" Er lachte und Harry, Hermine und Ron fielen mit ein.
„Ah, das heißt aber auch, dass Snape wieder zurückkommt!" fiel Ron ein und er verzog das Gesicht.
„Naja, man kann eben nicht alles haben!"
Dumbledore und Snape wurden tatsächlich von Professor Walter und tatkräftiger Unterstützung von den Professoren McGonagall und Flitwick, Meta, Bill, Jakob und Moody aus ihren Bildern befreit. Der Zauber, der sie gefangen hatte, nannte sich Picturuszauber. Snape wurde sofort eingefroren, damit Professor Vance und Madam Pomfrey genug Zeit hatten, seine schwerwiegenden Verletzungen zu untersuchen und sich eine angemessene Behandlung auszudenken. Er bekam Harrys Krankenzimmer, das dieser nur zu gern räumte, um ein Bett neben Hermine in Beschlag zu nehmen. Dort aß er mit Hermine, Ron und Ginny zu Abend. Letztere berichtete mit etwas brüchiger Stimme von den Ereignissen auf dem Gang, als sie fest davon überzeugt war, Voldemort würde Snape vor ihren Augen töten.
„Er hat ganz ruhig da gestanden und die Arme ausgebreitet. Er hat darauf gewartet; ehrlich! Er hat sich nicht zur Wehr gesetzt!"
„Ja, kein Wunder! Gegen seinen Chef doch nicht!" schnappte Ron, doch seine Schwester schüttelte traurig den Kopf: „Nein, Ron! Er hat aufgegeben; es eingesehen ... keine Ahnung! Er hat es hingenommen, weil er es nicht hätte verhindern können! Es war grässlich!" Ginny schüttelte sich und Hermine klopfte ihr mitleidig den Rücken.
Harry versank ein wenig in düstere Gedanken. Er erinnerte sich an den Friedhof zurück, auf dem Cedric durch die Hand eines Anhängers Voldemorts den Tod gefunden hatte. Dort hatte er die absolute Ergebenheit der Todesser zu spüren bekommen und er hatte auch Voldemorts kaltes, grausames, unfassbares Gemüt erlebt. Er konnte sich gut vorstellen, wie jemand vor ihm den Kopf senkte und wartete. Aber mussten sie sich denn immerzu, immer noch, fragen, auf wessen Seite Snape stand?
„Harry? Alles klar?"
Er sah mit leicht glasigen Augen auf: „Ja, klar!" Er widmete sich seinem kalten Braten auf Brot und die anderen ließen ihn erst einmal ein wenig in Ruhe. Da flog die Tür auf und eine Stimme schrie: „Hey ... hey ... hier bleiben! Bleib hier ... Hund!"
Ein schwarzer Riesenhund mit hechelnder Zunge und eifrig wedelndem Schwanz huschte durch die Betten und sprintete auf Harrys Bett zu. Remus keuchte hinterher, hatte aber nicht die geringste Chance ihn einzuholen, zumal ihm Dutzende Betten, Gerätschaften und Leute im Weg standen. Und dann war Professor Vance´ vollkommen entsetzte Stimme zu hören: „Professor Lupin! Schaffen Sie das Vieh hier raus!"
Harry nahm den Hund herzlich in Empfang, ließ sich die Hände abschlecken und zerwuschelte sein Fell.
„Harry ..." Remus hielt schwer atmend neben seinem Bett an und packte Sirius am Halsband, woraufhin dieser ihn wütend anknurrte.
„Hör auf damit! Und komm jetzt mit! Ich krieg Ärger!" raunte Remus, doch der Hund zerrte sich los und fuhr fort, seine kalte, feuchte Schnauze an Harrys Arme zu drücken. Harry versteckte sein Gesicht in Sirius´ Fell und schielt zu Remus hoch: „Ich hab ihn doch so vermisst!"
„Ach, seid nicht so blöd! Komm schon ... Hund!"
„Du kannst ihn doch nicht „Hund" nennen!" protestierte Ron.
„Mir fiel auf die Schnelle nichts ein und langsam sollte er froh sein, dass ich ihn nicht „Köter" nenne!" schimpfte Remus und Sirius schnaubte verächtlich.
„Na, geh schon! Wir sehen uns morgen in ... dem Haus und dann wohnst du hier und wir sehen uns jeden Tag!" flüsterte Harry.
