Training
Das Rehabitilationsverfahren ging sehr langsam voran, doch Sirius schockte alle, indem er eine Engelsgeduld an den Tag legte und weder trank noch verbitterte Reden von sich gab. Harry war sehr erleichtert darüber. Er hätte sich nicht wirklich auch noch um Sirius kümmern können, denn Jakob hatte wieder mit dem Okklumentik-Unterricht angefangen und nahm Harry härter dran als je zuvor. Jetzt waren immer Sirius und Remus zugegen. Sie saßen auf der Couch in Remus´ Büro und hielten sich gegenseitig davon ab, dazwischen zu gehen.
„Nicht locker lassen, Harry! NICHT LOCKER LASSEN!" Jakob war schon völlig verkrampft, doch er spornte Harry weiterhin mit heiserer Stimme an.
Dieser bewegte sich gerade durch Jakobs Unterbewusstsein auf der Suche nach einem ganz bestimmten Geheimnis, das Jakob wie ein Löwe verteidigte.
„Gib mir den Weg frei!" befahl Harry und machte einen weiteren Schritt vorwärts.
„Nein! Nein! Nein!"
Es war nicht einfach für Jakob, ihn einerseits anzufeuern und andererseits gegen Harrys Präsenz in seinem Kopf zu kämpfen.
„Geh zur Seite! Lass mich durch! Ich MUSS das wissen!" Harry wusste, dass er am Ende stärker war. Er musste nur lange genug bitten und bohren. So war bis jetzt immer gewesen.
„Geh weg!"
„Nein, ich bleibe, bis ich habe, was ich brauche!"
„Du tust mir weh!"
„Ich werde dir noch viel mehr wehtun, wen du nicht endlich aus dem Weg gehst!"
Das zog immer.
Fünf, Vier, Drei, Zwei, Eins.
„Na, also!" Harry glitt durch Jakobs psychische Sperre und sah sich interessiert in dem so gut behüteten Raum um. Ein paar wirklich hübsche Bilder zierten die hellen Wände. Ein kleines Mädchen saß am Boden und kämmte einer Puppe das lange, goldene Haar.
„Hallo! Wer bist du denn?" fragte Harry freundlich und das Mädchen lachte: „Martina!"
„Hallo, Martina! Bist du Jakobs Schwester?" Das Kind nickte.
„Hast du ihn gern?"
„Ja, sehr! Er ein ganz toller großer Bruder!" Martina lachte und hob ihre Puppe hoch. Sie ließ sie über ihren Kopf wirbeln und Harry sah ihr dabei zu.
„ES REICHT! KOMM RAUS DA!" schrie Jakob und Harry brauchte nur einen Satz rückwärts machen.
Jakob kauerte am Boden und hielt sich nur noch aufrecht, da Remus ihn stützte.
„O.K., Schluss für heute!" stöhnte er und ließ sich von Remus aufrichten und etwas zu trinken geben. Sirius sah Harry an, als wäre er sehr stolz auf ihn, fände ihn auf der anderen Seite aber ziemlich furchteinflößend.
„Müssen wir denn schon aufhören?" fragte Harry mit ehrlichem Bedauern, „Ich bin gerade in Schwung und ich glaube, ich könnte noch ganz gut ein paar Minuten gebrauchen."
„Nicht mit mir! Tut mir Leid!" sagte Jakob schwach, „Außerdem hast du so ziemlich alle Geheimnisse meiner Seele mittlerweile ergründet. Ich bin todlangweilig für dich."
„Danke, dass du mir so vertraust. Das ist nicht selbstverständlich!" sagte Harry und Jakob winkte ab: „Ist ja für einen guten Zweck: Zur Rettung der Welt." Dann kippte er um. Remus und Sirius betteten ihn auf das Sofa und Remus konnte sich anscheinend einen strafenden Blick in Richtung Harry nicht verkneifen.
„Hey, ich MUSS!" verteidigte sich Harry und sah die beiden dann prüfend an.
Sirius schüttelte sofort den Kopf: „Nein, Harry! Mit mir nicht noch einmal! Ich habe noch vom letzten Mal genug!"
