Disclaimer (Kurzfassung): Alles Tolkien, mich nix und nix für ungut.
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4. Kapitel: Waldelben unter sich
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Oder: Ist dein OFC mit einem Bewohner Mittelerdes verwandt? Einem Elb?
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‚Sie ist nicht sehr kooperativ.'
‚Willst du dich beschweren?'
‚Sie nimmt es nicht ernst genug. Allein der Name, den sie der Ratte gegeben hat.'
‚Ich kann sie verstehen. Eine blonde Ratte ist nicht üblich.'
‚Auf die Schnelle war nichts anderes verfügbar.'
‚Dennoch verstehe ich sie. Schließlich gehört sie nicht hierhin.'
‚Jetzt schon.'
‚Das weiß sie aber nicht.'
‚Dann sollten wir es ihr zeigen.'
Eine Zeit der Stille folgte, schließlich zeigte die Sprecherin ihre Zustimmung. ‚Vielleicht hast du Recht. Diese Melodie ist viel besser für sie geeignet als die, aus der sie stammt.'
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Im Alter von zehn Jahren brachen für mich die drei glücklichsten Jahre meines bis dahin nicht wirklich idyllischen Lebens an. Ich war zwar kein armes geschlagenes, halb verhungertes Waisenkind, aber kein Heim kann eine Familie ersetzen.
Bis Sergeant Pete auftauchte.
Er und seine Frau nahmen mich als Pflegekind auf. Es waren tolle Jahre, die damit endeten, dass Pete von einem schweren Army-Laster überrollt wurde. Aber darauf gehe ich besser nicht ein. In der Zeit dazwischen lernte ich sehr viel über die Army und über das Verhalten eines Soldaten. Theoretisch jedenfalls, praktisch war Pete nur Mechaniker und Hobby-Stratege, genauso wenig vom sportlichen Ehrgeiz beflügelt wie ich. Wir frönten unserer Leidenschaft am Gartentisch bei einem kühlen Getränk und krochen nicht in Tarnzeug durchs Gelände.
Ich erwähne das an dieser Stelle, weil wir uns Helms Klamm näherten und ich mich fragte, welcher Volltrottel den Standort für die letzte Bastion der Rohirrim ausgesucht hatte. Ich will wirklich nicht meckern, aber während wir an einem dünnen Flüchtlingsstrom vorbei durch eine Art Trichter zwischen weiter aufsteigenden Felsen marschierten, betrachtete ich voller Unbehagen, was sich mir da bot. Die Hornburg lag am Ende dieses Trichters, eigentlich ein beeindruckendes Bollwerk, aber keine Burg war uneinnehmbar. Und wenn dieser Fall eintrat – dass ihre hohen, massiven Mauern fielen – saßen alle in der Falle. Nirgendwo eine Rückzugsmöglichkeit. Es hieß, den Angreifer abzuwehren oder unterzugehen. Gut, da existierten noch diese Höhlen, aber das Ei des Kolumbus waren sie nicht gerade.
Dabei sollte ich mir keine Sorgen machen: vor mir lag zwar ein fürchterliches Massaker, wir hatten die dunklen Armeen unterwegs aus sicherer Entfernung gesehen, ich hatte Albträume davon, aber die Orks würden immerhin besiegt. Eigentlich zumindest – was sich MarySue hierfür ausgedacht hatte, konnte ich leider nicht sagen und das war ein Faktor, der mir so rein gar nicht gefiel.
„Helms Klamm", verkündete Aragorn mit einer Mischung aus Erleichterung, Stolz und Besorgnis, die wohl aus ähnlichen Überlegungen stammte wie bei mir. Ausgenommen die letzte Sache natürlich.
Bei mir kam dann noch eine andere Unbehaglichkeit dazu. Bislang waren die bösartigen Kräfte, die mich hergebracht hatten, noch sehr rücksichtsvoll mit mir umgegangen. Abgesehen von Boromir und Aragorn sowie diversen toten Orks im ganz oder halbverkokelten Zustand hatte ich noch niemanden der Bewohner Mittelerdes aus solcher Nähe getroffen. Das änderte sich seit unserem Betreten des Tales rapide.
