Ein Wunder geschieht

Ich verkroch mich in eine Ecke und weinte. Hitomi nahm mich in den Arm und sprach: „Tamara. Ich verstehe dich. Du leidest sehr. Takuya ist dir so nahe, auch wenn er nicht hier ist. Denk daran, dass du versprochen hast, Takako zu beschützen. Sie ist auch Takuyas Tochter. Takuya lebt in ihr weiter. Seine guten Eigenschaften sind in uns allen spürbar. Van merkt es am deutlichsten." „Ach, Takuya...", sagte ich mit einem leisen Seufzen und rief Takako zu mir, die bei Van und Hitomi war, nachdem sie von zuhause bei meinen Eltern ausgerissen war. Sie war noch klein. Mama hatte sie zu Van gebracht. Es war besser so. Doch sie durfte ihren gestorbenen Vater nicht sehen. Ich rief Angels Seele zu mir und sagte: „Bitte überbring Takuya folgende Botschaft. Ich werde warten, bis er zurückkehrt und wenn ich eine halbe Ewigkeit auf ihn warten muss. Der Schmerz, ihn verloren zu haben, hat mich verändert. Ich kann nicht stark sein." Sie nickte und verschwand. In der kommenden Nacht machte ich kein Auge zu. Ich musste unentwegt an Takuya denken. Er fehlte mir. Takako schlief und ich ging ans Fenster. Die Sterne waren so hell, als würden sie mein Leid gar nicht sehen. Tränen liefen meine Wangen hinab, als ich auf einmal eine Feder sah, die in meine Hand glitt. Diese Feder leuchtete strahlendhell und war flaumig weich. Es musste eine von Takuya gewesen sein. Doch das konnte nicht sein. Angel erschien und kurz darauf erschrak ich sehr. Da war auch Takuya. Er lächelte mich an und meinte: „Heute ist auf Gaia die Nacht des Drachen und da feiern die Menschen ein Fest zu Ehren aller Drachen. Der Drachengott wird auch von einigen verehrt, weil er schon Wunder vollbrachte. Er hat den Fluch von uns genommen. Unsere Flügel bleiben für immer weiß. Tamara..." Angel sagte dann zu mir: „Tamara. Werde glücklich mit Takuya. Er braucht dich. In der Zeit, als seine Seele beim Drachengott war und die Wunden seines Körpers heilen sollten, sprach er nur gutes von dir und dachte sehnsüchtig an dich. Er weinte auch oft. Seine Liebe zu dir ist sehr stark. Pass auf ihn auf." Ich wusste, dass wir nach Farnelia mussten. Nach einem farnelischen Ritual wurde der Leichnam eines verstorbenen eine Woche in einer kalten Höhle aufgebahrt. Diese Woche war erst in Tagen vorbei. Angel sagte mir auch, dass eine Seele allein nicht durch Dimensionen reisen kann. Mein Amulett sollte dabei helfen. Takuya verschwand vor meinen Augen und mein Amulett glühte. Angel sprach: „Die Seele deines Partners ist bis zu deiner Ankunft auf Gaia in dir. Ihr seid also kurzfristig ein Wesen. So wird Takuya dein Leid fühlen und wissen, was du für ihn empfindest. Du kannst dein Herz nicht verschließen. Er wird wissen, wie sehr du ihn liebst." Ich verschwand sofort nach Farnelia. Takuyas Seele wies mir den Weg und ich gelangte in die Höhle. Dort waren viele Wachen, Menschen und Merle. Die Wachen hielten mit Merle Wache und die Menschen weinten oder beteten, als sie vorbeigingen. Schweigend ging ich auf Merle zu. Sie meinte: „Tamara, es tut mir leid, was geschehen ist. Du bist der einzige Mensch, dem Takuya zu sehr vertraut hat. Sein Leid war auch dein Leid. Ihr habt immer zusammengehalten." Merlchen nahm mich tröstend in den Arm. Ich erwiderte: „Merle. Ich bin zurückgekehrt, weil ich Wache halten will. Keiner der Wachen soll hier sein, wenn ich bete. Ich habe ein altes Ritual der Menschen von Atlantis, das ich ausführen will. Es schreibt vor, dass der Trauernde alleine betet und niemand dort ist. Ich will heute Nacht beten. Bitte überreich dem Hauptmann der Palastwachen dieses Dokument. Van hat es mir gegeben. Es ist ein Befehl an die Wachen." Ich überreichte ihr das Dokument und die Wachen warteten bis es Nacht wurde. Sie verschwanden und ich ging in die Höhle rein. Dann sprach ich gegen mein Pendel: „Takuya. Der Moment ist gekommen. Was muss ich tun?" Takuya erschien vor mir und sagte: „Leg das Pendel auf meine Brust. Den Rest mache ich schon selbst. Danke. Ich werde die letzte Chance nutzen und ein friedliches Leben mit meiner eigenen Familie führen." Ein kleines Wunder geschah. Sein lebloser Körper war auf einmal warm und ich merkte, dass er noch ziemlich schwach von seinen Wunden war. Sein Atem war unregelmäßig und sein Herzschlag unruhig.