Played beeing God
Die Nocturngasse hatte er eigentlich düsterer in Erinnerung gehabt. Harry sah sich um und ging dann in ein Gasthaus, das Sleepless Night hieß. Dort quartierte er sich für eine Nacht ein, und begann seine weitere Vorgehensweise zu planen.
Am nächsten Tag regnete es. Genau der perfekte Start für mein neues Leben, dachte Harry grimmig, als er das Haus verließ. Auf einmal bemerkte er einen stechenden Geruch. Kurz bevor es schwarz um ihn wurde, glaubte er ein hämisches Lachen zu hören.
Stunden später (oder waren es Tage?), in einer Folterkammer. Sie schrie. Ihre Stimme war so schrill, dass Harry die Tränen in die Augen traten. Cruciatus! Bei einem Kind! Bei einem unschuldigen kleinen Mädchen. Sie wussten, dass sie ihn damit brechen würden. Seine Fäuste ballten sich. Er ignorierte die Schmerzen, die jede Bewegung hervorrief.
Dann schlug er zu. Er spürte die Fesseln nicht mehr, er schlug einfach zu. Immer wieder. Der Mann brach zusammen. Er schlug zu. Der Mann begann zu röcheln. Er schlug ein letztes Mal zu. Dann sank er zu Boden und wartete. Er konnte nicht fort. Der Fesselfluch würde nur abfallen, wenn der Mann bewusstlos – oder tot war.
Er hielt sich die Ohren zu. Das Röcheln tönte fort. Die Todessermaske war verrutscht, und man sah die schwarzen Haare. Sein Gesicht wirkte so – kindlich. Eine immer größer werdende Blutlache am Boden. Sein Kopf war zur Seite gefallen, ein Arm stand in einem bizarren Winkel vom Körper ab. Blut. Aus seinem Mund lief Blut. Er war bewusstlos, sagte sich Harry, aber er war es nicht, sonst wäre er frei gewesen. Der Mann röchelte noch immer, hob den Kopf, das Stöhnen wurde einen Moment stärker.
Als Harry in seine Augen sah, wusste er es. Der Mann war nicht halb bewusstlos. Der Mann war halb tot. Und er war schuld. Er konnte nicht helfen. Er durfte nicht um Hilfe schreien, denn hätte dann wäre der Mann zwar für den Moment gerettet, aber Voldemort würde ihn umbringen. Und damit würde das kleine Mädchen auch sterben und niemandem wäre geholfen. Er musste zusehen, wie der Mann starb, um das Mädchen retten zu können. Er musste sich gegen den Mann entscheiden.
Sie saßen sich nun direkt gegenüber. In den Augen des Todessers war ein Ausdruck furchtbaren Entsetzens und ungeheurer Angst. Er war jetzt völlig still, das Röcheln und Stöhnen war verstummt, aber die Augen schienen zu schreien.
Das Röcheln setzte wieder ein, wie lange dauerte der Tod doch! Denn eines wusste Harry: Der andere war nicht mehr zu retten. Es war der erste Mensch, den er mit seinen Händen tötete, und nun musste er zusehen, wie die Zeit sein Werk vollendete. Jeder Atemzug schnitt wie ein Messer in seine Seele. Er hätte viel darum gegeben, wenn der Mann am Leben bliebe.
Hätte er doch eine andere Straßenabzweigung genommen, hätte Voldemort einen anderen Todesser gewählt, hätten sie nicht das kleine Mädchen gefoltert, hätte der Fesselzauber besser gehalten,…
Er hatte die ganze Zeit an den Zauberstab, die Waffen, die Folterinstrumente des Mannes gedacht – jetzt sah er sein Gesicht, und die Angst darin.
„Vergib mir. Ich hab zu spät erkannt, dass ihr auch nur Menschen seid. Warum hat man mir nicht gesagt, dass ihr genauso arme Hunde seid wie wir, dass eure Familien sich genauso sorgen, dass ihr die gleiche Furcht vorm Sterben habt?"
Der Fesselfluch ließ nach. Harry bewegte sich mit schmerzenden Gliedern auf den Mann zu und schloss die angsterfüllten Augen. Das Blut, das von seinen Wunden tropfte, vermischte sich mit dem des Mannes.
