Kapitel 1

Als der Rat der Jedi sie beauftragt hatte, sich um den Sucbu – Orden zu kümmern, war ihnen nicht wohl gewesen. Jetzt, zwei Jahre später wo nur noch eine Wabe auf ihrer Liste stand, bedauerten sie es fast, daß alles so bald vorbei sein sollte. Mit der Zeit legten sich bei den beiden Jedi auch die Gewissensbisse, die sie bei diesen Hinrichtungen zuerst hatten. „Nicht besser als die Siths" hatte Mace Windu ihnen eingeschärft.

Die Sucbu hatten sich irgendwann vor dem Hyperraumkrieg vom Jediorden abgespalten und gingen seitdem im Outer Rim und den Unknown Regions ihren eigenen Studien der Macht nach. Der dunklen wie auch der lichten, soviel hatten Uta Khin und Sorassu L'ee gelernt. Ein rein weiblicher Orden, der sich mit der patriarchalen Struktur des Jediordens nicht anfreunden konnte.

Angeführt von einer Jedi namens Arla Sucbu verließen vor Tausenden von Jahren einige Kriegerinnen den Orden und gründeten ihren eigenen, den sie später nach ihrer großen Ordensmutter Sucbu tauften. Sie lebten in kleinen Waben, rein weiblichen Familienverbänden und gaben ihr Wissen nur noch von den Müttern an die Töchter weiter. Und diese Waben hatten Khin und L'ee bis auf eine vernichtet. Im geheimen Auftrag von Mace Windu und Meister Yoda persönlich.

Die letzte Wabe war auf Nirauan, dem Planeten der Chiss. Eine Mutter mit einer Tochter. Eine Kleinigkeit. Elegant schwebte der Jäger der beiden Jedi über den Urwald des Westkontinents bis zu den Koordinaten, die sie von ihren letzten Opfern erhalten hatten. „Hinrichtungen sind nicht die Art der Jedi!" hatte Uta Khin Mace Windu entgegen geschleudert, als er und sein Padawan Sorassu diesen geheimen Auftrag erhielten.

„Nein. Es ist nicht unsere Art." hatte Windu geantwortet und seine Stirn in Falten gelegt.

„Notwendig es dennoch ist." wurde er von Meister Yoda unterstützt und die schläfrigen grünen Augen hatten Khin und L'ee sorgfältig gemustert.

„Die Sucbu stehen den Sith nah, sehr nah. Sie sind nicht besser als sie. Sie untergraben die Autorität der Jedi, spielen mit der Macht herum ohne sie einschätzen zu können. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie sich gegen die Jedi und die Republik wenden werden." Meister Windu hatte sein Kinn auf seine gefalteten Hände gestützt und zu Boden geschaut.

„Sehr bald dieses geschehen könnte. Sehr bald. Spüren ich es kann." hatte Meister Yoda hinzugefügt und Uta Khin all seine Widersprüche hinunter geschluckt. Wenn die beiden mächtigsten lebenden Jedi sich so sicher waren, konnte dieser Orden nur eine große Gefahr bedeuten.

Die heftige Gegenwehr auf die er und sein Padawan gestoßen waren, wann immer sie eine Wabe ausfindig gemacht hatten, hatte sie ihre Zweifel vergessen lassen. Wild und entschlossen hatten sich die Kriegerinnen gewehrt, waren bewaffnet gewesen mit Lichtschwertern und unglaublicher Wut. Ja, dieser Frauenorden war gefährlich. Aber nun bestand er nur noch aus zwei Frauen die sie leicht schlagen würden. Aus dem Hinterhalt heraus.

Sorassu L'ee setzte zur Landung auf einer kleinen Lichtung an und beobachtete angestrengt die Anzeigen. Wenn ihre Tarnung jetzt versagte, würden die Frauen gewarnt sein und das letzte Gefecht doch noch anstrengender als erwartet werden. Meister Khin indes hüllte sich in die Macht und ertastete die Umgebung. Eine der gesuchten Frauen war nicht einmal einen Kilometer von ihrer Landestelle entfernt.

„Wie sieht es aus?", fragte L'ee besorgt und schloss das Landemanöver ab ohne den Blick von den Kontrollen zu lassen.

„Ich spüre eine von ihnen. Nicht weit von hier, aber sie hat nichts bemerkt.", antwortete Khin und legte seinem Padawan ermutigend die Hand auf die Schulter. „Bist du bereit?"

„Ja, Meister."