„Jetzt komm und lass uns zurück zu Hagrid gehen! Er wartet doch schon auf dich!" sagte Remus in schmeichelndem Ton und fasste vorsichtig wieder an Sirius´ Halsband.
„Sie wissen schon, dass es nur ein dummer Hund ist, der Sie nicht verstehen kann!" fragte Professor Vance leicht entgeistert. Sirius knurrte empört und drehte der ihr seinen pelzigen Rücken zu.
„Ja, natürlich weiß ich das!" antwortete Remus mit einem verschlagenen Blick auf den Hund und zog an dem Halsband, „Ein ganz dummes Tier, das jetzt gefälligst mitkommt, sonst kann es wirklich was erleben!" Endlich gab Sirius nach und ließ sich, nachdem Harry ihm noch ein wenig gestreichelt hatte, von Remus mitziehen. Professor Vance sah Hund und Herrchen kopfschüttelnd nach: „Ein komischer Kauz! Und jetzt auch noch ein Hund! Na, wenn er den nicht erziehen kann, dann setzt es aber was!"
„Aber das ist doch Hagrids Hund!" erinnerte Ron sie, doch Professor Vance winkte ab: „Ach, aber er rennt dem armen Professor den ganzen Tag hinterher. Und einer muss sich ja um das Tier kümmern! Manchmal sind sie auch ganz niedlich die beiden, aber wenn das Vieh mir noch einmal in meinen Krankenflügel kommt, dann serviere ich es zum nächsten Mittagessen!" Sie stapfte davon und Harry, Ginny, Hermine und Ron brachen in schallendes Gelächter aus.
„Wissen eigentlich alle, dass Tatze sich verwandeln kann?" fragte Ginny.
„Also, eure Familie und wir beide und die alten Schulfreunde und Snape, Tonks, Hagrid und Kingsley natürlich. Ich weiß nicht, ob der ganze Orden Bescheid weiß. Die Neuen wohl kaum, oder?" Harry sah sich um.
„Wahrscheinlich nicht." pflichtete ihm Hermine bei, „Aber morgen werden es wohl alle erfahren."
„Ich möchte auch mit morgen!" schmollte Ginny.
„Ach, ist doch schön, wenn du bei mir bleibst. Dann bin ich nicht so alleine und wir können uns unterhalten!" sagte Hermine in verschwörerischen Ton und die beiden Mädchen kicherten etwas.
„So, Harry und ich arbeiten jetzt noch ein bisschen!" verkündete Ron und rückte seinen Stuhl näher an Harrys Bett.
„Ja, wir sind wichtig und haben zu tun!" Harry grinste und genoss die genervten Blicke der Mädchen.
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Harry, Ron, Meta, Remus und Sirius in seiner Hundegestalt reisten am nächsten Morgen gegen halb acht durch den Kamin im Gryffindor-Gemeinschaftsraum zum Grimauldplatz. So lernte Meta Sirius zumindest schon einmal als Hund kennen und sie schloss ihn sofort ins Herz.
„Lass dir nichts vormachen! Er hat es faustdick hinter den Ohren!" warnte Remus grinsend, als Sirius sich von Meta das Ohr kraulen ließ.
Harry und Ron waren ziemlich nervös, obwohl sie ja die Mitglieder des Ordens alle kannten. Trotzdem würde es sehr nervenaufreibend werden, vor allen über Sirius´ Rückkehr zu sprechen. Harry hatte das Gefühl, als müsste er seine gesamte Seele ausbreiten und das behagte ihm wenig. Er konnte auf mitleidige Blicke und die Trauer in ihren Augen verzichten. Besonders schwer würde es mit den Weasleys werden, von denen, bis auf George, Ginny und Ron, ja noch niemand von seiner Rückkehr wusste. Harry atmete tief durch und als er eine feste Hand auf seiner Schulter spürte, lächelte er beruhigt.
„Lass dich nicht durcheinander bringen! Sag ihnen, was du zu sagen hast!" sagte Remus sanfte Stimme hinter ihm und Harry nickte: „O.K., das kriege ich hin!"
„Gut! Und falls du nicht weiß, wo du hingucken sollst: Ich sitze ganz hinten links und höre dir aufmerksam zu!"
