Disclaimer: Alles gehört Prof. Tolkien bzw. seinen Erben sowie allen anderen, deren Rechte geschützt sind. Mir gehört nix, reines Hobby und die Leihgabe wird auch wieder abgeliefert. Urheberrechtsverletzungen sind nicht beabsichtigt.
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3. Kapitel: Keine Haustiere! Auf gar keinen Fall!
Oder: Gehorchen wilde Tiere deinem OFC? Hat dein OFC zwei Frettchen, einen Adler und einen bengalischen Tiger, die ihr folgen und für sie kämpfen?
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‚Ungewöhnlich.' Wenn es der Sprecherin möglich gewesen wäre, hätte sie ein noch erstaunteres Gesicht gemacht.
‚Ja, es hätte schlimmer kommen können.' Der Andere wirkte erleichtert.
‚Das Gleichgewicht ist dennoch gestört.'
‚Dann müssen wir es wieder herstellen.'
‚Müssen wir wohl. Vorher ist er nicht zufrieden.'
‚Es ist alles sehr kompliziert. Zu viele Melodien.'
‚Nicht für ihn.'
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Edoras…es war wie der Besuch in einem riesigen Freilichtmuseum der Wikinger während der Mittagspause. Ausgestorben bis auf ein paar Krähen, aber alles da, was man brauchte. Ich wanderte mit Boromir, der zur Vorsicht sein Schwert gezückt hatte, durch die schmalen Gassen zwischen den Holzhäusern umher und dabei näherten wir uns immer mehr Meduseld, der goldenen Halle König Theodens.
„Es war ein eiliger Aufbruch", erklärte Boromir und umrundete einen Kochtopf, der mitten auf dem Weg lag.
„Sie haben nur das Nötigste mitgenommen", gab ich auch meinen Senf dazu. Es klang gut und trug mir ein zustimmendes Nicken ein.
„Ich frage mich, wovor sie so hastig geflüchtet sind. Eine Horde Orks ist für Edoras und die Eorlingas keine wirkliche Gefahr."
Mund auf, Mund wieder schnell zu, ich zuckte mit den Achseln. Natürlich war da noch die winzige Information, dass ein riesiges Heer von Orks unterwegs war, außerdem räuberten recht abgerissene Gestalten aus den Bergen im Land, aber zuviel Wissen kann schädlich sein.
„Was es auch ist", befand mein neuer Freund. „Es ist gefährlich und wir sollten nicht allzu lange hier verweilen. Besser, wir brechen so schnell wie möglich nach Helms Klamm auf."
„Aber nicht heute!" nörgelte ich und zerrte ihn am Ärmel auf das beeindruckende Gebäude zu, das wie ein Adlerhorst oben auf dem Hügel thronte und so goldig schimmerte wie die Bundeslade. „Es ist schon spät und ich will nicht in der Grasebene von diesen Angreifern überrascht sein. Bis morgen früh sind wir hier sicher."
„Du willst einfach nur wieder eine Nacht unter einem festen Dach verbringen", grinste Boromir gutmütig. „Ihr Elben seid wirklich bequem und verwöhnt."
„Das hat damit nichts zu tun!" Hatte es wirklich nicht. Der Elbin in mir war es völlig egal, aber die Lucy in mir brauchte das bisschen Komfort, das diese rustikale Örtlichkeit zu bieten hatte.
Entschlossen stürmte ich die breite Holztreppe herauf, musterte kritisch die geschlossenen Tore der Halle, bevor ich versuchsweise an den Bronzegriffen hantierte. Wenn dieses Tor auch verschlossen war, würde ich einen Anfall bekommen. Das Erlebnis blieb Mittelerde zum Glück erspart.
Ich drückte den rechten Türflügel auf, Boromir den linken und Sonnenlicht fiel in die lange Halle hinter dem Tor. Staub tanzte in der Luft und verdeckte fast den Ausblick auf den mit Goldblechen beschlagenen Holzthron am anderen Ende. Von der Decke hingen Banner, die ganze Konstruktion hatte einen offenen Dachstuhl, in den weiteres Licht durch eine quadratische Öffnung fiel, unter der ein sehr großes Feuerbecken gemauert war.
Doch, die Ähnlichkeit zu den Langhäusern der Wikinger war verblüffend. Ein wenig aufwändiger vielleicht und ohne den gestampften Lehmboden war diese Halle, die wohl zu allem gleichzeitig diente und jetzt genauso verlassen war wie der Rest der Stadt.
Langsam betraten wir den langgestreckten Raum und rückten vor bis zum Feuerbecken. Etwas anders als im Film sah es hier schon aus, man merkte einfach, dass es ein Raum war, in dem Menschen lebten, tagtäglich. An den Wänden, im Schatten waren breite Bänke, die wohl zum Schlafen dienten und ich hätte schwören können, dass über diesem Feuerbecken gewöhnlich das Essen für alle Bewohner der Halle gekocht wurde.
Boromirs Schritte hallten laut auf dem verkratzten Holzboden, während meine nicht zu hören waren. Selbst in Joggingschuhen konnten Elben wohl lautlos gehen. Eine nette Sache, die man vielleicht noch brauchen konnte.