Shahi rieb sich nach ihrem Bad in dem kristallklaren Wasser des Bergsees mit den duftenden Blüten der Mardi – Pflanze ein und genoss das leichte Prickeln auf ihrer blauen Haut. Die Sonne brannte an diesem Vormittag noch nicht so erbarmungslos wie in den letzten Tagen und die Luft war noch angenehm zu atmen. Dieser Sommer war heiß und stickig gewesen und fast freute sich die junge Frau auf den Herbst.

Auch wenn es dann nicht mehr die Mardi – Blüten geben würde.

„Du kannst nicht alles haben!", sagte ihre Mutter oft und Shahi seufzte, als sie daran dachte. Wie immer hatte ihre Mutter Recht und Shahi wußte nur zu gut, daß sie meist zu viel wollte und nie wirklich mit dem zufrieden war, was sie bekam.

Gedankenverloren roch sie an einer noch nicht zerdrückten Blüte und schaute sich nach ihrer Kleidung um, die sie vor ihrem Bad am Ufer zu einem unordentlichen Knäuel zusammengerollt und liegen gelassen hatte. Die Sonne und der leichte Wind hatten ihre Haut bereits getrocknet, nur ihre schwarzen Haare trieften noch vor Nässe. Aber das kümmerte sie nicht, als sie ihre Kleider anzog und mit ihrem Korb voller Hascha – Pilze den Rückweg zu der Hütte einschlug, in der sie mit ihrer Mutter und Lehrerin wohnte.

Shahi liebte den Wald und das einfache, zurückgezogene Leben das sie hier führen konnte. Nichts drängte sie, den größeren Waben einen Besuch abzustatten und dort ihre Ausbildung zu verfeinern. Wenn es nach ihr ginge, würde sie noch viele Jahre mit ihrer Mutter hier bleiben. Besonders nach dem unglückseligen Tod ihrer Tante im letzten Jahr. Aber im Grunde war auch das nur ein weiterer Vorwand, nicht den Wald zu verlassen. Ihre Mutter käme auch ohne sie zurecht, das wußte sie. Nur wahrhaben wollte sie es nicht.

Sie schüttelte diese Gedanken ab und ging weiter, während die von Insekten erfüllte Luft immer stickiger wurde. Schon bald stand ihr ein dünner Schweißfilm auf der Stirn und die Kühle des Bades war vergessen. Sie mußte sich beeilen, wenn die Pilze nicht schon vor dem Mittagessen verrottet sein sollten. „Warum mußtest du auch bloß noch ins Wasser springen!", schalt sie sich selbst und beschleunigte ihre Schritte über den unebenen Waldboden.

Ein Kribbeln im Nacken ließ sie zusammenzucken und Shahi sah sich kurz um. Etwas stimmte nicht, das spürte sie deutlich. Aber zu sehen war auch nichts, dennoch erhöhte sie erneut ihre Geschwindigkeit, bis sie rannte. „Mutter!", dachte sie – etwas in der Macht hatte sich verschoben aber sie war zu aufgeregt, um sich jetzt zu konzentrieren.

Eine Gestalt sprang aus dem Schatten der Bäume und die junge Frau warf in einer Bewegung den Korb mit den Pilzen von sich und zog ihr Lichtschwert, das sofort mit einem Brummen in einem roten Licht entflammte. Noch bevor sie ihren Angreifer richtig zu sehen bekam hatte dieser ihr bereits das Schwert aus der Hand geschlagen und hielt ihr von hinten den Mund zu.


Darth Maul hatte sich auf dem fast zwei Wochen andauerndem Flug in diese abgelegene Region der Galaxie mehr als nur einmal gelangweilt. Umso überraschter und nicht minder enttäuscht war er, als er bei seiner Ankunft feststellen mußte, daß die Jedi schneller gewesen waren als er.

Wütend zerrte er die junge Frau in das Unterholz und griff mit der Macht nach ihrem Schwert und ihrem Korb. Nichts sollte darauf hindeuten, daß er oder sie hier gewesen waren. Mit Mühe gelang es ihm, sie beide vor den Jedi zu verbergen, die nur wenige Sekunden nach der kleinen Auseinandersetzung über den Waldweg hetzten. Aber nun kooperierte auch die Frau und verhielt sich still als sie die Jedi sah, die mit gezückten Lichtschwertern in die Richtung liefen, aus der sie gerade gekommen war. Nicht nur das, sie selbst verdunkelte mit der Macht den Blick der Jedi und der Sith entspannte sich für einen Moment.