Ich vermied es, die Flüchtlinge anzusehen. Ihre Existenz war schon schwer genug für mich zu ertragen, aber ihr Elend und ihre Angst schnürten mir zusätzlich die Kehle zu. Es ließ sich schwer von Romanfiguren denken, wenn nur mühsam unterdrückte Todesangst wie ein Meer um einen herum war. Simpel ausgedrückt herrschte Panik kurz vor dem Ausbruch und war sehr ansteckend.
Und ich wurde angestarrt. Ich hasse es, angestarrt zu werden!
Entweder lag es an der geklauten Kleidung, an meinem elbischen Äußeren oder an beidem zusammen. Die verstohlenen Blicke waren unangenehm und es bedurfte einiges an Selbstbeherrschung, mich nicht an Boromirs Arm festzukrallen und zu flehen, dass wir uns wieder vom Acker machten. Der Gondorianer hätte mir wahrscheinlich sowieso nicht zugehört. Er war ganz in seinem Element, wie er hinter Aragorn die breite Steinrampe hinauf zu dem noch geöffneten, enormen Tor hinaufwanderte, das den Zugang zum ersten Wall darstellte.
„Ich hörte nur von der Einzigartigkeit der Hornburg", sagte er leise und ließ im Vorbeigehen seine Hand über die dicken Holzbohlen des rechten Torflügels gleiten. „Die Erzählungen werden ihr dennoch nicht gerecht."
„Wie schön", kommentierte ich mit zusammengebissenen Zähnen und quetschte mich in den schmalen Gassen hinter dem Wall durch die Flüchtlinge.
Orli piepste und erinnerte mich daran, dass es gleich so richtig lustig werden würde. Der kleine Scheißer! Wenn der Angriff auf Helms Klamm losging, würde ich ihn oben auf der Mauerkrone festnageln, damit er sofort als erster von einem hungrigen Ork verspeist wurde. Das Wort ‚Rattenplage' bekam mit ihm einen ganz neuen Inhalt.
Die eigentliche Burg lag hinten an der Felswand und war der höchste Punkt der Anlage, sah man von dem Turm ab, der ein Ausguck war, mehr aber auch nicht. Wir brauchten mindestens zwanzig Minuten, bis wir uns durch das ganze Gewimmel dorthin durchgekämpft hatten und es dauerte nochmals eine Weile, bis in der allgemeinen Aufregung auffiel, dass zwei Totgesagte soeben die Stufen zur Burg erklommen.
Ich schob mich unauffällig an die Seite des Treppenaufgangs und wappnete mich. Solche Sorgen hätte ich mir allerdings gar nicht machen brauchen. Aragorn und Boromir zogen das Interesse gekonnt von mir ab. Zuerst kam der Zwerg aus der Burg gestürmt. Klein, kompakt und haarig, war mein erster Eindruck. Soviel Haare und Bart bedeckten seinen Kopf, dass ich kaum seine Gesichtszüge ausmachen konnte. Er freute sich, soviel war klar. Mit dröhnender Stimme rief er immer wieder die Namen meiner beiden Begleiter und umarmte sie heftig. Schließlich führte er Boromir einfach ab, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen, wie er es tatsächlich ausdrückte.
Zurück blieb Aragorn, der schweigend der nächsten Gestalt entgegensah, die sich aus dem Schatten des Tores löste. Einen winzigen Moment noch gab ich mich der Illusion hin, dass alle meine herablassenden Bemerkungen zu Kevin und seiner Ziege vom Fan Club durchaus berechtigt gewesen waren. Auch Elben kochten nur mit Wasser, will meinen, dass sie außer langen Haaren und spitzen Ohren nichts Besonderes an sich hatten.