„Hier dürften wir am sichersten sein", überlegte mein Begleiter und hockte sich an einen der langen Tische, die hinter einer geschnitzten und bemalten Säulenreihe zur Linken aufgestellt waren. „Wir bleiben heute Nacht hier. Am besten sehen wir nach, ob noch Vorräte vorhanden sind."
„Gute Idee." Ich winkte ihm noch einmal zu und stürmte dann los, um mir den Rest dieses Gebäudes anzusehen. Eigentlich stürmte ich los, weil ich shoppen gehen wollte. Die Tunika war zwar schön, aber ich war sehr hoffnungsvoll, dass ich hier noch andere, sehr viel praktischere Kleidung finden würde.
Ich machte Bekanntschaft mit einem weiteren Unterschied zu den Langhäusern, in denen es nicht wirklich viele Räume gab. Meduseld war da durchaus variabler. Außerdem ging es abwärts. Das Fundament bestand aus gemauerten Bruchsteinen und da fanden sich dann auch die Unterkünfte, Vorratskammern und sonstigen Räumlichkeiten, die man so brauchte, um einen Hofstaat zu unterhalten. Die Vorratskammern interessierten mich gar nicht so sehr, darum würde sich Boromir kümmern. Ich hatte gehört, wie sein Magen geknurrt hatte, als ich die Halle verließ.
Mich interessierte der Kleiderschrank von Eowyn – oder sonst einem weiblichen Wesen. Eowyn war nur die einzige, die mir einfiel. Der erste Raum, den ich untersuchte, war allerdings nicht wirklich das Zimmer einer Frau. Prächtig ausgestattet und mir schwante, dass ich gerade in Theodens Schlafzimmer herumschnüffelte. Ich machte, dass ich wieder rauskam.
Der nächste Raum gehörte auch einem Mann und noch dazu einem sehr unordentlichen. Alles lag kreuz und quer, fast überall Waffen oder Rüstungsteile. Eomer, entschied ich. Seine Stiefel würden mir mit Sicherheit zu groß sein.
Und dann, endlich, zum Glück…das Zimmer einer Frau. Ich seufzte leicht, als mir klar wurde, dass Unordentlichkeit offenbar in Eowyns Genen verankert war. Hier sah es auch nicht viel besser aus als bei Eomer. Hatte diese Frau denn keine Putzfrau oder eine Zofe oder wie auch immer man das nannte?
Etwas kritisch hob ich den Deckel einer ohnehin schon überquellenden Eichentruhe und räumte den verknüddelten Inhalt aus. Von Eowyn hätte ich eigentlich erwartet, dass sie zumindest ein Paar Hosen ihr Eigen nannte, aber Fehlanzeige. Die Schildmaid Rohans zog es offenbar vor, in Kleidern herumzulaufen. Wenn man daran gewöhnt war, mochte es ja auch durchaus bequem sein, aber ich konnte mir nicht vorstellen, mit einem dieser Gewänder über die Prärie zu wandern und jede Klette einzusammeln, die am Wegesrand auftauchte.
„Na so was!" Höchst fasziniert betrachtete ich, was da am Grund der Truhe schimmerte. Gold war es zwar nicht, aber auch nicht zu verachten. Jetzt löste sich auch die Frage, was eine Schildmaid Rohans denn so unter der Rüstung trug. Seide! Das waren Dessous, eindeutig. Alle aus Seide, zumeist in gedeckten Farben, aber wirklich nicht ohne. Ausgesprochen nett bestickte Trägerhemdchen und eine Art Shorts mit Spitze. Faramir würde bald seine wahre Freude an der Wäsche seiner zukünftigen Gemahlin haben. Im Moment bediente ich mich lieber hemmungslos an den Wäschestücken, die mir zumindest etwas das Gefühl gaben, nicht gänzlich der Zivilisation den Rücken gekehrt zu haben.
Die erste Lage Kleidung für den Elbenkörper war damit gesichert und ich fand sogar noch ein Paar wirklich gute Stiefel aus dunkelbraunem Leder, die mit den typischen Mustern verziert waren, die sich hier in Meduseld überall fanden.
Das löste allerdings noch immer nicht mein Problem, was ich anstelle von Boromirs Tunika anziehen sollte. Nur die Hemdchen würden zwar Boromirs Augen erfreuen, aber so ganz konnte ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, Rohans Playmate des Jahres zu spielen.
Kurz darauf kehrte ich in die Halle zurück, in der Boromir bereits einen der Tische mit allem vollgeladen hatte, was er an Ess- und insbesondere Trinkbarem hatte auftreiben können. Er sah mich an, nickte kurz anerkennend und runzelte sofort im Anschluss die Stirn. Dieser Mann war sensibler, als ich es für möglich gehalten hatte.
„Du schaust so betrübt, Lucy", erklärte er und reichte mir einen Zinnbecher mit Wein. „An der Kleidung kann es nicht liegen."
