Sirius Black und der Wächter des Reinen Blutes
Elftes Kapitel
Duelle Slytherin versus Gryffindor
Mitten in der Nacht saß Sirius im Gemeinschaftsraum, da er über die Worte des Slytherins nachdenken musste, und übte einige neue Zaubersprüche an Charles, da er wie so oft nicht schlafen konnte.
Er saß mindestens seit zwölf Uhr hier und nun zeigte die große Uhr über dem Kamin schon ›Letzte Gelegenheit ins Bett zu gehen, sonst sitzt du morgen früh noch da – und morgen früh ist schon heute früh – Gääähhn!‹ an.
Eben war es ihm gelungen, für Charles die Schwerkraft umzukehren, so dass das Tier nun gemütlich an der Decke herumlief. Etwas worauf er sehr stolz war, da McGonagall der Klasse erzählt hatte, dass das frühestens in der vierten Klasse gelehrt wurde.
Also hatte er ein wenig in einem Buch, das ein Viertklässler liegen gelassen hatte herumgeblättert und endlich, nach eineinhalb Stunden harter Arbeit, war es ihm gelungen.
Der Spruch, ›Clavum parietor‹, musste nämlich nicht nur genau zur gleichen Zeit ausgesprochen werden, in der man mit dem Stab eine komplizierte Bewegung machte, er musste auch drei Mal wiederholt werden.
Sirius bestaunte gerade sein vollbrachtes Werk, als er ein Geräusch von der Treppe zum Jungenschlafsaal hörte.
Er musste unbedingt lernen, wie man sich unsichtbar machte, denn hier wurde man ja dauernd gestört, doch da erkannte er James, der müde mit dem Unendlichen Buch unter dem Arm die Treppe herunter torkelte.
»Was machst du denn noch hier?«, gähnte er schlaftrunken, als er das Buch vor Sirius auf den Tisch knallte und sich selbst auf die Couch fallen ließ.
»Was geht dich denn das an?«, fragte Sirius kurz angebunden zurück, da es ihn nervte, nie seine Ruhe zu finden.
James verdrehte nur die Augen, da er Sirius langsam gut genug kannte. »Geht's um Malfoy?«
Sirius antwortete nicht. Erstens, weil er erstaunt war, dass James es genau getroffen hatte und zweitens, weil er nicht genau wusste, was er darauf sagen sollte.
»Der quatscht doch nur dumm daher«, meinte James, auch ohne Antwort. »Oder zweifelst du daran, ob du dich für die richtige Seite entschieden hast?«
»Sollten wir nicht langsam mal hochgehen? Ich meine, es ist mitten in der Nacht und wir haben einen Tag voller Regelbrechen hinter…«, meinte Sirius, anstatt auf James einzugehen.
»Sirius!«, meinte James, der entschlossen schien, aus Sirius die Wahrheit herauszubekommen, nur in mahnendem Ton.
»Was ist, wenn er Recht hat? Wenn ich wirklich freundschaftsunfähig bin und nie ganz zu vertrauen lerne«, fragte Sirius völlig unvermittelt. Vielleicht etwas zu unvermittelt, denn einen Moment lang sah Sirius James' verwundertes Gesicht im matten Licht des Kaminfeuers – diese Frage schien ihn sichtlich zu verwirren –, dann sah Sirius auf das Buch, das James auf den Tisch vor ihnen geknallt hatte.
Es folgte eine kurze Pause, dann sagte James schließlich: »Du hast es doch schon längst gelernt, oder?« Und nach einer weiteren Pause: »Du vertraust mir.«
Sirius sah in die Flammen des Kamins, die schon weit heruntergebrannt waren, aber immer noch gierig das restliche Holz zerfraßen und hie und da fast verlangend nach oben züngelten. Er dachte nach über das, was James eben gesagt hatte und fragte sich, wer von beiden – James oder Malfoy – wohl Recht hatte.
Schließlich nickte er andeutungsweise. »Jaah«, murmelte er ergeben, »Muss wohl so sein! – Was soll das Buch hier?«, wechselte er dann in nur einem Atemzug das Thema.
James sah Sirius einen Augenblick an, als ob er der Ansicht wäre, dass das Gespräch damit noch nicht beendet war, doch dann meinte er: »Das muss noch eingepackt werden.«
»Ich hatte schon genug Scherereien mit dem Ding! Ich hab sogar die Strafarbeit dafür abgegriffen, also packst du es ein«, wehrte sich Sirius faul.
Widerwillig erhob sich also James und begann mit den gutwilligen Versuchen, das Buch hübsch in Geschenkpapier einzupacken. Sirius beobachtete ihn eine Weile lang schweigend, bevor er ihn mit hochgezogenen Brauen fragte: »Sag mal, wo hast du eigentlich auf die Schnelle das Geschenkpapier her?«
»Ach, das hat mir meine Mum mitgegeben. Sie dachte sich schon, dass ich für einen meiner Freunde mal ein Geschenk einpacken muss«, erklärte James schulterzuckend.
Durch diese einfache Bewegung verrutschte aber sein Klebeband und er verhedderte sich hoffnungslos in ihm.
Nach einigen weiteren Minuten aussichtslosen Versuchen James' (die Uhr zeigte auf Grund der späten Stunde schon gar nichts mehr an) erbarmte sich Sirius und schob seinen Kumpel mit den Worten: »Lass den Meister ran!« zur Seite.
Allerdings musste er nur allzu bald feststellen, dass es viel schwerer war, ein Geschenk einzupacken, als er es sich vorgestellt hatte. Schließlich kapitulierte selbst er und sie saßen beide den Kopf in die Hände gestützt, mit verzweifelten Blicken auf das Buch, nebeneinander.
Sirius hatte gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war, aber als er abermals Schritte auf der Treppe zu ihrem Schlafsaal vernahm, schweifte sein Blick zu der Uhr, die nun schon ›Gleich gibt's Frühstüüück!‹ anzeigte.
