Klärungsbedarf
Harry erwachte mit steifem Hals und leichten Kopfschmerzen. Er lag immer noch an Sirius´ Schulter und dieser schlief tief und fest. Remus war schon wach. Er schüttelte sein platt gedrücktes Kissen aus, gähnte verhalten und grinste Harry schief an, als dieser sich aufrappelte.
„Geht es dir besser?"
Harry nickte: „Passt schon. Müsst ihr gleich zu dem Interview?"
„Nach dem Frühstück. Ich bin ja wirklich mal gespannt auf diese Kimmkorn. Grundsätzlich ist sie mir erst einmal sympathisch. Sie hat mal vor Jahren einen fiesen Artikel über Dolores Umbridge geschrieben." Remus lachte leise.
„Na, dann." Harry stand auf und schüttelte Sirius vorsichtig, „Hey, aufstehen!"
Sirius knurrte etwas Unverständliches und drehte sich weg.
„Lass mich mal!" Remus kam zu ihnen herüber, „Ich hab da eine Taktik entwickelt." Er pustete Sirius hartnäckig ins Ohr, woraufhin dieser tatsächlich aufsprang.
„Ich HASSE das, Remus! Das weißt du genau!"
„Tatsächlich?" fragte Remus unbeeindruckt, „Geh Zähneputzen; wir müssen runter."
„Wie früher!" murmelte Sirius und Harry war sich sicher, dass ihn das nicht wirklich störte. Er selbst begab sich nach oben in den Waschraum, in dem Ron und Neville standen, die sich ebenfalls gerade wuschen.
„Morgen!" sagte Harry.
„Hey!" Ron drehte sich mit tropfendem Gesicht um, „Wie geht´s euch so? Alles klar?" Harry nickte: „Ja, das wird schon irgendwie." Er schnappte sich ein Handtuch und fragte, ob Ron schon Hermine oder Ginny gesehen hatte. Ron schüttelte den Kopf: „Ginny hat sich gestern ganz schnell verzogen. Sag mal, geht da eigentlich was zwischen euch?"
Da Ron nur unwesentlich ärgerlich klang, antwortete Harry seufzend: „Ich hab keinen Plan! Echt nicht!"
Ron sah ihn an und bemerkte, dass Harry nicht erpicht auf das Thema war. Also schwieg er, trocknete sich fertig ab und ging in den Schlafsaal, um sich umzuziehen. Neville griente Harry schüchtern an und verschwand ebenfalls.
Beim Frühstück traf Harry Hermine, die ihn die ganze Zeit musterte, aber nichts sagte, was ihn kaum störte. Denn Ginny hatte sich ganz gegen ihre Gewohnheit nicht zu ihnen gesetzt, sondern saß bei Lavender und Parvati, während sie nichts aß. Harry starrte zu ihr und kaute auf seine Unterlippe herum, bis er es schaffte zu fragen: „Sie ist sauer, oder? Sauer und geschockt und angewidert. Ich schätze mal, sie hasst mich jetzt."
„Nein, Harry! Das glaube ich nicht! Sie … beruhigt sich bestimmt wieder!"
„Hermine, es geht hier … um einen Mord." Harry senkte seine Stimme, da dieses Thema nicht gerade passend war für eine Frühstücksunterhaltung, „Es ist nicht so, als hätte ich ein bisschen Mist gebaut. Ich habe einen Menschen umgebracht."
Hermine entgleisten alle Gesichtszüge und sie verschluckte sich an ihrer Milch.
„Immer mit der Ruhe!" meinte Ron cool und nahm sich ein Brötchen, „Der hatte es erstens verdammt verdient, zweitens warst du das nicht alleine und drittens ist das eine gute Übung für Voldemort!"
Hermine hustete wieder erstickt und Harry musste sich ein amüsiert-schockiertes Grinsen verbeißen. Zum Glück hatte noch immer keiner mitbekommen, worüber sie sprachen.
Da kamen ein paar Eulen herein geflattert. Seit die Schülerschaft so nachhaltig dezimiert war, kamen auch nur noch wenige Eulen nach Hogwarts und diese wurden zuvor in Hogmeade abgefangen und überprüft.
Auch Harry sah eine ziemlich dicke Eule auf sich zu fliegen. Sie trug, wie er schon von weitem erkennen konnte, das Zeichen des Ministeriums. Dumbledore hatte Anweisungen gegeben, die Post vom Ministerium durch zu stellen. Vielleicht kam ja doch mal etwas Sinnvolles an.
Harry fing die Eule mit gerunzelter Stirn auf und sein Blick ging automatisch zum Lehrertisch. Dumbledore unterhielt sich gerade mit McGonagall und Sirius und Remus hatten gar nicht hier gefrühstückt, sondern in Metas Büro, wo sie dann Rita Kimmkorn empfangen wollten.
„Mach ihn auf, Harry!" sagte Hermine nervös. Harry riss den Brief auf und überflog die Seiten. Ihm stockte der Atem und er starrte fassungslos auf das Pergament in seiner Hand. Dass sie zitterte, merkte er gar nicht. Wie durch kalten, erstickenden Nebel drang Hermines besorgte Stimme an sein Ohr: „Harry, was ist denn? Was steht in diesem Brief?"
„Hat es was mit Pettigrew zu tun?" zischte Ron leise. Harry schüttelte betäubt den Kopf und spürte, wie seine Freunde ihm das Papier aus den Händen zogen. Sie schnappten hörbar mehrmals nach Luft und Hermine schlug die Hände vor den Mund: „Oh, mein …! Oh …!"
„Das kann doch nicht wahr sein!" schrie Ron auf. Harry und die Übrigen, die ihn natürlich gehört hatten, zuckten zusammen.
„Was gibt es, Mr. Weasley?" frage McGonagall spitz. Harry kam langsam auf die Beine: „Professor Dumbledore?"
„Was ist, Harry?" fragte der Direktor alarmiert, „Komm bitte mit! Hermine, Ron, schließt euch uns an!"
Harry ließ sich von seinen Freunden hinter Dumbledore her aus der Halle in sein Büro ziehen.
„Ich muss ins Ministerium." sagte Harry leise, „Sie haben geschrieben, ich muss kommen, weil … jemand ist gestorben …" Harry spürten, wie ihm die Tränen kamen, was er absolut nicht verstehen konnte.
„Du gehst nicht ohne mich, Harry!" sagte Dumbledore bestimmt, „Ron, könntest du bitte Sirius und Remus Bescheid sagen, dass wir schnellstens ins Ministerium mussten, um etwas zu klären? Sie sollen sofort nachkommen! Hermine, bitte sag Professor McGonagall Bescheid!" Die beiden nickten und verließen das Büro.
„Gehen wir!"
Durch den Kamin gelangten sie ins Ministerium, das Harry eigentlich so bald nicht hatte wieder sehen wollen.
„Ah, Mr. Potter! Wie überaus entgegenkommend, dass Sie unserer Aufforderung so schnell nachkommen!" empfing sie eine strenge Frau im schwarzen Anzug, die anscheinend neben dem Kamin gelauert hatte, „Folgen Sie mir!" Sie ignorierte Dumbledore vollkommen und führte Harry in ein nahes Büro, in dem mehrere Damen und Herren saßen, die ebenfalls Anzüge trugen und damit wichtig wirken wollten. Einer erhob sich sofort.