Nein, daran lag es nun wahrlich nicht. Meine neue Bekleidung war perfekt. Eine gut anliegende braune Wildlederhose, die an den Waden geschnürt wurde und perfekt in Eowyns Stiefel passte. Dazu ein ebenfalls aus Wildleder gefertigtes Hemd in der gleichen Farbe und eine Art Weste, zwar auch aus Leder, aber glatt und eindeutig für einen Soldaten gemacht. Ich hatte eine Weile mit den Schnüren und Riemen gekämpft und schließlich gewonnen. Es war gute Kleidung, golden und silbern verziert und wie die Stiefel mit den Symbolen Rohans bedeckt. Sogar die passenden Armschoner und Handschuhe waren dabei gewesen. Und natürlich ein Helm, ein Eomer-Helm, um es mal so auszudrücken, den ich jetzt in der Hand hielt. Wie ich mit dem Nasensteg klarkommen sollte, ohne dauernd zu schielen, war mir noch nicht ganz klar.
Und ich sah toll aus, wirklich umwerfend. Davon hatte ich mich in Eowyns Zimmer überzeugen können, in dem etwas verschämt in der Ecke ein ziemlich großer Spiegel aus einer polierten Silberplatte stand. Das war das erste Mal gewesen, dass ich wirklich einen guten Blick auf den Elbenkörper gehabt hatte und ich war von mir selber ja doch sehr begeistert. Diese Elbin war wirklich traumhaft. Wenn man irgendwo einen Wunschkörper zusammenstellen konnte, dann ähnelte er dem meinem mit Sicherheit. Um es kurz zu machen: Die Proportionen waren perfekt, der Bauch flach, die Beine lang und schlank, das Gesicht ein Traum, die Haare hielten auch noch nach Tagen in der Wildnis und die Brüste würden jeden Schönheitschirurgen zum andächtigen Schluchzen bringen.
„Ich fand die Kleidungsstücke in einem Raum, in dem alles mit Tüchern abgedeckt war", murmelte ich zögerlich.
Boromirs Miene verdüsterte sich. „Das klingt nach einem großen Verlust, der Edoras heimgesucht hat."
„Ein sehr kostbar eingerichteter Raum", ergänzte ich vorsichtig. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass es der Theodreds gewesen sein musste. Woher sollte eine Elbin schon wissen, wer hier wer war? „So wie der des Königs."
„Theoden hat nur ein einziges Kind", überlegte Boromir nichtsahnend. „Ich denke, diese dunklen Zeiten haben ihm ein großes Opfer abverlangt."
Um es kurz zu machen – wir soffen uns ganz fürchterlich einen. Boromir, weil das Leben so schrecklich und Theodens Sohn tot war. Ich hingegen, weil ich überhaupt nicht hier leben wollte und keiner mich verstand. Die Elbin in mir war zumindest leicht angeheitert, die Lucy in mir voll wie ein Straßenpenner. Das machte es zu einer doch denkwürdigen Erfahrung. Ich konnte immer noch mit ruhiger Hand unsere Becher füllen, während meine Gedanken wie eine Flipperkugel umhersprangen.
Und viel raus kam dabei auch nicht. Ich schätze, ich hielt Boromir irgendwann einen Vortrag über die gesunde Zahnhygiene, aber er war zu dem Zeitpunkt bereits so hinüber, dass er nur ab und zu grunzte, weil sein Gesicht auf einem angenagten Apfel ruhte und es wohl drückte. Schließlich verfrachtete ihn die noch immer ziemlich nüchterne Elbin, die selbst mir langsam unheimlich wurde, auf eine der Schlafbänke und machte sich dann auf, vor der Tür Wache zu halten.
Das war der betrunkenen Lucy dann doch ein bisschen zu viel Mary Sue. Ich lenkte die Schritte zu einer anderen Schlafbank um, sank darauf zusammen und schlief meinen Rausch aus.
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Auch wenn Elben nach außen stocknüchtern wirken, sie können einen Kater bekommen. Ich musste es wissen, denn am nächsten Morgen erwachte ich mit bohrenden Kopfschmerzen. Sie waren schon da, bevor ich überhaupt richtig wach war und so blieb ich erst einmal sehr ruhig liegen und koordinierte die Öffnung meiner Augen als längeres Unternehmen. Ich fing damit an, vorsichtig zu blinzeln und zu testen, ob die morgendliche Helligkeitsstufe Meduselds möglicherweise mein alkoholgeschädigtes Elbenhirn noch weiter schädigen konnte. Zum Glück war diese Halle nicht gerade ein lichtdurchflutetes Gebilde. Eher ein angenehmer Halbdämmer umgab mich, der obligatorische Geruch nach Pferden, der hier wirklich alles durchdrang, nach Leder, Streu, Holz und abgestandenem Bier vermischt mit Wein. Letzteres kam wohl daher, dass weder Boromir noch ich unsere Becher und Krüge weggeräumt hatten.
Mein Blutalkoholspiegel war noch lange nicht auf dem normalen Pegel und so erklärte sich vielleicht, dass es einige Sekunden dauerte, bis ich die Anwesenheit eines dritten Lebewesens registrierte.
Auf dem Tisch, ganz in meiner Nähe, hockte eine Ratte und nagte gelassen die Apfelkitsche ab, die Boromir am Abend vorher so innig an seine Wange gedrückt hatte. Leicht angewidert richtete ich mich auf und machte ein paar wedelnde Handbewegungen in Richtung des Kulturfolgers, der ungefähr so beeindruckt war wie der Tisch, auf dem er saß.