Er hatte einen Menschen getötet. Mörder, flüsterte die kleine Stimme in seinem Kopf. „Es tut mir so leid", murmelte er zu sich selbst. Tot. Vielleicht hatte der Mann Familie gehabt. Vielleicht wuchs ein kleines Mädchen jetzt ohne ihren Daddy auf.
Er war ein Mörder. Kein bisschen besser als die anderen. Zögernd nahm er den Zauberstab und den Ausweis des Mannes an sich. „Stephen O'Neillson, 19 Jahre alt". 3 Jahre älter als er!
Verheiratet! Er würde seiner Frau schreiben. Würde sagen, dass es ihm leid tat. Würde ihr Geld schicken. Er hatte ihn umgebracht. Einfach so. Er hätte einen anderen Weg suchen sollen, nicht den einfachsten. Es hätte einen gegeben. Dies war nicht der richtige Weg. Ein Leben war ausgelöscht. Er hatte für einen winzigen Moment Gott gespielt. Ob es diesem auch so schwer fiel, wenn er töten musste? Warum passierte nichts? Der Mann war tot! Und es änderte sich nichts, kein Blitz, der aus dem Himmel fuhr, kein Schmerz, der ihn durchzuckte, nicht einmal Auroren. Es passierte rein gar nichts! So unwichtig?
Was würde seine Mum von ihm denken? Du bist ein Mörder, flüsterte die kleine Stimme in seinem Kopf. Er weinte. Wissend, dass er noch wieder morden musste. „Warum hast du mich nicht einfach umgebracht?"
Das kleine Mädchen in seinem Arm weinte. „Shhh. Es ist alles gut. Ich bring dich nach Hause.", flüsterte Harry hilflos.
„Weißt du was, ich mach dir einen Portschlüssel ins Ministerium. Und dann gehst du zu einem Mitarbeiter, und gibst ihm den Zauberstab und eine Nachricht von mir. Weil ich kann da nicht rein, die suchen mich!"
„Du bist ein Held! Du hast mich gerettet. Du musst mitkommen." „Nein, Kleines. Helden laufen nicht davon. " In Gedanken fügte er hinzu: „Und Helden morden nicht."
„Aber du brauchst einen Medimagier. Der schwarze Mann war böse zu dir!"
„Ich komm schon zurecht.", murmelte Harry und schrieb auf ein Pergament:
Wurde von den Todessern erwischt und gefoltert. Dann haben sie die Kleine hergebracht.. Ich konnte das nicht mit ansehen. Ein kleines Mädchen foltern! Sie war so unschuldig! Ich habe den Mann getötet. Es tut mir so leid. Ich wollte nicht, dass er stirbt. Ich habe zu spät erkannt, dass er vielleicht mein Freund hätte sein können, wenn nicht Krieg wäre.
Wenn Voldemort Azkaban nicht in seiner Hand hätte, würde ich mich jetzt ausliefern, auch wenn laut eurem Gesetz Todesser als vogelfrei gelten. Was ist das für eine Gesellschaft, in der man uns zeigt, dass Töten Unrecht ist, indem man Töten darf, um Recht gültig zu machen?
Sleepless Night, im Zimmer 132 in der Nocturngasse. Kümmert euch um die Kleine.
Er überlegte einen Moment und setzte dann statt einer Unterschrift darunter:
Was habt ihr mit Jamie gemacht, dass er den Crucio beherrschen würde?
Er drückte ihr den Zettel und den Zauberstab in die Hand, und gab ihr den Portschlüssel. „Wer bist du?", fragte das Mädchen. Harry schüttelte den Kopf. Als ihre Konturen verschwammen, flüsterte er: „Ein Mörder."
Nach einem Zwischenhalt im St. Lilys anonymen Krankencenter (einige mitleidige Kommentare und die dringende Bitte, auf sich aufzupassen, inbegriffen), machte er sich auf in die Winkelgasse, um Gringotts einen Besuch abzustatten. Dort hatte er ursprünglich hinwollen. Ein Kobold führte ihn in sein Verließ und ließ ihn alleine. Zum ersten Mal sah sich Harry darin wirklich um. Neben dem vielen Geld waren auch Gegenstände von seinen Eltern und das Erbe von Sirius da. Unter anderem stach ihm eine Pergamentrolle in Auge.
