Jagd auf einen Verräter

Harry erwachte entspannt und wider Erwarten ohne jeglichen Kater. Im Nebenbett lag Ron, Neville schlief in seinem Bett und Fred und George hatten die Betten von Dean und Seamus in Besitz genommen.

„Morgen, Harry! Eine Dusche und dann Frühstück?" fragte Ron und schwang sich aus dem Bett.

„Was bist du denn so gut gelaunt heute Morgen?" wollte Harry verwundert wissen, während er sich aus seine Bettdecke schälte.

„Er hat gestern noch mit Hermine geflirtet!" kam es von George und sofort hatte sich Ron auf ihn gestürzt und verprügelte seinen Bruder mit einem Kissen.

„Brauchst du Hilfe?" fragte Harry, selbst nicht wissend ob er Ron oder George meinte.

„Nein, danke!"

„Ich geh dann schon mal duschen!" Harry kramte nach einem Handtuch.

„Ich komm mit. Guten Morgen!"

Harry sah auf: „Morgen, Neville! Wie geht´s dir?"

„Ganz gut, so weit. Ron flirtet mit Hermine?"

„Tu ich nicht!" brüllte Ron rhythmisch zwischen drei gut gezielten Schlägen auf Georges Kopf.

„Lass uns gehen!" Harry ging mit Neville in den Waschraum und dann zum Frühstück. Ron und seine Brüder ließen auf sich warten. Dafür begrüßte McGonagall sie am Tisch: „Guten Morgen! Professor Dumbledore und ich möchten mit Ihnen sprechen, Mr. Longbottom! Kommen Sie nach dem Essen zu mir!"

„Schande!" flüsterte Neville, als sie weg war, „Hoffentlich werde ich nicht meiner Grandma hinterher geschickt oder so was!"

„Quatsch!" meinte Harry zuversichtlich. Er glaubte eher, dass sie Neville in alles einweihen und ihn mit der Situation vertraut machen wollte. Das wäre nur fair und angebracht. Da flatterte eine Eule auf sie zu. Ein hübsches Exemplar, das Hedwig Konkurrenz gemacht hätte. Harry fragte sich, wo sie eigentlich steckte, erinnerte sich dann aber, dass Hagrid ja für sie und Pig eine extra schicke Eulenstange in seiner Hütte aufgestellt hatte.

„Oh!" machte Neville und fing die Eule auf, „Von Susan!" Er wurde knallrot und Harry verkniff sich ein Grinsen und fragte höflich: „Und was schreibt sie? Geht es ihr gut?"

„Geht so. Sie ist weg."

„Weg?"

„Sie hat vor einer Woche die Insel verlassen. Ich weiß nicht, wo sie ist, aber solange sie es noch schafft, sich bei mir zu melden, will ich zufrieden sein!"

Harry hob die Augenbrauen und nickte. Dann kam Susan schon mal nicht wieder, dachte er und fragte Neville, ob er Dean und Seamus schreiben konnte. Wenn Neville Post empfangen durfte, sollte das kein Problem sein. Tatsächlich war es das nicht. Nevilles Eule war von einem gewissen Adam Wricked, Madam Rosmertas hilfsbereitem Neffen, in Hogsmeade abgefangen und kontrolliert worden.

So verfasste Harry zwei Briefe an seine Freunde und grüßte von Hermine und Ron, die sich noch immer nicht im Speisesaal hatten blicken lassen. Dafür kam Ginny herein; etwas blass, doch eindeutig hellwach.

„Guten Morgen, Harry! Neville! Mann, der Punsch hat es echt in sich!" Sie ließ sich gegenüber von Harry auf eine Bank fallen und grinste ihn schief an. Harry lachte gutmütig: „So ist es. Hast du Lust, nach dem Essen zu Hagrid rüber zu gehen? Er hat Besuch von Madame Maxim und Tatze ist bei ihm."

„Heißt der Hund so?" fragte Neville durch seine Cornflakes.

„Ja."

„Ist ein cooler Hund. Erinnert mich an irgendetwas. Naja, ich mache mich lieber schnell auf den Weg zu McGonagall. Ich kann gar nicht aufessen, wenn ich nicht weiß, was sie will!"

„Nur Mut, Neville!" rief Ginny ihm scherzhaft nach und schmierte sich dann ein Brötchen, „Ich komme gerne mit, aber jemand muss uns bringen."

„Remus können wir heute vergessen. Meta hat ihm gestern ein neues Buch geschenkt. Wahrscheinlich hat er sich damit eingeschlossen." meinte Harry.

„Dann fragen wir Meta. Die hat dann ja nichts zu tun." Sie aßen in gemütlichem Schweigen weiter. Harry sah auf, als Jakob eintrat.

„Jakob, kann ich dich kurz sprechen?"

„Natürlich!" Lächelnd trat er zu ihnen, „Was gibt es?"

„Ähm, Tatze und ich müssen was mit dir klären. Hast du nach dem Mittagessen Zeit?"

„Ja. Am besten machen wir dann gleich unsere Okklumentik-Sitzung. Ich soll nämlich heute Abend nach London und ich weiß noch nicht, wie lange ich dort bleibe."

„Super! Das passt ja! Wir sprechen uns dann nachher." Harry und Ginny verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg zu Meta. Sie trafen sie in ihrem Büro an, wo sie heftig mit dem Kaminfeuer diskutierte. Mrs. Weasley saß auf der Couch und strickte unbeeindruckt.

„Hallo, ihr beiden!" begrüßte sie Harry und ihre Tochter, „Lasst euch von Meta nicht stören. Setzt euch!"

„Wir wollten zu Hagrid und fragen, ob uns jemand bringt." erklärte Ginny und sah interessiert zu, wie Meta mit den Füßen aufstampfte und das Feuer einen verbohrten, alten Dickschädel nannte.

„Spricht sie mit Moody?" fragte Harry und Mrs. Weasley nickte: „Allerdings."

„Ich wusste gar nicht, dass er schon wieder weg ist."

„Oh, fast alle sind schon wieder drüben. Wir haben einiges zu erledigen. Aber ich dachte mir, dass es ganz schön wäre, noch ein paar Tage mit meinen Kindern zu verbringen!" Sie stand auf und wuschelte Harry und Ginny über die Köpfe: „Dann kommt mal, ihr Lieben!"

Harry winkte Meta zu, die sich gerade entnervt auf ihren Schreibtischstuhl fallen ließ und folgte dann Ginny und ihrer Mutter nach draußen.

„Übrigens vielen Dank für das schöne Geschenk, Mrs. Weasley!" fiel ihm auf dem Flur ein und Ginny schoss ihm einen völlig entgeisterten Blick zu.

„Immer doch, mein Lieber! Und, Harry: Wenn du doch mittlerweile schon Remus bei seinem Vornamen nennst, wie wäre es dann mit Molly? Es ist nur ein Vorschlag, aber ich würde mich sehr freuen!"

Harry stutzte und nickte dann zögernd: „O.K., ich werde es versuchen!"

Sie drückte ihn kurz an sich: „Daran gewöhnen wir beide uns schon!"

„Jawohl, Ma´am!"

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„Wer ist da?"

„Wir sind´s, Hagrid!"

Mrs. Weasley runzelte die Stirn: „Das ist keine wirklich sinnvolle Antwort auf diese Frage!"

Harry und Ginny lachten: „Hat schon Tradition. Und Hagrid weiß Bescheid!"

Die Tür der Hütte schwang auf und Hagrids Kopf kam zum Vorschein: „Morgen! Kommt rein!"