Wie gesagt, einen winzigen Moment noch…
Dann wurde aus dem dünnen Hering, wie ich ihn immer bösartig genannt hatte, das Geschöpf Mittelerdes, das alle anderen an bloßer Präsenz übertraf. Natürlich war es auch bei den anderen so gewesen, dass sie zwar ihren Darstellern äußerlich erschreckend ähnlich waren und gleichzeitig über eine durchaus stärkere Ausstrahlung verfügten. Aber bei keinem war dieser Unterschied so stark wie bei diesem Elben.
Ein seltsames Gemisch aus Ruhe, Kraft und Weisheit – jawohl, letzteres machte mir am meisten zu schaffen – umgab ihn beinahe sichtbar mit einer Aura, die allen anderen völlig fehlte. Und er war schön, niederschmetternd schön. Kein Film, kein Buch würden dem je gerecht werden können.
Ich war unendlich dankbar, dass Aragorn und Legolas so sehr damit beschäftigt waren, diesen seltsamen Dialog über Zuspätkommen auszutauschen und glitzernde Schmuckstücke rüberzureichen. So hatte ich wenigstens etwas Gelegenheit, meine Fassung wieder zu gewinnen. Innerlich dankte ich diesen miesen Kräften, die mich hergebracht hatten, auf Knien, dass ich nicht mitten in Bruchtal oder Lothlorien gelandet war. Zuviele Elben auf einem Haufen hätten mich in ein nervöses Wrack verwandelt.
Der eine reichte mir schon, besonders nachdem er mich nach einem kurzen Wortwechsel mit Aragorn voll milder Überraschung ansah.
„Ich grüße Euch", sagte er mit melodischer Stimme.
Schweigen ist immer noch Gold und getreu dieses Merksatzes beschränkte ich mich darauf, den Kopf zu neigen. Ich gab mir standardmäßig fünf Minuten, höchstens sechs, bis Legolas merken musste, was für eine Mogelpackung ich war. Schon die Art, wie er mich musterte, zeigte deutlich, dass er intensiv über meine Gegenwart nachdachte.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mit einem weitverbreiteten Irrtum aufräumen, um es mal so zu formulieren. Seine Augen waren nicht blau, nein. Dieser Legolas hier hatte grüne Augen. Im Fenster eines Antiquitäten-Geschäftes hatte ich mal einen Kelch aus dunkelgrünem Murano-Glas gesehen. Es war wirklich so dunkel, dass es manchmal richtig schwarz wirkte. Schien jedoch die Sonne ins Schaufenster wurde es zu einem warmen intensiven Grün, das wie aus einem Märchen zu stammen schien.
Langer Rede, kurzer Sinn – seine Augen waren der Hammer!
Ein paar Tausend Orks waren meine Rettung. Selbst wenn Legolas sich liebend gern mit der vermeintlichen Elbin auf den Stufen näher befasst hätte, waren andere Probleme dringender. Aragorn, besorgter und allzeit bereiter Heerführer, der er war, stürmte nach der herzergreifenden Begrüßung hinein in die Dunkelheit hinter dem Tor der Burg. Legolas stand einen Moment da, sein Blick zu mir deutete kommenden Ärger und bohrende Fragen an, dann folgte er seinem sterblichen Freund mit dem Pflichtbewusstsein, das man auch von ihm erwarten konnte.
Ich atmete hörbar aus. Zwar nicht aufgehoben, aber zumindest aufgeschoben. Man sollte auch Kleinigkeiten zu schätzen wissen.
Eine Bewegung im Schatten auf der gegenüberliegenden Seite des Säulengangs lenkte mich ab. Ich hatte Eowyn ganz vergessen. Die unglücklich verliebte Schildmaid, die bei der Sache mit der Halskette wohl sehr deutlich erkannt hatte, wo das Herz ihres Angebeteten lag. Da ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte, nahm ich mir die Zeit, Faramirs Zukünftige zu beobachten.
Sie war hübsch wie ein Sommertag, auch wenn ein reichlich bekümmerter Ausdruck auf ihren frischen, zarten Gesichtszügen lag. Weizenblonde, zu einem dicken Zopf geflochtene Haare umrahmten ihre Gesicht, in dem auch noch strahlend blaue Augen leuchteten. Sie hätte Reklame für Skandinavien machen können und die männlichen Touristen wären scharenweise eingefallen.