Hallo Harry,
ich wünschte, es käme nie soweit, dass du diesen Brief lesen kannst. Er ist so verflucht, dass er dir nur ins Auge fällt, wenn du dich von Dumbledore losgesagt hast.
Du hast also erkannt, dass das Licht nur eine Facette der Magie ist. Nur wo Licht ist, können Schatten fallen, und nur wo Dunkelheit ist, erkennt man ein Licht. Weißt du, Harry, zu unserer Schulzeit gab es diesen ewigen Kampf zwischen Licht und Dunkel auch schon. Und ich kenne zwei Menschen, die ihn durchschaut hatten. Severus und ich. Wir hatten beide die Wahl zwischen Gryffindor und Slytherin und wir haben uns unterschiedlich entschieden. Dumbledore trieb einen Keil zwischen uns. Wir hassten uns, ja, aber wir hatten beide dasselbe Ziel. Du kannst ihm vertrauen.
Ich habe ein seltsames Gefühl, eine Vorahnung, darum schreibe ich diesen Brief. Irgendetwas wird bald passieren, und es hat mit Dumbledore zu tun. Keine Sorgen, ich werde es überleben.
Versprich mir, was immer auch ist, dass du damit zurechtkommst! Such dir eine Freundin, lass dich tätowieren, werde Animagus, aber LEBE!
Deine Eltern sind stolz auf dich,
Sirius
PS: Lass einen magischen Erbschaftstest machen, ich habe irgendwie das Gefühl, dass du eine Bleibe für die nächste Zeit suchst. (Warum solltest du sonst in die Winkelgasse kommen?) Und begreife, warum wir die Wahl zwischen den Häusern hatten.
PS: Was immer auch passiert, und was immer du tust, trauere, sei wütend auf dich selbst, aber zerbrich nicht daran!
PS: Denk nicht so viel nach, sondern sprich jetzt mit dem Kobold!
Harry fragte einen Kobold nach dem Erbschaftstest. Dieser führte ihn in einen Nebenraum, um lies ihn ein paar Tropfen Blut auf ein Pergament fallen lassen. Auf einmal erschien eine Liste.
Sirius Black (vermisst und für tot erklärt)
Lilian und James Potter (von Sie-wissen-schon-wem ermordet)
Matt Evans (eines natürlichen Todes gestorben)
Andrew Evans (vergiftet)
Ozeton Black (im Duell gestorben)
Anthony Thomas Snape (eines natürlichen Todes gestorben)
Godric Gryffindor (im Duell gestorben)
Serena Slytherin (im Duell gestorben)
…
Die Liste war scheinbar endlos, wahrscheinlich hatte jeder Idiot fünf Prozent seines Geldes dem Jungen-der-lebt vererbt. Aber die Namen Black, Snape, Gryffindor und Slytherin waren interessant. Sehr interessant. Black war unlogisch, aber möglich, und Gryffindor auch. Snape war ihm völlig kryptisch und Slytherin ließ sich auf seine Verbindung mit Voldemort zurückführen. Aber Slytherin Serena? Hatte der Gründer eine Tochter gehabt?
Harry beschloss, sich an einen Kobold zu wenden.
Dieser schaute ihn aber nur wissend an und gab ihm ein Pergament. Als er es in die Hand nahm, wurde es immer größer.
Die ehrenwerte Verwandtschaft des Lord Harry James Potter- Gryffindor.
Und je mehr er sich seinem Stammbaum widmete, desto mehr begriff er. Er erkannte die Verbindungen, die er mit allen Reinblütern hatte, verstand, warum Dumbledore ihm die Verwandtschaft zu Slytherin verwehrt hatte, verstand, warum Percy Weasley sich von seiner Familie losgesagt hatte, sah, dass Vernon Dursley eine außereheliche Tochter hatte,... Er hatte immer noch eine Familie!
Von diesem Gedanken erfüllt, blickte er den Kobold an.
„Kann ich jetzt diese Verliese betreten?"
„Mein Lord, wo wünschen Sie, hinzugehen?"