„Ich muss wieder rüber. Ich habe Fred und George heute noch nicht gesehen. Die beiden haben sich noch ordentlich ein paar einzufangen. Habt ihr gewusst, dass sie Feuerwhiskey in den Weihnachtspunsch gekippt haben!" Mrs. Weasley durchbohrte sie mit scharfen Blicken. Harry versuchte ein erschüttertes Gesicht und Ginny schüttelte steif den Kopf: „Was? Wirklich?"

Ihre Mutter ging schimpfend den Weg zurück und Harry und Ginny machten, dass sie in die warme Hütte kamen.

„Guten Morgen, ihr zwei!" Sirius saß im Schneidersitz in seinem Hundekorb und grinste sie an. Harry lachte: „Das ist echt ein tolles Bild, das du da bietest!"

„Danke! Alles klar bei euch?"

„Ja. Wir sprechen mit Jakob nach dem Essen. Er hat die Sitzung auf heute verschoben!"

Sirius stand auf, klopfte seine Hose ab und runzelte die Stirn: „War das seine Idee oder deine?"

„Seine!" verteidigte sich Harry und ließ sich von Hagrid Lebkuchen auffüllen, „Er muss nachher ins Hauptquartier." Sirius gab sich damit zufrieden und setzte sich zu ihnen.

„Wann kommt denn dein Besuch, Hagrid?" wollte Ginny wissen. Hagrid wurde puterrot: „Bald." Und wie auf Kommando rumpelte es im Kamin.

„Und tschüß! Mich kennt sie noch nicht und ob ihr´s glaubt oder nicht: Sogar in Frankreich haben sie von mir gehört!" Sirius zog ein Gesicht und verwandelte sich. Er kroch unter den Tisch, legte seinen Kopf auf Harrys Bein ab und holte noch etwas Schlaf nach.

„Güten Morgen, meine Lieben! Welsch Freude wieder einmal ´ier su sein!" Madame Maxim war ins Zimmer gerauscht und begrüßte Harry, Ginny und Hagrid mit jeweils vier Wangenküsschen.

„Meine Liebe!" dröhnte Hagrid, „Kann ich dir Tee und Lebkuchen anbieten?"

„Immer!" Sie ließ sich auf die hölzerne Bank fallen und Harry war froh, dass diese bereits Hagrids Gewicht und Temperament gewohnt war.

„Wie geht es euch? Alles in Ordnung?" wandte sie sich an Ginny und diese nickte: „Bestens! Wie geht es Ihnen und Ihren Schülern?"

„Oh, wir ´aben Beauxbaton wieder geöffnet; frü´er, als wir dachten. Es sind swar nischt alle wieder gekommen, aber alle, die gekommen sind, sind gesünd und münter!"

Sie verbrachten den ganzen Vormittag bei Hagrid und Madame Maxim und plauderten unbefangen über die unwichtigsten Dinge. Hagrid brachte sie zum Schloss zurück, als es Zeit für das Mittagessen wurde und nachdem Madame Maxim gegangen war. Er war selig, was sie daran merkten, dass er weniger trampelte und mehr versonnen vor sich hin starrte.

Beim Mittag bekamen sie endlich Ron und Hermine zu Gesicht, die sich seltsamerweise anschwiegen, ihren Streit aber über den Geschichten von Harry und Ginny schnell vergaßen. Nach dem Essen, dem Sirius wieder als Hund unter dem Tisch beigewohnt hatte, gingen er und Harry mit Jakob in Metas Büro.

„Sie ist gerade in London. Moody hätte sich besser nicht mit ihr anlegen sollen." erzählte Jakob lachend und schloss die Tür auf.

„Sind die Kamine jetzt wieder alle offen?" fragte Harry.

„Zum Grimauldplatz ja." Jakob stellte ihnen zwei Stühle zurecht, „Du kannst dich verwandeln, Sirius. Und worüber wolltet ihr mit mir reden, Harry?"

Harry nahm erst einmal Platz und bedeutete Jakob, dasselbe zu tun. Sirius setzte sich auf die Couch und versuchte sich zu entspannen.

„Also, ich wollte dich fragen, ob du glaubst, dass ich, nach den Erfolgen in der Okklumentik, selber einmal Legilimentik ausführen kann."

Jakob sah Harry erstaunt an und lehnte sich dann mit einem schweren Stöhnen zurück: „Ich glaube, ich will es gar nicht wissen, aber warum?"

„Meinst du, ich könnte es?" hakte Harry nach.

„Davon bin ich fast überzeugt. Das letzte Mal hast du dich schließlich in meinem Kopf verhakt!"

„Das war ein Versehen!"

„War halb so schlimm, aber wieso, Harry? Sag mir das!"

Harry sah zu Sirius, um sich etwas Mut zu holen: „Also, es geht um Pettigrew."

Jakob schnappte nach Luft, doch Harry hob die Hände: „Lass mich bitte ausreden! Es ist wichtig, LEBENSWICHTIG, dass wir ihn endlich finden!"

„Ihn finden und diese ganze Sache zu einem Ende bringen!" fügte Sirius hinzu, beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf seine Knie, „Wir bitten dich, uns zu helfen. Harry hatte die Idee, dass er Pettigrew erreichen kann. Per Legilimentik."

„Leute, ich habe es mehrfach versucht und ..."

„Echt?" Harry starrte Jakob an. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet.

„Ja, natürlich!" sagte Jakob leicht ungehalten, „Wenn Dumbledore sagt, er kümmert sich um etwas, dann tut er das auch. Er hat mich auf Pettigrew angesetzt und ich habe alles versucht, was mir eingefallen ist, aber es hat nicht funktioniert!"

„Es überrascht mich nicht, dass es nicht geklappt hat." meinte Harry, „Er ist ganz nah bei Voldemort. Er wird durch ihn geschützt. Nicht jeder Zauberer kann da durch einfache Legilimentik an ihn rankommen .. ohne, dass ich deine Fähigkeiten in Frage stellen will!"

„Aber du meinst, du kannst es?" aus Jakobs Stimme waren seine Zweifel deutlich zu hören, „Warum?"

„Hat Dumbledore nichts davon gesagt? Harry hat Pettigrew einmal das Leben gerettet! Wenn er nicht dazwischen gegangen wäre, hätten Remus und ich diese Ratten vor einigen Jahren getötet." sagte Sirius und Jakob machte ein erstauntes Gesicht: „Nein, das wusste ich noch nicht!"

„Albus, der alte Geheimniskrämer!" schnaubte Sirius.

„Damit besteht ein Band zwischen uns!" fuhr Harry fort, „Ich glaube, ich könnte ihn erreichen. Ich könnte ihn dazu bringen, sich zu verraten. Vielleicht sogar Voldemort ..."

„Geh nicht zu weit, Harry! Einen Schritt nach dem anderen. Entweder wir konzentrieren uns jetzt auf Pettigrew oder auf Voldemort. Wenn du beides versuchst, platzt dir der Kopf und das meine ich wortwörtlich!"

Harry schluckte, als er Jakobs todernstes Gesicht sah. Jakob überlegte eine ganze Weile und Harry und Sirius hielten es für klüger, erst einmal den Mund zu halten.

„Wir brauchen einen genaueren Plan!" sagte Jakob dann und klang dabei wie Remus, wenn er etwas gegen besseres Wissen tat, „Wir müssen uns genau überlegen, was wir vorhaben. Und wir können nicht lange rumprobieren. Wir müssen damit rechnen, dass es gleich beim ersten Mal klappt und dann musst du, Harry, Pettigrew irgendwo hinlocken, wo unsere Leute schon auf hin warten. Da heißt, wir müssen noch jemanden einweihen. Kingsley wäre eine gute Wahl und Bill Weasley und River Jordan. Außerdem hat Moody ein paar zusätzliche Auroren aus seinem Team in den Orden gebracht. Die müssten ebenfalls mitziehen. Wenn wir Pettigrew aufgespürt haben, müssen unsere Leute die ersten sein, die ihn finden. Die Idioten vom Ministerium würden es nur wieder verderben. Ich würde also sagen, wir machen uns jetzt auf den Weg zu Dumbledore und besprechen es mit ihm. Heute Abend sollte eigentlich der Abtransport der Todesser erfolgen, aber vielleicht lässt sich das verschieben. Wenn wir genug Wachen für die Gefangenen abstellen, können wir vielleicht schon heute Nachmittag von Dumbledores Büro aus mit dieser Aktion anfangen." Jakob sah hoch.