„Na, wie wär´s denn mit mir? Ich bin prädestiniert dafür, Geheimnisse in mir aufzubewahren und ich kenne das noch nicht! Vielleicht macht es ja Spaß!" Remus setzte sich seelenruhig vor Harry hin, während Sirius schnaubte: „Tut es nicht!"
„O.K., bist du bereit?" fragte Harry, „Du musst es mir so schwer wie möglich machen!"
„Natürlich! Leg los!"
Harry schloss die Augen, was er eigentlich nur noch aus Gründen der Bequemlichkeit und der Vorwarnung tat. Er war mit einem Schritt in Remus´ Kopf, doch erstaunlicherweise war es dort stockdunkel. Remus gab sich wirklich Mühe und er machte seine Sache gut. Dass er gerade dabei war, das Bewusstsein zu verlieren ob dieser Anstrengung, ahnte Harry nicht.
Er ging weiter und stieß endlich auf etwas Licht.
Die Rumtreiber; natürlich. An einem sonnigen Nachmittag im See badend und sich dabei spaßeshalber fast gegenseitig ertränkend.
Er selbst, Hermine und Ron in der Heulenden Hütte. Remus starrte Sirius, den heruntergekommenen Sträfling, völlig fassungslos an.
Eine große, uralte, wunderschöne Universität im Grünen. Remus lag auf einer Wiese und las ein dickes Buch. Leichter Sommerwind spielte in den Kronen der Bäume und verstärkte den Eindruck des vollkommenen Friedens.
Das nächste Bild war dadurch noch verstörender: Ein Werwolf hetzte durch das Unterholz eines Waldes und Harry steckte in ihm. Er hechelte, jaulte und knurrte, störte sich nicht an den nach ihm schlagenden Zweigen und spürte den kraftvollen Körper, mit dem sein Geist verschmolz. Der Wolf heulte. Sein Blickfeld war beschränkt und verschwommen. Harry wurde schwindelig davon und er versuchte alles, um von diesem Tier weg zu kommen, doch es gelang ihm nicht. Es war zu präsent.
Wieder heulte der Wolf und lief dann weiter. Auch Harry hatte den Eindruck, zu rennen und er war bereits völlig außer Atem. Bald spürte er nicht nur den Körper des Werwolfes, sondern auch seine Gier und seinen Blutdurst. Eine solche Ungeduld und pure Grausamkeit hatte Harry noch nicht einmal für möglich gehalten, geschweige denn selbst gefühlt und so war er zutiefst bestürzt. Wieder und wieder versuchte er, sich zu lösen, doch es tat sich nichts. Er rief um Hilfe, doch der Einzige, der antwortete, war der Wolf. Er lachte Harry aus.
„Was hast du, kleines, ahnungsloses Kind? Gibst du jetzt schon auf? Ja, so geht es allen, die meinen, mich zu verstehen! Aber ich verrate dir jetzt mal ein Geheimnis: Sie tun es nicht! Keiner versteht, was es heißt, was es bedeutet, was es fordert! Du, kleiner Junge, hast jetzt die einmalige Chance es zu erleben, also genieße die Show!"
Er rannte weiter. Sein Maul verzerrte sich zu einem erneuten Jaulen, das wieder stark nach spöttischem Gelächter klang.
Harry kämpfte. Er wollte die Show nicht genießen! Er wollte so schnell wie möglich hier raus, bevor dieses Monster es irgendwie schaffte, ihn zu verletzen.
„Du bist ziemlich undankbar, findest du nicht? Dafür, dass ich dir erlaube, in meinem Kopf herumzuspuken?" fragte der Wolf.
„Das ist nicht dein Kopf!" wagte Harry zu widersprechen, „Das ist Remus´ Kopf!"
„Ein- und dasselbe!" meinte der Wolf, „Was meinst du denn, wer ich bin? Der kleine Mann im Ohr?"
„Du bist jedenfalls nicht Remus!" beharrte Harry weiter.