Er stupste James an, der gerade eingenickt war und nun alarmiert auffuhr: »Wie… Was?« Sirius nickte verschlafen in Richtung der Schritte. Da er zu müde war, den Kopf zu drehen, fragte er verpennt: »Wer kommt?«
James hob den Blick und sprang, urplötzlich hellwach, auf, wobei er sich das Knie böse am Tisch stieß. »Au«, brachte er nur hervor.
»Wer soll denn das sein?«, murmelte Sirius im Halbschlaf.
»Nette Begrüßung«, erkannte Sirius Remus' Stimme. »Was macht ihr denn hier unten schon. – Oder noch?«, hakte dieser weiter nach.
Sirius deutete wortlos und mit geschlossenen Augen in Richtung des Buches. James übernahm das Reden für ihn: »Weißt du, wie man ein Geschenk einpackt?«
Sirius konnte Remus' tadelnden Blick förmlich spüren, als dieser erwiderte: »Sagt mal, habt ihr ein Brett vor dem Kopf oder was? Das hat Flitwick uns doch erst letzte Stunde beigebracht!« Na, kein Wunder, dass sie das nicht mitbekommen hatten, schließlich spielten sie in Zauberkunst für gewöhnlich Besen abschießen, um nicht vor Langeweile von den Stühlen zu kippen!
Sirius öffnete verschlafen ein Auge und sah, wie Remus seinen Zauberstab zog, ihn auf das Buch richtete und etwas murmelte, das er schon wieder nicht mehr richtig mitbekam.
Das Papier wickelte sich kunstvoll um das Buch und eine Sekunde später lag das Geschenk fein säuberlich verpackt auf dem Tisch.
Sirius nahm die Gelegenheit zu gratulieren wahr, indem er sich aufquälte, um das Präsent zu nehmen und Remus in die Hand zu drücken. »Happy Birthday, Kollege!«
Jetzt schob ihn James zu Seite, um Remus ebenfalls zu gratulieren mit den Worten: »Das Geschenk ist übrigens von uns beiden. Dafür hat Sirius die Strafarbeit kassiert!«
Remus war sichtlich gerührt, denn wie es schien, hatte er noch nicht einmal erwartet, dass irgendjemand an seinen Geburtstag dachte, geschweige denn ihm etwas schenkte.
Also ließ er seinen Gefühlen freien Lauf und umarmte Sirius eng. Kurz vorm Ersticken röchelte Sirius schnell: »Aber es war James' Idee!« Das musste er Remus nicht zweimal sagen, der sich sofort zu James umwandte, um ihn ebenfalls zu umarmen.
»Jetzt mach aber endlich mal das Geschenk auf, das du eben verpackt hast«, forderte Sirius breit grinsend.
»Oh… ja, natürlich!« Remus setzte sich auf die Couch und zerriss das schöne Papier sorglos. Schon als er den Titel des Buches las, schrie er: »Wow! Danke, Freunde! Das ist toll!«
In diesem Moment sprang die Uhr mit einem hörbaren Klacken auf ›Früüühhstüück!‹ um.
»Kommt, Leute, lasst uns was essen gehen, bevor ich noch ganz wegpenn'«, gähnte Sirius nun und erhob sich, um der Dankesumarmung von Remus zu entgehen.
Sie verließen den Gemeinschaftsraum und fanden sich nach einigen Schritten schon in völlig verstopften Korridoren wieder, da alle auf dem Weg in die Große Halle waren.
Wie schon so oft wechselten Sirius und James nur einen Blick, um zu wissen, was der andere dachte, und wie so oft dachten sie wieder mal dasselbe.
Sie drängelten sich vor und riefen ganz laut: »Platz da, lasst uns durch, hier kommt das Geburtstagskind! Remus hat Geburtstag, also lasst uns vor!« Sirius sah Remus an, dass er eigentlich im Boden versinken wollte, doch das spornte ihn nur noch mehr an.
Allerdings kreuzten sie in diesem Moment Peeves' Weg. Der schien sehr gut drauf zu sein, denn er begann gleich mit einem Schmähgesang, mit dem er sie die ganze Zeit bis zur Großen Halle verfolgte: »Loony, loopy Lupin, Lusche, Lusche Lupin, loony, loopy Lupin…«
Als sie ihn endlich in der Großen Halle abhängten, war Remus mit seinen Nerven anscheinend endgültig am Ende. Er setzte sich an den Tisch, klappte sein Buch auf und vertiefte sich in seinem neuen Wälzer, damit ihn alle anderen bloß in Ruhe ließen.
Sirius und James postierten sich wie seine Bodyguards neben ihm.
Gegen Ende des Frühstücks – und Anfang der Zeit, zu der Sirius für gewöhnlich noch nicht einmal angefangen hatte zu essen – kamen der übereifrige Vertrauensschüler, gefolgt von einem Schatten, der sich als Peter herausstellte, auf die drei Jungen zu.
Sirius und James sahen sich flüchtig an, ehe sie sich in Alarmbereitschaft erhoben und sich vor dem ÜV (und Peter) aufstellten.
Obwohl der Fünftklässler um einiges größer war als Sirius, meinte dieser frech: »Er will lesen, also belästigt uns nicht länger!«
»Verdirb uns doch nicht die Freude, wir wollen doch nur dem Geburtstagskind gratulieren!« Damit schob er Sirius und James achtlos zur Seite, was ihm auf Grund seiner Größe ohne Schwierigkeiten gelang und wandte sich dann an Remus, der das Buch beiseite gelegt hatte: »Herzlichen Glückwunsch! – Und vielen Dank, dass du dich in meinen neuen Kalender eingeschrieben hast!«
Peter trat nun aus dem Halbschatten und übergab Remus ein säuberlich eingepacktes Päckchen.
»Von uns beiden«, nuschelte er verlegen.
Remus bedankte sich auch bei Peter und dem Vertrauensschüler überschwänglich und zog anschließend ein Paar rosa Socken mit der blauen Aufschrift ›Gryffindor‹ heraus.
»Es sollte eigentlich rot und gold werden, aber das hat nicht so geklappt«, stammelte Peter peinlich berührt.
Sirius, dem der ÜV noch immer die Sicht versperrte, rollte die Augen und dachte bei sich: Nicht schon wieder so ein Hufflepuff, der es nicht einmal hinkriegt, Socken die richtige Farbe zu geben. Frag mich, wie der's in die fünfte Klasse geschafft hat!