Harry schwankte. Er war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, das Ganze zu einer so großen Sache zu machen, doch Sirius hinter ihm stand auf und klatschte in die Hände: „Fantastisch! Lasst uns gehen!" So stand Harry auf und folgte den beiden.

„Was ist mit Remus? Willst du ihm nicht Bescheid geben?" fragte Jakob Sirius, doch dieser schüttelte den Kopf: „Wir haben noch vier Tage bis Vollmond. Er soll sich jetzt lieber ausruhen. Der Trank setzt ihm noch zu sehr zu. Ich rede heute Abend mit ihm, wenn alles geklappt hat!" Sirius klang recht zuversichtlich.

Am Eingang zu Dumbledores Büro trafen sie Snape und Neville; Letzterer machte ein furchtbar unbehagliches Gesicht, was sicher an Snapes Gegenwart lag.

„Ah, Potter, der Direktor möchte sie sprechen!" schnarrte Snape, „Ich muss mich verabschieden. Ich habe zu tun. Haben Sie vielleicht Miss Weasley gesehen?"

„Oben im Turm!" antwortete Harry möglichst freundlich. Ihm fiel ein, das Ginny ja gar nicht schon am Morgen mit Snape zu Ollivanders gegangen war. Anscheinend mussten sie den Termin verschieben. Snape verzog sich und Harry schenkte seine Aufmerksamkeit Neville, der, wie er jetzt erst bemerkte, Sirius anstarrte.

Sirius machte gerade „Oh!", als Harry einen Schritt auf Neville zu ging: „Das hat schon alles seine Richtigkeit, Neville!"

„Sch-schon k-klar, Harry!" brachte Neville aus trockener Kehle hervor, „Dumbledore sagte mir, dass .. na ja, was auch immer. Aber es ist schon was anderes, plötzlich davor zu stehen!"

Sirius räusperte sich und streckte Neville die Hand entgegen: „Ich bin Sirius Black. Es freut mich, dich kennen zu lernen, Neville! Ich habe früher mit deinen Eltern zusammen gearbeitet und sie sehr geschätzt!"

Nevilles Augen wurden, soweit das möglich war, noch größer, dann ergriff er tapfer Sirius´ Hand und schüttelte sie: „Es freut mich auch, Mr. Black! Und ... vielen Dank!"

Sirius nickte und Harry atmete erleichtert aus. Das hätte sich zu einem echten Drama entwickeln können.

„Wie viel wissen Sie, Mr. Longbottom?" schaltete sich nun Jakob ein. Er klang freundlich, doch bestimmt.

„Ähm, ziemlich viel. Alles? Keine Ahnung. Gibt es jemanden, der alles weiß?" Neville schien sichtlich durcheinander, was Harry zeigte, dass er wirklich eine Menge erzählt bekommen hatte.

„Ich geh dann mal. Ich wollte mich mit Hermine und den anderen in der Bücherei treffen." Neville nickte ihnen zum Abschied zu und trottete den Gang entlang.

„Feiner Junge!" sagte Jakob, „Etwas verwirrt, aber das gibt sich!" Er wandte sich an den Wasserspeier: „Cheeseburger!"

Oben empfing sie Dumbledore, der sich gerade einen ruhigen Moment gönnte. Fawkes saß auf seiner Hand und ließ sich genüsslich den Kopf kraulen.

„Hallo, ihr drei! Ihr sehr aus, als hättet ihr etwas Wichtiges zu sagen!"

„Etwas sehr Wichtiges!" bestätigte Jakob und nahm schwerfällig Platz.

Harry widmete seine Aufmerksamkeit erst einmal dem Phönix: „Hallo, Fawkes! Wie geht es dir?" Der Vogel schmiegte seinen weichen, gefiederten Kopf in Harrys Handfläche und gurrte.

„Sei doch so nett und setzte ihn auf seine Stange, Harry. Ich zaubere uns schnell ein paar Erfrischungen. Die Hauselfen haben es heute allzu gut mit mir gemeint und so sehr geheizt, dass ich schon geneigt bin, meine Bermudashorts aus dem Schrank zu holen." Dumbledore zwinkerte ihnen zu.

Harry nahm Fawkes von seinem Arm entgegen und transportierte ihn vorsichtig zu seiner Stange. Dann setzte er sich neben Sirius, der die Stirn runzelte und ihm zuflüsterte: „Hier habe ich mich nie wohl gefühlt!"

„Weil du immer nur hier warst, wenn du etwas angestellt hattest, Sirius!" sagte Dumbledore in leicht tadelndem Ton und reichte ihnen Eistee und Orangenstäbchen, „Jetzt schießt los! Ich bin gespannt, ob Harry zufällig die Idee hatte, wegen der ich ihn sprechen wollte!"

„Also," fing Harry an, „Wir haben uns überlegt, dass ich versuchen könnte, Pettigrew per Legilimentik zu erreichen, um ihn irgendwo hinzulocken, wo ihn die Auroren aus dem Orden in Gewahrsam nehmen können!"

Dumbledore verzog keine Miene, als er sagte: „Nun, ich dachte an eine Sylvester-Party im Gryffindor-Gemeinschaftsraum, aber dein Gedanke ist auch gut!"

Harry sah ihn verwirrt an, entschied sich aber, fortzufahren: „Jakob meint, ich wäre durchaus in der Lage dazu. Nur müssten wir gut vorbereitet sein, da es gleich beim ersten Mal klappen könnte."

„Gut überlegt!" sagte Dumbledore, „Dann legen wir mal los. Wohin möchtest du Pettigrew locken?"

Harry fiel die Kinnlade herunter: „Sie stimmen mir zu? Einfach so?"

„Harry!" Dumbledore beugte sich lächelnd vor, „Es ist nicht so, als würde ich all deine Ideen von vornherein als Schwachsinn abtun. Manchmal höre ich zu und in ganz seltenen Fällen bin ich sogar mit dir einer Meinung. Ich hatte gehofft, dass wir diese deine Fähigkeit, die wir als Verteidigung begannen, irgendwann als Waffe gegen unsere Feinde verwenden könnten, aber ich hätte nie selbst den Vorschlag gemacht. Ich bin eben noch immer nicht bereit, dich dem Wohl der ganzen Menschheit zu opfern!"

„Das ist aber wirklich nett von Ihnen!" sagte Harry verdutzt und Dumbledore musste lachen: „Das denke ich auch. So, und jetzt besprichst du dich mit Jakob und ich werde Mad-Eye und Kingsley kontaktieren, damit sie sich bereit machen. Die Gefangenen können auch noch ein bisschen warten." Er stand auf und ging zum Kamin.

Harry wandte sich Sirius zu, der ebenso perplex war wie Harry. Jakob hingegen schien völlig unbeeindruckt: „Also, Harry! Hör mir jetzt genau zu. Ich werde gleich einen Testlauf mit dir machen. Das heißt, ich hake mich in dein Gehirn ein und sehe nach, ob dort alles bereit ist. Du kannst sicher einige Gedanken in Dumbledores Denkarium ablegen und das solltest du auch tun!"

„Natürlich, natürlich!" rief Dumbledore vom Kamin her.