„Er geht nicht", kam es von Boromir, der mit nassen Haaren durch die Eingangstür geschlendert kam. Gondorianische Morgentoilette beinhaltete eher selten den Gebrauch von Handtüchern, soviel war mir schon aufgefallen. „Ich glaube, er mag dich."
Die plötzliche Übelkeit kam nur zum Teil vom vorabendlichen Alkoholmissbrauch. Der Großteil stammte aus einer unangenehmen Erinnerung an eine stundenlange Diskussion in meinem Wohnzimmer, in dem Kevin und seine Kumpel sich darüber mokiert hatten, dass dauernd niedliche Tiere an den Fersen der Heldinnen einschlägiger Fanfiction hingen. Seine zukünftige Freundin, das verräterische Weibsbild, hatte diese Macke auch noch verteidigt. Und ich fand es damals auch nicht wirklich schlimm.
Man ändert schnell seine Meinung, wenn man einer Ratte gegenübersitzt. Ich muss allerdings zugeben, dass es eine sehr gepflegte Ratte war. Kein klebriges Fell, auf dem die Flöhe rumhüpften, sondern eine glänzende Masse von ungewöhnlich heller Farbe und ein spitzes Gesicht mit braunen Knopfaugen, die mich über den Rand der Apfelkitsche herausfordernd ansahen.
Boromir jedenfalls hatte Spaß. „Ich habe schon gehört, dass Tiere eine besondere Beziehung zu Elben haben. Bisher dachte ich allerdings, dass es eher um Pferde oder Waldbewohner geht."
„Halt die Klappe, Gondorianer", grollte ich und marschierte hoheitsvoll Richtung Wassertrog vor der Halle, um meine schlechte Laune zu vertreiben und ein lauschiges Plätzchen zu finden, wo ich die mittlerweile biologisch umgewandelten Alkoholika abladen konnte.
„Ein Morgenelb sind wir aber nicht", rief er mir lachend nach.
Man kann seinem Schicksal nicht entgehen. Egal, wohin ich mich wendete, dieses kleine Rattenvieh rannte mir nach. Als wir endlich alle unsere Sachen gepackt hatten, die geliehenen Vorräte eingeschlossen, hockte es auf meiner Packrolle und musterte mich schon wieder so aufmüpfig. Ich ging in die Knie und tippte die Ratte leicht mit dem Zeigefinger an.
„Damit wir uns verstehen, du kleiner Drecksack", murmelte ich so leise, dass Boromir nichts mitbekam und mich den Rest des Tages damit aufzog. „Ich mach das hier nicht freiwillig. Die Psychopathin, die sich das erdacht hat und ausgerechnet eine Ratte als Haustier haben wollte, ist leider nicht angekommen. Also geh mir nicht auf die Nerven, sonst wirst du Wargfutter!"
Die Ratte, bei der es sich nach Boromirs felsenfester Überzeugung um einen ‚er' handelte, war mit dem Arrangement einverstanden. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er war genauso Opfer von leicht wirrer MarySue-Magie wie ich auch. Was nicht bedeutete, dass ich ihn deswegen besser leiden konnte. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte sich der Mistkerl selbst auf die vier Pfoten gemacht, aber Boromir warf mir einen so vorwurfsvollen Blick zu – nachdem er endlich sein Lachen unterdrückt hatte – wegen dieser Entscheidung, dass ich in stillem Groll eine Mitreisegelegenheit auf meiner Gepäckrolle genehmigte.
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„Er braucht einen Namen", verkündete Boromir einen Tag später beim Frühstück in der Prärie.
So langsam bereute ich wirklich, mich mit diesem Kerl angefreundet zu haben. Er musste immer noch einen geheimen Groll gegen Elben hegen, sonst würde er mir nicht so auf den Nerven herumtrampeln.
„Das ist eine Ratte! Er braucht keineswegs einen Namen!"
Boromir goss das teeähnliche Gebräu, das wir beide immer aus Theodens Küchenvorräten zusammenpanschten, in das Lagerfeuer und stand auf, um sich ausgiebig zu recken. Dabei gab er ein Geräusch von sich wie ein Bär mit Verdauungsstörungen. Ich schätze, das sollte alles unheimlich männlich wirken.
„Natürlich braucht er einen Namen", meinte er dann und biss in ein Stück Trockenfleisch. Der Kerl war verrückt nach diesen Streifen verdörrter Kuh. Mangels Zigarette oder Zahnstocher steckte es fast den ganzen Tag in seinem Mundwinkel. Wenn Mittelerde eine Erfindung dringend brauchte, dann die des Kaugummis. „Denk dir einen aus oder ich mach es."
„Soll das eine Drohung sein?"
„Klang es so?"
Das tat es. Boromir mochte ja beherzt sein, aber ich war mir absolut sicher, dass der Rattenname eine unheilvolle Mischung aus Stichelei gegen mich und völlig fehlendem Geschmack seinerseits sein würde. Also verbrachte ich den halben Wandertag durch Rohan damit, mir einen Namen auszudenken, mit dem ich leben konnte. Zwischenzeitlich überkamen mich immer wieder tiefe Rachegefühle gegen alle diejenigen, die mich erst in diese Lage gebracht hatten.