Still saßen sie nebeneinander im Gebüsch und beobachteten, wie die Jedi sich von ihnen entfernten. Als sie außer Sicht- und Hörweite waren, sprach die Frau ihn an: „Guten Tag. Mein Name ist Shahi und das ist mein Lichtschwert das Sie da halten."

Ungeduldig zog sie ihm das inaktive Schwert aus der Hand und funkelte ihn mit ihren roten Augen an. „Was wollen die Jedis hier?"

„Dich und deine Mutter töten. Wenn du noch etwas aus eurem Haus brauchst solltest du es jetzt holen.", fauchte Darth Maul und erhob sich vorsichtig, immer noch den Blick in die Richtung gewendet, die die Jedi eingeschlagen hatten.

Shahi hielt inne und starrte den Mann mit den rot – schwarzen Tätowierungen ungläubig an. „Wieso denn das?"

Darth Maul antworte nicht, sondern zerrte die junge Chiss einige Meter weiter, hin zu der Lichtung wo die Hütte stand in der die Jedi gerade Shahis Mutter geköpft hatten. „Darum." Mit dem gehörnten Kopf deutete er auf den schlaffen Körper von Rianna, der letzten Sucbu – Mutter, der im Staub lag. „Ich werde dich hier weg bringen. Und jetzt pack deine Sachen!"

Shahi wurde von ihm unsanft vorwärts geschubst und riss sich gewaltsam vom Anblick ihrer toten Mutter los. Keine Zeit zu trauern. Sie rannte in das Haus, das ihr und ihrer Familie seit Generationen als Heim gedient hatte und griff sich die nötigsten Dinge, stopfte sie in einen Rucksack und lief wieder hinaus.

„Beeilung!", flüsterte der Sith-Lord und griff nach dem Arm der Frau, die sich jedoch los riss und noch einen letzten Blick auf die Leiche ihrer Mutter warf. Ein Rascheln im Unterholz brachte sie zurück in die Gegenwart und sie folgte ihrem Retter schleunigst in den Wald.

Bereits in der nächsten Sekunde kamen Meister Khin und sein Padawan zurück auf die Lichtung und schauten sich suchend um. „Sie muß hier irgendwo sein!", rief Sorassu L'ee aus und spähte zum Waldrand hinüber.

„Warte...", sagte sein Meister und deutete auf Spuren die von der Frauenleiche hin zum Haus führten. „Es sind zwei. Die Chiss die wir suchen und ein Mann – schwerer, größere Füße." Er kniff die Augen zusammen und folgte der Fährte. Kurz vor der Haustür führten weitere Spuren von der Hütte weg, hinein in den Wald. Uta Khin kniete sich hin und zeigte seinem Padawan die Unterschiede in den Fußabdrücken. „Sie ist in das Haus gelaufen und kam beladen wieder zurück. Nicht viel, aber etwas schwerer hat sich ihre Spur in das Moos gedrückt, siehst du?"

Sorassu L'ee nickte und deute auf die andere Fußspur. „Er hat draußen gewartet."

Die Jedi blickten sich kurz an und rannten mit gezogenen aber nicht aktivierten Lichtschwertern in den Wald, folgten der Spur.


Darth Maul war schnell und ausdauernd – um so verwunderter war er, daß seine Gefährtin mit ihm mithielt. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn aber sie beschwerte sich nicht über das Tempo, auch wenn er spürte, wie ihre Kräfte langsam nachließen. Nach etwa fünfzehn Minuten verlangsamte er seine Schritte und drängte Shahi in den Schatten eines Baumfarns.

„Warum halten wir an?", fragte sie und schnappte nach Luft. „Sie sind immer noch hinter uns!"

„Das weiß ich. Es ist nicht mehr weit zu meinem Schiff und ich würde es nur ungern den Jedi präsentieren." Erneut verfluchte er die dichte Vegetation dieses Teils des Planeten. Sein Speeder stand nutzlos kurz hinter der Rampe seines Schiffes – kein Durchkommen. Darum hatte er sich murrend zu Fuß aufgemacht, um gerade noch Zeuge zu werden, wie die Jedi Shahis Mutter verhörten und schließlich köpften.

Shahi legte den Kopf schief und betrachtete die Baumwipfel über ihnen. Es gab drei Möglichkeiten: weiterlaufen und die Jedi direkt zu dem Schiff des Mannes – der sich unhöflicherweise immer noch nicht vorgestellt hatte – führen; sich in den Wipfeln zu verstecken und zu hoffen, daß die Jedi nicht nach oben guckten oder sie konnten wie die Urba-Affen die breiten Äste der Urwaldriesen als Laufstege benutzen und so eine Etage höher ihren Weg fortsetzen. Und sich unter Umständen den Hals brechen.