„Dann versuchst du es bei mir und ich werde mich nach Kräften wehren. Das ist natürlich nicht dasselbe, als wenn du mich völlig überraschen würdest, aber es geht nicht anders."

„Vielleicht sollte Harry es bei jemandem ausprobieren, der überrascht wäre." warf Sirius ein und sofort war ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit sicher, „Bei jemandem, der nicht hier ist und der keine Ahnung hat!"

Jakob sog scharf die Luft ein, doch Dumbledore schockte alle, indem er fast fröhlich sagte: „Eine wunderbare Idee, Sirius! Am besten du hakst dich in Rons Kopf ein, Harry. Dein bester Freund wird dir solche Eskapaden sicher nicht übel nehmen!"

Harry war völlig erstarrt und es dauerte etwas, bis er fragen konnte: „Sagt mal, meint ihr das ernst!"

„Ja, vollkommen!"

Harry schloss den Mund wieder und versuchte bei dem Gewirbel in seinem Kopf einen klaren Gedanken zu fassen. Er sollte sich in Rons Kopf einklinken? In seine geheimsten Gedanken und Wünsche? Das erschien ihm dermaßen unfair!

„Harry, zu unserem Besten!" sagte Sirius vage und Harry schnaubte: „Hättest du das bei Remus gemacht oder bei meinem Dad?"

„James und ich haben tatsächlich so etwas Ähnliches veranstaltet. Wir haben es geschafft, dass wir für ungefähr drei Tage lang die Gedanken des anderen hören konnten."

Dumbledore drehte sich zu Sirius um und sah ihn fassungslos an: „Was zum Henker habt ihr eigentlich nicht angestellt?"

Sirius grinste: „Da gibt es nichts! James hat es allerdings nicht wirklich lange ausgehalten!"

„Warum nicht?" wollte Harry wissen und verfluchte sich, dass er gefragt hatte, als Sirius ihm einen durchtriebenen Blick schickte.

„Also, konzentriert euch, Leute!" ließ sich Jakob vernehmen. Harry stellte fest, dass er ihn noch nie so angespannt erlebt hatte und sah ihn ernst an.

„Wenn es bei mir geklappt hat, versuchst du es bei Ron und dann geht die Show los! Mach dich bereit!"

Harry nickte, atmete tief aus und schon spürte er Jakobs Bemühen, in seinen Kopf einzudringen. Er musste sich mittlerweile nicht mehr großartig vorbereiten und es genügte auch schon ein kleiner gedankliche Schubser und Jakob war wieder weg.

„Lass mich rein, Harry! Ich muss in deinem Kopf aufräumen!" hörte er wie aus weiter Ferne Jakobs Stimme.

„Ach, ja! Stimmt ja!" Harry tat sein Möglichstes, um seinen Geist zu öffnen und erlebte mit Jakob gemeinsam all die Sachen, die ihm gerade im Kopf herum spukten.

Tausend Bilder von Ginny, doch Harry versuchte, sich nicht allzu sehr zu schämen. Das würde nur Kraft kosten.

Ginny, wie sie mit dem Schrank herum schimpfte, den sie und Harry putzen mussten.

Ginny in ihrem wunderschönen Kleid im Kaminzimmer am Grimauldplatz.

Ginny, die ihn anlachte.

Harry ließ einen schweren Seufzer los und entspannte sich mehr.

Es kamen weitere Bilder.

Hagrid und Mme Maxim in der Hütte.

Sirius in seinem Hundekorb.

Er hatte Remus heute noch gar nicht gesehen und das machte ihn irgendwie unruhig.

Harry war ganz froh, dass er so weit in der Okklumentik gekommen war, dass fast nur noch seine aktuellsten Gedanken oben auf lagen. So gut wie alles, was älter als 24 Stunden war, konnte er sortieren und in vielen kleinen Schubladen in seinem Kopf verstauen. Jedenfalls stellte er es sich so vor. Schließlich sah er Jakobs Gesicht vor sich.

„Lass uns dass alles rausschmeißen, Harry! Dann bist du auf der sicheren Seite!"

Alles klar!" dachte Harry und als er die Augen wieder öffnete, stand Jakob mit Dumbledores Denkarium vor ihm. Harry zückte seinen Zauberstab und legte ihn an den Kopf.

„Jetzt auf die Gedanken konzentrieren, den Stab langsam an der Schläfe entlang streichen und vom Kopf wegziehen." erklang Sirius´ ruhige Stimme in Harrys Rücken und Harry gehorchte genau seinen Anweisungen. Er förderte mehrere kleine Gedanken zutage und legte sie in dem Denkarium ab, wo sie wild und bunt umherschwirrten.

„Wie fühlt du dich?" fragte Jakob, nachdem er die Schale weggestellt hatte.

„Leer!" sagte Harry tonlos und horchte in sich hinein, in der irrigen Hoffnung, irgendetwas zu hören oder zu fühlen, „Vollkommen leer!"
„Das ist gut!" sagte Jakob, „Ich weiß, dass das nicht angenehm ist, aber es nützt uns! Jetzt konzentrier dich! Sieh mich an! Du willst hier rein! In meinen Kopf! Der Spruch ist „Legilimens!" und ..."

Jakob verstummte erschrocken und sein Hände fuhren an seine Stirn. Harry hatte die Augen geschlossen und hatte seinen leeren, suchenden Geist auf die Reise geschickt. Er hatte ihn quer rüber zu Jakob geschickt, der ihm gegenüber saß und hatte sich vorgestellt, dass da kein Kopf wäre, der als Barriere funktionierte. Keine Haut, kein Haar, kein Schädelknochen. Stattdessen lagen Jakobs Gedanken frei und bloß vor ihm.

Ein kleiner Junge saß auf einem wackeligen Schlauchboot und lachte aus vollem Herzen.

Jakob stand auf dem Rasen vor der Hogwarts-Schule und blickte ehrfürchtig an den Mauern hinauf.

Remus schüttelte Jakobs Hand und sagte irgendetwas Freundliches.

Ein kleines, rot-weißes Haus vor einem dichten Wald, über dem eine Mondsichel leuchtete.

Eine alte Frau klatschte begeistert Beifall.

Meta stand mit dem Rücken zu Jakob; ihr Gesicht ans Fenster gelehnt. Draußen war es stockdunkel und das Schneetreiben nur zu erahnen.

Ein großer, feuerroter Drache baute sich vor Jakob auf und sein langer, stachelbewehrter Schwanz peitschte durch die flimmernde Luft.

„OH!" rief Harry und schleuderte sich so abrupt aus Jakobs Kopf, dass er auch in der physischen Welt das Gleichgewicht verlor und auf den Boden knallte.

„Oh, Mann! Entschuldige!" rief er noch einmal und ließ sich von Sirius aufhelfen.

„Macht nichts, Harry! Ich fürchtete schon, ich hätte diese Erinnerung verloren!" meinte Jakob sarkastisch und wedelte mit der Hand, „Versuch es jetzt bei jemand anderem, Harry! Ich bin fertig!"

Harry wandte sich Sirius zu: „Darf ich?"

Sirius sah ihn zweifelnd an: „Tut das weh?"

Jakob lachte freudlos auf: „Höllisch, aber du solltest es dir trotzdem nicht entgehen lassen!"

„Vielleicht ist da auch etwas, dass du gar nicht sehen möchtest, Harry!" sagte Sirius, „Harry?"

Doch sein Patensohn hatte die Augen geschlossen und war bereits auf dem Weg in Sirius´ Kopf. Dieser ließ einen überraschten Schrei los, als er das Gefühl hatte, jemand würde durch seinen Kopf wandern. Sirius presste keuchend die Fäuste an die Stirn.

Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit. Und dann ein Schrei.