„Ich möchte in Gryffindors Verlies."
Lord. Es erschien ihm wie eine Verhöhnung. Mörder wäre treffender gewesen. Abschaum. Sie fuhren eine halbe Ewigkeit durch die Kerker. Dann hielten Sie vor einem Hochsicherheitsverlies.
„Wenn Sie ein Erbe sind, können Sie den Raum betreten. Nicht einmal wir Kobolde schaffen das.", erklärte der Kobold. Warum sprach überhaupt noch jemand mit so einem wie ihm? Harry schritt zu Tür und öffnete sie. Was er sah, ließ ihn staunen. Es war ein riesiger Raum, dessen linke Hälfte mit Gold gefüllt war. Die rechte Hälfte, aber war voll von Büchern und magischen Artefakten. An einem Schreibtisch lag ein Pergament. Schon wieder.
Du bist also einer meiner Nachfolger aus der Linie Gryffindor-Slytherin. Ich fürchte, Salazar wird mich töten, wenn er erfährt, dass seine Schwester von mir schwanger ist, darum habe ich für meine Nachfolger ein paar Vorkehrungen getroffen.
Ich habe das Metallherz, das neben diesem Brief liegt, in einen ewigen Portschlüssel verwandelt. Wenn du auf „Die Liebe siegt.", greifst, bringt er dich in dein Zuhause, nach Godrics Hollow. „Egal, ob Slytherin, oder Gryffindor", bringt dich nach Hogwarts, in meinen und Serenas Raum. „Was zählt," , bringt dich hierher. „sind nur wir", bringt dich in euer Hauptquartier.
Diese Information wird fürs Erste reichen. Ich bin sicher, unsere Nachfolger werden mutig, tapfer, beliebt, schlau und durchtrieben. Merlin, das wird ein Kind! (Armes Hogwarts!)
Naja, hier lagern noch einige nette magische Utensilien. Gewöhn dich daran, dass man dich Lord Gryffindor nennt.
Und jetzt benutz den Portschlüssel, vielleicht findest du ja noch ein Pergament! (Wenn nicht, dann deutet Helga die Zukunft falsch) (das glaub ich aber nicht)
Harry seufzte – soviel Glück hatte er nicht verdient. Er beschloss, den Portschlüssel gleich auszuprobieren und landete in Godrics Hollow, in einer riesigen Bibliothek.
"Plopp" Eine kleine Hauselfe kam auf ihn zu.
„Mein Lord, bitte setzen Sie sich einen Augenblick. Lissy wird den anderen Hauselfen Bescheid geben."
„Sag, gehört das alles mir?"
"Ja, mein Lord. Wünschen Sie etwas zu trinken?"
"Eine Tasse Kakao wäre gut."
„Lissy kommt sofort."
Harry schaute sich inzwischen um. Der Raum war in sanften Erdtönen gestrichen und hatte einen dunklen Holzboden, die Möbel waren ebenfalls dunkel. Einige Leuchten strahlten ein warmes Licht aus, und es gab zwei Nischen mit einladenden Sofas. In einer Nische war eine Art Besprechungstisch und dann stand da dieser Schreibtisch. Er war wunderschön, aus feinem Holz geschnitzt, mit einer Einlegearbeit aus einem ihm unbekannten Metall, die eine Lilie zeigte.
Auf dem Tisch lag tatsächlich noch ein Pergament. Harry nahm es und begann zu lesen.
…4 Generationen unter dir… mein Junge… ein Kind, gezeichnet, um zu kämpfen… entscheiden… zwischen den Welten…eine Macht gegeben… hilf, oh Junge, der sieht…vom Schicksal verfolgt…bis er sich stellt…Gut und Böse…nicht allein sein… ein Mädchen von reinsten Blute... unschuldig… von den Reinblütern verachtet... opfert das Wichtigste… bekommt das Schönste…gewinnt am Schluss alles…versteht … Schwache erstarken… im Grauen Bereich… denn Licht und Dunkel…Böse… was sie sein sollten… Krieg…beendet… verflucht…besiegt…
Diese Worte ereilten mich am 31. Juli des verfluchten Jahres. Leider haben sich meine Prophezeiungen zu oft erfüllt, als dass ich diese ignorieren könnte. Du bist mein Enkel der vierten Generation, darum kannst du diese Zeilen lesen. Ich weiß nicht, was in deiner Zeit für ein Kampf ist, und ich kenne die Seite nicht, auf der du stehst. Ich verstehe die Worte nicht, vielleicht sagen sie dir mehr. Ich weiß, dass es meine Aufgabe ist, dir zu helfen, denn mit ‚Junge, der sieht' bin ich gemeint. Wobei ich dir helfen kann, weiß ich nicht. In der obersten Schublade dieses Schreibtisches liegt das Schwert der Lilienritter. Der, der es berühren kann, ist der Anführer dieses alten Bundes und erneuert diesen. Soweit kann ich helfen.