„Harry James Potter." sagte er mit einer Stimme, die klang, als käme sie von einem Tonband, „Aufgrund der plötzlichen Todesfälle in Ihrer Familie, namentlich Dursley, Vernon, Dursley, Petunia und Dursley, Dudley, sind Sie als minderjähriger Zauberer nun ohne Vormund. Da Sie keine weiteren Verwandten haben, unterstehen Sie ab sofort der Verantwortung und Pflege des Ministeriums, das Sie morgen offiziell adoptieren wird."
„WAS?" schrie Harry und glaubte an einen sehr schlechten Scherz.
„Wie sind diese Leute umgekommen?" fragte Dumbledore scharf und Harry musste schlucken. Vor allem, weil er denselben Verdacht hatte, wie sein Direktor: Das Ministerium hatte ihnen etwas getan, um an Harry heran zu kommen.
„Sie haben nichts mehr zu sagen oder zu tun, Mr. Dumbledore!" sagte eine Frau mit ganz kalten Augen, „Lassen Sie den Jungen hier und …"
„Das können Sie gleich vergessen!" brüllte Harry und trat einen Schritt zurück, „Ich bleibe nicht hier! Nicht bei Ihnen und diesen ganzen Idioten! Sie können mich hier nicht festhalten!"
„Sind Sie davon in Kenntnis gesetzt worden, dass Sirius Black, der offizielle Pate von Harry, gerade gestern von allen Verbrechen freigesprochen und somit komplett rehabilitiert wurde?" fragte Dumbledore.
„Das tut nichts zur Sache!" meinte einer der Männer.
„Oh, doch! ER wird Harry adoptieren! Und wenn Ihnen Ihre Positionen lieb sind, dann lassen Sie jetzt dieses Schmierentheater! Das ist ja lächerlich! Ist die Familie Dursley wirklich zu Tode gekommen oder versuchen Sie hier irgendeinen billigen Trick!"
„Unterstellen Sie uns nichts!" ranzte der Mann von eben, „Wir haben wahrlich genug zu tun, ohne …"
„Harry?" erklang da eine Stimme aus dem Flur.
„Remus! Wir sind hier!" rief Harry. Keuchend polterte Remus in den Raum.
„Sirius kommt sofort! Er spricht irgendwas mit Minerva ab." murmelte er und sah dann in die Runde, „Und was haben Sie hier Witziges vor?"
„Wer sind Sie denn?"
„Wenn Sie das nicht wissen, ist das Ihre Schuld!" gab Remus unfreundlich zurück und flüsterte verächtlich: „Uninformiertes Pack!"
„Da sich nun niemand um den jungen Mr. Potter kümmert …"
„Wie niemand? Die Dursleys …" begann Remus verwundert.
„Sind tot, Mister!"
„Tatsächlich? Haben Sie sie um die Ecke gebracht?" Remus bewegte sich auf sehr dünnem Eis, weswegen Harry seine Hand besänftigend auf seinen Arm legte. Es brachte ihm herzlich wenig, wenn sie Remus wieder einsperren würden.
„Sie wurden von Todessern getötet und nun ist Mr. Potter ohne jeglichen Vormund. Deshalb …"
„Ich …" fing Remus an, doch die strenge Frau, die sie am Kamin abgefangen hatte, unterbrach ihn: „Das hatten wir doch schon einmal! Lupin, nicht wahr? Fast tragisch, aber Sie bekommen ihn auch diesmal nicht und jetzt halten Sie den Rand!"
„Leute!" sagte Harry und sah sie alle belustigt an, „Es ist mir komplett egal, was ihr plant. Ich bleibe nicht hier. Immerhin bin ich noch schulpflichtig!" Wenn er dachte, damit hätte er ihnen ein Schnippchen geschlagen, täuschte er sich.
„Wir sind angesichts der kritischen Situation berechtigt, Ihre Schulpflicht aufzuheben!"
„WAS?" Harry geriet erneut in Panik. Remus meldete sich noch einmal zu Wort: „Ich wollte überhaupt nicht vorschlagen, dass ich ihn aufnehme. Wo auch? Die Herrschaften sollten informiert darüber sein, dass ich auf der Straße lebe! Allerdings weiß ich, dass Sirius Black, der seit gestern wieder ein respektables und noch dazu ziemlich wohlhabendes Mitglied der Zauberergemeinschaft ist, ihn gleich abholen wird."
„Black können Sie vergessen! Der knickt doch ein, dieser arme Irre!" schnaubte einer.
„Nennen Sie ihn nicht so, Sie dreckiger …" schrie Harry, wurde aber von Remus fest am Arm gehalten.
„Sehen Sie! Er bedarf einer Aufsicht und zwar sofort!"
„Aber nicht Ihrer, verdammt noch mal!" brüllte Harry. Langsam hatte er das Gefühl aus dieser Lage nicht mehr herauszukommen. Dumbledore war ganz still und Harry hoffte, dass er nicht verzweifelt war, sondern irgendeinen genialen Plan ausklügelte.
„Sirius Black wird in jeder Minute mit den unterschriebenen Adoptionsunterlagen hier sein!" sagte Remus fest.
„Niemand unterschreibt ihm diesen Wisch jetzt!" rief die strenge Frau triumphierend.
„Oh, doch!" sagte eine weitere Stimme und Harry meinte, er müsste vor Erleichterung platzen, als er Sirius und Professor McGonagall eintreten sah.
Sirius nickte ihm und Remus kurz zu und legte dann einige kompliziert aussehende Schreiben in die Mitte des mit Kaffeebechern voll gestellten Konferenztisches, „Bitte sehr, meine Damen und Herren! Hier ist die gerichtliche Erklärung meiner Unschuld und das offizielle Entschuldigungsschreiben, meine erneuerte Flug-, Besitz-, Wohn- und Arbeitserlaubnis, die Patenschaftsurkunde von vor 16 Jahren, eine Bestätigung meiner Zahlungsfähigkeit und eine Anzahlungsbescheinigung für ein kleines Häuschen in Hogsmeade. Ach, ja. Und bevor ich es vergesse: die Adoptionsurkunde, unterschrieben von der Erziehungsabteilung im Büro für Magisches Recht." Sirius grinste breit und die Herren und Damen stürzten sich auf die Papiere, um einen Fehler zu finden.
„Wie hast du das jetzt geschafft?" fragte Remus seinen Freund leise.
„Wir kennen da jemanden, der Minerva noch einen Gefallen schuldig war!" erklärte Sirius zufrieden und McGonagall nickte: „Und wir mussten sie noch nicht einmal bedrohen!"
„Das ist ja nett!" sagte Dumbledore.
„Und, stimmt alles? Wunderbar, dann nehme ich meinen Adoptivsohn jetzt mit!" Sirius legte einen Arm um Harry und schob ihn aus dem Büro. Harrys Kopf dröhnte. Er hatte Adoptivsohn gesagt! Eine Sekunde später fiel ihm allerdings ein: Was war mit den Dursleys? Waren sie wirklich …?
Harry schluckte. Hass und Verachtung hin oder her, sie verdienten es nicht zu sterben. Und schließlich hatte er sein ganzes Leben dort verbracht. Würden sie jetzt einfach weg sein?
„Harry? Wir werden uns sofort erkundigen, ob es stimmt!" sagte Dumbledore, „Wir schicken Moody in den Ligusterweg."