Harry konnte verschwommen ein Geräusch vernehmen, das nach verzweifeltem Schluchzen klang. Und nach Sirius.

Askaban!

Bellatrix stand vor ihm und lachte. Im Hintergrund waren rostige Gitterstäbe und kahle, abbröckelnde Stein zu sehen.

Wieder Bellatrix, doch als kleines Mädchen mit aufgeschlagenem Knie und roten Wangen.

Sirius´ Eltern, die schrecklich angewiderte Gesichter machten.

Die Bilder kamen in einer solchen Geschwindigkeit, dass Harry ganz schwindelig wurde.

James. Er lachte und hielt sich an Sirius fest, während sie gleichzeitig vor irgendjemandem wegzulaufen versuchten; quer durch die Gänge von Hogwarts.

Harry starrte Sirius wütend an. Er hatte den Zauberstab auf ihn gerichtet und schrie, er hätte seine Eltern getötet.

Krummbein legte fragend den Kopf schief und einen Moment glaubte Harry, die Katze habe gefragt, wer er denn wäre, wo er herkäme und was er überhaupt für ein seltsamer Hund wäre.

Auf dem Tisch vor Sirius stand ein fast leeres Glas.

Remus lag zitternd auf der Pritsche und sah zu Sirius hoch, welcher ihn behutsam in den Arm nahm, während Peter im Hintergrund eine Decke heranschleppte.

McGonagall schrie Sirius an.

Sirius saß in seiner Sträflingskleidung in Professor Flitwicks Büro und starrte auf seine Finger. Die Tür öffnete sich, Dumbledore trat ein und sah ihn erwartungsvoll an.

James und Lily küssten sich.

Pettigrew stand auf der Straße und schrie, bevor es knallte und der Asphalt aufriss.

Wieder Dunkelheit. Sirius hockte in einer Ecke, umgeben von nassen, schwarzen Steinen, und zitterte. Er hatte sich so klein zusammengekauert, wie es ihm nur möglich war und durch das Fenster über ihm konnte Harry einen Blick auf eine Art Innenhof werfen. Ein riesiges, muskulöses Wesen stand dort, atmete röchelnd und spannte plötzlich zwei lederne, schwarze Flügel auf, die weit über zwei Meter messen mussten.

Harry schrie auf.

Er meinte, von irgendwo her Sirius´ Stimme zu hören, doch er konnte ich nur schwer lösen.

Noch einmal James, der sich Sirius drückte und ganz bitterlich weinte.

„Geh jetzt hier raus!" befahl sich Harry selbst und endlich verschwamm das Bild. Harry kam wieder in der Wirklichkeit an.

„Du ... du ...!" stieß Sirius hervor. Er war kalkweiß im Gesicht und klammerte sich mit schweißnassen Fingern an den Lehnen seinen Stuhls fest. Jakob stand hinter ihm und hatte seine Hände auf Sirius´ bebende Schultern gelegt.

„Du ... wenn ich nicht völlig fertig und eigentlich prinzipiell dagegen wäre, Kinder zu schlagen, würdest du dir jetzt ein paar einfangen! Mach so etwas nicht noch mal mit mir! Für solche Scherze musst du dir jemanden aussuchen, der ... jemand anderen ... Hast du mich verstanden!" Harry nickte und spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen.

„Himmel noch mal! Ich brauche sofort was zu trinken! Ehrlich, Jakob! Sonst kippe ich um!" Jakob holte Sirius ein Glas Feuerwhiskey, das dieser hastig herunter stürzte. Harry wischte sich über die Augen und stand dann unsicher auf. Er ging die paar Schritte auf Sirius zu und kniete sich neben dessen Stuhl.

„Wehe!" drohte Sirius. Harry schüttelte den Kopf und umarmte Sirius dann so fest er konnte. Sirius legte einen schlappen Arm um ihn und bettet seinen erschöpften Kopf auf Harrys Haare: „Ist schon gut, Harry! Man lernt mit vielem zu leben. Aber vielleicht solltest du lieber mit Ron weitermachen. Der hat nicht ganz so viel ... Dunkelheiten in sich wie ich."

Harry nickte und vergrub sein Gesicht in Sirius´ Hemd: „Es tut mir so Leid!"

„Wie gesagt, man lernt damit zu leben! Ich denke schon fast gar nicht mehr daran!"

„Ist es so, wenn die Dementoren dir zu nahe kommen?" traute sich Harry ganz leise zu fragen.

„Ja." antwortete Sirius tonlos und reichte Jakob das Glas, damit er ihm nachfüllte, „Und jetzt mach weiter, Harry. Wir müssen doch heute fertig werden!"

Harry drückte sich noch einmal an ihn und stand dann auf. Er atmete tief durch und schloss die Augen. Er konzentrierte sich auf Ron und suchte ihn in der Schule. Wie erwartet war er mit Neville, Hermine und Ginny in der Bücherei.

„Sirius, vielleicht gehst du besser zu Ron, damit er nicht in Panik ausbricht, wenn Harry ihn erreicht hat. Ich bleibe hier." hörte Harry Jakobs Stimme.

„Wo ist er, Harry?" rief Sirius.

„Bücherei." sagte Harry in einer völlig fremden Stimme und schob sich dann tiefer in die Weiten der düsteren Schule. Es war, als würde er darüber fliegen und durch schummrige Gänge und Wände gleiten wie ein Luftzug.Sein Körperwanderte ziel- und ruhelos im Büro umher. Schließlich hattesein GeistRon erreicht. Er schlüpfte in ihn hinein und betrachtete Ginny, Hermine und Neville von Rons Platz aus. Dann suchte er in Rons Kopf nach den Gedanken. Lange suchen musste er nicht. Eigentlich sprang ihn schon gleich einer an.

Hermine.

Harry lachte.

Und in der Bücherei, fast einen Kilometer von Dumbledores Büro entfernt, zuckte Ron zusammen und fasste sich an den Kopf.

Harry forschte weiter.

Hermine saß vor Ron auf einem Besen. Sie schimpfte, doch irgendwann gab sie ihren Widerstand auf und lehnte sich vertrauensvoll an ihn.

Harry saß strahlend vor Ron auf dem Teppich und riss die ersten richtigen Weihnachtsgeschenke auf, die er je im Leben bekommen hatte.

Bill reichte einem etwa sechsjährigen Ron eine hübsche, hölzerne Panflöte.

Fred und George kamen in Rons Zimmer gerast und versteckten sich unter seinem Bett. Ihnen folgte eine tobende Mrs. Weasley auf dem Fuße.

Ron setzte sich den Sprechenden Hut auf den Kopf und versuchte, möglichst wenig zu zittern.

Ginny und Ron saßen sich lachend in einer Badewanne gegenüber, die sie bis zum Rand mit Schokofröschen gefüllt hatten.

Harry stand hinter einem vergitterten Fenster und sah Ron erstaunt an.

Hermine beugte sich zu Ron herüber, um ihn auf einen Fehler in seine Aufzeichnungen aufmerksam zu machen und Harry konnte förmlich Rons aufgeregten Herzschlag fühlen.

„Ron?"

Wer sprach denn da? Ah, Sirius war angekommen.

Der nächste Gedanke war dann auch Sirius. Zuerst einmal ein Hund, der sich vor Rons Füßen in einer abgerissenen Sträfling verwandelte, während Ron in der festen Überzeugung, im nächsten Augenblick sterben zu müssen, sogar aufgehört hatte zu zittern. Sirius sah zu ihm hoch und hinter ihm waren die morschen Bretter der Heulenden Hütte zu sehen.

Das nächste Bild von Sirius war wesentlich netter. Er tollte mit Harry und Remus durch den Schnee.

„Keine Angst, Ron! Es ist alles in Ordnung! Vertrau mir!" Sirius packte Rons Schultern.