„Ach, nein!"" brüllte der Wolf wütend und schnappte nach seiner eigenen Flanke.
Harry spürte, wie sich nicht existierende Zähne in sein Bein gruben und schrie auf. Der Schmerz war nämlich im Gegensatz dazu sehr real.
„Natürlich bin ich Remus! Ich bin Remus in jeder Vollmondnacht! Ich bin Remus immer dann, wenn er wütend ist! Ich bin Remus, wenn er etwas will und nicht bekommt und wenn er sich dann fragt, ob er sich mit Gewalt nehmen soll und ich bin Remus, wenn er es dann tut!"
„Schwachsinn!" rief Harry und musste fast ein Lachen unterdrücken, „Das stimmt überhaupt nicht! Dann wäre Remus wie die Werwölfe, die in diesen schlechten, absolut falschen Büchern beschrieben werden, und das ist er nicht!"
„Du merkst es nur nicht, Kind!" höhnte der Werwolf und stieß mit der Schulter im Rennen hart gegen einen Baumstamm, so dass Harry das Gefühl hatte, sein Arm würde ausgerissen werden.
„AU! Verdammt noch mal, NEIN! Weißt du, was ich glaube, was du bist!"
„Na, da bin ich ja mal gespannt!"
„Du bist Remus´ Angst! Seine Angst vor Gewalt und Brutalität und Grausamkeit! Remus will ein guter und lieber Mensch sein, aber weil er ein Werwolf ist, hat er Angst, zu einem Monster zu werden! Zu dir! Aber er hat dich besiegt! Es gibt dich nicht! Es gibt dich nur, weil Remus immer eine gewisse Furcht und auch Respekt vor dir hat, aber du wirst nie an die Oberfläche kommen! NIE! Dafür ist Remus viel zu stark!"
Der Werwolf stoppte und sah Harry an.
„Kluges Kind!" sagte er sanft und schleuderte Harry dann weit von sich.
Sirius und Jakob betrachteten bestürzt die beiden Gestalten zu ihren Füßen. Remus war schon seit geraumer Zeit ohnmächtig und Harry war gerade eben vom Stuhl gekippt. Er blutete am rechten Arm und Bein und rang hektisch nach Luft. Er war nass geschwitzt und zitterte.
Sirius entschied sich dafür, ihm aufzuhelfen, während Jakob Remus hochzog und mit dem Rücken gegen die Couch lehnte. Er wischte ihm mit einem kalten Tuch übers Gesicht und zischte Sirius zu: „Wer von euch hatte denn die brillante Idee, Okklumentik an einem Werwolf auszuüben!"
Sirius bettete Harrys schweren Kopf auf einem Kissen und antwortete widerstrebend: „Remus. Aber ich glaube nicht, dass er wusste, was passieren würde."
„Das will ich ihm auch nur geraten haben! Hey, Lupin! Aufwachen!"
„Jetzt sei gefälligst nicht so grob zu ihm, Schuhmann, oder dir passiert was!" drohte Sirius ärgerlich und verband Harrys Wunden mit Remus´ Zauberstab.
„Was … was …?" Remus kam zu Bewusstsein. Panisch sah er sich um, blickte an sich herab. Dann fuhr sein Blick zu Harry.
„Oh, nein!"
„Liegen leiben, Lupin!" kommandierte Jakob und drückte ihn gegen die Couch, „Klappe halten und das hier trinken!"
„Was ist das für ein Trank?"
„Feuerwhiskey! Sirius´ Medizin gegen alles!"
„Witzig, Jakob! Hilf mir mal lieber!" Sirius brachte Harrys schlaffen Körper in eine sitzende Position. Da ging vorsichtig die Tür auf. Noch auf dem Flur rief Meta: „Hi! Ich denke mal, ihr seid jetzt fertig und …" Sie steckte den Kopf zur Tür herein und verstummte. Dann: „Was macht ihr denn da?"
Sirius musste zugeben, dass es leicht lächerlich aussah, wie sie alle auf dem Boden hockten oder, wie in Jakobs Fall, herumkrabbelten.