Unerklärlicherweise erhob sich nun ein Gemurmel in der ganzen Halle. Sirius fragte sich schon, ob jemand mal wieder einen Heuler gekriegt hatte, da deutete Peter kreischend zur Decke. Sirius' Blick folgte seinem Finger und er entdeckte Charles, der dort noch immer kopfüber entlang lief. Er musste mit ihnen unbemerkt aus dem Gemeinschaftsraum entkommen sein.
»Das ist meine Katze«, jammerte Peter nun, worauf der übereifrige Vertrauensschüler sofort zum Lehrertisch hastete, um Dumbledore auf das an der Decke herumlaufende Tier aufmerksam zu machen. Der Schulleiter erhob sich und augenblicklich wanderte aller Augenmerk zu ihm und das Getuschel erstarb nach und nach.
Der Blick des Direktors wanderte über das Meer der Schüler und blieb einen flüchtigen Augenblick lang auf Sirius haften.
Der versuchte, eine ebenso gespannte Miene aufzusetzen, wie alle anderen in der Großen Halle.
Dann erhob Dumbledore die Stimme: »Ein sehr interessanter Spruch, der auf diese Katze angewandt wurde, wirklich, sehr interessant! Ich nehme nicht an, dass ihn uns derjenige, der ihn benutzt hat, verraten wird?«
In der ganzen Halle blieb es totenstill.
Eine angespannte, erwartungsvolle Stille.
Wieder schweiften Dumbledores Augen zu Sirius, so als ob er genau wüsste, wem die Katze es zu verdanken hatte, an der Decke entlanglaufen zu müssen.
Sirius seufzte ergeben auf und erklärte souverän: »Clavum Parietor. Aber man muss den drei Mal sagen!«
Dumbledore holte in der Zwischenzeit Charles mit einem leichten Schwenker des Zauberstabes von der Decke, der sofort an Sirius – und natürlich Peter – vorbei zu Remus eilte.
»Vielen Dank, das war sehr lehrreich. Und das sogar am Sonntagmorgen beim Frühstück! Wenn das nicht eine Allroundbetreuung ist, Minerva…« Damit setzte sich Dumbledore wieder und begann ein angeregtes Gespräch mit der Schreckschraube.
Als sich Sirius wieder seinem letzten Bissen Donut zuwandte, meinte James neben ihm amüsiert: »Da hast du aber noch mal Glück gehabt, was? Du kannst mir nicht sagen, dass der nicht wusste, dass du das warst!«
Bevor Sirius etwas erwidern konnte, erhob sich Remus, in der einen Hand seine Geschenke, in der anderen die Katze und die beiden Jungs erinnerten sich wieder an ihren Bodyguardjob. Sie gesellten sich also wieder an seine Seite, um mit ihren Rufen fortzufahren.
Trotz des Chaos' in der Eingangshalle fiel ihnen eines sofort auf: Rosier, der gehässig mit dem Zauberstab wedelnd ein Mädchen an die Decke schweben ließ.
Wie immer, wenn Rosier da war, war auch Snape nicht weit. Das Mädchen kreischte und rief um Hilfe.
»Ist die aus unserem Haus?«, fragte Sirius beiläufig.
»Nee, das ist eine Hufflepuff, glaub ich«, identifizierte James sie trocken, aber dennoch eine Spur verwundert über Sirius' Frage.
Sirius zuckte nur unbeteiligt die Schultern und wollte schon weitergehen, da hielt Remus ihn zurück: »Wir müssen ihr doch helfen!«
»Wenigstens können wir dann was gegen Snape unternehmen«, stimmte auch James ihm zu.
Resigniert zückte Sirius seinen Zauberstab, um auf die drei Slytherins zuzugehen. »He, lasst sofort die Kleine in Ruhe«, forderte er gebieterisch.
Es war Severus, der die Abwehr übernahm: »Und warum sollten wir?«
»Weil wir dich sonst verhexen«, meinte James unbeeindruckt.
»Du glaubst doch nicht, dass ich vor dir und deiner kleinen Gang Angst habe, oder!«
Sirius zog nur die Augenbrauen hoch und Hass sprühte aus den Augen beider Jungen.
Blitzschnell richteten sie ihre Zauberstäbe aufeinander und beide riefen gleichzeitig einen anderen Spruch: »Stupor«, schrie Sirius, während Snape krächzte: »Relaschio!«
Augenblicklich erstarrte Snape, wogegen Sirius nur knapp einem Funkenstrahl ausweichen konnte. Er schmiss sich flach auf den Boden und der Strahl traf die Punktegläser.
Eines ging dabei zu Bruch und die grünen Steinchen des Slytherin-Stundenglases fielen unter lautem Geklapper neben Sirius zu Boden, der sich schon wieder aufgerichtet hatte, um den nächsten Fluch gegen Snape abzufeuern, welcher seinerseits auch wieder aus der Erstarrung erwacht war.
Inzwischen duellierte sich James mit Rosier, der natürlich nicht tatenlos zusehen wollte.
»Impedimen…« Noch bevor Sirius seinen Zauberspruch vollenden konnte, ertönte eine empörte Stimme hinter ihm: »Schluss hier, was soll denn das!« Alle Anwesenden fuhren herum und sahen sich Angesicht in Angesicht der Schreckschraube gegenüber.
»Black! Was hat das nun schon wieder zu bedeuten? Ich erwarte eine gute Erklärung für all das!« Sie wies auf den zerborstenen Glaskolben der Slytherins..
»Snape hat angefangen«, verteidigte James Sirius inbrünstig.