Harry drehte sich um und sah ihn dankbar an. Der schwarze Hund drängte sich an sein Bein und ließ sich dann von George, der schon auf sie wartete, wegführen, damit ihn niemand zu früh zu Gesicht bekam und in Panik ausbrach.
„Nur Mut, Ron! Ihr schafft das!" Remus klopfte noch einmal Rons Schulter und ging dann mit Meta voraus.
„Na, dann auf in den Kampf!" Ron sah etwas blass, aber fest entschlossen aus. Er und Harry gingen in das für die Versammlung vorbereitete Zimmer. Dort standen viele Stühle nach einem gut sichtbaren Pult ausgerichtet. Die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen und in den schweren Leuchtern an den Wänden brannten Kerzen. Da es noch vor acht Uhr war, würde draußen sowieso noch dunkler, frostiger Dezembermorgen herrschen.
Tonks und Kingsley, die am nächsten bei der Tür saßen, sahen sie erstaunt an, sagten aber nichts. Remus und Meta nahmen in der linken hinteren Ecke Platz, wechselten ein paar freundliche Worte mit Jakob und richteten dann die Blicke nach vorn. Keine halbe Minute später trat Dumbledore ein und es schien, als erstrahlte er in neuer Pracht und Energie; jetzt, da er aus dem Bild geholt worden war.
„Liebe Freunde!" Er stellte sich hinter das Rednerpult, stützte die Arme darauf und sah jeden im Raum, der bis in die letzte Ecke besetzt war, an, „Ich muss nicht viele Worte machen um den Grund unseres Zusammentreffens. Erst einmal möchte ich noch einmal allen nachdrücklich versichern, dass wir niemanden verloren haben und auch unsere Verletzten befinden sich ausnahmslos auf dem Weg der Besserung!"
Erleichtertes Raunen ging durch den Raum. Harry und Ron bemerkten endlich Rons Eltern, die von ihrer Anwesenheit wiederum noch keine Notiz genommen hatten.
„Wir haben uns gut geschlagen und auf diese erschreckenden Ereignisse ruhig und souverän reagiert. Wir können stolz auf das sein, was unsere Schüler vollbracht haben! Jetzt geht es aber an die Aufklärung der Ereignisse, von denen wir noch vor kurzem überzeugt waren, dass sie nicht geschehen können. Ich danke Remus Lupin, der sich mit dieser Frage eingehend beschäftigt hat und der uns jetzt wenn auch noch nicht auf alle, so doch auf viele Fragen eine Antwort geben kann! Remus!"
Er trat einen Schritt vom Pult zurück und empfing Remus, der mit gesenktem Blick nach vorn kam, mit einem festen Händedruck und aufmunterndem Lächeln. Remus legte in aller Ruhe einige Papiere auf das Pult, räusperte sich, trank einen Schluck Wasser aus dem bereit stehenden Glas Und sah dann erst auf die gespannt wartenden Leute im Raum.
Er begann ohne Umschweife: „Ich habe mich mit den Zaubern und Bannen beschäftigt, die Hogwarts beschützen und mit der Frage, wie sie zu brechen sind. Der Unsichtbarkeitszauber, der Muggle davon abhält, das Schloss in seiner wahren Gestalt zu sehen, wurde nicht aufgehoben. Aber die Appariersperre und die Wachsamkeitsgitter, die wir eingerichtet hatten, wurden gebrochen. Vermutlich sind die Todesser also direkt auf das Schulgelände appariert. Es sind Anzeichen eines starken Ortungszaubers zu finden gewesen, doch der allein hätte die Lage der Schule nicht preisgeben können. Um den Schutz der Burg, den Firus-Zauber, eine Abwandlung des Fidelius-Zaubers, nachhaltig zu umgehen, muss er von innen heraus zerstört worden sein. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie dies zu bewerkstelligen ist: es ist ein Abdruck in der Schule hinterlassen worden, der geortet werden konnte; es ist eine Art Schwachstelle im Schutzschild gefunden und ausgereizt worden; es ist ein Gegenstand ins Schloss gebracht worden, der systematisch das Schild zerstört und somit seine Unortbarkeit aufgehoben hat. Diese drei Optionen gibt es und ich bin mir noch nicht schlüssig, welche tatsächlich angewendet wurde. Vielleicht kamen auch mehre gleichzeitig zum Einsatz, um die Wirkung zu verstärken."