Eine Lage, die einfach nicht besser wurde, nüchtern betrachtet. Vielleicht hingen meine düsteren Überlegungen an diesem Tag auch damit zusammen, dass schon wieder ein strahlend blauer Himmel die Weidefläche der Pferdezüchter-Leute überspannte. Kein Gewitter weit und breit, es war zum Auswachsen. Mit jedem Sonnenstrahl schwanden meine Chancen, wieder heim in meine Arbeitslosigkeit und mein gewohntes Leben zu kommen. Stattdessen schlug ich mich mit den Gefahren einer Kultur herum, die nicht einmal die Wasserspülung oder die Zahnbürste erfinden wollte. Sollte mich Boromir jemals einfach mitten in der Pampas stehen lassen, würde ich einfach eingehen. Ich war nicht so realitätsfern anzunehmen, dass die elbische Lucy sich großartig durchschlagen konnte. Dafür war das Ganze zu stümperhaft ausgeführt. Die richtige MarySue, die eigentlich an meiner Stelle hier sein sollte, hätte bestimmt nicht die geringsten Schwierigkeiten gehabt, aber bei mir sah es nach wie vor anders aus.
Kein Orientierungsvermögen, keine Ahnung vom Verlauf dieser Story und spezielle Fähigkeiten, die sich zurzeit darauf beschränkten, immer toll frisiert zu sein und Bogenschießen zu können, weshalb auch immer. Ich wusste nicht einmal, wer derjenige sein sollte, dem ich den Kopf zu verdrehen hatte. Gut, Boromir war es zum Glück nicht, aber da blieben noch eine Menge Kandidaten über.
Von Aragorn, der ja eigentlich mit einer so fabelhaften Person wie Arwen verbunden war, über die Hobbits – ich betete, dass das nicht zutraf – über Eomer, den Unordentlichen, war bis Sauron alles möglich. Vielleicht hieß die Story hier ja ‚Saurons Braut'.
Letzteres brachte mich sogar zum Grinsen. Bei einer derartigen Verbindung bekam der Kosename ‚mein Augapfel' eine ganz neue Tiefe. Das war aber auch schon alles. In Mordor zu wohnen war nicht das, was ich mir unter einer schönen Zukunft vorstellte.
Ah, und ich hatte ja noch einen ganz vergessen. Den Elb der Elben, diesen dünnen Hering, der so seltsame Sprüche von sich gegeben hatte wie: ‚Eine rote Sonne geht auf. Es wurde Blut vergossen.' Oder so ähnlich zumindest. Womöglich hatte er den Intellekt meines vierpfotigen Begleiters.
Eine boshafte Stimmung überkam mich urplötzlich. Wahrscheinlich sah ich aus wie Galadriel am Wassertrog mit dem Ring vor sich, als ich den Ratterich aus seiner bequemen Höhle in meinem Gepäck pflückte. Er quiekte und starrte mich sehr empört an.
„Boromir meint, du brauchst einen Namen", sagte ich halblaut und mein Grinsen vertiefte sich. Die Ratte spielte nervös mit den Ohren. „Ich werde dich Orli nennen."
„Klingt komisch", meinte Boromir über die Schulter. „Aber es wird für eine Ratte wohl gehen."
„Ja", freute ich mich und es war klar, dass mein Begleiter mich nicht wirklich verstand, weil er sich nach einem Stirnrunzeln der Beobachtung der Landschaft zuwandte. Bei meinem Ratterich war ich mir nicht so sicher. Er funkelte mich richtig böse an und bleckte die kleinen, scharfen Zähne. „Wenn du mich beißt, mach ich aus dir Ragout und aus deinem Fell einen Handschuh! Oder ich werfe dich den Krähen da vorne zum Fraß vor."
Das Unterbewusstsein ist einem doch immer einen Schritt voraus. Kaum hatte ich es erwähnt, erkannte ich nämlich tatsächlich einen ganzen Schwarm dunkler Vögel, die über einem Punkt nicht mehr sehr weit vor uns kreisten. Ich stopfte Orli in die Gepäckrolle zurück, zückte den neuen Bogen aus Rohan, den Boromir aus Theodens Waffenkammer entliehen hatte und rückte bis zu meinem Begleiter vor, der ebenfalls schon den Bogen vom Rücken genommen hatte.
„Kannst du was erkennen?" fragte er und die Anspannung hatte alle gute Laune spurlos getilgt. Boromir war wieder Boromir, wie man ihn kannte.
„Kadaver", erklärte ich, in Gedanken bei der Szene mit den Wargreitern. „Warge und Orks. Ein paar Pferde."
„Menschen?"
Ich schüttelte den Kopf. Das hätte mir auch noch gefehlt. Leichen zählen! Nein, mit elbischer Weitsicht ließ ich die Szenerie auf mich wirken und stellte fest, dass ich mich langsam an totes Fleisch gewöhnte. Ich hatte nicht mehr ganz den Drang, mich hinter den nächsten Busch zu übergeben. Es war das bislang unordentlichste Schlachtfeld, nicht einmal ein Scheiterhaufen. Die Rohirrim hatten es wirklich eilig gehabt.
„Das kann vieles bedeuten", überlegte der immer noch einzig echte Krieger in unserer Gruppe. Seine Miene war sehr ernst und man merkte ihm ein gewisses Unbehagen an. „Wir sollten das Gebiet umgehen. Ich will nicht riskieren, auf weitere Angreifer zu treffen, auch wenn ich eine Elbenkriegerin an meiner Seite weiß."