Neugierig öffnete Harry die Schublade. Darin lag ein wunderschöner silberner Dolch. Er war über und über von Blättern besetzt, die aus Smaragden bestanden und zwei Lilienblüten waren aus reinen Diamanten angefertigt wurden. Harry staunte.
Keine Angst, mein Junge
Was war das?
Nimm es, Kind, dies ist dein Schicksal.
Harry streckte die Hand aus und nahm den Dolch. Als er die Lilien berührte, durchfloss ihn eine solche Kraft und Wärme, wie er sie noch nie gespürt hatte.
So ist es wahr geworden, Sohn der Lilien, du wirst unseren Bund erneuern.
Wer bist du?
Ich bin der Wächter der Lilienritter.
Ich verstehe nicht.
Du bekommst bald Besuch von dem, der die ganze Zeit die Ritter zusammengehalten hat. Er wird dir alles erklären. Aber ich gebe dir den Tipp, ihm deine wahre Identität nicht zu zeigen. Zieh dir die Kapuze tief ins Gesicht.
Warum?
Weil ein gewisser Zaubertranklehrer Harry Potter nicht leiden kann!
Snape? Der Snape?
Die Stimme in seinem Kopf antwortete nicht, aber Harry hatte irgendwie das Gefühl, dass sich jemand das Lachen gerade noch verkneifen konnte.
Zur selben Zeit in einem Zaubertranklabor. Snape war wütend. Verdammt wütend. Dieser Potter hatte es doch tatsächlich geschafft, zu entkommen. Voldemort hatte eine Spur auf ihn gehabt. Die Todesser waren noch nicht zurückgekehrt von ihrer Mission. Das hieß nichts Gutes. Das hieß, dass dieser Idiot von einem Gryffindor sich vermutlich hatte fangen lassen. Wütend schmiss er eine Phiole gegen die Wand. I – D – I – O – T! Was hatte diesen Jungen nur geritten, abzuhauen? Und woher hatte er diese – zugegeben geniale – Idee, aus dem Ligusterweg zu entwischen? Die einzige, die zu so etwas fähig gewesen wäre, war Granger. Und die hatten sie ja wohlweislich abgeschirmt, die verdammte Besserwisserin! Potter, dieser verdammte Idiot, konnte ja nicht alleine auf diese Möglichkeit gekommen sein! Verdammt, und nun hatte er den Ärger auf dem Hals. Potter suchen, als hätte er nichts Besseres zu tun.
In diesem Moment fühlte er es. Dieses Gefühl, dass er schon so lange nicht mehr gespürt hatte, so lange schon hatte er es schmerzlich vermisst, geglaubt, er würde es nie wieder spüren. Eine Wärme durchfuhr seinen Körper.
Der Sohn der Lilien ist zurückgekehrt.
Die Stimme, die er so vermisst hatte, sprach Worte, die in ihm einen Funken entzündeten. Hoffnung. Hoffnung, dass sie diesen Krieg gewinnen konnten. Hoffnung, dass mit Potters Verschwinden doch nicht alles verloren war.
Du wirst ein Kind sehen, aber einen Erwachsenen kennen lernen. Severus, geh und erfüll deine Aufgabe.
Severus Snape lächelte und verließ die Schule mit wehendem Umhang. Als er Albus sah, verzog er das Gesicht, griff er sich an den Arm. Dieser nickte verstehend. Er war verdammt gut, dass der Alte von nichts eine Ahnung hatte. Grinsend apparierte er in eine kleine Bibliothek, um den Sohn der Lilien einzuweihen.