Kaum hatte sie die aufkommenden Tränen weggeblinzelt, fiel ihr auf, dass ich sie beobachtete. Für einen Rückzug war es jetzt zu spät, also nickte ich ihr eben so gelassen wie möglich zu. Man konnte förmlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Eine niedliche Falte erschien über ihrer Nasenwurzel, während ihre Augen sich langsam weiteten angesichts meiner Kleidung, die ihr mehr als vertraut sein musste.
Da ich noch immer nichts Besseres zu tun hatte, setzte ich mich in Bewegung und Frau Eowyn kam mir auf halbem Wege entgegen. Übrigens war sie recht klein. Kaum zu glauben, dass sie den Hexenkönig abschlachten würde. Mir ging durch den Kopf, dass sie bei ihrer Größe eine Schlagader an seinem Fußgelenk erwischen müsste, um ihn zu killen. Andererseits war ich als Elbin auch nicht gerade ein Zwerg, eher im Gegenteil. Der Boden war weiter von mir entfernt, als ich es von früher gewohnt war.
„Ihr kamt mit Herrn Aragorn."
„Und Boromir von Gondor", bestätigte ich und seufzte. „Wir waren zuerst in Edoras."
„Offensichtlich." Hübsch, aber kein Herzchen. Der scharfe Unterton in ihrer Stimme sprach Bände.
„Eine lange Geschichte."
„Die Männer haben viel mit meinem Onkel zu besprechen. Wir haben Zeit."
„Hier?"
Ein Klischee jagte das nächste. Ein Dialog dieses Inhalts hatte einen Bart so lang wie der Gandalfs. Wenn es so weiterging, würde sich mein Sprachschatz halbieren und mein Ausdruck sich auf das Niveau eines Werbeslogans reduzieren. Ich seufzte nochmals.
Einen Moment schien sie wirklich entschlossen, mich hier auf den Stufen zur Rede zu stellen, doch dann kam die gute Erziehung durch. „Ihr werdet eine Unterkunft brauchen. Folgt mir."
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MarySue-Magie…
Es gab Momente, da war ich dankbar dafür.
Eine Stunde nach der ersten Begegnung hatte ich eine neue Freundin, um es mal so auszudrücken. Eowyn, noch immer höchst fasziniert von der bewegten Geschichte, die ich zum Besten gegeben hatte – den Testkuss mit Boromir hatte ich ausgelassen – hockte auf der schmalen Holzpritsche, die hier gemeinhin als Bett durchgehen sollte und erzählte mir ihrerseits von dem, was in den letzten Tagen so alles passiert war.
Ich selber saß in einer schmalen Fensternische und kaute auf einem Apfel herum, den Rohans ranghöchste Adlige eigenhändig organisiert hatte. Fensternische ist ein zweideutiger Begriff. Es war zwar eine Öffnung in dem beeindruckend dicken Mauerwerk, aber von Glasscheiben keine Spur. Gerade mal Holzläden, die jetzt geöffnet waren und zuließen, dass etwas Licht in den karg möblierten Raum fiel, der mir zugedacht worden war. Tief unterhalb des Fensters waren die Geräusche und Stimmen der Rohirrim zu hören, die sich auf den Kampf einstimmten. Waffenklirren und die Schrittgeräusche der Krieger, die ihre Plätze auf dem Klammwall einnehmen mussten.
„Es ist eine große Erleichterung, dass Herr Aragorn so unversehrt ist", bemerkte die unglücklich verliebte Schildmaid gerade und nestelte am Saum ihres Kleides herum.
„Oh ja", war mein neutraler Kommentar.
„Legolas war sehr schweigsam in den Tagen nach seinem Verschwinden und hat oft die Halskette zur Hand genommen."
Orli nagte ebenfalls auf einem Stück Apfel herum, dicht an der Kante der Fensteröffnung. Ich widerstand dem Drang, ihn über die Brüstung zu schnippen. „Eowyn…"
Hoffnungsvoll sah sie zu mir. Was tat ich hier eigentlich? Draußen lauerten Tausende von Orks, die nächstgelegene MacDonalds-Filiale war in der angrenzenden Dimension verschwunden und ich brabbelte plüschigen Müll. „Vergiss ihn."