Remus machte eine kurze Pause, um noch einen Schluck zu trinken. An der gespannten Stille und den auf ihn gerichteten, wartenden Blicken erkannte Harry den Respekt, dem sie seinem Lehrer und Freund entgegenbrachten.
Remus fuhr mit ruhiger Stimme fort: „Worauf ich mein besonderes Augenmerk gerichtet habe; dank eines Hinweises; - " Er sah kurz in Harrys Richtung. „- sind die Schüler der uns bekannten Todesser, die sich Anfang des Schuljahres in der Schule aufhielten. Es liegt mir fern, diesen Umstand im Nachhinein zu kritisieren, schließlich bin ich der Letzte, der hinter Kindern etwas Schlechtes, etwas wirklich abgrundtief Schlechtes vermutet. Aber wir werden uns wohl mit der Tatsache anfreunden müssen, dass wir uns die Spione, die diesen Angriff ermöglicht haben, selbst ins Haus geholt haben!"
Eine schwere, atemlose Stille legte sich über den Raum. Auch Harry und Ron sahen sich erschüttert an. Dass sie Malfoy nicht mochten, geradezu verabscheuten, hatten sie nie verheimlicht, aber dass Draco Malfoy, immerhin ein Schüler, der fünf Jahre mit ihnen die Schulbank gedrückt hatte, tatsächlich zu ihren ärgsten Feinden übergelaufen war, stand auf einem ganz anderen Blatt.
„Er muss das Mal empfangen haben, wenn er zu ihnen gehört!" flüsterte Harry seinem Freund zu und beide weiteten entsetzt die Augen. Kaum merklich schüttelte Ron den Kopf.
„Nun, das ist nicht mehr rückgängig zu machen, aber wenn wir uns in Zukunft nachhaltig schützen wollen, müssen wir noch stärkere Geschütze auffahren und noch genauer prüfen, wer sich in Hogwarts aufhält. Dazu noch einmal Albus." Er machte mit einem respektvollen Kopfnicken Dumbledore Platz, der wieder an das Pult trat.
„Danke sehr! Nach langen Überlegungen haben wir beschlossen, den Fideliuszauber über die Schule auszusprechen, der noch nie, in keinem einzigen Fall versagt hat!" Erleichtertes Ausatmen war die Folge und manch einer, beispielsweise Hagrid und Kingsley, schlug zustimmend an den hölzernen Rahmen seines Stuhles.
„Wer etwas dagegen sagen möchte, dass ich diesen Zauber ausführe ..." Dumbledore ließ den Satz offen, erntete aber für diese Annahme nur müde, tadelnde Blicke.
„Das erschwert natürlich den Schülern, die hoffentlich zahlreich im Januar wiederkehren, den Besuch der Schule, aber das werden wir in Kauf nehmen. Wenn es sein muss, führe ich jeden Schüler einzeln auf das Gelände und in das Schulgebäude, wenn ich sie dadurch nur besser schütze, als ich es bisher vermochte!" Harry war sich sicher, Frustration und Selbstvorwürfe in der sonst so kontrollierten, gemäßigten Stimme des Direktors zu hören. Er warf sich vor, seine Schüler im Stich gelassen zu haben.
„Es werden sich viele Experten mit der erneuten Frage der Sicherheit unserer Schule beschäftigen und ich werde mich am Schulbeginn im nächsten Jahr den Eltern stellen."
Harry ahnte, dass das schlimm werden würde. Alle mussten glauben, Dumbledore hätte ihr Vertrauen nicht verdient. Allerdings hatte er doch extra für Notfälle die Crashkurse eingeführt, er war sofort zur Stelle gewesen und auch die Mitglieder des Ordens waren augenblicklich zu Hilfe gekommen. Für einen Notfall hatte alles ausgezeichnet funktioniert. Doch es war ein Notfall, der nie hätte eintreten dürfen!
„Meine Güte, ist das langweilig!" kam plötzlich ein Ausruf aus der Ecke und Jakob ließ ein verhaltenes Seufzen hören: „Wenn es dir nicht gefällt, geh bitte in die Küche, aber nerv die Leute hier nicht!"
„Wer nervt hier wen? Wo bin ich hier überhaupt? Da hat man sich gerade an diese blöde Schule gewöhnt, schon verfrachten sie einen wieder in dieses Geisterhaus!" Josepha war aufgestanden und sah sich verwirrt und, wie immer, verärgert um. Remus, der noch vorne stand, war im Begriff, zu ihr zu gehen, doch da ergriff Dumbledore schon das Wort: „Miss Rosenstein, was passt Ihnen nicht?"