„O.K." Harry schritt langsam neben Sirius her. Er sah zu ihm auf. Sirius sah, wie häufig, etwas grimmig, doch ebenso zufrieden aus.
„Danke!" flüsterte Harry und statt einer Antwort drückte Sirius ihn einmal an seine Schulter.
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„Ich bin jetzt also offiziell adoptiert!" erklärte Harry seinen Freunden, die mit offenen Mündern auf der Couch vor dem Kamin saßen, und allen anderen, die es hören wollten. Ron, Seamus und Neville hatten extra für ihn ihr Schachspiel unterbrochen und Ginny, Hermine und Lee hatten die Sessel zu ihren Seiten besetzt.
„Und die Dursleys?" fragte Hermine zaghaft. Harry zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es nicht!"
„Dann ist jetzt der letzte Schutz für dich weg, oder?" wollte Ron wissen und Harry stellte fest, dass er daran noch gar nicht gedacht hatte: „Wahrscheinlich. Aber der hat eh nicht mehr viel gebracht."
„Du gehst doch aber weiterhin zur Schule, oder?" hakte Hermine nach. Die aufgehobene Schulpflicht bereitete ihr die meisten Sorgen.
„Klar! Dumbledore hat hier schließlich einen komplett unabhängigen, kleinen Staat geschaffen. Aber ich werde jetzt als Wohnort den Welkenweg Nr. 5 in Hogsmeade angeben. Sirius hat das Haus gekauft."
„Wird er dort einziehen?"
„Nein, er bleibt, wo er ist." Harry meinte den Fuchsbau, sagte es aber nicht laut, da außer Hermine, Ron und Lee niemand wusste, was es damit auf sich hatte, „Das wird unsere Alibi-Adresse."
„Klingt spannend!" sagte Ron und hatte offenbar noch mehr sagen wollen, brach aber ab, denn gerade kam Ginny mit Luna herein. Sie kamen aus dem Schlafsaal, denn Luna hatte sich einmal im Gryffindor-Turm umsehen wollen. Jetzt nahm setzte sie sich neben Neville und sagte ihm freundlich, dass er das Spiel absolut in den Sand gesetzt hatte.
Ginny blieb einen Augenblick stehen, dann verschwand sie aus dem Portraitloch.
Harry überlegte drei Sekunden, sprang auf und rannte ihr nach. Kaum war er aus der Tür stieß er gegen Meta, die ihn hatte holen wollen.
„Harry, Dumbledore will dich sprechen! Es ist sehr wichtig!" rief sie ihm nach.
„Verdammt!" rief Harry, ohne zu stoppen, „Gönnt mir eine Pause, O.K.? Ich … sag ihm, ich komme so schnell wie möglich!" Er hetzte durch die Gänge, um Ginny einzuholen, die sich schnell und zielsicher in die Eulerei bewegte. Als er endlich oben im Turm war, stand Ginny mit dem Rücken zu ihm und streichelte Pig.
„Ich schicke Mum und Dad nur eben eine Nachricht." sagte sie ohne sich umzudrehen.
„Ja, grüß sie bitte von mir!" bat Harry und überlegte fieberhaft, was er jetzt sagen sollte, „Ginny, hör mal …"
„Ist in Ordnung, Harry! Du musst nichts erklären oder entschuldigen!" sagte Ginny und ließ Pig fliegen, „Ich will eigentlich auch gar nichts hören!"
„Ginny!" stieß Harry hervor, „Wir sind doch weiterhin …?" Ginny zuckte mit den Schultern: „O.K., sind wir. Was auch immer. Aber ich möchte nie wieder daran denken müssen!"
Das fand Harry jetzt leicht unfair: „Ginny, es ist nicht so, als hätte ich mir das ausgesucht! Außerdem gehört das nun mal zu meinem Leben! So etwas Schreckliches gehört dazu! Ohne gibt es mich nicht!"
„Wer sagt denn, dass ich dich will, Harry Potter?" rief Ginny aufgebracht und fuhr herum, „Tu verdammt noch mal nicht so, als müsstest du dich vor deiner Freundin rechtfertigen!"
„Ich dachte …"
„Es interessiert mich nicht, was du denkst!"
„Ginny, jetzt hör aber auf!" Langsam wurde Harry wütend. Er hatte mit ihr sprechen wollen und auf ihre Unterstützung und vielleicht ein bisschen Trost gehofft. Doch Ginny schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust: „Was denn?"
„Ich habe dir schließlich nichts getan!" sagte Harry empört.
„Noch nicht." murmelte Ginny und ging an ihm vorbei zur Tür.
„Wie bitte?" Harry hielt sie am Arm fest, „Spinnst du jetzt? Ginny, wir sind doch Freunde! Ich dachte, ich kann auf dich zählen wie auf Ron und Hermine! Sag mir, dass ich mich da nicht geirrt habe!"
Ginny sah ihn lange mit unbewegtem Gesichtsausdruck an. Dann machte sie sich mit einem Ruck los: „Du hast dich geirrt! Ich möchte das nicht, weil ich es schlicht und ergreifend nicht kann, O.K.? Ich bin keine Heldin und ich lege keinen Wert darauf, eine zu werden! Irgendwann hörte es auf, erträglich zu sein und das war genau gestern! Geh zu Ron und Hermine; die sind daran gewöhnt! Und lass mich bitte in Ruhe!"
Damit ging sie und ließ einen völlig perplexen Harry zurück. Er war so überrumpelt und zornig und traurig, dass er auf dem Weg zum Turm vergaß, dass er zu Dumbledore sollte. Glücklicherweise traf er wieder auf Meta. Diesmal war sie diejenige, die ihn beinahe umrannte.
„Harry, jetzt komm aber mit, sonst reißt mir der nette Herr Schuldirektor den Kopf ab und das hat er wortwörtlich so gesagt!" Sie hakte ihm unter und führte ihn zu Dumbledores Büro.
„So, Harry!" Der Direktor saß ihm gegenüber und hatte die Handflächen aneinander gelegt, „Wir haben die Dursleys gefunden."
„Und?" fragte Harry leise. Gefunden hieß nicht automatisch, dass sie noch am Leben waren.
„Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut, aber sie sind sehr aufgebracht und wütend. Dein Onkel hat mir ins Gesicht gesagt, dass er dich nie wieder in der Nähe seiner Familie sehen möchte!"
Harry schürzte die Lippen und schwieg. Er mochte die Dursleys nicht, sie mochten ihn nicht. Das war kein Geheimnis, doch dass sie so abrupt jeglichen Kontakt abbrechen wollten, machte Harry zumindest nachdenklich und auch ein bisschen betroffen.
„Ich gehe also nie wieder zu ihnen zurück?" fragte er sicherheitshalber und wunderte sich, dass sich bei dieser Antwort auf diese Frage keine euphorische Freude einstellte. Denn Dumbledore sagte: „Nein, du wirst sie nicht wieder sehen, es sei denn, du entschließt dich eines Tages dazu, sie besuchen zu gehen. Das tust du dann aber auf deine ganz eigene Verantwortung und solange hier noch nicht alles wieder in Ordnung ist und Sirius mehr oder weniger das Sagen hat, lässt du solche Aktionen bleiben!"
Harry nickte: „Ich brenne schließlich nicht darauf … oder?" Er war sich wirklich nicht sicher.