Sehr plüschig war das nicht mehr, aber es wirkte. Sie öffnete die rosigen Lippen, schien einen Moment empört und seufzte dann. „Ich hab mich zur Närrin gemacht."
„Ein bisschen", schränkte ich freundschaftlich ein. „Aber er hätte auch deutlicher sein können. Männer sind eben Schweine."
„Lucy!"
„Ja?"
„Woher willst du das wissen? Du erinnerst dich doch an nichts mehr."
Schlaues Mädel. „Das ist ein Instinkt."
„Ein elbischer?"
„Nein, ein weiblicher."
Sie kicherte. Bevor wir uns noch zu einer Pyjama-Party verabreden konnten, störte ein Klopfen an der Tür die nette Atmosphäre. Mit einem Satz war Orli von der Brüstung runter und in meiner Gürteltasche verschwunden. Ich hatte ihn bereits gewarnt, dass irgendwelche unappetitlichen Hinterlassenschaften darin zur sofortigen Exekution führen würden. Bislang hielt er sich dran. Schade eigentlich…
Ein zerzaustes, bärtiges Etwas steckte den Kopf zur Tür hinein. „Frau Eowyn, der König wünscht Euch in der Halle zu sehen. Und Euch auch, Herrin", setzte der Bote hinzu, ohne mich anzuschauen.
Ich hatte eigentlich gehofft, mich in diesem Raum zu verschanzen, bis von den Orks nur noch ein Haufen gut gedüngter Bäume aus dem Fangorn übrig waren, aber irgendwie wollte dieser Plan wohl ebenso wenig funktionieren wie alle anderen auch. Eine Sache gab es allerdings, die meine Laune auf dem viel zu kurzen Weg zur königlichen Audienz doch hob. Wann immer wir an einem der schmalen Fenster vorbeikamen, war da dieser Anblick dunkler, schwerer Gewitterwolken, die sich am Eingang des Tales auftürmten. Mit ein bisschen Glück traf mich der erste Blitz, noch bevor der erste Ork es tat.
Die erste Begegnung mit einem bereits amtierenden König wurde zum Glück nur halb so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Boromir und Aragorn hatten ihn wohl bereits aufgeklärt, denn Theoden beschränkte sich fast nur darauf, mich willkommen zu heißen.
„Einen schlechten Tag habt Ihr Euch ausgesucht, Frau Elbin", meinte er noch voller Bitterkeit. „So findet Ihr statt Gastfreundschaft nur Kampf und Blutvergießen."
„Ihr ward bereits gastfreundlich genug", erwiderte ich artig und spielte darauf an, dass ich die Hinterlassenschaft seines Sohnes ausgeplündert hatte, ohne dass er mich dafür in Ketten legen ließ.
Theoden, der mich wirklich beeindruckte mit seiner Beherrschung angesichts dieser schrecklichen Lage für sein ganzes Volk, brachte sogar ein Lächeln zustande. „Mein Sohn wusste Schönheit immer zu schätzen. Es ist sicher in seinem Sinn, dass so kriegerische Kleidung eine so unbeschreiblich schöne Trägerin gefunden hat."
Elben werden nicht rot, stellte ich fest und war dankbar. Damit wandte sich Theoden wieder wichtigeren Dingen zu und brach zu einer Inspektion seiner Truppen auf. Ich folgte ein kurzes Stück, immer schön auf Distanz zu dem einzigen anderen Elb, der mir gelegentlich noch einen Seitenblick zuwarf, mich aber nicht ansprach.
Als die Truppe hinunter zur großen Rampe vor dem Tor marschierte, ließ ich mich zurückfallen und blieb stattdessen auf der inneren Mauer stehen, mitten zwischen ein paar Elitekriegern, wenn ich den Prunk ihrer Rüstungen und die finsteren Mienen richtig deutete. Der Ausblick von hier war gut. Zu gut, um genau zu sein.