„Das muss so aussehen, Meta!" sagte Jakob und Sirius richtete den Zauberstab auf Harrys Gesicht: „Enervate!"
Harry öffnete augenblicklich die Augen. Nach kurzer Überlegung schloss er sie allerdings wieder.
„Hey!" protestierte Sirius und schüttelte ihn sacht.
„Na, mein Schatz!" Meta war kurzerhand eingetreten und hatte sich neben Remus niedergelassen, „Was haben sie mit dir gemacht?"
„Das war nur Harry." sagte Remus kraftlos und nahm noch einen Schluck Whiskey, der ihn tüchtig durchschüttelte.
„Harry?" fragte Meta ungläubig.
„Harry und der Wolf in mir." Remus klang verbittert.
„Dann hast du ihn verletzt." stellte Jakob nicht einmal anklagend fest, doch Remus zuckte zusammen.
„Unsinn!" sagte Meta. Sie legte Remus eine Decke um die Schultern und rieb seine Hände, die eiskalt waren. „Das ist wirklich Unsinn, Jakob! Remus würde Harry nie verletzen!"
„Aber indirekt; irgendwie; psychisch." meinte Jakob. Meta schnaubte.
Da Sirius ihn weiter schüttelte sah sich Harry nach einigen Minuten gezwungen, seine Augen wieder zu öffnen. Sein erster Blick ging zu Remus: „Also, ehrlich! Du hast nicht weniger Abgründe in dir als Sirius, aber eigentlich haben wir das doch gewusst! Was aber wirklich gut an der Sache war: Ich habe mit deinem Unterbewusstsein gekämpft und es besiegt! Ist erstens ganz praktisch für dich von wegen weniger Schuldgewühle und so. Und zweitens wäre das die nächste Stufe gewesen. Schließlich soll ich mit Voldemort ja keine lustigen Versteckspielchen veranstalten, sondern den Bastard umbringen!"
Alle verstummten.
„Was?" Harry sah sich fragend um.
„Nun, Harry, mein Lieber! Es ist nur so, dass wir es nicht gewöhnt sind, solche Formulierungen von dir zu hören!" sagte Meta, „Außerdem solltest du dir dieses Wort ganz schnell wieder abgewöhnen!"
Harry grinste und Remus flüsterte Meta zu: „So viel zum Thema ich soll nicht an ihm herum erziehen!" Meta lächelte, gab ihm einen zaghaften Kuss auf die Wange und schwieg. Sirius beobachtete die beiden, ohne etwas zu sagen und sagte dann zu Harry, welcher immer noch an ihm lehnte: „Sollen wir kurz an die Luft?"
„Gute Idee! Und dann machen wir weiter! Ich wetten, dass Remus noch so ein paar Schocker auf Lager hat!" Harry ließ sich von Sirius hochziehen und schwankte hinter ihm her nach draußen.
„Na, alles klar?" fragte Sirius gleich als sie auf dem Flur standen. Harry nickte: „Geht schon wieder. Ich bin hart im Nehmen!"
„Gut!" Sirius schwieg, doch da er diesen Blick drauf hatte, fragte Harry nach: „Was?"
„Es ist nur … ich habe mir einmal Remus´ Träume angesehen. Früher, in der Schule. James und ich wollten ihm helfen und haben uns die Dinger aufgehalst und die waren zu der Zeit echt hart. Ich weiß ja nicht, wie es heute in ihm aussieht, aber …"
„Es geht. Es gibt halt den Wolf und man kann eigentlich fast mit ihm reden." meinte Harry. Sirius sah ihn erstaunt an: „Echt?"
„Ja! Wenn man sich richtig reinhängt und ein paar Verletzungen riskiert."
„Wie geht es deinem Bein? Sollen wir gleich zu Madam Pomfrey?" erkundigte sich Sirius sofort und antwortete sich dann selbst: „Was für eine dumme Frage! Unverantwortlicher Pate! Natürlich gehen wir und du machst erst gar nicht den Mund auf, um zu protestieren!"
Harry grinste: „Du machst dich gut!"