Der Reflex, sich nach dieser Kriegerin umzusehen, war stark und ich widerstand ihm wirklich nur sehr knapp. Boromir sprach von mir und das war nicht der richtige Zeitpunkt, ihm mit aller Deutlichkeit begreiflich zu machen, dass er ganz allein auf sich gestellt war. Und ich mal wieder rettungslos verloren, wenn ihn ein Warg in seine Einzelteile zerlegte. „Einverstanden", flötete ich.
Ich hätte es besser wissen müssen. Wo war schon das Problem, durch einen Haufen stinkende Kadaver zu laufen? Sie konnten einem nichts mehr tun und gegen den Gestank half sicher auch ein Halstuch oder Luftanhalten. Aber nein, wir machten einen Umweg, schön den Hügel runter, am Fluss und ein ganzes Ende unterhalb einer Klippe lang. Von einer Vorahnung alarmiert, überlegte ich fieberhaft, was jetzt schief gehen konnte. Bevor ich zu einem Ergebnis kommen konnte, schreckte mich Boromirs Ruf aus meinem Gedanken.
„Da! Im Flussbett!" Er zeigte aufgeregt nach vorne und lief dann auch sofort los.
Ich folgte ihm langsamer, deutlich langsamer. Genauer gesagt, ich trödelte rum und hoffte auf eine Sinnestäuschung. Mein Zögern hatte mit der reglosen Gestalt zu tun, die da am Flussufer lag und gerade von einem Pferd abgeschleckt wurde.
„Wer mag das wohl sein?" brummelte ich unglücklich.
Orli fühlte sich angesprochen und wanderte über meinen Arm hinauf auf meine Schulter. Einen Moment trug ich mich mit dem Gedanken, ihn unbemerkt von Boromir im Fluss zu ertränken, aber ich kam nicht zur Umsetzung, weil mir der Gondorianer zuwinkte. Der Mann, neben dem er kniete und der eine so tiefe und innige und auch irgendwie bedenkliche Beziehung zu seinem Pferd hatte, war noch nicht tot. Was für eine Überraschung!
„Lucy!" schrie Boromir und spätestens jetzt hätte uns auch der letzte überlebende Ork gehört. „Das ist Aragorn."
„Echt? Hätte ich nicht gedacht", murmelte ich noch leiser und Orli fiepte zustimmend. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und näherte mich mit entschlossenen, wenn auch immer noch langsamen Schritten der nächsten Tretmine unberechenbarer MarySue-Magie.
Nachdem ich bei meinem ersten Kontakt mit einem echten Mittelerde-Helden einen hysterischen Anfall gefolgt von einer Ohnmacht dargeboten hatte, schlug ich mich dieses Mal schon viel besser. Ich blieb einfach ein paar Schritte von den Männern entfernt stehen und ließ sie mal ihr Wiedersehen feiern. Zu erzählen hatten sie sich schließlich genug.
Aragorn schien sowieso anfangs zu glauben, dass er eine Halluzination hätte und es kostete Boromir einige Mühe, ihm zu erklären, dass keiner von ihnen tot war. In der Zwischenzeit – Boromir erklärte noch immer, dass ich ihn gerettet hatte und wir dann hinter ihnen her gelaufen waren – hatte ich Muße, den zukünftigen König auf Ähnlichkeiten mit seinem Darsteller zu untersuchen. Eindeutig vorhanden, war meine Erkenntnis. Aus diesem Grunde dürfte eine genaue Beschreibung dieses Mannsbildes wohl auch überflüssig sein. Ein paar kleinere Abweichungen gab es allerdings, er war zum Beispiel wirklich triefnass, seine Kleidung aber nur halb so schmuddelig, wie man immer dachte und seine Augen dafür doppelt so durchdringend. Zumindest, wenn Boromir von mir sprach und er in meine Richtung sah.
Nachdem all die netten Neuigkeiten ausgetauscht waren, von denen Tolkien nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gibt und Aragorn dem lieben Boromir in geradezu feierlicher Geste die platschnassen Armschoner zurückgegeben hatte, die zuvor per Leichenfledderei in seinen Besitz geraten waren, war ich dann fällig.
Noch ein wenig schwach richtete er sich auf, fand seine Standfestigkeit aber sehr schnell wieder und verneigte sich leicht vor mir. „Ich grüße Euch."
Und ich sagte gar nichts. Besser so, schien mir. Stattdessen neigte ich nur leicht den Kopf und hoffte, er dachte sich nichts wegen der Ratte, die noch immer auf meiner Schulter hockte. Ich hätte Orli doch ertränken sollen!
„Boromir berichtete mir, ein wirklich seltsames Geschick führte Euch zu ihm." Da! Der Mann hatte einen Blick, der furchterregend war. Man fühlte sich so winzig, unter Hobbitgröße noch. Misstrauen tropfte zudem aus jeder Silbe.
„So scheint es", antwortete ich notgedrungen und wunderte mich kurzfristig, dass meine Stimme irgendwie anders klang. Erst Boromirs ratloser Gesichtsausdruck machte mir klar, dass wir zwei hier wohl elbisch sprachen. Bizarr, wirklich! Für mich war das alles eins.
