„Ich möchte dir einen Deal vorschlagen, Richard."

„Einen Deal?", hakte Harry mit hochgezogener Augenbraue nach.

Anscheinend fiel Draco seine langgezogene Sprechweise und der leise Unterton auf. Wäre es nicht derart unmalfoyhaft gewesen, hätte er bestimmt einen Schmollmund gezogen.

So flüchtete sich der Blonde in ein Grinsen, strich sich nun selbst einige der Haarsträhnen zurück.

„Warum so zweifelnd?"

„Nun…ein Malfoy...das Wort Deal…nebenbei meine eingeschränkte Fähigkeit, mich zu wehren…die Fesseln…das Fehlen meines Zauberstabes, meiner Magie an sich…Ich weiß auch nicht, warum ich nicht vor Freude vom Stuhl falle. Oder vom Bett. Tut mir wirklich Leid."

„Nun mir tut's auch Leid…ich wette, es hätte dir gefallen, dich frei bewegen zu können. Diese Fesseln loszuwerden. Andererseits…" Nun wurde sein Grinsen eindeutig lasziv und er streckte seinen Körper ein wenig, so dass dieser nun fast auf dem Harrys lag, er die Wärme durch die Kleider hindurch spüren und beinahe das Gewicht fühlen konnte. Malfoys Hände wanderten neben seine, strichen sanft darüber. Er wendete ein wenig seinen Kopf, senkte ihn dann noch mehr, sodass seine Lippen über sein Ohr streiften. Harry erschauerte. Als Draco sprach, hauchte er die Worte hinein. Warm strich sein Atem über die empfindliche Haut. „…so könnte es für mich ein wenig reizvoller werden."

Oh. Mein. Gott. GEH WEEEEEG! (Neumond: Harry, wenn du ihn nicht willst….ich nehm ihn gerne.)

Harrys Augen wurden größer und größer. Malfoys Mund wanderte an seinem Hals abwärts. Seine Lippen streiften manchmal über die Haut. Als er am Schlüsselbein angelangt war, hatte sich Harrys Körper mit einer Gänsehaut überzogen. Dann wanderte sein Mund wieder zurück, langsam, genüsslich. Er gab Harry genug Zeit um zu erschauern und sich zu fragen, wie er noch einmal in so etwas hinein geraten war. Er hatte sich ja schon in viele beschissene Situationen gebracht, aber bisher hatte er geglaubt Askaban wäre die Krönung gewesen. Nein, es ging noch schlimmer. Warum hatten sich die Todesser eigentlich damals alle so beschwert, als sie den Dementoren ausgeliefert worden waren?

Als sich Dracos Lippen über den seinen befanden und er sie sich genüsslich anfeuchtete, breitete sich ein Kribbeln in seinem Magen aus, ein Ziepen. Letztendlich wohl eine neue Sorte Hunger, wie er ahnte. Ein weiterer, der sich ihm aufdrängen würde, der Beachtung und Erfüllung von ihm fordern würde. Was genau wusste er noch nicht. Aber er fühlte sich seltsam anders an. Besser.

„Was für ein Deal?", fragte er, kurz bevor Dracos Lippen die seinen berühren konnten.

Malfoy schmunzelte, aber in seine Augen trat ein leises Bedauern. „Nun, dann eben ein andermal…", flüsterte er. So leise, dass Harry glaubte, es nicht wirklich gehört zu haben, sich die Worte nur zusammenzureimen.

Er setzte sich auf, hockte nun wirklich mit seinem ganzen Gewicht auf seinem Bauch. Harry keuchte kurz auf, verkniff es sich danach jedoch irgendwelche Beschwerden vor zu bringen.

„Wie würde es dir gefallen, dich frei in diesem Haus bewegen zu können? Ohne Fesseln?"

„Ich würde es verlassen. Auf der Stelle." Harry dachte nicht nach, bevor er antwortete und wurde dafür mit einem Grinsen bestraft, das zwar immer noch diese neue Sanftheit besaß, aber dennoch an die erinnerte, mit denen er ihn so gerne in der Schule bedacht hatte.

„Ohne deine Magie? Ohne den Flakon?"

Harry biss sich auf die Zunge. Natürlich. Draco würde ihm seine Macht nicht mit Kusshand zurückgeben, nachdem er sie ihm so sorgfältig abgesaugt hatte.

„Nein? Das hab ich mir schon gedacht." Er strich sich mit beiden Händen die Haare aus dem Gesicht, aber sie fielen sofort wieder hinter den Ohren hervor. Also warf er den Kopf zurück, sah die Decke an, in der das Licht sich brach und mal blauen, mal roten Schein an den Wänden verursachte. „Du könntest dich hier im Haus frei bewegen. Und nach dem Flakon suchen. Ohne Magie, ein viel amüsanterer Zeitvertreib, da du wirklich wirst suchen müssen. Sobald du ihn gefunden hast gebe ich dir deine Magie zurück. Natürlich kannst du auch versuchen, gleich deine Magie wieder zu finden. Mir ist es einerlei. Und auch für dich läuft es auf dasselbe hinaus, nicht wahr?"