„Danke! Ich hab mir ´ne Menge von Remus abgeguckt!"
„Sag ihm das doch. Das freut ihn bestimmt!"
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An einem Abend saß Harry mit Hermine, Ron, Ginny und Neville zusammen. Letzterer schrieb, seinen roten Ohren nach zu urteilen, einen Brief an Susan und auch die anderen waren mit Schreibkram beschäftigt.
Hermine hatte sich in die Listen der zurückkehrenden Schüler vertieft und verteilte sie auf die Schlafsäle. Es würde nur etwa ein knappes Drittel wiederkommen. Unter anderem blieben die anderen drei Schulsprecher weg. Nun würden Hermine, Ginny und Colin die Verantwortung tragen und natürlich war für Hermine klar, dass sie es gut machen mussten.
„Meinst du, die können miteinander?" fragte Ginny skeptisch und deutete mit dem Finger auf einige Namen auf Hermines Liste.
„Sie müssen." meinte Hermine kurz, „Außerdem stecken wir die Zweitklässler auch noch dazu. Dann können wir im Hufflepuff-Turm zwei Mädchenschlafsäle machen. Einen für die Kleinen und einen für die Großen."
„So wenig sind das da nur?" seufzte Ginny.
„Scheint so." Hermine schien es mittlerweile als persönliche Beleidigung zu empfinden. Harry beobachtete die zwei ein wenig und ließ sich dann zu Ron auf den Boden gleiten: „Na, was machst du?"
Ron sah von dem dicken Buch auf, in dem er gestöbert hatte und wurde rot: „Oh, nichts Wichtiges!" Er wollte es zuklappen, doch Harry war schneller. Er schnappte sich das Buch, sah auf die Seite und ließ ein erstauntes „Oh!" hören.
Ron druckste etwas herum: „Naja, du kannst ja nicht vollkommen allein gegen ihn kämpfen und da dachte ich mir … aber sag es bloß nicht den Mädchen!" Ron deutete mit dem Kopf auf Ginny und Hermine, die am Tisch saßen und gerade heiß darüber diskutierten, ob sie die Slytherin-Schüler, neun an der Zahl, alle in einen Schlafsaal legen sollte, was Hermine natürlich strikt ablehnte: „Ginny, nein! Mädchen und Jungen in einem Schlafsaal gibt es nicht!"
Harry sah Ron an: „Kannst du das alles, was hier so beschrieben wird? Das sieht mir nach ziemlich schweren Flüchen aus."
„Sind auch schwer. Aber Bill, Charlie und ich üben ja auch nicht erst seit gestern. Guck nicht so! Meinst du denn, wir bereiten uns gar nicht vor? In jeder freien Minute beschäftigen wir uns damit! Hier, sieh mal. Diesen kann Charlie richtig gut. Er schnürt dem Angreifer die Kehle zu. Und in dem hier sind Bill und ich echt gut. Der lässt buchstäblich das Blut in den Adern gefrieren."
Harrys Augen wurden immer größer, während Ron erzählte.
„Hey, Harry! Wir reden hier von verdammten Todessern!" sagte Ron leicht verlegen und Harry nickte: „Ich verstehe! Wenn das einer versteht, dann ich!"
Sie schwiegen eine Weile und vergruben sich in die Formeln und Beschreibungen der Flüche. Dann kam Meta herein und das Buch war schneller verschwunden, als sie hätte „Todesfluch" sagen können.
„Hier eine kleine Stärkung für die fleißigen Schüler! Noch einmal vielen Dank von Minerva! Sie ist ganz froh, dass ihr ihr ein bisschen Arbeit abnehmt!" Sie stellte einen großen Obstkorb auf den Tisch.
„Kein Ding!" sagte Ginny großzügig und nahm sich eine Banane.
„So, Harry. Wir sollen heute einmal miteinander üben. Jakob hat, wie soll ich es sagen? Am besten zitiere ich: „Verdammt noch mal keine Lust, sich weiter von dir seinen Kopf auseinander nehmen zu lassen!" Und Remus ist zu aufgedreht. Es ist Neumond. Du könntest dich nicht mal mit ihm unterhalten, ohne die Nerven zu verlieren."