„Eine ganze Menge; wie nett, dass mal jemand fragt!" gab Josepha zurück und musterte die Leute im Raum, „Wann kann ich endlich wieder nach Hause? Oh, oder noch besser: Wo ist dieser Malfoy hin? Ich würde ihm nur zu gerne etwas heimzahlen!"
„Malfoy ist uns entkommen."
„Ja, typisch für euch! Klubs gründen und Versammlungen abhalten, das kriegt ihr hin! Aber wenn es mal darauf ankommt, jemanden um die Ecke zu bringen, zieht ihr den Schwanz ein! Schönen Dank auch!"
„Würden Sie so freundlich sein und sich entweder ruhig hinsetzen oder, wie Herr Schuhmann es vorgeschlagen hat, sich in die Küche begeben? Wir würden gerne weitermachen!" Dumbledore sah sie, wie Harry fand, noch sehr freundlich an.
„Befehlen Sie mir nichts! Ich pfeif auf Ihren Verein hier! Sie haben mir nichts zu sagen und es kümmert mich nicht, was Sie gern wollen!" fauchte Josepha.
„Meta kümmert es!" sagte Dumbledore klug.
„Tatsächlich?" Josepha zeigte sich gespielt beeindruckt, „Nun, Meta geht auch mit einem Werwolf ins Bett! Das geht mich alles nichts an!"
Damit hatte sie dafür gesorgt, dass sich alle Augen an Remus hefteten, der noch immer vorne am Pult stand und jetzt für eine Sekunde die Augen schloss.
„Na." sagte Ron unbestimmt und Harry zog die Augenbrauen hoch.
„Tschuldige, ich wollte euch nicht verpetzen!" grinste Josepha und bahnte sich ihren Weg zur Tür, „Ich bin in der Küche, falls mich jemand sucht." Sie verließ den Raum. Remus schaffte es irgendwie, Dumbledore anzusehen, der ihn erwartungsvoll anblickte: „Nun?"
„Ich ..."
„Gut, später, Remus! Jetzt haben noch einen Punkt auf dem Programm. Ein erfreuliches Ereignis, das uns jetzt von zwei meiner Schüler erklärt wird! Harry, Ron, wenn ich bitten darf!" Das allgemeine Interesse wandte sich den beiden zu, so dass Remus sich zu seinem Stuhl begeben konnte. Jakob saß mit dem breitesten Grinsen neben ihm, das Harry je gesehen hatte. Mrs. Weasley war währenddessen aufgesprungen: „Was hat das denn zu bedeuten?"
„Setz dich, Molly! Wir werden es gleich erfahren!" Mr. Weasley zog seine widerstrebende Frau auf ihren Stuhl zurück. Er war ebenfalls recht erstaunt, seinen Jüngsten und dessen besten Freund zum Rednerpult des Phönixordens schreiten zu sehen.
Als Harry und Ron endlich vorne standen, guckten sie sich nervös um.
„Also", Ron hielt sich seine Zettel vor die Nase, „Also, vor ziemlich genau sechs Monaten ist etwas passiert, dass uns alle sehr geschockt hat und das manchen von uns keine Ruhe gelassen hat. Sirius´ Tod hat besonders Harry betroffen und mich, weil ich sein Freund bin. Harry hat immer gehofft, dass es eine Möglichkeit gibt, Sirius zurück zu holen."
Von Tonks war ein leises Wimmern zu hören. Mrs. Weasley hatte beide Hände vors Gesicht geschlagen und ihr Mann sah aus, als wollte er am liebten die Flucht ergreifen. Dumbledore nickte Harry einmal zu, als dieser anfangen wollte, zu sprechen.
„Ich erzähle jetzt nicht so viel drum herum, sondern komme schnell zum Punkt. Ihnen allen ist der Alchemist Nicolas Flamel bekannt. Dieser hat sich eingehend mit der Frage beschäftigt, wie man Leben erhalten kann und verschiedene Gefäße zur Aufbewahrung entwickelt. Es handelt sich hierbei um unterschiedliche Dinge und unter anderem auch um einen Vorhang ..." Harry wurde von Tonks unterbrochen, die, nicht mehr länger von Kingsley zurückgehalten, aufsprang.