Beinahe gegen seinen Willen dachte Harry darüber nach. Was besser wäre. Seine Magie war groß gewesen, sie musste in ein größeres Gefäß gefüllt werden, als es der Flakon darstellte. Und sie würde nach ihm rufen. Vermutlich konnte er sie spüren, sobald er im selben Raum war. Wenn sein Hunger bis dahin nicht alles in ihm betäubt hatte. Er würde danach suchen, ja, das würde er.

„Natürlich gibt es da einige Regeln, die du beachten musst.", fuhr Malfoy fort, setzte sein Einverständnis wohl voraus. Er erhob sich und wanderte durch das Zimmer, den einen Arm erhoben, mit dem Zeigefinger ein wenig durch die Luft fahrend, die Augen zur Decke gerichtet, als ob er nachdenken würde, im Geiste nicht mehr wirklich bei Harry wäre.

„Die meisten betreffen meinen Vater, basieren auf ihm. Du wirst den Namen Richard Weasley hier nicht weiter benutzen. Wenn hier auf einmal ein Weasley herum spaziert, würde ihn das sehr aufregen."

Auch gut. Hatte eh nicht geplant eine Namensänderung zu beantragen.

„Ab jetzt bist du Paul Manderley."

„Warum ausgerechnet dieser Name?"

„Nun…", Draco stockte, sah Harry dann an. Er überlegte einen Moment, legte seinen Kopf schräg. In seinen Augen flackerte es. Er würde ihm nicht alles sagen, höchstens einen Bruchteil, das ahnte Harry bereits. „…er ist noch nie meinem Vater begegnet, also kennt er seine Stimme nicht, aber ich habe eine Zeit lang häufiger von ihm gesprochen, weil ich mit ihm zu tun hatte. Es ist also leichter zu erklären, dass er für eine kurze Zeit hier einzieht. Aus geschäftlichen Gründen. Außerdem ist er so eine Art Großcousin von mir. Mein Vater wird dir also sehr viel verzeihen, schließlich teilt ihr ein Blut. Er wird dir vertrauen. Die Manderleys waren allesamt in Slytherin."

Wo ich ja eigentlich auch hingesollt hätte. Dürfte nicht so schwer zu spielen sein.

„Die zweite Regel, wichtiger als die Erste: Ehemaligen Todessern und ihren Familien ist das Zaubern untersagt."

„Was?" Harry starrte Malfoy an, der nun auch ihn fixierte. In diesem Augenblick waren seine Augen kalt und jeder Schalk war daraus verschwunden. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt.

„Ehemaligen Todessern und ihren Familien ist das Zaubern strengstens untersagt.", wiederholte er monoton. Nun schlich sich doch noch ein Grinsen auf sein Gesicht, aber es war kein fröhliches. „Zuwiderhandlung wird vom Ministerium strengstens geahndet und mit jahrelangen Aufenthalten in Askaban bestraft. Das Alter des Straftäters ist sowohl für Strafmaß als auch für die gerichtlichen Verfolgung an sich vollkommen unerheblich."

„Aber das ist nicht wahr.", widersprach Harry. Tatsächlich hatte es einst ein ähnliches Gesetz gegeben, doch es hatte sich nur auf die Todesser an sich bezogen und war ohnehin bereits vor mehreren Jahren außer Kraft gesetzt worden.

„In diesem Haus ist es wahr." Malfoy kam wieder näher, beugte sich über ihn. Sein Zeigefinger fuhr federleicht über seine Wange. „Und ich würde dir raten, daran zu denken. Solltest du diese Regel missachten, werde ich dich töten. Wir sind beide ohne Magie, aber ich kann dich auch nur mit Hilfe meiner Hände umbringen." Nun legten sich seine Finger um Harrys Hals, drückten an zwei speziellen Punkten, sodass er kaum noch Luft bekam. Seine Augen waren eiskalt, schlimmer als früher. „Was diesen Punkt angeht, solltest du meine Geduld besser nicht auf die Probe stellen."

Draco stand auf und schlenderte zur Tür. „Ich komm morgen wieder. Überleg es dir bis dahin."

Oooooooooooooooooooooooooooooooooooo

„Und? Hast du es ihm gesagt?"

„Was?" Draco warf den Ball zu Cassy, die mit dem Schläger ausholte und dann so gut traf, dass es ihm seinerseits nicht gelang, ihn zu fangen.

Er zog eine Grimasse und nahm den nächsten Ball auf, der neben ihm lag. „Den holst du nachher."