„Deswegen bist du auch hier, oder?" fragte Hermine grinsend.
„Exakt!"
„Wo ist Sirius?" wollte Harry wissen.
„Bei Remus!" sagte Meta, als wäre das offensichtlich und nahm dann neben Harry Platz, „So, dann leg mal los! Ich hätte nichts gegen eine kleine Ohnmacht einzuwenden."
Harry zog ein Gesicht und machte sich, noch während er seine Apfelsine aß, auf den Weg in Metas Kopf.
Dieser war so grell, dass er am liebsten gleich wieder gegangen war, doch er zwang sich zu bleiben und sich etwas umzusehen. Bald erkannte er in diesem Flutlicht sogar etwas. Eine kleine Gestalt, die in einem viel zu großen Bett lag.
„Meta, was machst du denn hier? Du sollst doch in deinem Bett schlafen!" tadelte eine liebevolle Stimme und das Mädchen zog sich die Decke bis ans Kinn: „Aber da ist ein Monster, Mamie!"
„So ein Unsinn, Süße! In deinem Bett ist kein Monster!"
„Darunter!" beharrte die kleine Meta.
„Komm, lass uns nachsehen gehen!" schlug ihre Mutter vor, nahm sie an der Hand und führte sie ins Nebenzimmer. Das war geradezu voll gestopft mit Teddys, Puzzlen und Bauklötzen. Meta blieb an der Tür stehen und schüttelte mit Tränen in den Augen den Kopf: „Nicht, Mamie! Weg da, sonst beißt es!"
„Aber, Schätzchen, hier ist doch gar …"
Die Mutter schrie im selben Moment auf wie Harry, als eine große, haarige, krallenbewehrte Hand unter dem Bettrahmen hervor schoss. Sie schnappte nach dem Bein der Mutter und Meta schrie auf.
Ein unheimliches, heiseres Knurren drang hervor und das ganze Bett begann zu wackeln, als sich das Ding darunter bewegte.
„Raus hier!" brüllte die Mutter, trat noch einmal nach dem Vieh, riss Meta mit sich in den Flur und schlug die Tür zu.
„Kein Grund zur Panik, Süße!" flüsterte sie unablässig, doch Meta war schon in Tränen aufgelöst, „Ein Fall für den Magischen Kammerjäger! Nichts Ernsts!"
Harry wurde aus dem Bild gerissen und versuchte sich erschrocken an irgendetwas festzuhalten, doch da war nichts. Stattdessen kam gleich das nächste Bild.
Meta, etwas älter, lag im Bett und las. Sie knabberte fasziniert an ihrer Unterlippe und zuckte zusammen, als die Tür aufging.
„Meta, du liest ja immer noch!"
„Nur noch das Kapitel, Vati!"
Der Mann seufzte einmal, konnte jedoch ein Lächeln nicht unterdrücken: „Na, gut. Aber wenn du Mamie auf der Treppe hörst, musst du sofort das Licht ausmachen."
„Mach ich!"
„Gute Nacht, mein Schatz!"
„Gute Nacht, Vati!"
Es folgte das nächste Bild, so dass Harry gar keine Zeit hatte, die Situation auf sich wirken zu lassen oder sich etwas zu erholen.
Er fand sich auf offener Straße wieder. Zu seinen Füßen lagen die zwei Menschen, die er eben als Metas Eltern kennen gelernt hatte. Sie rührten sich nicht und als Harry näher hinsah, bemerkte er die kleine Spur frischen Blutes, die ihnen aus den Ohren rann. Er schlug die Hand vor den Mund.
Da erklang ein Schrei, der ihn bis ins Mark erschütterte. Er sah auf und erblickte Meta, die, von zwei Todessern festgehalten, einer großen Gestalt ins Gesicht schrie. Harry glaubte fast, die vermummte Person zu kennen, die den Zauberstab auf Meta richtete. Und er wurde Zeuge, wie die Person den Fluch über Meta aussprach, woraufhin sie zusammen brach. Und es wurde dunkel.