»Sie also auch schon wieder mittendrin, Potter?«, fauchte die Schreckschraube, doch nun mischte sich Lily mit ein, die ebenfalls das Spektakel mit angesehen hatte: »Ich habe genau gesehen, dass Sirius…«
Weiter kam sie nicht, da James ihr den Ellenbogen in die Seite stieß und ihren Satz beendete: »…sich nur gewehrt hat!«
Lily wollte gerade erneut ansetzen, Sirius zu beschuldigen, da rief das Hufflepuff-Mädchen halb weinend von der Decke: »Professor, die Jungen (sie wies auf Snapes Clique) haben mich an die Decke gehext! Holen Sie mich bitte hier runter!«
Nachdem das Mädchen gerettet war, widmete sich McGonagall erneut den Jungs: »Eigentlich müsste ich Ihnen Strafarbeiten für die nächsten drei Monate geben, so wie Sie sich heute aufführen, und zwar allen zusammen, auch Ihnen Evans, Lupin und Pettigrew…«
Die Schüler, die noch nicht mit Namen genannt worden waren, wichen einige Schritte zurück und beschlossen, dass es hier nichts mehr zu sehen gab.
»…Aber ich werde es bei Ihrer eigentlichen Strafarbeit morgen Abend belassen, zu der sich auch Snape, Rosier, Evans, Lupin und Pettigrew gesellen werden!«
Sirius rief geschockt aus: »Aber er hat doch heute Geburtstag!« Verblüfft musste er feststellen, dass seine Stimme nicht die einzige gewesen war. Auch James war anscheinend für Remus eingetreten.
»Na gut«, knurrte die Lehrerin, »Er wird freigesprochen. Aber Sie kommen auch noch mit, Jorkins!«
Das Hufflepuff-Mädchen, das sich eben erst wieder halbwegs erholt hatte, sah erstaunt auf.
»Weil Sie sich von den Slytherins an die Decke haben hängen lassen.«
In dem Moment trat der ÜV aus der Großen Halle und blickte die seltsame Versammlung verwirrt an. Sofort hatte McGonagall ihr neues Opfer gefunden. Sie bellte übellaunig: »Und Sie werden das hier wieder in Ordnung bringen, Lewis!« Mit einem Deuten auf das kaputte Stundenglas rauschte sie die Treppe hinauf davon.
»Mann, ist die aber heute mies drauf«, bemerkte James nur kopfschüttelnd.
Lewis, anscheinend ein wenig eingeschnappt, weil die Schreckschraube ihn so angeschrien hatte, trat überlegen an den verbliebenen Schülern vorbei, um den Schaden von Nahem zu betrachten, dann holte er seinen Zauberstab hervor und rief »Reparo!«, woraufhin sich das Stundenglas der Slytherins wieder wie von selbst zusammensetzte.
Scheinbar zufrieden über seine erledigte Arbeit verschwand auch der ÜV unter den wütenden Blicken der Slytherins, die es nicht fassen konnten, dass Lewis ihre Steinchen einfach hatte liegen lassen, sodass es nun den Anschein hatte, als hätte Slytherin noch keinen einzigen Punkt bekommen.
Am Morgen der Strafarbeit wachte Sirius wie gewöhnlich viel zu früh auf. Übellaunig versteckte er sich die ersten beiden Stunden Verwandlung in der letzten Reihe, wo er, wie üblich, nicht aufpasste. Aber die Schreckschraube schien nun besser gelaunt zu sein, denn sie ignorierte ihn einfach.
Als er sich endlich in die Mittagspause retten konnte, verschwand er vorsichtshalber im Schlafsaal. Um sich abzulenken, beschloss er, ein bisschen in seinem Chaos aufzuräumen. Eben schmiss er alle seine dreckigen Anziehsachen auf den Wäschehaufen, da stellte er fest, dass ein Umhang fehlte. »Diebe!«, brüllte er wütend.
Einige Augenblicke später kamen James, Remus und Peter, die sich im Gemeinschaftsraum aufgehalten hatten, hereingestürmt. »Was ist denn passiert?«, wollte Remus besorgt wissen.
»Mein Umhang ist weg! Ich bin mir ganz sicher, dass ich den neben mein Bett geschmissen hatte. Das ist nämlich der, den ich in der zukünftigen Wahrsagestunde getragen hab!«
»Vielleicht hast du den ja doch woanders hin gepackt? – War ja schon ziemlich spät, als wir zurück sind…«, überlegte James.
Auch Peter versuchte zu helfen: »Möglicherweise in deinen Koffer?«
»Wie bescheuert muss man eigentlich sein! – Wenn ich sage, dass ich den neben mein Bett geschmissen hab, dann hab ich das auch! Schließlich war ich nach dieser saublöden Zukunftsvorhersage für den Tag fertig…«
»Dann kann es ja gut sein, dass du nicht mehr ganz aufgepasst hast, wo du ihn fallen lassen hast. Schließlich sieht man ja nicht jeden Tag einen Ausschnitt seiner Zukunft«, meinte Remus, wobei er prüfend an Sirius' Koffer herantrat.
»Einer Zukunft mit euch Trotteln…«, knirschte Sirius, der sowieso schon wegen seinem fehlenden Umhang gereizt war, »…die es, wenn es nach mir geht, sowieso nicht geben wird! Ist doch alles nur Mist, schließlich ist unser Schicksal ja wohl nicht vorausbestimmt!«
Ohne ein weiteres Wort stürmte er aus dem Gryffindor-Turm. In einem plötzlichen Anfall von vermeintlicher Klarsicht merkte er, wie er diese Gryffindors satt hatte! Diese Vollidioten! Und jetzt sollte er auch noch mit ihnen Mittag essen? Nein!
Sirius stampfte in die Große Halle und setzte sich unaufgefordert an den Ravenclaw-Tisch, der ihm von den übrigen dreien noch am ehrenvollsten vorkam.
Der Junge neben ihm sah erstaunt auf und unerwartet lächelte er Sirius an: »Hi du!«
Genervt blickte Sirius ihn an und stellte fest, dass er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. »Und wer bist du?«, hakte er deshalb nur unfreundlich nach.
»Ich bin Nelson. Erinnerst du dich nicht an mich?«
Sirius schüttelte schlicht den Kopf, während er sich ein Roastbeef auf den Teller lud.
»Ich habe mich im Hogwarts-Express mit James im letzten Abteil unterhalten und als ich raus ging, bist du mir entgegen gefallen, weil du gelauscht hast«, grinste Nelson schelmisch.