„Hallo, mein Name ist Severus Snape. Ich habe erfahren, dass du der neue Sohn der Lilien bist. Wahrscheinlich hast du keine Ahnung, was das bedeutet, oder?"
„Nein – eigentlich nicht, Sir.", Harry fühlte sich irgendwie vom Redeschwall seines Professors überrumpelt.
„Die Ritter der Lilien sind eine Geheimorganisation. Sie wurde vor etwa tausend Jahren von einem unbekannten Mann gegründet, der sich Sohn der Lilien nannte. Er verhinderte damals, dass sich Licht und Dunkel gegenseitig auslöschen.
Seit dem gibt es uns, die Ritter der Lilien. Wir werden nicht von Menschen ausgewählt, sondern vom Wächter der Lilien, von dem Dolch, den du in den Händen trägst. Das garantiert die Treue und Geheimhaltung.
Immer, wenn die Zaubererwelt wirklich in Gefahr ist, wählt der Dolch einen Menschen aus, dessen Herz rein und dessen Verstand klar ist, der letzte war ein gewisser Mark Evans. Nun bist du der neue Sohn der Lilien und musst dein Amt antreten."
„Aber ich bin doch nur ein Kind, ich kann doch nicht – "
„Doch, du kannst. Der Dolch hat dich nicht ohne Grund ausgewählt. Verrätst du mir deinen Namen?"
Harry schluckte. Er dachte an Ginny, und an das, was mit Sirius passiert war. „Kann ich nicht. Ich werde verfolgt.", flüsterte er. „Ich habe Angst - um meine Freundin. Sie ist die letzte, die man mir nicht genommen hat."
Snape blickte auf die Träne, die unbemerkt auf den Tisch getropft war. Der Junge mochte vielleicht fünfzehn Jahre alt sein, und musste schon erwachsen sein. Auch wenn das nicht einem Snape entsprach, hätte er ihn am liebsten in den Arm genommen.
„Welche Seite verfolgt dich?"
„Beide."
Die Worte ließen Snape aufschauen. So etwas wünschte er ja nicht einmal Potter. Er beschloss, das Thema zu wechseln und gab ihm einen Beutel.
„In diesem Beutel liegt ein Schlüssel für ein Hochsicherheitsverlies für Gringotts. Darin ist das Taschengeld, das du während deiner Ausbildung bekommst."
„Ausbildung?"
Snape musste grinsen. Grinsen? Moment mal, ein Snape hatte nicht zu grinsen!
„Glaubst du, du hast eine ganze Armee hinter dir, und wir lassen dich im Stich? Ich bin dafür zuständig, dass du eine ordentliche Ausbildung in allen wichtigen Bereichen der Magie erhältst. Außerdem wirst du jetzt ein Leben kennen lernen, das deinem Stand entspricht. Komm mit!"
„Wohin?"
„In deine Festung. Wir werden apparieren."
Und Harry spürte das vertraute Ziehen in der Magengegend, als er sich in einem Strom voll Farben auflöste.
Sie erschienen in einem riesigen Empfangssaal. Severus Snape hatte schon fast vergessen, wie wunderbar diese Festung war. Sie veränderte ihre Gestalt immer so, dass es dem Sohn der Lilien gefiel.
Heute war der Raum in einem sanften Cremeweiß gestrichen und mit dunkelbraunem Holz möbliert. Viele Pflanzen standen herum und das Bild einer jungen Frau mit herrlichen grünen Augen rundete den harmonischen Gesamteindruck ab. Der neue Anführer hatte scheinbar einen guten Geschmack.
„Hmmm.. ich bin momentan auf der Suche nach einem Harry. Der hatte auch solche Augen wie die Frau auf dem Bild."
„Potter?"
„Ja, der Idiot ist uns irgendwie entwischt. Du, wie soll ich dich denn nennen, wenn du mir deinen Namen nicht sagst?"
„Wie wärs mit Harry? Wär doch gut zur Tarnung," grinste der Junge.