Das nächste Bild kam.
Wieder Meta als Kind, wie sie juchzend auf ihrem Bett herum sprang.
Als nächstes eine um die 20 jährige Meta mit einem schrecklich verzweifelten Gesicht. Sie saß im Schlafanzug auf einem Bett. Um sie herum waren Decken ausgebreitet. Die Kissen lagen locker aufgeschüttelt da, doch Meta weinte. Harry, der sich beim Anblick dieses perfekten Bettes gern selbst hingelegt und geschlafen hätte, ging näher und verstand endlich, was sie unablässig murmelte: „Nur ein bisschen. Nur eine halbe Stunde. Bitte, bitte! Ich bin doch so müde!" Harry biss sich auf die Lippe.
Meta legte ihren Kopf in die Hände.
Als dieses Bild verschwamm, war Harry mehr als bereit, wieder zu gehen, doch eine Szene bekam er noch serviert: Remus.
Remus lag in seinem Bett in Hogwarts und schlief. Er sah friedlich aus. Meta lag neben ihm. Sie trug keine Schlafsachen und hatte sich auch, wie es den Anschein machte, gerade die Schuhe, die am Fuß des Bettes standen, ausgezogen. Sie legte ihren Kopf neben Remus´ Kissen ab und betrachtete ihn lächelnd.
„Du sollst mich nicht immer angucken, wenn ich schlafe!" murmelte Remus und öffnete ein halbes Auge. Meta lachte: „ Aber mir ist langweilig!"
„Geh spazieren!"
„War ich schon!"
„Dann komm her und lieg ein bisschen bei mir! Aber mit geschlossenen Augen!" Remus zog sie an sich, halb unter seine Decke und war schon wieder eingeschlafen. Meta grinste und beobachtete ihn weiter, aber jedes Mal, wenn Remus auch nur mit der Nase zuckte, schloss sie die Augen schnell.
Harry fühlte sich wieder einigermaßen in Ordnung, als er aus Metas Kopf zurück glitt. Er landete im Gemeinschaftsraum dummerweise neben seinem Sessel.
„Na, alles klar?" fragte Meta.
„Keine Ohnmacht?" fragte Harry und rappelte sich auf.
„Nein, leider nicht! Aber ich habe tierische Kopfschmerzen."
„Na, immerhin!" lachte Harry, setzte sich ihr gegenüber und sah sie an.
„Und? Kann man damit was anfangen?" fragte Meta neugierig. Harry nickte: „Allerdings. Mir ist auch so einiges aufgefallen!"
„Was denn?"
„Du bist ziemlich fixiert."
Meta klappte der Unterkiefer herunter und von der Tür her erscholl ein zweistimmiges Lachen. Sirius und Remus, die bisher noch niemand bemerkt hatte, traten ein.
„Hast du sie gerade fixiert genannt? Oh, die Geschichte will ich hören!" lachte Sirius und nahm neben Harry Platz. Remus setzte sich neben Meta und versuchte unter ihren bitterbösen Blicken mit dem Lachen aufzuhören.
„Es ist nichts Schlimmes!" meinte Harry abschwächend, weswegen Sirius eine enttäuschte Schnute zog, „Es geht lediglich immer nur um Betten." Meta zog eine Augenbraue hoch: „Ehrlich?"
„Ja. Und, sag mal: Gab es dieses Monster wirklich?"
Meta nickte: „Ich war das einzige Kind, das wirklich ein Monster unter dem Bett hatte. Ein echtes Trauma!"
„Naja, nun hast du ein Monster im …" begann Sirius, wurde aber von Harry, Ron und Hermine gleichzeitig getreten. Remus schickte ihm einen geringschätzigen Blick.
„So, gehen wir essen?" Neville trat zu ihnen. Er hatte nicht wirklich etwas von dem ganzen Theater mitbekommen.
„Brief fertig, Neville?" fragte Ron, schlug mit Sirius ein und freute sich, dass Neville auf Kommando knallrot wurde.