»Stimmt nicht, bin eingenickt, als ich das Abteil betreten wollte«, murrte Sirius unter einem Bissen Beef.
»Toll, dass du mal vorbeischaust. Ich find es ja klasse, dass du ein Gryffindor geworden bist, dachte ja, du würdest ein Hufflepuff werden, nachdem du da so reingefallen bist«, erklärte Nelson offen.
Sirius packte wortlos seinen Teller (nicht ohne sich vorher noch einen großen Löffel Feldsalat aufgetan zu haben, natürlich mit einer ordentlichen Portion Ketchup) und erhob sich dann in der Absicht, diesen Freak hinter sich zu lassen, der es gewagt hatte, ihn derart zu beleidigen. Doch als er sich umsah, erblickte er, wie James, Remus und Peter sich am Gryffindor-Tisch niederließen. Entschlossen drehte er auf dem Absatz um und setzte sich wieder neben Nelson. »Hi, ich bin Sirius!«
Nach der Mittagspause traf er aber in Kräuterkunde wieder auf die anderen. Zu allem Übel war auch noch Partnerarbeit angesagt.
Sirius bereitete sich schon darauf vor, mit irgendeinem Idioten zusammenarbeiten zu müssen, doch James trat wie selbstverständlich an seine Seite.
Überrascht zog Sirius die Brauen hoch, doch James grinste nur: »Wieso bist du denn vorhin so schnell abgezogen? Das macht doch nichts, ob das nun wahr wird, oder nicht!«
»Natürlich macht das was! Ich will nicht mit denen befreundet sein!« Sirius nickte abwertend zu Remus und Peter, die einige Tische vor ihnen arbeiteten.
»Klar, und deshalb hast du auch die ganze Nacht an seinem Geschenk rumgebastelt, weil Remus nicht dein Freund ist«, konterte James sarkastisch.
»Aber Peter ist nicht mein Freund«, wehrte Sirius sich trotzig und eine Spur zu übereilt.
Doch es klang selbst in seinen eigenen Ohren wie eine schnell dahingesagte Ausrede. Er bemerkte, dass er dadurch James gerade eben indirekt eingestanden hatte, dass Remus entgegen seiner eigenen Behauptung sein Freund war.
Hastig sah er James an, ob es dieser genauso aufgefasst hatte wie er, und stieß zu seinem Leidwesen auf einen schalkhaften Blick, der ihm sagte, dass James genau wusste, was in ihm vorging. Sirius rettete sich nur noch in ein verlegenes Grinsen.
Professor Flitwick schien krank zu sein, denn als sie das Zauberkunstklassenzimmer betraten, stand ein großer, hagerer Mann am Pult, der noch recht jugendlich wirkte. Er blickte ihnen freundlich entgegen.
»Guten Morgen, schön, dass Sie sich entschieden haben, meinen Unterricht zu besuchen«, begann er gefasst. »Mein Name ist Mathew Jones. Normalerweise lehre ich Alte Runen, aber etwas Zauberkunst kann ja jeder.«
Sirius und James wechselten nur einen stirnrunzelnden Blick, da sie beide noch nicht wussten, was sie von Jones halten sollten.
»Professor Flitwick hat mir geraten, Sie nicht zu unterfordern, was ich sicherlich nicht vorhabe. Deshalb beginnen wir mal ganz einfach schwer«, fuhr Jones fort.
Sirius packte schon sein Besen-abschießen-Blatt aus, als er von Jones aufschnappte: »…nämlich Schrumpfköpfe.«
Sirius' Blick zuckte hoch, und begegnete genau Jones' Augen. »Dacht ich's mir doch, dass Sie das aufweckt«, grinste er unverschämt gut gelaunt. »Aber eigentlich hatte ich vor, mit Ihnen den Schwellzauber zu üben. Wer kann mir den Spruch dazu sagen?«
Remus hob wie gewohnt gleich die Hand. Jones nickte ihm zu und er antwortete: »Engorgio.«
»Richtig. Ich würde sagen, das gibt fünf Punkte für Gryffindor und das hat doch einen Extraapplaus verdient.«
Er klatschte freudig in die Hände, sodass Sirius einmal mehr in diesem Unterricht auffuhr. Ein paar Schüler schlossen sich dem Applaus kichernd an.
»Kann mir auch wer erklären, wie er ausgeführt wird?« Der Lehrer sah sich erwartungsvoll in der Klasse um.
Remus' Hand war natürlich schon wieder oben. Sirius, der glaubte, in dem Zusammenhang Specter einmal von ›Schnipsen und Klatschen‹ reden gehört zu haben, richtete seinen Zauberstab auf sein Tintenfass, probierte die Bewegung aus und flüsterte leise »Engorgio!«. Sofort schwoll das Tintenfass auf eine erstaunliche Größe an, sodass es nicht mehr vor Professor Jones verborgen blieb, der gerade Remus zuhörte, der den Spruch mit dem Wortlaut erklärte, wie er im Buch stand.
»Oh, hier haben wir also schon erste Erfolge zu verzeichnen«, rief Jones erfreut aus. »Noch mal fünf Punkte für Gryffindor, Mr Black! – Sie sollen ja auch in Verteidigung gegen die dunklen Künste recht begabt sein – «
Hinter ihm schnaubte Timothy ärgerlich auf.
» – hat mir Professor Piler erzählt. Wenn Sie dann bitte den Spruch vor der Klasse noch einmal vormachen könnten… an diesem Tisch, wenn es Ihnen nichts ausmacht …«
Die restliche Stunde musste Sirius andauernd irgendwelche Sprüche vorführen, die immer komplizierter wurden, sodass Peter, der keinen einzigen davon zu Stande brachte, beinahe verzweifelt in einen Heulanfall ausgebrochen wäre.
Jones dagegen klatschte begeistert in die Hände und forderte Sirius weiter bis an seine Grenzen, die, wie Jones meinte, weit über dem Niveau eines Erstklässlers lagen.