Das war die kümmerlichste Armee, die man sich ausmalen konnte. Aus der Burg drängten immer wieder Krieger heran, die diese Bezeichnung entweder nicht mehr oder noch nicht verdienten. Theoden hatte alles bewaffnen lassen, was noch Hände hatte, die Waffe zu halten und Beine, um sich auf den Wall zu schleppen. Ausgenommen waren die Frauen und Mädchen. Kind zu sein alleine reichte nicht aus, dem Schrecken zu entgehen, wie ich feststellte, als sich immer mehr kleine Gestalten unter die Kämpfenden stellten. Ein letztes Aufgebot und es bedurfte eines Wunders, um gegen die Armee zu gewinnen, die nicht mehr fern sein konnte.
Ich stützte mich auf die Brüstung und hielt den Blick starr auf den Eingang des Tales gerichtet. Mittlerweile war der gesamte Himmel von einer dunkelgrauen, dichten Wolkendecke überzogen. Es war so dunkel, dass es beinahe wie Abend wirkte, obwohl erst früher Nachmittag sein konnte. Das Wetter entsprach meiner Stimmung.
Unwillkürlich lächelte ich freudlos. Warum machte ich mir denn Sorgen? Es konnte doch nicht wirklich etwas passieren. Helms Klamm würde nicht fallen, so kannte ich es und so musste der Ablauf der nächsten Stunden sein.
Mir fehlte der Glaube, stellte ich mit einem bitteren Geschmack im Mund fest, der mich angestrengt schlucken ließ. Worauf war in dieser Welt denn überhaupt Verlass? Wenn sich sogar gottähnliche Wesen irren und die falsche MarySue hierher bringen konnten, dann war auch die Chance gegeben, dass Helms Klamm eben nicht gerettet wurde. Dass die Elben nicht kamen und auch Gandalf nicht mehr rechtzeitig auftauchte mit Eomer und seinen Reiterscharen.
Ich hatte hier nichts verloren. Ich war keine Kriegerin, auch wenn die Arbeit bei einem Zahnarzt manchmal Kampfwillen erforderte. Um Menschenleben ging es da nicht, insbesondere nicht um meines. In diesem Kampf hier würde ich jedoch keine Hilfe sein. Am besten wäre wohl, ich verkroch mich zu Eowyn, die viel lieber hier an meiner Stelle wäre, anstatt mit den Frauen und kleinen Kindern in den Höhlen darauf zu warten, dass andere für ihre Leben einstanden.
Wo blieb jetzt meine MarySue, die sich so sehnlich hierher gewünscht hatte? Sie sollte hier stehen, mit markigen Worten auf den Lippen und dem Schwert oder dem Bogen in der Hand.
„Ich verfluche dich", raunte ich in einem Anfall von Theatralik, der aber gut zu meiner jetzigen Lage passte. „Mögen dir die Haare ausfallen und die Zähne verfaulen."
„Ich glaube nicht, dass das den weißen Zauberer abschrecken wird."
Ertappt fuhr ich herum und fand mich eine Armlänge von meinem schlimmsten Albtraum entfernt. Die anderen Krieger hatten sich zurückgezogen, der Elb lehnte alleine an der seitlichen Brüstung und musterte mich aus schmalen Augen.
„Legolas!"
„Ich dachte schon, Ihr wollt ewig so weiter machen", nickte er und deutete eine spöttische Verbeugung an.
„Ich weiß nicht…"
„Erspart mir das", warnte er mich und klang nicht einmal unfreundlich. „Boromir oder Aragorn mögt Ihr täuschen, aber bei mir wird Euch das nicht gelingen."
Ich war sogar erleichtert.
„Ein Blitz", meinte er kopfschüttelnd und trat etwas näher. „Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe."