„Bring die Tochter zu mir. Überlaß die Mutter den Jedi. Töte die Jedi nur, wenn du keine andere Wahl hast." Darth Sidious hatte seinem Schüler nur einen extrem kleinen Spielraum zur Entscheidung gelassen und dieser wog nun die Möglichkeiten ab wie er seinem Meister klar machen konnte, daß er keine andere Wahl hatte als den beiden Verfolgern die Köpfe von den Schultern zu schlagen. Es wäre so einfach... Ein Zischen über ihm ließ ihn den Kopf heben. Sein Schützling hatte sich bereits einige Meter weit den Stamm des Farnes hinauf bewegt und bedeute ihm nun zu folgen. Mit einem Stirnrunzeln steckte er sein Lichtschwert an den Gürtel und erklomm ebenfalls den Stamm.

Die Sucbu kletterte bis zu den größeren Blättern des Farnes hinauf und sprang auf den stabilen Ast eines benachbarten Baumes. Diese Äste trugen die etwa menschengroßen Urba-Affen – warum nicht auch sie und ihren Begleiter? Zugegeben, das letzte Mal war sie noch ein Kind gewesen als sie in den Wipfeln herumtollte, aber wenn der Unbekannte zu seinem Schiff wollte OHNE sich mit den Jedi im Kampf auseinanderzusetzen gab es kaum andere Alternativen. Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte ihr, daß der Mann ihr folgte – mißmutig zwar aber er folgte.

Nachdem sie einige der Urwaldriesen hinter sich gelassen hatten kamen die Jedi in Hörweite und die Flüchtenden drückten sich still an einen Stamm. Eingebunden in die Macht verhüllten sie sich vor den tastenden Gedanken der Jedi.

„Wir haben die Spur verloren!"

„Das kann nicht sein. Die Bäume wachsen hier zu dicht um mit einem Speeder zu flüchten."


Die Jedi untersuchten eingehend den Waldboden und unterhielten sich weiter. Während ihre Stimmen sich langsam entfernten wagte Shahi einen Blick nach unten und erkannte, daß die Männer sich zurück zur Hütte bewegten, wohl auf der Suche nach dem Ende der Fährte. „Soweit so gut – wo liegt dein Schiff?", flüsterte sie leise und verzichtete auf das förmliche „Sie" – auch wenn der dämonisch tätowierte Mann ihr nicht unbedingt sympathisch war auf den ersten Blick: er hatte ihr zweifelsohne das Leben gerettet und steckte nun wegen ihr mit in einer Klemme, die sich die junge Frau immer noch nicht so ganz erklären konnte.

Darth Maul hatte nicht damit gerechnet, daß die Sucbu so kooperativ sein würde. Irgendwie hatte er erwartet, daß sie spätestens wenn sie die Jedi halbwegs abgeschüttelt hatten sich weigern würde, mit ihm den Planeten zu verlassen. Er schaute ihr kurz in die roten Augen und spürte ihre Entschlossenheit. „Folge mir.", raunte er ihr zu und übernahm die Führung.

Uta Khin fluchte leise vor sich hin. Wer auch immer der Sucbu geholfen hatte, er hatte von der geheimen Aktion der Jedi gewusst. Seine Sinne sagten ihm, daß es sich hierbei um einen Mann handelte. Nicht unbedingt die Fußspuren waren für diese Vermutung ausschlaggebend, es war etwas anderes. Es gab auch Frauen anderer Spezies, die ähnliche Fußabdrücke wie Humanoide hinterlassen konnten, größer und schwerer als die Sucbu – Chiss.

Aber die Sucbu lehnten jede Zusammenarbeit mit Männern normalerweise ab – wieso also sollte ein Mann sich für das Wohl einer dieser verbohrten Frauen interessieren? Ein Liebhaber vielleicht? Auch Sucbu vermehrten sich nicht durch Zellteilung.

Sorassu L'ee beobachtete seinen Meister aus den Augenwinkeln und suchte weiter nach Spuren auf dem Waldboden. Das Aufheulen eines Raumschiffantriebs ließ die Jedi aufblicken.

„Zurück zum Schiff! Sie versuchen zu entkommen!", rief Uta Khin und rannte los, als sich einige Kilometer südlich ein schwarzes Schiff aus dem Wald erhob und den Orbit ansteuerte.