„Lass es mal ruhig angehen, Harry! Vielleicht möchte deine Tante dich ja irgendwann noch mal sehen. Sie schien mir doch schon etwas betroffen zu sein." sagte Meta tröstend.
„Warst du dabei?"
„Ja."
Dumbledore räusperte sich, da er offensichtlich noch nicht fertig war: „Ich bin sehr froh darüber, dass Sirius dich adoptiert hat, aber mit dem Verschwinden deiner Verwandten dürfte auch das letzte bisschen Schutz vor Voldemort nun dahin sein."
„Ist doch auch egal, oder? Hier kann er mich nicht finden. Nicht, bis ich bereit bin und aus dem Versteck komme."
„Sehr richtig, Harry. Und ich überlege gerade, wann der Zeitpunkt gekommen ist."
Harry starte ihn an. Diesmal gab es also keine Pause. Er hatte Pettigrew gejagt und gefunden, sie hatten Sirius durch eine Gerichtsverhandelung geschleift, Pettigrew umgebracht, Sirius rehabilitiert, Harry vor einer Zwangadoption durch das Ministerium bewahrt und jetzt sollte es gleich weiter gehen.
Harry hatte gar nicht so richtig mit Hermine und Ron über all das reden können. Er vermisste sie, obwohl sie eigentlich die ganze Zeit dabei gewesen waren. Und er vermisste Ginny so doll, dass es schmerzte. Er hatte noch nicht richtig verstanden, was sie ihm gesagt hatte, aber dass es nach einem Ende klang, war ihm bewusst. Ein Ende. Wie absolut sinnlos. Es gab ja nicht einmal einen richtigen Anfang.
„Harry?" Meta legte eine Hand auf seine Schulter, „Was sagst du dazu?"
„Nett, dass du fragst!" fand Harry, „Ich will eigentlich nicht."
„Jetzt nicht oder nie, Harry? Wenn die Antwort nämlich nie ist, können wir auch jetzt loslegen!" sagte Meta und Harry sah sie stirnrunzelnd an.
„Ich gehe Jakob holen!" Damit verließ Meta den Raum und Harry sah wieder zu Dumbledore: „Jetzt? Sie meinen, heute? Gleich? In ein paar Minuten oder so?"
Dumbledore seufzte schwer und beugte sich vor: „Harry, ich habe vieles mitgemacht in meinem langen Leben, aber nichts tat mir je so weh, wie die Tatsache, dass ich dich irgendwann gehen lassen muss! Und es wird mir beinahe unerträglich, wenn ich realisiere, dass es bald sein muss. Ich denke, heute nicht. Wir werden Jakobs Urteil abwarten und mit Sirius sprechen …"
„Und mit Remus." fügte Harry hinzu. Er wollte Remus nicht ausschließen.
„Ja, und mit Remus. Mit Hermine, Ron und … Ginny?"
„Nein." sagte Harry, „Nicht mit Ginny. Sie möchte das nicht und wer bin ich, dass ich sie zwingen könnte?" Dumbledore legte beruhigend eine Hand auf seinen Arm und Harry sah ihn an: „Entwickeln wir eine richtige Taktik oder wird das eine Auf-gut-Glück-Aktion?"
„Oh, ich für meinen Teil bin für eine Taktik und du?"
„Ich auch." Dann schwiegen sie, bis Jakob hereinkam. Er hatte Meta, Sirius und Remus im Schlepptau und die beiden Letzteren sahen leicht verärgert aus.
„Was wird das, Albus?" fragte Sirius sofort und setzte sich demonstrativ neben Harry. Remus blieb neben den beiden stehen.
„Wir sind uns einig darüber, dass es irgendwann ein Ende haben muss." sagte Dumbledore ruhig.
„Ja, irgendwann!" schoss Sirius, „Aber nicht jetzt! Wir haben uns verdammt noch mal eine Pause verdient! Harry ist völlig fertig und ich habe einfach keinen Bock, mich sofort wieder in einen Kampf zu stürzen. Außerdem haben wir Vollmond in zwei Tagen und die Osterferien …"
„Sirius." Dumbledore klang sehr gereizt, obwohl er sich Mühe gab, das zu verstecken, „Lediglich das Geheimnis hier in Hogwarts schützt Harry noch, allerdings hilft es der Welt nicht und wir wissen nun einmal alle, dass Harry der Einzige ist, der das Ganze beenden kann! Es nützt nichts, ihn weiter hinzuhalten. Wir warten alle auf den Knall, aber ich denke, wir sollten ihn besser selbst herbeiführen. Der Orden ist bereit. Wir haben uns gut trainiert, um eine ganze Menge von Todessern in Schach zu halten und zwar so lange, wie Harry braucht, um Voldemort zu erledigen. Ich finde, es ist nichts weiter als Quälerei, es noch länger aufzuschieben!" Sirius starrte den Schulleiter unsagbar wütend an, biss sich jedoch schweigend auf die Lippe.
„Jetzt möchte ich gerne wissen, was Jakob zu der Sache sagt!" Dumbledore sah ihn an. Auch Sirius´ Blick fuhr herum und durchbohrte den Mann beinahe. Dieser allerdings sprach erst einmal Harry direkt an: „Harry, wie schätzt du dein letztes Training ein?"
„Naja, ziemlich gut, oder. Ich habe es geschafft, Meta ohne Zauberstab unter Imperio zu kriegen."
„Was eine Erfahrung war, die ich nur zu gern wiederholen möchte!" warf Meta sarkastisch ein und ließ sich von einem mitleidig lächelnden Remus den Arm tätscheln.
„Ich denke, ich bin ganz gut, aber ich weiß nicht, ob es reicht!"
„Das weiß man nie, bevor man es nicht ausprobiert hat! Wir sollten noch ein paar Tage Intensivtraining veranstalten und dich mit allem Freakigen konfrontieren, was wir finden können."
„Sprich: mit Remus!" konnte sich Harry nicht verkneifen. Jakob nickte: „Mit Remus und mit Professor Snape!"
Harry keuchte: „Wie bitte!"
„Das ist die einzig logische Schlussfolgerung, Harry! Keiner hier im Schloss, mittlerweile auch ich, ist mehr in der Lage, gegen dich in Legilimentik zu bestehen. Professor Snape ist ein starker Gegner und …"
„Er wird dazu nie ja sagen!" rief Harry.
„Doch, das wird er, Potter!" sagte eine Stimme von der Tür und Snape trat ein mit einem Gesichtsausdruck, als müsste er ich übergeben, was er im Moment mit Sirius gemeinsam hatte, „Wenn es darum geht, diese erbärmliche Welt zu retten, bin ich doch immer dabei!" Harry gab einen nicht-begeisterten Grunzlaut von sich.
„Na, dann kann es ja losgehen!" Kaum hatte Dumbledore ausgesprochen, fuhr Sirius auf: „Wir unternehmen nichts vor Vollmond, dass das mal klar ist! Remus kann nicht …"
„Auf mich muss keine Rücksicht genommen werden!" meldete sich Remus leise, aber bestimmt zu Wort.