So konnte Sirius jedenfalls vergessen, mit James (der – mal abgesehen von Remus, der jegliche Zauberformeln schon mal irgendwo gelesen hatte – als Einziger die Zaubersprüche ebenso schnell lernte) Besen abschießen oder Zaubererschnippschnapp zu spielen. Doch dafür wurde die Stunde bei Jones zu einer der interessantesten, die sie je in Zauberkunst erlebt hatten.
In der Pause zwischen Zauberkunst und Verteidigung saßen sich die vier Jungs schweigend im Gemeinschaftsraum gegenüber.
Remus hatte die Nase in einem überdimensional großen Buch vergraben, während Peter versuchte, Charles zu streicheln, der sich seinerseits fauchend losreißen wollte, um zu Remus zu gelangen.
Sirius und James dagegen spielten eine Runde Besen abschießen, wobei Sirius gerade haushoch am Verlieren war (»Sauberwisch 6«, versuchte es Sirius, traf aber nur ins Leere, worauf James mit einem »Shootingstar 2« erneut einen Treffer landete).
In diese gespannte Atmosphäre stürmte Andrew mit einem breiten, für Sirius' Geschmack viel zu gut gelaunten, Grinsen herbei und warf sich neben Sirius auf die Couch, sodass der fast vom Polster geworfen wurde.
Er bedachte Specter mit einem finsteren Blick, wandte sich dann aber wieder seinem Spiel mit James zu, doch als er sah, wie schlecht es für ihn lief, drehte er sich abermals zu dem Siebtklässler um: »Na, wie geht's?«
»Kann mich nicht beklagen. Nachdem ich einem Drittklässler auch noch meine Hausaufgaben in Muggelkunde aufgebrummt habe, hatte ich ein recht entspanntes Wochenende«, antwortete Andrew.
Sirius und James hörten die Spitze heraus und blickten sich schon alarmiert und voller dunkler Vorahnungen an, woraufhin Specter unbekümmert fortfuhr: »Wo wir gerade dabei sind, könnt ihr mir meine Zaubertrankhausaufgabe gleich geben!«
Erwartungsvoll streckte er seine Hand aus. Sirius beschloss, das Ganze James zu überlassen, doch dieser schien denselben Gedanken gehabt zu haben, denn eine Pause entstand, die sich allmählich in die Länge zog.
Andrew sah fragend abwechselnd die Jungs an und sein Grinsen gefror langsam. »Sagt bloß nicht, dass ihr meine Hausaufgabe vergessen habt?«, empörte er sich ungehalten.
»Nicht direkt vergessen…«, versuchte James sich herauszureden, wurde aber von Sirius unterbrochen: »Doch, schlichtweg, einfach nur total vergessen!«
Specter funkelte die beiden Jungs böse an. Er lief knallrot an und brüllte: »SEID IHR EIGENTLICH VOLLKOMMEN VERBLÖDET? Ihr bringt mich in riesen Schwierigkeiten! Ich hab jetzt gleich Zaubertränke und Brewpot bringt mich schlichtweg, einfach nur total um!«
Sirius nahm ein unterdrücktes »Tz« aus Remus' Richtung wahr und als er sich zu ihm umsah, bemerkte er, wie der sich nur noch mühsam davon abhielt, in das Gespräch einzugreifen.
Es war keine Frage, dass Remus es nicht billigte, wenn jemand für jemand anderen Hausaufgaben machte. Seine Augen schienen sich gar nicht mehr zu bewegen und so vermutete Sirius, dass er nicht mehr in dem Riesenbuch las, sondern aufmerksam dem Gespräch folgte, auch wenn er sich noch immer hinter dem dicken Wälzer versteckte.
Peter umklammerte inzwischen seine Katze mühsam und glotze mit offenem Mund Andrew an, der schon weiter schimpfte: »Das hat man davon, wenn man sich auf ein paar Erstklässler verlässt! Das nächste Mal mach ich meine Hausaufgaben lieber selber, dann weiß ich wenigstens, dass es was wird! Und jetzt schert euch gefälligst in die Bibliothek und macht wieder gut, was ihr angerichtet habt!«
In dem Moment konnte Peter Charles nicht länger bändigen. Die Katze riss sich von ihm los und sprang auf Remus' Schulter, der so sehr zusammenfuhr, dass er das Riesenbuch erschrocken in die Luft warf.
Zu aller Überraschung fiel aus dem großen Buch ein etwas Kleineres heraus, das Sirius verblüfft auffing. Er las neugierig den Buchtitel und stellte fest, dass Remus heimlich die ›Unendliche Geschichte‹ gelesen hatte, die er und James ihm geschenkt hatten. Sirius konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und blickte zu Remus auf, der ihn ebenfalls leicht verlegen anlächelte.
»Hört ihr mir überhaupt zu?«, riss da Specter die Jungs wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, »Ihr sollt meine Hausaufgaben machen! – Äh, eure mein ich!«
Erst verstand Sirius nicht recht, warum Andrew auf einmal so einen Müll daherlaberte, doch als er sich umdrehte und somit seinem Blick folgte, wurde ihm alles klar: Die Schreckschraube hatte von den anderen unbemerkt mit einem Klemmbrett unter dem Arm den Gemeinschaftsraum betreten.
»Professor McGonagall, welch Freude Sie in unserem bescheidenen Gemeinschaftsraum begrüßen zu dürfen! Was verschafft uns die Ehre?«, lenkte Specter schnell ab.
»Ich wollte eigentlich nur wissen, wer über die Weihnachtsferien in Hogwarts bleibt. Wenn sich alle, die nicht nach Hause fahren, bitte hier eintragen würden?« Damit heftete sie eine Liste neben den Geburtstagskalender.
»Also dann, macht mal fleißig eure Hausaufgaben! Husch, husch, in die Bibliothek«, befahl Specter jetzt an die vier Freunde gewandt.
»Was wollte er eigentlich für einen Trank?«, hakte Remus bei Sirius und James nach. Ziemlich überfragt blickte Sirius James an, stieß aber nur auf denselben ratlosen Blick.
»Schlichtweg, einfach nur total vergessen«, erklärte James.
Die vier betraten eben die Bibliothek, als es Sirius wieder einfiel.
»Der Knochenwachstrank!«, rief er laut.