„Ich will das nicht hören!" schrie sie vollkommen außer sich und flüchtete in die Küche. Kingsley folgte ihr mit entschuldigenden Blicken. Harry fuhr nach einem trockenen Räuspern fort: „ ... ein Vorhang, wie er auch in der Mysteriumsabteilung im Zaubereiministerium zu finden ist."
Mrs. Weasley schluchzte auf und Hestia Jones rief heiser: „Was wollt ihr damit sagen?"
Doch die Jungen ließen sich nicht aus dem Konzept bringen. Ron trat einen Schritt vor: „Dieser Vorhang bewahrt, wie wir durch die Lektüre mehrere Bücher erfahren haben, die Seele eines Menschen auf, wenn er im Augenblick seines Todes dort hineinstürzt."
Wieder wurde es laut und Dumbledore musste selbst die Hände heben, damit wieder Ruhe einkehrte.
„Dann hat Hermine in Erfahrung gebracht, wie man mit Hilfe eines alten Rituals den Geist wiederbeleben und den Körper daraus rekonstruieren kann." Rons Stimme klang mittlerweile ganz automatisch, während er krampfhaft die entsetzten Blicke seiner Eltern zu ignorieren versuchte.
„Ich bin, während die Schule angegriffen wurde und ich im Ministerium eingesperrt war, in die Mysteriumsabteilung gegangen und habe dieses Ritual durchgeführt. Und es hat funktioniert: Sirius ist wieder zurückgekommen!" Auf Harrys abschließende Worte hin öffnete Professor McGonagall die hinter ihr liegende Tür und Sirius trat ein; entgegen seinem sonstigen Auftreten recht unsicher im Raum umherblickend. Er trug schlichte, dunkle Kleidung und hatte die langen, gepflegten Haare zurückgebunden. Harry meinte, er müsste vor Glück sofort zerplatzen, als er seinen Paten hereinkommen sah.
Für etwas fünf Sekunden herrschte Stille; angespannte, erschrockene, ungläubige Stille.
Der erste Ton, der zu hören war, kam wie erwartet von Mrs. Weasley, die in Tränen ausbrach und sich in die Arme ihres Mannes warf, der so weiß im Gesicht aussah, dass Harry und Ron fürchteten, er würde jeden Augenblick vom Stuhl fallen.
Sirius stellte sich mit einem leichten Lächeln neben Harry. Dann brach sozusagen die Flut über sie herein. Keinen hielt es mehr auf seinen Sitzen. Bill und Charlie waren die ersten, die aufsprangen, nach vorne stürmten und Sirius heftig umarmten. Der kleine Professor Flitwick war ganz aufgeregt und wusste nicht, ob er zuerst Sirius begrüßen oder Harry beglückwünschen sollte zu diesem Kunststück.
River und Amber, die Sirius nur vom Hörensagen kannten, freuten sich sichtlich, ihn nun wirklich kennen zu lernen. Jakob stand die gleiche Art positiver Überraschung ins Gewicht geschrieben. Moody war hektisch nach vorn gehumpelt, hatte die Weasley-Jungen grob beiseite gestoßen und Sirius von oben bis unten begutachtet, bevor er „Gut gemacht, Jungens!" geknurrt und Sirius´ Hand geschüttelt hatte.
Mrs. Weasley hatte in dem Tumult die Flucht ergriffen; wahrscheinlich zu Kingsley und Tonks in die Küche; während Mr. Weasley um Fassung rang, um Sirius gebührend zu begrüßen. Harry und Ron hielten sich etwas abseits und beschauten glücklich grinsend die Szene.
„Ihr musstet aber ganz schön abkürzen, ihr Armen!" sagte Remus, der zu ihnen trat, „Und ihr hattet euch doch so viel aufgeschrieben!"
„Was soll´s!" lachte Ron.
„Wenn es hier etwas ruhiger wird, kommt in die Küche! Ich sehe mal nach Meta." bat Remus die beiden, „Und ich werde mit Tonks und Molly sprechen!" Er verschwand und Harry und Ron ließen sich nun für ihre Tat loben. Es dauerte nicht lange, dann stand Sirius neben ihnen und raunte mit leicht gehetzter Stimme: „Ich muss hier raus!"