Meine Erleichterung verflüchtigte sich. Ich hätte am liebsten geheult. Keine Ahnung, was der Elb zu wissen glaubte, aber es lief leider nicht in die richtige Richtung. Etwas schwächlich zuckte ich mit den Schultern und flüchtete mich mal wieder in Schweigen. Nicht nur, dass ich bald in Blut waten würde, ich hatte auch noch irgendeine Vergangenheit, die mir absolut schleierhaft war. Mir, ihm aber nicht. Warum musste es so kompliziert sein und warum zum Teufel kam dieses Gewitter nicht? Ich brauchte jetzt sehr dringend einen Blitz!
„Ihr seid noch so jung", sagte er, den Blick nachdenklich auf die Ebene vor uns gerichtet. „Zu jung, um hier zu sterben."
„Wer sagt-?„
„So wird es geschehen", schnitt er mir mit einer knappen Geste das Wort ab.
Ich zuckte leicht zusammen, weil er plötzlich so wütend klang. Jetzt fiel mir auch auf, dass Legolas sich für den Kampf bereit gemacht hatte. Offenbar war der unschöne Zusammenstoß in der Waffenkammer bereits vorbei.
„Wir werden wahrscheinlich alle sterben." Jetzt waren seine Augen so schwarz wie der Himmel über uns. „Ich möchte, dass Ihr während der Schlacht an meiner Seite bleibt. Rührt Euch nicht von mir weg."
Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Ich würde den Teufel tun und mich an einen Elben hängen, der sich unbedingt in die erste Reihe stellen musste und kleine Showeinlagen auf der Treppe geben würde. „Ich könnte zu Eowyn gehen", schlug ich also vor.
„Dies ist nicht die Zeit für Scherze."
Verdammte elbische Gleichberechtigung! Gerade jetzt hielt ich sehr viel vom traditionellen Rollenverständnis. Ich wäre für mein Leben gern bei den anderen Frauen in der Höhle. Vielleicht konnte ich Tipps zur richtigen Zahnpflege der Kinder geben. Zu mehr taugte ich nämlich nicht.
„Luthaduial!" Er packte mich an den Oberarmen und schüttelte mich leicht. „Ich meine es ernst. An meiner Seite! Vielleicht seht Ihr Eure Heimat dann wieder!"
Diesmal retteten mich nicht die Orks, sondern ein Hornsignal, dessen Existenz ich schon fast vergessen hatte. Legolas ließ mich abrupt wieder los, starrte hinunter über den Wall und strahlte plötzlich, soweit ein Elb überhaupt so überschwänglich werden konnte. „Das ist kein Ork-Horn. Folgt mir. Vielleicht ist doch nicht alle Hoffnung verloren."
Ich ließ ihn losrennen und blieb selber wie angenagelt dort stehen. Namenloses Grauen hatte mich gepackt und das hing nicht nur mit diesem idiotischen Namen zusammen, den ich offenbar hatte. Übersetzt hieß es wohl ‚bezaubernde Abenddämmerung', nicht übersetzt klang es wie eine ernsthafte Störung im Sprachzentrum. Aber mit den vielen Vokalen hätte ich ja noch die paar Minuten bis zu meinem nahen Ende durch einen Ork leben können. Nein, das war es nicht. Ich wünschte fast, es wäre so.
Was mir den kalten Angstschweiß auf die Stirn trieb, war der üble Verdacht, dass ich soeben den Traum meiner MarySue gefunden hatte. Er war blond, unsterblich und rangierte in meiner persönlichen Hitliste nicht erfreulicher Kandidaten knapp hinter Sauron und den Hobbits.
„Nicht Legolas!" Keine Ahnung, wie oft ich es vor mich hinmurmelte, bis mich ein unangenehmer Schmerz an der Hand wieder zur Besinnung brachte. Orli hatte mich gebissen und sich dann hastig wieder in die Gürteltasche verzogen. Er war zu klein, um mir eine Ohrfeige zu verpassen, die die aufsteigende Hysterie vertreiben konnte, hatte aber sein Bestes getan.
Dank Orlis heldenhaftem Einsatz verpasste ich wenigstens nicht den Einzug der Retter. Wahrscheinlich hätte ich mich später sogar darüber geärgert.