Harry stöberte noch ein bisschen in Rons Kopf, dann machte er sich allmählich frei von dessen Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit stattdessen auf einen Befehl. Er sagte Ron wiederholt, er solle aufstehen und gegen Rons Willen und Sirius´ starke Hände erhob sich Ron von seinem Stuhl.

Als nächstes versuchte Harry Ron zum nächsten Bücherregel zu schicken, doch es war schwerer, als er gedacht hatte. Ron begann nämlich mit aller Kraft, und das war bei Weitem nicht wenig, sich gegen diesen fremden Einfluss zu wehren.

Geh!" schrie Harry und Ron bewegte sich langsam. Kurz vor dem Bücherregal schüttelte Ron Harry irgendwie ab und brach augenblicklich zusammen.

Harry fiel zu Boden und verlor sofort das Bewusstsein, während Ron wütend Sirius anschrie, was das gewesen wäre. Sirius half Ron hoch, wie Jakob Harry hochhob. Er beruhigte ihn und auch Neville und die Mädchen, die sich zu Tode erschrocken hatten, während Dumbledore und Jakob Harry wieder aufweckten.

„Alles klar, Harry?"

Harry schüttelte den Kopf und hangelte mit zitternden, schwachen Fingern nach einem Glas. Er leerte gierig eine große, bauchige Wasserflasche und drückte sich dann das kalte Glas an seine heiße, verschwitzte Stirn: „Oh, Mann! Das war echt hart! Hoffentlich nimmt mir Ron das nicht übel!"

Einige Augenblicke später flog die Tür auf und Ron erschien leibhaftig auf der Bildfläche. Völlig außer sich brüllte er Harry an: „WAS HAST DU GEMACHT? UND DAS HAT WIRKLICH FUNKTIONIERT? WEIßT DU EIGENTLICH, DASS DAS WEH GETAN HAT? UND GLAUBST DU DENN, DU SCHAFFST DAS NOCH MAL? ALLERDINGS FRAGE ICH MICH WIRKLICH, WOFÜR!"

Es war nicht wirklich festzustellen, ob er wütend oder beeindruckt war, letztendlich aber überwog die Sorge um Harry, der wie ein kleiner, blasser Waschlappen auf dem Stuhl hing und Ron setzte sich neben ihn, damit sein Freund sich anlehnen konnte.

Sirius verschloss sorgfältig die Tür: „Ich habe Hermine, Neville und Ginny davon abhalten können, mitzukommen, aber gegen Ron wäre nicht mal Hagrid angekommen."

„So, Harry!" sagte Dumbledore eindringlich, „Kingsley ist bereit, alle sind auf ihren Posten. Du sollst Pettigrew zu seiner alten Wohnung in London locken. Wir denken, dass sie sich dort irgendwo in der Nähe aufhalten. Und vergiss nicht, wenn es nicht klappt, haben wir nichts verloren! Hör auf, bevor du keine Luft mehr kriegst!"

Harry nickte und schloss die Augen. Er könnte jetzt gut einschlafen, doch er musste sich dummerweise zusammenreißen und Jagd auf den Geist eines Verräters machen.

„Harry? Ist er eingeschlafen?" Sirius setzte sich beunruhigt neben seinen Patensohn und schüttelte ihn sacht. Harrys Kopf lag schwer auf Rons Schulter, seine Augen waren geschlossen und sein Mund leicht geöffnet.

„Lass ihn ein bisschen!" sagte Ron und Sirius nickte: „Ich geh einmal kurz nach Remus sehen. Wartet, bis ich wieder da bin, sonst nehm ich euch auseinander; das schwöre ich euch!" Sie nickten und Sirius verließ das Büro.

„Wo liegt Pettigrews Wohnung?" fragte Jakob Dumbledore.

„Sie befindet sich in London; in der Nähe vom Hyde Park. Ich habe mich mit Harry schon einmal darüber unterhalten. Er weiß, wo er hin soll."

„Wie stellen Sie sich das vor? Soll Pettigrew apparieren?" fragte Ron.

„Das oder zu Fuß gehen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass sich die Todesser irgendwo in London aufhalten."

„Kann Pettigrew Harry irgendetwas tun, wenn er in seinem Kopf steckt?"

„Die Frage kann ich mit ziemlich Sicherheit mit Nein beantworten, Ron! Harry ist ein ganz besonderer Zauberer. Er hat immer wieder ungeheure Stärke bewiesen und hat außerdem jedes Mal geradezu unverschämtes Glück. Pettigrew hingegen ist schon als Schüler nicht über seine Mittelmäßigkeit herausgekommen. Er wird nicht einmal wissen, was mit ihm geschieht. Harry ist ihm gegenüber absolut im Vorteil!"

„Na, das klingt doch gut!" sagte Harry schläfrig und ohne die Augen zu öffnen.

„Du bist ja wach!"

„So halb. Wo ist Sirius?"

„Bei Remus. Er kommt bald wieder und dann geht´s los!"

Harry nickte. Sirius kam eine halbe Stunde später wieder. Wie erwartet ahnte Remus etwas, doch Sirius hatte seinen Freund beruhigen können, ohne ihn einzuweihen. Auch Meta hatte schließlich ihr Misstrauen aufgegeben und aufgehört, ihn zu löchern.

„So, dann lasst uns mal loslegen! Bist du bereit, Harry?" Sirius klang angespannt.

„So bereit, wie man nur sein kann." meinte Harry und wandte sich an Ron, „Bleibst du hier?"

„Klar!"

„Gut! Dann ... fange ich jetzt an." Er sah noch einmal in die Runde. Alle nickten.

Harry atmete tief durch und schloss die Augen. Er versetzte sich zu erst einmal zurück in die Heulende Hütte, wo er Pettigrew das erste Mal gesehen hatte.

Er stand vor ihm, klein und fett, mit schlaffer Haut, wässrigen, ausdruckslosen Augen und einem verzogenem Mund.

Sirius und Remus sahen im Vergleich zu ihm in Harrys Erinnerung beinahe wie strahlende Helden aus einer Legende aus. Sirius erschien nicht halb so schmutzig, abgewrackt und irre, wie er es tatsächlich gewesen war und Remus war größer und kräftiger und weniger blass.

Harry ging weiter.

Ron hing kraftlos und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Himmelbett. Sirius hatte es Remus im sechsten Jahr geschenkt; als eine von tausend Entschuldigungen, die seinen Verrat wieder gut machen sollten, dachte Harry.

Hermine stand an der Tür, völlig erschöpft und fassungslos.

Krummbein hielt sich in Sirius Nähe auf. Er hatte von Anfang an zu ihm gehalten.

Harry sah sein dreizehnjähriges Ich mit weißem Gesicht und aufgerissenen Augen mitten im Raum stehen.

„Du glaubst ihm doch nicht etwa, Remus?" jaulte Pettigrew. Harry schüttelte sich vor Ekel.

„Ehrlich gesagt, es kommt mir schon seltsam vor, dass ein Unschuldiger dreizehn Jahre als Ratte leben muss!"

„Unschuldig, aber voller Angst!"

Harry wandte sich an den Erinnerungs-Pettigrew und starrte ihn an.

Wo bist du?" fragte er seinen Gedanken und dieser reagierte mit Verwirrung und unterschwelliger Angst.

Wo bist du, Verräter? Sag es mir!"

Es blitzte auf und Harry konnte Pettigrew sehen. Er war älter und noch grauer geworden. Die Ähnlichkeit mit einer Ratte war Ekel erregend deutlich. Er saß in irgendeinem Loch auf einer siffigen Liege. Es war düster und kalt und feucht und Harry schauderte, obwohl es ihn körperlich nicht berührte.