„Er berichtete auch, es habe Euch in tiefe Verwirrung gestoßen." Herr König schlenderte näher. Der Kerl war groß und breitschultrig und von verwegenem Aussehen und außerdem glaubte er mir irgendwie kein Wort. „So tief, dass Ihr Euch kaum an Euren Namen erinnert."
Abrakadabra, da war sie wieder. Ich straffte die Schultern, war auf einmal sehr arrogant und senkte leicht die Stimme. MarySue war zur Rettung geeilt. „Dafür erinnerte ich mich, wie ich einen Mann aus den Fluten ziehen kann, den seine Freunde dem Tod überließen."
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Ein paar deutliche Worte klären zumeist schnell die Fronten. Aragorn war nur noch von wenigen Zweifeln geplagt, dass ich echt war, nachdem ich ihm da am Flussufer diese freundliche Bemerkung um die Ohren gehauen hatte. Das ließ tief blicken, was die elbische Grundpersönlichkeit in dieser Welt anging.
Vielleicht lag es auch mit daran, dass er es eilig hatte, die Zuflucht der Rohirrim zu erreichen. Wenn ich ihn richtig verstand, hatten wir bisher eine Menge Glück gehabt, dass uns der FEIND noch nicht erwischt hatte. So wunderte es kaum, dass wir bald darauf schon wieder unterwegs waren. Er auf dem Pferd, weil er eindeutig ein wenig angeschlagen war und Boromir und ich zu Fuß, was mich nicht unbedingt störte. Meine Reitkenntnisse waren eher unterentwickelt und auf MarySue wollte ich nicht vertrauen.
Die nächsten Stunden schnatterten Boromir und Aragorn wie Waschweiber ununterbrochen, um alle Nachrichten auszutauschen. Ich hielt mich deutlich zurück und lief ein Stück hinter den beiden, Orli noch immer auf der Schulter. Die beiden Männer zu beobachten war beinahe noch unwirklicher als Edoras. Sie waren fiktiv, eigentlich. Sogar das Gras, über das wir liefen, war fiktiv. Hatte ich bislang immer angenommen. Vielleicht war es auch alles nur ein Irrtum und die Welt, aus der ich stammte, war fiktiv.
Das war alles sehr verwirrend und trug nicht dazu bei, meine düstere Stimmung zu heben. Außerdem raubte es mir den Schlaf. Wen wundert es also, dass ich mich anbot, in der Nacht Wache zu halten. Boromir, der Ahnungslose, nahm das Angebot auch dankbar an, während Aragorn mich nachdenklich musterte und sich mit seiner albernen, langen Pfeife auf einen Felsen in der Nähe setzte. Feuer hatten wir mal wieder keines gemacht, aber der Mond schien helle…ein Lied, ein Lied!
Memorys - der Musical-Song aus Cats klingelte in meinen Ohren, aber ich presste fest die Lippen aufeinander, um dem irren Drang nicht nachzugeben. Das kam mir so vor wie die Szene in einer Cowboy-Parodie, die ich mal gesehen hatte. Immer wenn der geschniegelte Cowboy eine Pflanze namens Schrapnell-Wurz geknabbert hatte, musste er anfangen zu singen. Verrückt? Ja, aber ich fühlte den Drang sogar ohne diese Wurzel. Das ist wirklich irre.
Ich lenkte mich damit ab, dass ich über die Geschichte nachdachte. Mittlerweile war ja wohl klar, dass ich in der Film-Version gelandet war. Jedenfalls waren die Filme dominierend. Aragorn war nämlich niemals ins Wasser geplumpst. Was immer im Film aus dramaturgischen Gründen geschnitten worden war, durfte ich mir auch noch antun. Dazu gehörte auch, dass die Wanderung durch die Mark alles in allem mehrere Tage dauerte. Dafür hatten wir aber schönes Wetter, was meiner Gewitter-Sucht nicht wirklich förderlich war.
Eine Tabakwolke wehte zu mir herüber und ich konnte nicht verhindern, dass ich beinahe triumphierend in Aragorns Richtung sah. Ich hatte schon immer gewusst, dass das Pfeifenkraut eine illegale Mischung sein musste. Den Geruch erkennt man, eindeutig. Kein Wunder, dass die alle so zufrieden grinsten, wenn sie an ihren Pfeifen zogen. Aragorn bemerkte meinen Blick, was nicht verwundern sollte, da er mich ohnehin die meiste Zeit aus halbgeschlossenen Augen beobachtet hatte und nahm das sofort zum Anlass, aufzustehen und in meine Nähe zu kommen. Einen Fels entfernt nur noch, ließ er sich nieder, merklich entspannter durch die Mittelerde-Mischung in seiner Pfeife.
„Boromir erzählte, Ihr stammt aus dem Norden", sagte er nach einer Weile leise.
Ich seufzte. Diesen Mann würde ich nicht belügen können, zumindest nicht in dieser Hinsicht. Im Gegensatz zu Boromir kannte er sich unter den Elbenvölkern aus. Was machte man also in einer derartigen Lage? Neue Lügen, die der zukünftige König von Gondor bestimmt nicht lustig finden würde?