„Edel, Lupin!" Snapes Spott ging in Sirius´ erneutem Ausbruch unter: „Himmel noch mal, Moony! Jetzt hör endlich damit auf! Das ist ein Faktor, den wir nun mal nicht außer Acht lassen können. Außerdem sind wir es gewohnt. ICH bin es gewohnt. Ich liebe es, auf dich Rücksicht zu nehmen! Ich lebe praktisch dafür! Und ich weiß nicht, wie oft ich diese Diskussion noch mit dir führen soll!"
Sirius hatte angefangen zu schreien und sah Remus aufgebracht an. Dieser sagte erst einmal gar nichts mehr, aber was Harry viel mehr interessierte war Snapes Gesichtsausdruck, der, entgegen seinen Erwartungen, keinen Ekel sondern; Harry konnte es nicht fassen; auf eine nur geringfügig angewiderte Art Faszination ausdrückte. Allerdings guckte er sofort wieder finster, als er Harrys Blick gewahrte.
„Also, dann verbringen wir doch einfach noch ein paar Tage mit Übungen ohne Remus. Ich stelle mich zur Verfügung und Professor Snape wird ebenfalls helfen. Sirius und Remus bringen den Vollmond hinter sich und sobald es Remus besser geht, kann er mit Harry noch etwas trainieren. Dann müssten wir in spätestens zwei Wochen startklar sein!" sagte Meta und alle waren erleichtert, abgesehen von Dumbledore, der gar nicht bedrückt gewesen war.
„O.K." Sirius nickte und sah leicht beschämt zu Boden.
„Ähm, ich will auch noch was dazu sagen!" meinte Harry, „Entschuldigen Sie, Professor Snape, aber ich werde nicht mit Ihnen üben. Das ist mir zu riskant und zwar für beide Parteien." Harry hatte behutsam, doch entschlossen gesprochen.
Snape verzog das Gesicht.
„Harry." sagte Sirius und Harry glaubte, zu träumen, als sich sein Pate (und Adoptivvater! Daran musste er sich erst noch gewöhnen.) für den verhassten Lehrer einsetzte, „Es ist sehr effektiv mit ihm zu arbeiten. Tu es einfach zum Wohle der Menschheit." Harry schnaubte.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber Black hat Recht! Wir sollten über unsere Schatten springen, Potter!" sagte Snape glatt und Remus und Meta sahen ihn an, als zweifelten sie an seinem Verstand. Einzig Jakob, der das ganze Ausmaß dieser Hassgeschichte nicht richtig erfasst, und Dumbledore, der Mann, der nie die Hoffnung aufgab, sahen erfreut und geradezu berührt aus.
Harry dachte, dass es am Ende eh nur wieder darauf hinauslaufen würde, dass er über seinen Schatten sprang und Snape ihn drangsalierte.
„Ich werde jedes Mal dabei sein!" sagte Sirius und stand auf, womit das Gespräch beendet war. Er verabschiedete sich mit einem leichten Schulterschlag von Harry und ging durch den Kamin zum Fuchsbau. Remus stand auf und umarmte Harry kurz, bevor auch er und Meta verschwanden. Auf dem Weg zum Turm stellte Harry mit Jakob einen kleinen Stundenplan für sein Training zusammen.
„Hey!" sagte Ron matt, als er in den Gemeinschaftsraum kam. Er hing müde in einem Sessel. Hermine schlief, eingerollt wie eine Katze, auf der Couch.
„Ihr musstet doch nicht extra aufbleiben." sagte Harry, obwohl er sich innerlich darüber freute, und setzte sich.
„Sind wir nicht!" sagte Ron grinsend und deutete auf Hermine, die einen kleinen Schnarcher von sich gab. Harry lachte.
„Und, gab´s was Wichtiges?" fragte Ron gähnend.
„Allerdings. Wir rüsten uns langsam. Das heißt, ich rüste mich. Es ist bald so weit!"
Schlagartig war Ron wieder wach: „Ja? Wie bald? Wie ernst ist es?"
„Sirius hat gesagt, ich soll mit Snape zusammenarbeiten."
„Ei!" Ron zog die Luft ein, „Dann ist es verdammt ernst! Haben sie sich angefasst? Die Hände geschüttelt oder so?" Harry schüttelte leicht lächelnd den Kopf.
„Na, dann geht´s ja noch!" Sie schwiegen, dann überwand sich Harry zu folgender Frage: „Hast du zufällig mit Ginny gesprochen?"
Ron schüttelte den Kopf: „Nein, aber ich habe ihr Gesicht vorhin gesehen. Es geht ihr ziemlich dreckig."
„Ja, toll! Und irgendwie ist das meine Schuld. Das Dumme ist nur, dass sie sich jetzt dafür entscheidet, bei diesem ganzen, grausamen Zirkus nicht mitspielen zu wollen und jetzt brauche ich sie." Harry zog die Schultern ein, während Ron ihn mit kritischem Blick musterte.
„Sie beruhigt sich wieder!" sagte Hermine mit geschlossenen Augen wie ein Orakel, „Es ist nun mal wirklich hart, aber wenn sie heute Nacht darüber nachgedacht hat und morgen auch noch erfährt, dass es bald losgeht, dann kommt sie schon wieder." Harry zweifelte sehr daran, aber er beschloss, erst einmal Hermines weisen Worten zu glauben. Jetzt setzte sie sich gähnend auf, rieb sich die Augen und lächelte Harry an: „Können Ron und ich helfen?"
„Ich denke schon. Auf jeden Fall hätte ich euch gerne dabei."
„Immer doch." meinte Ron cool, „Jetzt sag aber mal, was das zu bedeuten hatte, dass dieser Derony-Typ Remus kannte? Und dass er ihn mal nach Askaban gebracht hat? Ist doch krass! Anscheinend hat er auch dort gesessen."
„Ich hatte noch keine Möglichkeit, ihn zu fragen." gab Harry zu, „Aber das würde mich auch mal interessieren."
„Na, dann auf!" sagte Hermine und erhob sich, „Gehen wir zum Fuchsbau. Ich habe auch noch ein paar Fragen an die werten Herren, bevor hier alles im Chaos untergeht." Sie wanderten durch die dunklen Gänge zu Dumbledores Büro. Dieser zeigte sich sehr überrascht, Harry so schnell wieder zu sehen.
„Wir würden gerne zum Fuchsbau." sagte Harry, „Ein bisschen mit Sirius und Remus sprechen und so."
„Ich wüsste nichts, das dagegen spräche, Harry! Bitte, benutzt meinen Kamin."
Und zwei staubige Minuten später standen Harry, Ron und Hermine im Fuchsbau. Im düsteren, verwaist wirkenden Wohnzimmer saßen Sirius, Remus und Bill auf den Couchen und tranken Feuerwhiskey.
„Hallo!" Erschrocken sahen alle drei auf.
„Hey, was macht ihr denn hier?" fragte Sirius und rückte zur Seite, damit Harry sich neben ihn setzen konnte.
„Wir wollten ein wenig mit euch schnacken." sagte Harry und guckte Remus eindeutig an.
„Ah, ja. Gute Idee, das ist echt eine krasse Geschichte. Die kenne ich mittlerweile." meinte Sirius und zauberte ihnen Gläser und Saft. Ron verzog das Gesicht: „Keinen Feuerwhiskey?"
Sirius lachte: „Wir mussten Hagrid versprechen, dass ihr euer erstes Glas bei ihm kriegt so wie wir früher!"
Hermine lächelte selig: „Ach, das ist aber nett! Dann nehme ich sogar eins!"