Wo bist du?" fragte er noch einmal eindringlicher.

Pettigrew sah auf.

(„Mit wem spricht er? Hat er ihn gefunden?")

Es schien, als würde er Harry direkt in die Augen sehen.

Nein, du siehst mich nicht!" sagte Harry mit rauer, ihm selbst unheimlicher Stimme und Pettigrews Blick wurde glasig.

(„Ja, ich denke, er hat ihn!")

Wo bist du? Sag es mir, Verräter! Sprich mit mir!"

„Wer bist du?" fragte Pettigrew zitternd und wischte sich mit seiner Hand über das müde Gesicht, „Und wo bist du?"

In deinem Kopf, du hässliche Ratte, und jetzt sag mir, wo du bist oder ich werde dir verdammt weh tun!" Harry klang sehr verbittert.

Pettigrew schüttelte den Kopf und je heftiger er ihn bewegte, umso schlechter wurde Harry, umso mehr drehte sich der Raum.

Schon stand er wieder in der Heulenden Hütte und musste zusehen, wie Sirius und Remus Pettigrew bedrohten.

Verdammt!" fluchte Harry und versuchte krampfhaft, sich zu sammeln.

(„Du kannst immer zurückkommen, Harry! Komm lieber zurück, wenn du Zweifel hast!")

(„Meinst du, er hört dich?)

(„Keine Ahnung. Harry?")

Du wirst mit mir reden, Verräter! Du wirst verdammt noch mal tun, was ich dir sage!"

Harry ballte die Fäuste und könnte spüren, wie sich sein Geist und sein Körper so sehr verkrampften, dass ihm das Atmen schwer fiel. Er musste sich bewegen, musste gehen, musste die Arme bewegen, um nicht die Kontrolle zu verlieren.

(„Ist in Ordnung, Sirius. Lass ihn los! Er wird sich sonst nur weh tun oder du ihm!")

Wurmschwanz!" sagte Harry drohend, „Wo bist du?"

Und Pettigrew antwortete: „London!"

Wo in London?"

Pettigrew schüttelte den Kopf und konzentrierte sich statt auf die Zauberstäbe, die sich direkt auf sein Herz richteten, voll und ganz auf Harrys geistige Präsenz.

Erinnerst du dich an deine alte Wohnung?" fragte Harry und wurde von dem plötzlich losbrechenden Sturm fast umgerissen. Er schrie auf.

Und fand sich in Pettigrews Wohnung wieder. Sie musste es sein. Es war ein kleines Zimmer mit Bett und zwei Schränken. Pettigrews einzige Wohnung, da er sonst in Motels gewohnt hatte. Ein paar Klamotten lagen herum, ganz wenige Bilder standen auf dem Fensterbrett. Sie sahen aus wie die vorgefertigten Bilder, die vom Geschäft in die Rahmen getan wurden.

Pettigrew hatte sie hierher katapultiert. Er stand mit hängenden Armen im Zimmer und fragte tonlos und mit auf den Boden gerichtetem Blick: „Meinst du diese Wohnung?"

Ja!" sagte Harry und beobachtete, wie Pettigrew sich langsam auf seiner Starre löste und auf das verstaubte Fensterbrett zuging. Er nahm ein Bild in die Hand. Das einzige Bild, das echt war. Es zeigte Peter Pettigrew selbst mit James Potter, Sirius Black und Remus Lupin auf dem Schulgelände von Hogwarts.

Harry wusste nicht, was ihn mehr schockierte: Dass Pettigrew in den letzten Tagen, bevor er einen Freund verraten und die anderen ins Unglück stürzen würde, noch ein Bild von diesen besessen hatte oder die Vorsicht, mit der er das Foto in die Hand nahm.

Du kleines, verachtenswertes, wertloses Stück Dreck!" stieß Harry gepresst hervor, doch Pettigrew ignorierte ihn vollkommen.

Wieder wirbelte es und Harry hatte Mühe, nicht umzufallen.

Er befand sich wieder in dem Verschlag, in dem, wie er zumindest vermutete, Pettigrew augenblicklich saß. Pettigrew hatte noch immer das Bild in den Händen und starrte darauf.

NEIN!" keuchte Harry und wäre am liebsten auf ihn losgegangen, doch seine Bewegungsfreiheit war, aus welchen Gründen auch immer, furchtbar eingeschränkt. Er schrie Pettigrew in seinen Gedanken an und wusste nicht, dass er auch in Wirklichkeit schrie: „Ich schwöre dir, ich werde dich schon allein deswegen töten, weil du noch ein Foto von ihnen hast! ICH SCHWÖRE DIR, ICH BRING DICH UM!"

(„Was meint er? Oh, Merlin, was meint er nur?")
(„Nicht, Sirius! Lass ihn los! Lass ihn gewähren!")

(„Es geht schief! Weck ihn auf, Jakob! Weck ihn auf! Ich verzeihe es mir nie, wenn ihm was passiert!")

Wurmschwanz, steh auf! Tu, was ich dir sage und steh auf!" sagte Harry mit erstaunlich ruhiger Stimme.
Pettigrew erhob sich schwerfällig.

Das Bild," sagte Harry, „Es gehört nicht hierher! Es gehört nicht zu dir! Nicht mehr! Du hast jedes Recht verwirkt, es zu besitzen. Du solltest es wieder zurückbringen!"

Pettigrew sah sich fragend und mit trübem Blick um.

Du hast mich verstanden, Wurmschwanz! Bring es wieder zurück. Bring es in deine Wohnung und lass es dort sterben!"

(„Was zum Henker redet er da? Ist das denn normal?")

Ich gehe mit dir!" Harry wandte sich zum Gehen und wandelte wie ein Geist durch dunkle, fremde Flure.

Pettigrew folgte ihm wie in Trance, noch immer, ohne ihn sehen zu können; das Foto mit schweißnassen Fingern umklammert.

„Was ist los, Pettigrew? Wo willst du hin?" Eine tiefe Stimme sprach ihn an. Pettigrew sah auf. Harry stand direkt neben ihm, doch der Todesser, der im Flur auf die beiden getroffen war, sah ihn nicht.

„Hast du dir die Zunge abgebissen, Ratte?"

Sag ihm, dass du gehen musst!" befahl Harry und Pettigrews Mund öffnete sich wie unter eine Zwang: „Ich ... muss ... gehen."

„Wohin, zum Henker? Der Dunkle Lord ist unterwegs. Er wird dich sprechen wollen, wenn er zurück ist!"

Geh weiter!" wiederholte Harry scharf und Pettigrew setzte sich wieder in Bewegung.

„Wann kommst du wieder, verdammt?" rief der Todesser ihnen hinterher, doch er erhielt keine Antwort.

(„Ist das in Ordnung, wenn er die ganze Zeit herum läuft? Er ist schon völlig durchgeschwitzt! Gleich bricht er zusammen!")
(„So schnell bricht er nicht zusammen! Nicht, wenn er weiß, dass er durchhalten muss!")

Harry ging weiter und jeder Schritt tat unbeschreiblich weh. Es war, als würden sich heiße Nadeln in seine Füße bohren und der daraus resultierende Schmerz fraß sich durch seine kalten Beine. Harry spürte entfernt, dass er weinte.

Pettigrew folgte ihm noch immer. Durch die düsteren Tunnel und hinaus in das dämmrige Licht eines regnerischen Londoner Abends. Der Schnee an den Straßenrändern schmolz weg, doch die schweren Wolken über ihnen versprachen Nachschub.

Harrys Blick war starr geradeaus gerichtet, obwohl er tatsächlich weder wusste, wo er war, noch, in welcher Richtung sich von seinem jetzigem Standpunkt aus die gesuchte Wohnung befand. Doch irgendetwas trieb ihn.