War ich beeindruckt, diese knapp dreihundert Krieger zu sehen, die in perfektem Gleichklang über die Brücke zogen und an der Treppe zur Burg zum Halt kamen?
Ich war es.
Jeder wäre es gewesen!
In all der Hoffnungslosigkeit waren sie Lichtgestalten und auch ich konnte mich nicht des Gefühls erwehren, dass wirklich nicht alles verloren war.
Von meiner erhöhten Position aus beobachtete ich, wie ihr Anführer – ja, Haldir war da und mich konnte es nicht einmal überraschen – sein Sprüchlein aufsagte, von Aragorn eine eher unwillkommene Umarmung erhielt und sich die Krieger dann ohne langatmige Erklärung auf dem unteren Wall verteilten.
Anstatt mich weiter zu freuen, weil wenigstens die Ankunft der Elbenkrieger planmäßig stattgefunden hatte, überkam mich wieder dieses eigentümliche Gefühl, dass die kleine Unterhaltung mit Legolas nicht alles gewesen war, was mich an diesem Tag noch an den Rand eines Nervenzusammenbruchs treiben würde.
Ein nervöses Flattern breitete sich in meiner Magengegend aus, kaum trennte sich Haldir mit einem weiteren Krieger von seiner Truppe und folgte Legolas. Fasziniert in stillem Schrecken beobachtete ich, wie die drei Elben immer näher auf mich zukamen. Über mir braute sich etwas zusammen und das war ausnahmsweise kein Gewitter.
Meine Kehle wurde trocken, als sie nur noch wenige Schritte entfernt waren und ich wich unwillkürlich zurück. Das hielt einen Elb wie den lorischen Hauptmann allerdings nicht auf. Abgesehen von dem üblichen Plus an Ausstrahlung im Vergleich zu seinem Darsteller hatte er auch noch die Abmessungen eines Zehnkämpfers. Und den gleichen Elan.
Wenn Elben wollen, können sie auch umarmen. Haldir wollte und wie! Ich landete trotz Gegenwehr an einer diesmal in Rüstung steckenden Heldenbrust und meinte, ganz deutlich meine Rippen knacken zu hören. Und etwas anderes vermeinte ich auch noch zu hören und das klang so ähnlich wie ‚Orophins Tochter'.
Onkel Haldir…
Mir wurde schwarz vor Augen.
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feanen: Hey, bist du etwa schon wieder von der langen Rundreise zurück? Schon mit dem Studieren angefangen? Ich bin neugierig, ich weiß. Aber ich kann nix dagegen machen. Und ja, es ist mal wieder was drauf. Nur was kleines eben.
Kaya Unazuki: Boah, bist du hartherzig! Der Hundewelpen-Blick klappt sonst immer – schmoll- Aber ganz ehrlich, ich brauch noch etwas für Heiler 4 und noch für Arenor 2. Dafür ist das Gesamtkonzept von Heiler fertig und die übelste Hürde, die immer der Anfang bzw. das erste Kapitel ist, ist auch genommen.
Tod: Das ging anfangs nicht mit dem Namen? Irgendwie merkwürdig sind die manchmal hier. ALSO, TOD, DAS MIT ORLI WAR ABER MITLEID MIT DEM RATTERICH, ODER?
Hm, eigentlich müsstest du immer in Großbuchstaben schreiben. Wenn ich mich recht erinnere, macht Tod das doch so. Die Sache mit dem Link hat hoffentlich geklappt und du hast schon die ersten 100 Fragen bzw. Regeln verinnerlicht –kicher-. Vom Kiffen stand da zwar nix, aber ich konnte nicht anders. Dafür hab ich dann den bengalischen Tiger weggelassen.
Shelley: Fandest du nicht auch, dass die immer so angesäuselt aussehen, wenn die qualmen? Und dann auch noch Schiffchen damit pusten und sich freuen wie dösig. Das konnte nur einen Grund haben und das war nicht normaler Tabak von Aldi.
Du kennst die Story! Zumindest, was die Sache mit den Klamotten angeht. –neue Firewall aufspielt-