Harry und Ron starrten sie überrascht an und ließen sich von Bill die gefüllten Gläser geben.
„Wo sind die Zwillinge und Angelina?" wollte Ron wissen.
„In London. River hat heute Geburtstag und sie essen mit ihm, Tonks und Lee." sagte Bill.
„Schön!" sagte Harry und wandte sich Remus zu, „Also, erklär mal! Derony sagte, er hätte dich schon mal getroffen und da, ich zitiere, „lagst du in Ketten und warst auf dem Weg nach Askaban." Wie kam es bitte dazu?"
Remus ließ sich Zeit zu antworten. Es war ja auch keine leichte Geschichte, die er erzählen sollte.
„Es ging beinahe ausschließlich um meinen Freundeskreis in dieser einen Nacht vor 15 Jahren: drei waren gestorben, einer verhaftet und weggesperrt. Ich war der nächste, an den das Ministerium gedacht hat. Praktischerweise haben sie mich in der Gesellschaft von einigen Todessern angetroffen. Die hatten mich aufgesucht, nachdem von Sirius´ Verrat gesprochen wurde, aber sie hatten noch nicht verstanden, dass ihr Chef verschwunden war. Vielleicht haben sie es sich auch nicht vorstellen können. Sie glaubten, er hätte sich versteckt und sie müssten nur ein bisschen warten, bis er hervorkommt, stärker als je zuvor und mit einem Plan zur endgültigen Eroberung der Welt.
Wir haben angestoßen und ich habe unbemerkt eine Eule losschicken können, die dem Ministerium mitteilte, wer sich gerade in meinem Haus befindet. Als sie ankamen, haben sie mich, statt mich zu ehren und mir zu danken, gleich mit festgenommen. Ich habe etliche Schulkameraden im Ministerium getroffen: die Jungs aus unserem ehemaligen Jahrgang, einige Mädchen, mit denen Sirius mal zusammen gewesen war, Snape. Sie haben mir nur ein paar Fragen gestellt, aber eigentlich hat es sie nicht interessiert, was ich zu sagen hatte. Ich habe sie praktisch angefleht, auf Dumbledore zu warten, doch Crouch sen., den ihr ja auch kennen gelernt habt, hat entschieden, mich einzusperren, damit ich bloß weg bin und keinen Ärger mache.
Derony war einer der Wärter, die mich rübergefahren haben. Man fährt mit einem Boot nach Askaban und ich musste immer daran denken, dass Sirius dasselbe auch ein paar Stunden zuvor erlebt hat. Sie haben mich dort in eine Zelle gesteckt und ich bin beinahe wahnsinnig geworden vor Angst. Ich dachte, sie würden mich für immer dort behalten. Aber ich habe bald erfahren, dass ich nicht lange überlebt hätte. Ich habe genau 21 Tage dort gesessen. Das weiß ich jetzt, aber damals habe ich es nicht gewusst. Es wurde Vollmond und ich hätte die Nacht nicht überlebt. Die Gefangenen von Askaban machen sich einen Spaß daraus, Werwölfe zu töten. Man sagt, auch als Vampir dort zu landen, sei die Hölle, denn die Gefangenen machen mit ihm kurzen Prozess. Zu meinem Glück hat Dumbledore mich persönlich herausgeholt. Ich habe von Sirius weder etwas gehört noch gesehen. Ich wollte es auch nicht. Ich bin mit Dumbledore gegangen und war wieder einigermaßen frei."
Harry sah ihn an und versuchte, sich vorzustellen, wie schlimm das für ihn gewesen sein musste. Das war allerdings nicht so leicht mit dem Wissen im Hinterkopf, dass Sirius dort 12 Jahre gesessen hatte.
Dieser meldete sich jetzt zu Wort: „Das Beste ist, dass ich Remus gerochen habe. Ich habe fast die gesamte erste Zeit in meiner Hundegestalt verbracht und ich habe gewusst, dass er da war. Ich habe mir dann eingeredet, dass ich jetzt schon wahnsinnig werde und ich war eigentlich ganz froh darüber, dass es so schnell ging."
Remus biss die Lippen zusammen und sah zu Boden.
„Kein Ding, Moony! Ich hätte in deiner Situation auch nichts anderes getan. Ich wäre auch nicht auf die Suche gegangen. Eigentlich bin ich sogar ganz froh, dass du mich nicht gefunden hast. Ich schätze, du hättest mich umgebracht."
„Ich hätte es zumindest versucht." sagte Remus leise.
„Und du hättest es geschafft. Ich hatte absolut keinen Lebenswillen mehr. Auch an dich habe ich erst später gedacht. Vielleicht in meinem zweiten Jahr. Da konnte ich auch wieder daran denken, dass es Harry da draußen noch irgendwo geben musste." Sirius nahm einen großen Schluck Whiskey.
„Aber man kann doch nicht einfach so in Askaban herumwandern. Da sind doch Gitter und Mauern und du wurdest doch als Hochsicherheitsgefangener bewacht, oder?" fragte Hermine zaghaft.
Sirius schüttelte den Kopf: „Ihr solltet von dieser Vorstellung eines sauberen, geordneten Gefängnisses wegkommen. Askaban ist eine Festung, aber nicht überall sind Gitter. Die Wände sind marode und es ist feucht und kalt. Das salzige Meerwasser fliegt mit dem Wind herbei und zerfrisst alles; Mauern und Menschen. Man kann in Askaban durchaus herumwandern, aber die Frage ist, ob man das will und ob es klug ist. Die Gefangenen richten sich gegenseitig. Todesser sind Todesser; auch in Askaban. Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht, da ich dachte, ich könnte irgendwie fliehen, doch man kommt meist nicht weit. Zu bestimmten Zeiten kommen die Dementoren und dann ist man in einer Zelle, in der man vielleicht sogar die Tür verschließen kann, am besten aufgehoben. Man sperrt die Gefangene nicht ein; das machen die selbst, die unbedingt überleben wollen. Wenn eine Kontrolle vom Ministerium stattfand, haben sie uns in die Zellen zurückgetrieben und dann konnte man sich auch nicht mehr verstecken. Außerdem bekommt man nicht überall was zu essen. Man muss sich zwangsweise irgendwann wieder bemerkbar machen, wenn man nicht in einer Ecke verrotten will. Aber ich habe auch durchaus Leute getroffen, die das wollten."
Als Sirius abbrach, wagte Harry einzuwerfen: „Dieses ... Wesen, dass ich in deiner Erinnerung gesehen habe ... was war das?"
Sirius zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es bis heute nicht und ich will es auch gar nicht wissen! In Askaban kann reinkommen, was möchte. Es ist egal. Als es ganz zu Anfang nur Wachen gab, ist der erste Dementor per Zufall hereingelangt. Schlaue Vampire rotten sich zusammen und starten einen kleinen Beutezug und keinen interessiert es. Wer allerdings als Vampir zurückgelassen wird, wird umgebracht. Ich habe etliche Viecher gesehen, die durchs Wasser oder die Luft hereingekommen sind und … sich an den Gefangenen gütlich getan haben. Wenn man vorhat, in Askaban zu sterben, dann hatte man wirklich die Möglichkeit dazu."
„Du wolltest das nie." sagte Harry leise.