„Komm mit!" Harry fasste ihn bei der Hand, spürte einen freudigen Schauer über den Rücken jagen und zog seinen gestressten Paten in den Nebenraum, der, wie Ron wusste, in die Küche führte. Ron ging voraus, damit alle Bescheid wussten und seine Mutter sprang auch sofort von ihrem Stuhl auf und umarmte ihn: „Wieso hast du denn kein Wort gesagt?"
Tonks saß bleich und sachte den Kopf schüttelnd auf einem Stuhl. Ihre Augen schimmerten. Dann trat Harry mit Sirius ein. Dieser richtete einen zaghaften Blick auf Mrs. Weasley.
„Oh ... oh ..." war alles, was sie noch heraus brachte, bevor sie auf ihn zustürmte und sich an seine Brust warf. Sirius drückte sie an sich und verstand nur halb die Beteuerungen und Entschuldigungen, die sie in sein Hemd murmelte. Tonks erhob sich zitternd von ihrem Stuhl.
„Du?" Tonks´ Stimme klang tränenerstickt. Langsam machte sich Mrs. Weasley wieder von Sirius los. Sirius wusste anscheinend nicht, was er Tonks darauf sagen sollte und so ging er bedächtigen Schrittes auf sie zu. Tonks hob eine Hand, die andere schlug sie auf den Mund. Sirius hielt vor ihr an und sah ihr fragend in die Augen. Und nach dem Bruchteil einer Sekunde, in dem Tonks noch einmal aufschluchzte, umarmte sie ihn schließlich und drückte ihr tränennasses Gesicht gegen seine Brust. Harry grinste Remus, der hinter den beiden stand, zufrieden an. Sirius hatte beide Arme fest um Tonks gelegt und kämpfte ganz offensichtlich endlich auch mit den Tränen.
„So, ich werde jetzt noch etwas zu essen machen!" sagte Remus, als nach mehreren Minuten immer noch geschwiegen wurde, „Du hast eingekauft, Molly?"
„Ja, ich werde dir helfen! Oh, nein, warte! Sirius, brauchst du irgendwas? Ein Bad? Oder willst du gleich schlafen gehen?"
Ron verdrehte die Augenbrauen, doch Harry konnte sehen, dass er es in keinster Weise böse meinte.
„Danke, Molly! Aber ich brauche nichts außer einem gutem Essen von Remus!" Sirius löste sich von Tonks und diese kicherte heiser: „Ich auch!"
„Na, dann! Wie wäre es mit Rührei, Brötchen und Würstchen?" Remus rieb sich geschäftig die Hände und steuerte auf die Vorratskammer zu.
„Ich werden den anderen sagen, dass wir die Versammlung hiermit offiziell aufheben!" sagte Kingsley schmunzelnd, „Ich nehme an, ihr bleibt den Tag über hier?"
„Sieht mal wieder ganz so aus, oder? Himmel noch mal, ich werde umhergeschoben wie eine alte Kommode! Ich wäre froh und glücklich, wenn ihr euch irgendwann mal einig werden könntet!" schimpfte Josepha, die aus der Speisekammer kam und sich dann im Raum umsah. Ihr Blick wurde wesentlich heller, Harry wollte fast sagen freundlich, als sie Sirius erblickte.
„Wer ist das denn?" Der interessierte Tonfall in ihrer Stimme ließ Remus einmal zusammenzucken und Sirius fragend die Augenbrauen hochziehen. Harry stellte sich neben ihn: „Das erklären wir dir später, O.K.?"
„O.K." Sirius sah verwirrt aus, setzte sich aber.
Josepha verschränkte die Arme vor der Brust und war leicht verstimmt, als Jakob eintrat und sie zur Seite nahm. Er wechselte einige Worte mit ihr und dann verließen die beiden die Küche. Am Herd stellte Remus heftig einen Topf ab und drehte sich zu Sirius um.
„Also, war das nicht deine Freundin, Moony?" fragte Sirius und Remus nickte: „Ja, klasse, oder? Da finde ich mal jemanden, der mir gefällt und dann ist es jemand mit zwei Persönlichkeiten und eine davon steht wie es scheint auf dich!"
Sirius klappte der Unterkiefer runter und Harry und Ron nahmen neben ihm Platz: „Sollen wir dir das mal erklären?"
„Ich bitte darum!"