Er wanderte lange durch die Straßen Londons. So frei hatte er sich noch nie in der Stadt der Muggel bewegt, so frei überhaupt noch nie außerhalb von Hogwarts.

Pettigrew stöhnte und Harry spürte, wie seine Macht über ihn nachließ. Er krallte sich in Pettigrews Kopf fest, um ihn ja nicht gehen zu lassen.

Bleib hier, Verräter! Folge mir oder es wird dir unendlich Leid tun!"

„Ich will nicht!"

Du glaubst gar nicht, wie egal mir das ist!"

„Lass mich gehen!"

Nein! Du wirst jetzt Abschied nehmen, Wurmschwanz!"

„Ich will nicht! Mir wird etwas geschehen! Du tust mir irgendetwas an!" Pettigrew klang so weinerlich, dass Harry sich am liebsten übergeben hätte.

Du wirst ein paar alte Bekannte treffen!" versprach Harry drohend und da begann die gekrümmte Gestalt hinter ihm doch tatsächlich zu wimmern.

Es war kalt. Ein eisiger Wind bahnte sich rücksichtslos seinen Weg durch die Gassen und zu den Körpern derer, die unterwegs waren. Er fraß ihre Wärme, erstickte ihre Ruhe. Jeder, der jetzt draußen sein musste, eilte sich, nach Hause zu kommen. Die Straßen wurden leerer.

Pettigrew hatte weder Mantel noch Schal. Sein gesamter ungepflegter Körper bebte. Auch Harry spürte die Kälte.

(„Er zittert. Versuch doch irgendwie, ihn in die Decke ...")

(„Lass, Sirius! Fass ihn nicht an! Sieh dir seinen Blick an! Er würde dich nicht erkennen! Vielleicht greift er dich an!")

„Lass mich frei!" bettelte Pettigrew mit schwacher Stimme, während er noch immer einen Fuß vor den anderen setzte, ohne es zu wollen, „Lass mich gehen!"

Du warst nie frei!" stieß Harry hervor und hoffte inständig, dass sie bald am Ziel waren, „Und du wirst nie frei sein, wenn du mir jetzt nicht folgst!"

„Der Dunkle Lord wird mich rufen lassen! Wenn ich nicht da bin ..."

HALT DEIN VERDAMMTES MAUL!" brüllte Harry und verlor fast gänzlich die Kontrolle über sich. Er bekam kaum noch Luft, während sich gleichzeitig Kraft raubende Tränen in ihm aufstauten, die er kaum zurückhalten konnte. Sein ganzer Körper schmerzte und ebenso sehr litt sein Geist. Es war, als würde er brennen, doch die Flammen waren kalt und spitz und vergiftet. Er konnte nicht denken, konnte keinen Satz mehr formulieren, keinen Schritt mehr tun.

(„Halt durch, Harry! Halt durch!")

(„Sag uns, wo du bist! Wir schicken Moody zu dir!")

Oh, bitte ... HILFE!" Harry schluchzte auf und musste tatenlos mit ansehen, wie Pettigrews Blick sich langsam klärte und er die schlappen Muskeln seines Körpers straffte. Er wollte anhalten und umkehren und wenn Harry nur ein wenig locker lassen würde, könnte er es. Und er wusste es! Diese stinkende, elende Ratte wusste es! Er spürte, wie der Einfluss dieser fremden Stimme in seinem Kopf nachließ und sein Mund verzog sich zu einem hässlichen Grinsen.

Harry keuchte, als zuviel Kraft und Schreien und Verzweiflung aus seinem Inneren herausbrechen wollte.

(„Lass jetzt nicht locker, Harry! Nicht jetzt! Nicht so kurz vor dem Ziel!")

(„Geh weg vom ihm, Schuhmann, oder ich tu dir was an!")

Pettigrew blieb stehen.

Geh weiter!" presste Harry hervor.

„Nein!" Er konnte widersprechen!

Harry streckte eine eiskalte Hand nach Pettigrew aus: „Sieh mich an! Sieh, wer ich bin!"

Er musste einen weiteren Trumpf ins Feld führen. Den letzten beziehungsweise den einzigen Trumpf.

Sieh mich! Sieh mich jetzt!" Er legte so viel Macht und Stärke in seine Stimme, wie er nur aufbringen konnte und jeder einzelne Laut tat weh.

Doch Pettigrew erstarrte: „Du?"

Ja, ich! Du erinnerst dich hoffentlich an mich! Du kennst mich!" Harry verstand nicht, wie er weiter sprechen konnte.

„Was willst du?" Pettigrew klang unwillig und trotzig wie ein kleines Kind.

Ich will, dass du weitergehst und dass du das Bild zurückbringst!"

„Wieso?"

Du kannst es mir nicht abschlagen, Wurmschwanz!" Harrys Verzweiflung und das Wissen darum, dass diese Aktion schrecklich zu scheitern drohte, füllten ihn aus, so dass er stehen und sprechen konnte, „Du sollst das Bild zurückbringen. Mehr nicht!"

„Was hast du davon?"

Das ist nicht wichtig! Du musst es tun und das weißt du! Du schuldest mir etwas! Du schuldest mir dein ganzes, verfluchtest Leben!" Harrys Stimme klang nicht mehr befehlend oder auch nur im geringsten Maße sicher oder stark. Sie bestand nur noch aus Tränen und er selbst nur noch aus Schmerz.

Pettigrew zögerte.

Und dieser Zögern nutzte Harry. Er musste jetzt handeln. Sie waren ihrem Ziel nahe. Moody, Kingsley und Bill waren hier irgendwo. Er musste sie erreichen, da er Pettigrew keinen Schritt mehr weiter zwingen konnte. Er verdunkelte seinen Geist, löschte jegliches Licht in sich.

(„Er bricht zusammen! Oh, mein ... er überlebt es nicht!")
(„Sirius ...")
(„SIEH IHN DIR AN! Er verreckt hier vor unseren Augen!")

Harry zwang seinen schreienden, leidenden Geist, sich ein letztes Mal zu konzentrieren. Nur noch einmal.

BILL?"

(„Was ist mit Bill?")

Pettigrew erschrak, als Harry sich so plötzlich aus seinem Kopf zurückzog.

Bill, wir sind hier! Wir sind ganz in eurer Nähe! Folge den roten Flammen! Ich brenne!"

Er war nur eine Straße entfernt. Nur eine.

Bill zuckte zusammen.

„Was?" rief Moody.

„Da ist irgendwas!"

Bill, wir sind hier! Ganz in eurer Nähe! Folge den Flammen, Bill! Ich brenne!"

„Harry?"

„Wo ist Harry?"

Folge den Flammen, Bill! Jetzt!"

Bill rannte los und die anderen folgten ihm.

Wir sind hier, Bill! Wir sind hier! Folge den Flammen! Folge ihnen jetzt!"

(„Ich glaube, er holt die Auroren! Er lotst sie zu sich!")

(„Hoffentlich kommen sie noch rechtzeitig!")

Wir sind hier! ..." Harry wiederholte die Worte wie ein Mantra, während Pettigrew sich von ihm entfernte, ohne, dass er ihn daran hindern konnte, „Folge den Flammen, Bill! Ich brenne!"

(„Fass ihn an, er ist eiskalt!")

Folge den Flammen, Bill!"

Harry wusste, es würde kein Ende nehmen. Deswegen löste er sich aus seinem Körper, um auch das letzte bisschen Kraft, das ihm noch übrig war, zu benutzen, um Bill den Weg zu weisen.

(„Fang ihn auf, Ron!")
(„Leg ihn hier ab!")

So viel Schmerz konnte es doch gar nicht geben!

„Bei Merlin! DA IST ER! DA IST PETTIGREW!"