„Ich war zu feige. Es hätte höllisch wehgetan und wer weiß, wie lange es gedauert hätte. Das war nichts für mich." Sirius trank hastig weiter und Harry beschloss, nicht weiter darauf einzugehen.
„Remus?" meldete sich jetzt Hermine zu Wort, „Ich verstehe immer noch nicht, wie das vor drei Jahren mit dem Wolfsbanntrank so schief gehen konnte? Warum hast du dich verwandelt und warum erst, als der Mond sichtbar wurde?"
„Ja, und warum verdammt hast du dich nicht daran erinnert, dass du mordsgefährlich bist und das spätestens, als Snape den Trank erwähnte?" fügte Ron hinzu.
Remus vergrub sich noch in Stück in seinem Sessel und er sah so schuldbewusst aus, dass Harry seine Freunde strafend ansah.
„Früher, als es den Trank noch nicht gab, habe ich mich direkt beim Aufgang des Mondes verwandelt. Das ist unter Einfluss des Trankes nicht möglich. Der Werwolf bricht sozusagen erst während des absoluten Höhepunkt der Nacht hervor: entweder gegen Mitternacht und bleibt bis zum frühen Morgen oder wenn ich direkt unter die Strahlen des Mondes gerate. Hätte ich vor drei Jahren keinen Wolfbanns gehabt, wäre ich gar nicht in der Lage gewesen, zu euch zu kommen, denn dann hätte ich schon lange die Gestalt eines Wolfes angenommen."
„Wahrscheinlich wärst du schon längst in der Hütte gewesen, wie?" fragte Bill und sie mussten lächeln. Auch Remus lächelte, als er sagte: „Nein, ohne Wolfsbann wäre ich vor drei Jahren nicht mehr am Leben gewesen; da bin ich mir ziemlich sicher." Wieder herrschte eine unbehagliche Stille.
Allerdings schien Remus noch nicht beruhigt: „Ich habe es vergessen und das habe ich mir bis heute nicht verziehen! Natürlich wusste ich, dass Vollmond war! Ich spüre den Mond schließlich früh genug, aber in diesem Augenblick … als ich die Karte las … mein Kopf war vollkommen leer. Ich wusste, dass jetzt endlich das passieren würde, worauf ich die ganze Zeit gewartet hatte. Und entweder würde es sich wider allen vernünftigen Argumenten alles zum Guten wenden oder … es würde irgendein Ende haben. Ich bin einfach losgelaufen und ganz ehrlich: ich habe Snapes Worte nicht gehört. Ich höre ihm selten wirklich zu. Alles, was ich gehört und gesehen habe, war Sirius!"
„Das ist aber romantisch, Moony! Vielen Dank!" sagte Sirius prompt und alle waren erleichtert, dass sie loslachen konnten.
„Ich habe noch eine Frage!" verkündete Harry, nachdem sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatten.
„Immer her damit!" sagte Sirius und wischte sich eine letzte Träne aus dem Augenwinkel, „Das scheint mir der richtige Moment dafür zu sein."
„Warum heiße ich mit zweitem Namen „James"? Ich meine, ich habe jetzt aus verschiedenen Quellen erfahren, dass mein Dad ab und an einen Hang zur Arroganz hatte, aber das kommt mir doch ziemlich komisch vor."
Sirius grinste: „Naja, das war auch nicht seine Idee. Es ist einfach Tradition in eurer Familie. James hat auch den Namen seines Dads bekommen: Matthew. Und ich muss dir jetzt das Versprechen abnehmen, dass du deinem Sohn deinen Namen verpasst, sonst trifft mich wahrscheinlich der Schlag." Harry sah ihn zweifelnd an.
„Harry, auch wenn das keine besonders einleuchtende Tradition ist: James musste sich daran halten; Lily hat ihm die Hölle heiß gemacht; und du wirst es auch!" bestärkte Remus Sirius´ Worte.
„O.K." meinte Harry.
Dann bemerkte er Hermines finsteren Blick. Er konnte sich vorstellen, woran sie dachte. Harrys Zukunft war eines der Themen, die nicht mehr so einfach anzuschneiden waren.
„Hey, Sirius, ziehen wir zusammen, wenn das alles vorbei ist?" fragte Harry in die plötzliche Stille hinein, „Du hast so was doch mal vorgeschlagen." Sirius nickte, da er anscheinend nicht in der Lage war, etwas zu sagen.
„Und was ist mit dir?" Harry wandte sich zu Remus.
„Remus weiß eh nicht, wo er hin soll. Dann kann er auch bei mir beziehungsweise uns einziehen. War schon immer so." Sirius hatte seine Sprache wieder gefunden und versuchte, Remus ein wenig zu ärgern. Dieser lächelte allerdings nur mild.
„Harry, versprichst du uns, dass Dumbledore uns nicht aus seinem Plan ausschließt?" Bill setzte sich sehr gerade hin und fixierte Harry mit festem Blick, „Weißt du, Mum würde ausflippen und … naja, jetzt hocken wir alle in einem Boot. Familienkram und so. Ich fände es ziemlich unfair, wenn er so was bringt."
Harry nickte langsam: „Ich auch … ähm … ich denke nicht, dass er etwas ohne euch plant. Ich werde mit ihm sprechen."
„Das ist nett! Irgendwie hängen wir doch alle ziemlich an dir!" Mit diesen Worten stand Bill auf und ging leicht schwankenden Schrittes in die Küche. Harry biss die Lippen zusammen und war ganz froh, als Sirius einen Arm um ihn legte.
Hermine schniefte und Ron sagte ärgerlich: „Eigentlich sollte das hier kein rührseliger Besuch werden!"
„Macht nichts, Ron!" sagte Remus und stand ebenfalls auf, „Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel, wenn ich jetzt schlafen gehe! Ich bin fix und fertig!" Harry, Ron und Hermine schüttelten die Köpfe.
„Wo ist Meta eigentlich?" fragte Harry.
„Im Bett. Sie liest, da sie ausnahmsweise mal frei hat!" antwortete Remus und am Tonfall seiner Stimme konnten sie hören, dass dies seiner Meinung nach nicht oft genug der Fall war.
„Dann gute Nacht und guten Vollmond!" sagte Ron, „Sehen wir dich danach wieder an der Schule?"
„Wenn ich mit Harry übe, ja! Gute Nacht!" Remus lächelte ihnen noch einmal zu und verschwand dann nach oben.
„Die beiden haben übrigens dein Zimmer." neckte Sirius Ron, doch dieser gähnte nur unbeeindruckt.
„Wann seh ich dich das nächste Mal?" fragte Harry Sirius.
„Ich würde sagen nach Vollmond. Wir wollen hier mal alles … fertig machen und …"
„Was heißt das?" Jetzt war Ron dich wieder wach, „Den Fuchsbau aufgeben?"
Sirius schüttelte entschieden den Kopf: „Nein, nicht aufgeben. Wir werden lediglich umziehen ... mal wieder. Je nachdem, wie sich das Training mit Jakob gestaltet. Und dann müssen wir sowieso erst einmal mit allem weitersehen."
Ron verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts.
„Wollen wir nicht ein paar Pläne schmieden?" fragte Harry leise und legte seinen Kopf auf Sirius´ Arm ab, „Und davon ausgehen, dass wir das schaffen und am Ende alle glücklich rumstehen? Dann müssen wir uns nicht fragen, was wir machen wollen, sondern wissen es schon."