Die anderen Schüler, die sich in der Bibliothek befanden, sahen befremdet zu ihm hinüber. Madam Pince schnaubte verächtlich auf, doch Sirius beeilte sich, schnell zwischen zwei Regalen zu verschwinden, sodass die Bibliothekarin ihn nicht bestrafen konnte für Herumschreien in der Bibliothek.
»Das, lieber Sirius…«, lächelte Remus ihm überlegen zu, »…ist die Abteilung Zauberkünste. Da wirst du keine Zaubertränke finden.«
»Hey, Leute, hier sind die Zaubertränke«, rief James nun von weiter vorne. Sirius folgte seiner Stimme nur unwillig.
»Ich hab natürlich nichts Besseres zu tun, als in meiner Pause, in der ich eigentlich gemütlich nichts tun könnte, Specters Hausaufgaben zu machen. Wenn man solche Freunde hat, braucht man ja wohl keine Feinde mehr«, muffelte er angefressen.
Auch James schien sehr sauer, als er sich ihm gegenüber an einem der Tische niederließ.
»Wo hat sich Remus denn jetzt hinverdrückt?«, hakte James nur genervt nach. »Der könnte uns ruhig auch helfen, statt einfach irgendwas zu lesen, während wir uns abrackern!«
»Wollen wir jetzt echt die ganzen Bücher hier durchkramen nach diesem dummen Trank?«, fragte Sirius lustlos.
»Nee«, schüttelte James den Kopf.
Sirius zog den Zettel und die Feder, die er in weiser Voraussicht mitgenommen hatte, aus der Tasche und begann mit der Überschrift Knochenwachstrank.
Wahllos schrieb er darunter: 3 Unzen Krötenschleim. James las schweigend mit, was er schrieb, grinste und meinte: »Und noch eine geschnittene Alraunenwurzel.«
»Was ist denn eine Alraune?«, erkundigte sich Peter beeindruckt.
»Keine Ahnung, hat meine Mutter irgendwann mal gesagt«, zuckte James nur die Schultern.
»Au ja, wie wär's dann mit einem Eimer Einhornschuppen?«, schlug Sirius begeistert vor.
»Die haben doch gar keine Schuppen! – Wo kriegt man das denn her?«, rümpfte James die Nase.
»Woher soll ich das wissen? Ich schreib's nur hin, Specter muss sich rechtfertigen!«
»Und sieben Fliegenzehen?«, mischte sich Peter vorsichtig mit ein.
»Schon notiert«, grinste Sirius amüsiert. Einige Minuten später hatten sie auch noch einen Fingerhut voll polierter Phönixhufe, zwei gewürfelte Liter Gnomenkleister und 89 Nacktschneckenhäuser.
»Sollen wir alle drunter unterschreiben?«, feixte Sirius, als sie fertig waren und sich schon halb tot gelacht hatten.
Im selben Moment tauchte Remus mit einem großen Buch unter dem Arm wieder auf. Er knallte es aufgeschlagen vor die drei Freunde hin und meinte stolz: »Da, bitte sehr!«
Knochenwachstrank stand groß darüber.
James, Sirius und Peter blickten sich mürrisch an. Bei dem Gedanken den richtigen Trank noch einmal abschreiben zu müssen, stöhnten sie laut auf.
»Wir hätten ihm sehr wohl den falschen Trank geben sollen, so fies, wie der uns erpresst hat«, nörgelte Sirius James die Ohren voll, als sie zusammen mit Peter und Lily, die lustlos hinter ihnen hertrottete, zur Strafarbeit runter zu Hagrid's Hütte gingen.
»Meinst du, diesmal kommen wir wieder so leicht davon, wie beim letzten Mal?«, raunte James ihm zu, ohne Sirius' Maulerei weiter zu beachten.
»Ich könnte mal versuchen, meine Kontakte spielen zu lassen. Aber diesmal sind ja noch 'ne Menge anderer dabei! Und du willst doch nicht, dass Snape einfach so davonkommt!«
Nun mischte sich Lily beleidigt von hinten mit ein: »Ihr seid ganz schön gemein! Jetzt habt ihr schon Unschuldige mit da rein gezogen, dann könntet ihr wenigstens auch versuchen, es nicht noch schlimmer zu machen!«
Sirius und James verdrehten synchron die Augen und James fuhr herum: »Tu nicht so, als ob Snape unschuldig wäre!«
»Aber ihr seid's natürlich«, blaffte Lily verärgert.
Sirius und James sahen sich mit hochgezogenen Brauen an, worauf sie bestätigten: »Ja, natürlich! Wir sind die reinsten Unschuldsengel!«
Diesmal war es Lily, die mit den Augen rollte und an ihnen vorbei auf Hagrids Hütte zuging, um anzuklopfen.
Von innen waren bereits in eine Streiterei verstrickte Stimmen zu vernehmen, sodass es einige Augenblicke dauerte, bis ihnen die Tür geöffnet wurde.
Hagrid ließ sie aber auf der Türschwelle stehen und kehrte sich ohne eine Begrüßung wieder Malfoy und Snape zu, die beide verärgert auf Hagrid einredeten. (»War ja gar nich meine Schuld gewes'n! Hab strikte Anweisungen von Professor McGonagall!« – »Unsere Schuld war's aber auch nicht! Das haben wir alles Black zu verdanken!«)
Die vier Neuankömmlinge traten jetzt einfach unaufgefordert in die Hütte und Sirius begrüßte die Slytherins: »Ach, sieh an, Schnabeltier und sein kleiner Bruder Schnabeltasse sind schon da!«
Mit einem bösen und nichtsdestotrotz überheblichen Blick von Malfoy ließ Rosier schließlich auch seinen Zauberstab wieder sinken, den er in seinem Zorn sofort gezückt hatte. Snape begnügte sich damit, den Gryffindors böse Blicke zuzuwerfen.
»Jungs, das ist doch bloß eine Strafarbeit, was führt ihr euch also so auf? Bei eurem Benehmen würde es euch recht geschehen, gleich noch mal eine zu bekommen! Stellt euch nur vor, Professor McGonagall würde das mitbekommen…«, schritt Lily energisch ein, worauf sie ein abwertendes »Weiber!« von Sirius und James erntete. Snape und Rosier dagegen zischten ihr gerade laut genug, sodass es Lily, Sirius und James, die direkt neben ihr standen, mitbekamen, »Schlammblut!« zu.