„Warum es diese Regeln gibt." Sie schien sich nicht darum zu kümmern, was er als letztes gesagt hatte.

„Nein." Wieder flog ein Ball durch die Luft.

„Warum behälst du ihn überhaupt hier?", fragte sie weiter. „Und warum lässt du ihn frei herumlaufen?"

Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Diesen Ball fing er lässig mit einer Hand und warf ihn ihr wieder zu. „Damit die Jagd interessanter wird."

Ooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Harry starrte die Decke an. Er musste auf den Deal eingehen, das war ihm klar, aber er hatte dabei trotzdem ein mulmiges Gefühl. Mehr als mulmig sogar. Was war nur mit Malfoy los?

Seine neue Art, sie…oh verdammt, er konnte es nicht einmal wirklich in Worte fassen. Dieses sanfte, was der Blonde neuerdings an sich hatte, machte ihn nervös. Es weckte ein Ziepen in seinem Magen und er war sich sicher, hätte er sich öfter mit ihm in einem Raum befunden, er hätte sich irgendwann dabei erwischt Draco verträumt zu beobachten.

Dafür machte ihm dieses…laszive…-verdammt, warum jagte ihm dieses Wort einen Schauer über den Rücken?- Angst. Und gleichzeitig sorgte es dafür, dass sich in seinem Magen alles verkrampfte. Auf angenehme Art. Oh, er hasste diesen blonden Bastard. Und wie hatte er es vermisst, ihn hassen zu können.

„Na? Schon Sehnsucht nach mir bekommen?" Draco lehnte lässig am Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, das rechte Bein angewinkelt und auf dem Gesicht ein Grinsen als wüsste er haargenau, was Harry gerade gedacht hatte. Möglich war es. Seine Okklumentikfähigkeiten hatten sich seit jenem verhängnisvollen Jahr, in dem Sirius gestorben war, nicht gebessert.

Harry brachte ein halbwegs abfälliges Lachen zu Stande. Er hat mein Gedanken nicht gelesen, nein das hat er nicht, mach dich nicht verrückt Junge, oh mein..., ich will hier raus…

Er wollte sagen: „Bild dir nichts ein.", oder etwas dergleichen sagen, aber er bekam den Mund nicht auf. Stattdessen starrte er stumm dem Mann entgegen. Er trug wieder dunkle Hosen, ein weißes und eine kurze Weste aus schwarzem Stoff, die offen um seine Schultern hing. Die blonden Haare waren abermals ein wenig zerstrubbelt, begannen aber bereits wieder sich zu glätten. Als könnten sie einfach nicht lange unordentlich sein. Ob Draco sich vor der Tür mit der Hand durchgefahren war?

Seltsamerweise gab ihm das sein Selbstvertrauen zurück und er begann Malfoy zuzugrinsen. Als dieser sich von der Tür abstieß und auf ihn zu schlenderte, die Arme immer noch verschränkt, räkelte sich Harry kurz auf dem Bett, begann sich genüsslich zu strecken, soweit es ihm die Fesseln erlaubten. „Nein. Ich hab mich hier auch ganz gut ohne dich amüsiert."

Malfoy hob eine elegante Augenbraue, steckte die Hände in die Hosentaschen und schlenderte auf ihn zu. Neben dem Bett blieb er stehen und beugte sich über Harry, bis ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten. Seine Haare fielen hinter den Ohren hervor und berührten die Haut unter Harrys Augen. Harry war erstarrt. Diese eisblauen Augen waren ihm selten so nah gewesen.

Draco grinste und küsste ihn kurz auf die Lippen. „Nein, ich glaube du hast mich vermisst."

Er richtete sich wieder auf und grinste von oben auf ihn herab. „Also? Was sagst du zu meinem Vorschlag?"

Harry brauchte mehrere Anläufe um zu antworten. Sein Mund war ganz trocken und die Kehle kratzig. Besser, er vertraute seiner Stimme erst einmal nicht allzu vorbehaltslos. Also nickte er möglichst nachdrücklich. Innerlich schwörte er dem Blonden schreckliche Rache für diesen peinlichen Moment. Sobald er irgendwann sein Selbstbewusstsein wieder gewonnen hatte.

Malfoy nickte. Er hatte wohl nichts anderes erwartet. Mit spitzen Fingern öffnete er die Knoten an Harrys Händen. „Um die Fußfesseln kannst du dich ja selbst kümmern. Ich muss noch arbeiten." Er grinste ihn an und in seinen Augen spiegelte sich etwas, dass Harry Angst machte. Er befürchtete, dass es sich um Vorfreude handelte.

Er folgte Draco mit den Augen, als dieser zur Tür schlenderte, lauschte darauf, wie er die Treppe hinunter stiefelte. Dann schüttelte er irgendwann den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen und machte sich daran die Fußfesseln zu lösen.