„Also, ich für meinen Teil weiß schon, was ich mache werde und ihr werdet gefälligst meinem Beispiel folgen!" sagte Hermine und die Jungen sahen sie ängstlich an, „Naja, wir müssen doch die Schule fertig machen!"
Sirius lachte: „Dann viel Spaß! Und ich werde einfach mal gucken, ob die Auroren Hilfe brauchen. Für James und mich stand damals fest, dass wir gegen das Böse kämpfen wollten und dann sind wir gegen unsere Erwartungen so was wie magische Kammerjäger geworden. Aber ziemlich gute! Irgendwie fehlen mir der Stress und die Hektik. Das war immer ganz lustig."
„Ron und ich stoßen dann im Jahr drauf zu dir." sagte Harry, woraufhin Sirius ihn erstaunt ansah: „Ja, wirklich?"
„Jap. Wir wollen auch gegen das Böse kämpfen, oder Ron?"
„Klar!"
„Macht euch nicht so viele Illusionen. Anfangs kämpft man höchstens gegen Langeweile." prophezeite Sirius und bekam dafür von Hermine einen strafenden Blick. Bill lachte, als er hereinkam und diesen Blick ebenfalls auffing: „Na, was hast du jetzt wieder verbrochen?"
Sirius grinste und zuckte mit den Schultern.
„Was ist mit dir, Bill? Gehst du wieder nach Ägypten?" fragte Harry. Bill wiegte den Kopf hin und her: „Ich weiß nicht. Wenn man jünger ist, ist es ja schön und gut sofort von zu Hause wegzukommen, aber mit der Zeit und dem Alter ... Was ich sagen möchte ist, dass ich höchstwahrscheinlich lieber hier bleibe. Ich wusste nie, wie sehr mir meine tausend Geschwister fehlen, bis ich wieder herkam. Außerdem steht mir der Sinn nach einem Berufswechsel."
„Und was möchtest du machen?" fragte Hermine zweifelnd.
„Kochen. Ich glaube, da bin ich ziemlich gut drin."
„Bist du!" bestätigte Sirius. Ron zog die Augenbrauen hoch: „Na, ich möchte ja gerne wissen, was Mum dazu sagt!"
„Erst einmal gar nichts, Bruderherz!" sagte Bill mit spaßig-drohendem Unterton in der Stimme.
„Hermine!" sagte Sirius und hob ihr sein Glas entgegen, als wollte er ihr zuprosten, „Wirst du auch Aurorin?"
„Nein! Ganz bestimmt nicht! Ich meine, ich habe mich immer so gut geschlagen wie es mir möglich war, aber langsam habe ich auch die Nase voll davon! Ich denke, ich werde tun, was Remus mir geraten hat. Ich werde Lehrerin."
Bill nickte anerkennend, Sirius machte einmal unentschlossen „Hm!" und Harry und Ron sagten gleichzeitig und in genau demselben hin- und hergerissenen Tonfall: „Na, das ist ja klasse!"
Hermine musste lachen: „Hey, ich würde ziemlich gut sein! Und ich wäre bestimmt auch nicht strenger als Professor McGonagall!"
„Das werden wir dann ja sehen!" meinte Sirius großzügig, „Auf jeden Fall ist das eine ganz tolle Idee, aber wieso sagtest du „auch die Nase voll"? Wer denn noch?"
Harry verdrehte verärgert die Augen und sagte nichts.
„Harry?" Sirius sah ihn prüfend an. Harry seufzte: „Ginny."
„Oh!" machten Sirius und Bill gleichzeitig.
„Themawechsel!" sagte Harry bestimmt und Hermine stand auf: „Wir könnten auch zurück und ins Bett, oder?" Sie stimmten ihr zu und verabschiedeten sich.
Als sie nacheinander in den Kamin traten, begannen Sirius und Bill pflichtbewusst damit, den Tisch abzuräumen.
In Dumbledores Büro war es dunkel, als sie ankamen, doch der Direktor saß noch bei einer Kerze und einem dicken Buch im Lehnstuhl.
„Oh, Sie hätten doch nicht auf uns warten müssen!" rief Hermine beschämt und Dumbledore lachte, während er das Buch zukappte und zur Seite legte: „Ich habe es gern getan. Außerdem muss euch doch jemand in den Turm bringen. Schülern ist es schließlich nicht erlaubt, nachts durch die Gänge zu spazieren." Er zwinkerte ihnen zu und geleitete sie durch die dunklen Flure.
„Und, Harry, hast du dich mit Jakob abgesprochen?"
„Ja! Wir fangen morgen an."
„Ihr müsst keine Rücksicht auf den regulären Schulunterricht nehmen; das habe ich Jakob schon gesagt."
„Ehrlich gesagt haben wir das auch nicht!"
Dumbledore lachte zufrieden.
„Professor Dumbledore?" fragte Hermine zaghaft, „Was ist mit Ron und mir? Können wir … ich meine, müssen wir … oder?"
„Ich wäre mehr als glücklich, Hermine, wenn ihr Harry Gesellschaft leistet und ihm den Rücken stärkt! Richtet das bitte auch Miss Weasley aus! Und guckt nicht so überrascht; ich habe schließlich auch Augen im Kopf! Sagt ihr bitte, dass ich schon viele Leute erlebt habe, die sich nach Ruhe gesehnt haben und letztendlich waren alle diese Leute am Ende meine stärksten Kämpfer. Ich habe so das Gefühl, das könnt sie aufbauen und es klingt doch auch ganz hübsch, oder?" Wieder lachte und zwinkerte er und Harry überkam eine plötzliche, übermächtige Welle der Zuneigung. Er blieb abrupt stehen: „Professor Dumbledore?"
„Ja?"
„Ich möchte Sie um Verzeihung bitten! Ganz ehrlich! Weil ich eine Menge Dinge zu Ihnen gesagt und Ihnen vorgeworfen habe, die mir heute Leid tun! Und manche sind wirklich nicht wahr! Ich möchte mich bei Ihnen noch mal bedanken und bitte seien Sie mir nicht böse!"
Auch Dumbledore war nun stehen geblieben und sah Harry aufmerksam durch seine halbmondförmige Brille an wie er es im Laufe der Jahre schon so oft getan hatte.
„Ich danke dir, Harry! Das bedeutet mir viel! Und ich hoffe, dass du mir nichts nachträgst; dass wir sozusagen quitt sind!"
Harry nickte und schüttelte Dumbledores Hand, die er ihm bot, so fest er konnte.
„Dann geht jetzt ins Bett, ihr drei! Ich sehe euch morgen beim Frühstück!"
Langsam ging er den Gang entlang und ließ sie am Portrait der Fetten Dame stehen.
„Elcorenstrauch." sagte Hermine, damit die Tür sich öffnete, und sie schlüpften in den Gemeinschaftsraum.
„Gute Nacht, Hermine!" sagte Harry und war etwas überrascht, als sie ihn und danach Ron schnell umarmte. Oben im Schlafsaal war alles still. Harry und Ron zogen sich im Stockfinsteren um und kletterten in ihre Betten.
„Harry? Ron?" war da eine Stimme zu hören, „Alles klar bei euch?"
„Ja, Seamus! Schlaf weiter!"
„Mach ich. Gute Nacht!"
„Gute Nacht!"