Severus Snape war so in die Betrachtung des Raums vertieft, dass er seinen Begleiter nicht beachtete. Erst als dieser bedenklich schwankte, reagierte er. „Alles okay?". Aber der Junge antwortete nicht, sondern wurde ohnmächtig. Es war wohl alles zu viel für ihn. Severus trug ihn in die hauseigene Krankenstation.
Eigentlich war es gut, denn so hatte er ein bisschen Zeit, bis der Junge wieder wach war. Er musste Albus verständigen und ihm sagen, er könne das nächste Jahr nicht unterrichten. Er brauchte nur noch eine glaubhafte Ausrede.
Sag, der Dunkle Lord hat einen Auftrag.
"Das glaubt er nicht."
Er wird es glauben müssen.
Selbe Zeit, anderer Ort.
Albus Dumbledore hatte eine Eilnachricht des Ministers erhalten. Ein Mädchen war seelenruhig ins Ministerium spaziert und hatte den Mitarbeitern ein Pergament übergeben, auf dem stand, wo ein toter Todesser zu finden sei. (Die politischen Ansichten des mysteriösen Briefeschreibers wurden unter den Tisch gekehrt). Die Informationen hatten sich bewahrheitet. Das Seltsame: Auf der Kleidung der Leiche fand manBlut. Harry James Potter's Blut.
Der Direktor der Schule war verwirrt. War das jetzt eine gute Nachricht, oder eine schlechte? Und wen meinte der Fremde mit Jamie? Harry? Der Crucio? Seufzend ordnete er an, dass man dem Mann ein ordentliches Begräbnis gewähren sollte, nachdem man ihn untersucht hatte.
Ein Grab.
Stille Tränen.
Du siehst sie nicht.
Stumme Schreie.
Du hörst sie nicht.
Brüllende Ungerechtigkeit.
Du reagierst nicht.
Es tut mir so leid.
Du antwortest nicht.
Nicht mehr.
A/N: War ein sehr schweres Kapitel für mich.Harry musste erwachsen werden, auf eine schreckliche Art und Weise. Ich glaube, diese Situation (oder generell die Situation, dass Harry jemanden bewusst verletzt) fehlt in den Originalbüchern, darum hab ich sie beschrieben. Hoffe ich habe damit keinen rewiever vergrault… Aber keine Sorge: Es bleibt nicht so traurig. Das hier ist die Einleitung zu Harrys neuem Leben! (manche Veränderungen muss man nachvollziehbar gestalten)
Ich habe bewusst die Gefangennahme und die Folter nicht beschrieben. Das Kapitel ist brutal genug. (und war schon anstrengend genug beim Beschreiben)
Wer übrigens Ideen für Streiche weiß, kann sie mir schicken.Das vierte und fünfte Kapitel werde ich (gleichzeitig) nächstes Wochenende posten. Ach ja: Anonyme Reviews hab ich zugelassen!
Lg
Jolly
Roter Draconis: Danke für den Tipp mit den anonymen Reviews. Hab gar nicht daran gedacht. Nun, das wird eine HP / GW Story. Dumbledore erhält den größten Schock seines Lebens (bei einem der letzten Kapitel),Ronald Weasley bekommt, was er verdient. Hermione wird leiden,und Minerva wird sichnicht so schnell wieder mit Harry anlegen.(ich hab da eine wunderbare Szene vor Augen ) ) Außerdem bekommen ein paar Leute aus Hogwarts Rache eiskalt serviert...Aber Harry beginnt erstrelativ spät, "öffentlich" zu rebellieren.
MissMess: Na dann habe ich hoffentlichmeine erste Stammleserin gefunden g.
BlackRoseLily: Gerührt bin. Jemand mag meinen Stil.
Ja, ich will Harry auch nicht so extrem Gothic machen. Nun ja, schwarze hautenge Jeans sehen in Kombination mit Muskeln sehr sexy aus... Nun, Remus wird auch schon noch die richtigen Schlüsse aus Dumbledores Verhalten ziehen. Und vielleicht hab ich da ja noch eine Überraschung für ihn (und für dich).
Crimegirl: Nun ja, ich freu mich, wenn es dir gefällt ( ich mag Dumbi nicht so, es sei denn in Stories, wo sein Verhalten nachvollziehbar erklärt wird)