Lily erstarrte erst einmal für Augenblicke, in denen sie die beiden gemeinen Jungs nur ungläubig und entsetzt anblickte.
»Hey, nehmt das sofort zurück, ihr Kaltblüter«, schnauzte James sofort verteidigend, während Sirius schon seinen Zauberstab auf Snape richtete und »Abraxas!« rief.
Allerdings duckte der sich so geschickt, dass Augenblicke später Malfoy verkehrt herum in der Luft hing. Snape war schon drauf und dran, seinen Mitschüler zu rächen: »Transcido!«
Um seinen Freund zu schützen, schrie James nun: »Protego!«
Noch als Peter und Lily sich unter dem Tisch versteckten, um nicht getroffen zu werden, feuerte Sirius schon wieder auf Snape: »Sopio!«
»Protego«, bellte der zurück. Doch der Zauberspruch wurde nur abgelenkt und traf schicksalhafter Weise Lily, die sich gerade aus ihrem Unterschlupf getraut hatte, um wahrscheinlich ins Schloss zu laufen und Hilfe zu holen. Doch nun kippte sie auf der Stelle um und versank in einem Zauberschlaf.
»Jungs! Hört auf damit«, schrie Hagrid panisch, nur hilflos mit den Armen in der Luft fuchtelnd.
»Ignis rotundo«, schrie Malfoy kopfüber von der Decke, wobei er auf James wies.
Ein leuchtender Feuerball schoss auf James zu, der sich gerade so in Deckung schmeißen konnte. Allerdings kokelte der Ball seinen Umhang an, was er schnell mit den Händen auslöschte. Sirius reagierte rasch, bevor der Feuerball auftreffen und die ganze Holzhütte entzünden konnte und schrie, auf den Feuerball deutend: »Deletrius«, woraufhin dieser durch das offene Fenster flog und draußen verrauchte.
Durch diese Tat abgelenkt, hätte er beinahe einen Kitzelfluch von Rosier abgekriegt, dem er nur mit Mühe entgegnen konnte. »Speculum«, rief er, was den Fluch abprallen und auf Snape zurückfallen ließ, der in dem Moment zwischen die zwei Duellierenden gestolpert war, um einem Fluch von James zu entgehen.
Inzwischen hatte sich Malfoy wieder befreien können und stand kampfbereit auf festem Boden. Er suchte sich Sirius als Opfer aus, der gerade noch immer mit Snape beschäftigt war: »Iacto!«
Der Fluch traf Sirius mit voller Wucht in den Rücken und er wurde an die gegenüberliegende Wand geschleudert.
Benommen blieb er eine Weile am Boden sitzen und überblickte die Szene, die sich vor ihm abspielte: Snape und Malfoy konzentrierten sich nun beide auf James, der seinerseits besorgt in Sirius' Richtung sah und sich nur noch unter ›Protego‹-Rufen verteidigte. Währenddessen suchte Rosier Peter auf, der sich nur noch weiter unter den Tisch zurückzog.
Aus den Augenwinkeln nahm Sirius wahr, wie Hagrid – der nun nicht mehr wild fuchtelte – sich zu Lily bückte und etwas aufhob. Im nächsten Augenblick donnerte er: »Expelliarmus!« und die Zauberstäbe aller Anwesenden flogen hoch in die Luft und direkt in Hagrids ausgestreckte Arme.
Malfoys Fluch, den er eben abfeuern wollte, verlor ohne Zauberstab seine Wirkung und Snape traf James' ›Tetundo‹-Ruf, da er ihn ohne seinen Zauberstab nicht abwehren konnte und so bekam er den Schlag in die Magengegend, der ihn zu Boden schmetterte.
Hagrid glänzte die Jungs böse an. Bevor er jedoch mit seiner Standpauke ansetzen konnte, klopfte es zaghaft an der Tür.
Sirius, der immer noch ein wenig außer Gefecht gesetzt war, rief mit letzter Kraft: »Ist offen!«
Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und Jorkins steckte ängstlich den Kopf herein, wobei sie verlegen lispelte: »Ich bin ein bisschen spät. Hab ich was Wichtiges verpasst?«
Als sie aber Hagrid mit den Zauberstäben in der Hand und Sirius, Lily und Snape am Boden erblickte, verstummte sie.
Inzwischen war auch Peter wieder aufgetaucht, zu James hinübergehuscht und strahlte ihn von unten herauf wie einen Helden an. Der ließ Peter allerdings zurück und gesellte sich zu Sirius, um ihm aufzuhelfen.
»Verdammt harte Wand hast du da, Hagrid«, beschwerte sich Sirius jetzt empört, wobei er sich den Kopf rieb. Anschließend schritt er humpelnd auf Hagrid zu, pflückte seinen Zauberstab aus dessen Pranke und ging weiter zu Lily, die noch immer regungslos auf dem Boden lag.
Mit einer wedelnden Bewegung seines Zauberstabs und den Worten: »Te exsuscito!« erweckte er das Mädchen wieder aus ihrem traumlosen Zauberschlaf.
Hagrid aber schien alles andere als erfreut. Er brüllte mit hochrotem Kopf: »Seid ihr denn völlich wahnsinnich geword'n, hier einfach so rumzuzaubern! Seid froh, wenn ich davon nichts Professor Dumbledore erzähl! Un' heut Nacht werdet ihr Feuerholz schleppen, bis ihr umfallt! Von Hogsmeade bis hier rauf in die Schule!«
Lily, die sich mittlerweile wieder halbwegs erholt zu haben schien, zickte mit hoch erhobener Nase: »Seht ihr? Ich hab euch doch gesagt, dass das schlimm ausgeht!«
»Ruhe! Un' jetz' Abmarsch, alle zusamm' und ich will kein Mucks mehr hör'n«, blaffte Hagrid wütend, bevor er sie alle aus seiner Hütte scheuchte.
tbc...