„Ich weiß nicht, woher ich stamme", antwortete ich schließlich ebenso leise und streifte ihn mit einem Seitenblick, um seine Reaktion zu erkennen. Er nickte einfach nur. „Alles ist schlimmer, als ich es ihm erzählt habe. Dieser Blitz hat großes Unheil angerichtet und mir ist sehr wenig geblieben."
„Es reichte, einen Sterbenden zu retten", meinte der kiffende König versöhnlich.
Wir näherten uns dem Moment, in dem ich mich mal wieder fragte, ob Aragorn nun derjenige war, den ich mit meinen unerhörten Reizen betören und vor den Traualtar schleifen sollte. Ein Gedanke, der mir wirklich, wirklich nicht gefiel. Man kennt das doch: anfangs wird sich gestritten und nachher in die Kiste gehüpft. Ich wollte mich weder streiten, noch heißen Sex mit einem Mann haben, der fast viermal so alt war wie ich und außerdem mit einer wahren Traumelbin guter Abstammung verbunden war. Ich war keine Ehebrecherin oder ähnliches. Dafür war mir die Erfahrung zu schmerzlich gewesen, die mir Kevin und die dumme Kuh aus seinem HdR-Fanclub verschafft hatten.
„Das war Zufall", meinte ich unkonzentriert.
Bei Boromir hatte es mit dem Testkuss recht gut funktioniert, aber hier waren subtilere Methoden gefragt. Ich wollte Aragorn nicht küssen. Wo sollte das auch hinführen? Schließlich konnte ich schlecht durch Mittelerde laufen und dabei jedes halbwegs ansehnliche männliche Wesen auffordern, mich zu küssen, um herauszufinden, wer meiner MarySue zugedacht war. Ich hätte mich bei der Vorstellung fast geschüttelt.
„Das klang vorhin aber anders", widersprach Aragorn ohne viel Groll. „Auch wenn mir scheint, ich hatte es verdient."
„Hattet Ihr?" Dem Mann bot ich nicht so schnell das ‚Du' an. Dafür war er nicht der Typ. Außerdem musste ich üben, denn wie es schien, würde ich mich wohl noch eine Weile hier aufhalten. „Es lag wohl eher daran, dass Ihr so rasch die Quelle meiner eigenen Unsicherheit erkannt habt."
Oh, ich lernte ja so schnell. Dieses Herumgerede in wohlgesetzten Worten ging mir trotzdem auf die Nerven, aber ich beherrschte mich.
„Wir werden einen Weg finden, Euch zu helfen", erklärte er voller Überzeugung.
„Aber erst, wenn andere Probleme gelöst sind", sagte ich spöttisch. „Eine Elbin, die sich nur an Bruchstücke ihres eigenen Lebens erinnert, ist wirklich nicht die größte Bedrohung, die es gibt."
„Nein", war die düstere Antwort. „Zuerst müssen wir nach Helms Klamm."
Tja, was sollte ich darauf schon sagen, ohne ihn wieder misstrauisch zu machen? Aber Schweigen war etwas, das der Waldläufer gut beherrschte. So saßen wir beide da in der Nacht und hingen unseren Gedanken nach. Aragorns waren wohl eng mit dem Sternenhimmel über uns verbunden und sein Gesichtsausdruck sehr sehnsüchtig. Es fehlte wohl nicht viel zu den berühmten abgrundtiefen Seufzern, die verliebte Kerle dann auszustoßen pflegen. Meine Hoffnung wuchs.
„Wen seht Ihr dort oben?" erkundigte ich mich in einem Anflug von Subtilität.
Ein Mann, der noch erröten konnte. Das war doch mal was. „Den Stern, dem mein Herz gehört."
„Arwen."
Überrascht sah er mich an. „Wenn Ihr Euch auch an Weniges erinnert – so ist das Wenige doch sehr bemerkenswert."
Nonchalant zuckte ich die Achseln. Noch lieber hätte ich ihn breit angegrinst. Es stimmte also alles zwischen ihm und Elronds Tochter. Keine Gefahr für mich, sehr schön. „Ihr liebt sie sehr."
Bitte, sag ja!
„Mehr als mein Leben."
Ja! Ich war vorerst wirklich in Sicherheit.
„Aber sie wird diese Gestade verlassen. Hier ist sie zum Sterben verdammt."
„Abwarten." Diesmal grinste ich wirklich und das lag nicht daran, dass ich zuviel von dem süßlichen Qualm seines Pfeifenkrauts inhaliert hatte.
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Kaya Unazuki: Ich bin immun, hab Schreck 2 mit dem gestiefelten Kater gesehen. Der hätte mich auch nicht weich bekommen. Ich brauch doch die Zeit, um an den anderen Storys weiterschreiben zu können. Nicht böse sein –selber Hundeblick aufsetzt-
Shelley: Tröste dich, ich wäre auch nach dem ersten Tag ins Feldlazarett oder zum nächstgelegenen rohanschen Gesundbeter gebracht worden. Ein Marschiereviel bin ich nämlich ebenfalls nicht.
Wie zutreffend erkannt, bleiben da dann immer noch Legolas und Haldir, den ich aber zu was anderem verwurstet habe. Aber da sind auch noch Rumil und Eomer usw. Lucy lernt noch viele schnuckelige Burschen kennen. Achja, Aragorn ist ja jetzt geklärt.
