Shahi wurde beim Start des kleinen Schiffes hart in den Copiloten – Sessel gedrückt und riss panisch die Augen auf: „Wohin geht es eigentlich?"
Der Sith knurrte und erhöhte weiterhin die Geschwindigkeit. Solang sie noch innerhalb des Sonnensystems waren konnte er nicht auf Hyperraumantrieb umschalten ohne Gefahr zu laufen in einen der anderen Planeten zu rasen. Und solang sie nicht im Hyperraum waren, konnten die Jedi sie noch einholen. „Zuerst hier weg."
„Aha. Und dann?"
Darth Maul schaute verärgert zu ihr hinüber. Nahm diese Frau denn gar nicht wahr, daß er es eilig hatte und außerdem nicht an einer Konversation interessiert war? „Nach Coruscant. Sofern die Jedi uns lassen. Sie sind nämlich gerade in den Orbit gestoßen." Damit deutete er auf eine blinkende Scanneranzeige und verfluchte den fast schon veralteten Rechner des Schiffes. Er brauchte dringend grünes Licht für den Sprung in den Hyperraum – ob noch im Sonnensystem oder nicht, mit einer guten Berechnung war eine schnellere Flucht möglich.
Außer natürlich, man bekam eine Lasersalve auf das hintere Schutzschild gebrannt die so heftig war, daß das Schiff zu taumeln beginnt. Was gerade der Fall war. ‚Alle Achtung! Schnell sind sie!', dachte der junge Sith und vollführte eine rasante Kehrtwendung um nun seinerseits zu feuern – und auf das Schiff der Jedi zu zu rasen. Die erstickten Schreckenslaute zu seiner Rechten ignorierend schoß er weiter auf das feindliche Schiff zu, Sperrfeuersalven abfeuernd und nicht im Mindesten bereit, beim „Angsthasenspielchen" auszuweichen.
Auch Sorassu L'ee war nicht bereit, dem entgegenkommenden Schiff auszuweichen und hielt – ebenfalls die Geschützfeuerknöpfe gedrückt – direkt auf seinen Feind zu. Hätten weder der ältere Jedi noch die von Panik erfüllte Sucbu zur gleichen Zeit ihren Piloten ins Steuer gegriffen, wäre dieses Gefecht wahrscheinlich als eines der kürzesten in die Annalen der Geschichte eingegangen. So aber wichen die beiden Schiffe sich um Haaresbreite noch aus und einige der nun fallenden Flüche sollten niemals wiederholt werden.
Noch bevor der aufgebrachte Sith seiner Begleiterin seine Meinung genauer mitteilen konnte, spürte er einen ziemlich schmerzhaften rechten Schwinger im Gesicht. „UND NUN SIEH ZU DASS WIR HIER WEGKOMMEN!", brüllte die Besitzerin der erstaunlich harten Faust ihn an und übernahm die Geschützkontrollen.
Bei den Jedi entschuldigte sich der Padawan halbherzig bei seinem Meister und nahm die Verfolgung erneut auf. Einige riskante Manöver später gelang es dem Padawan, einen weiteren gut gezielten Schuß auf das Heck der Flüchtenden zu setzen, der ein Leck in einer der Antriebskammern zur Folge hatte.
Die Kontrolltafeln im Schiff des Siths blinkten rot auf und ein schauriger Alarm ertönte – nur eine Anzeige leuchtete grün: die Berechnungen für den Hyperraumsprung waren endlich abgeschlossen und sofort nutzte der Pilot die Gelegenheit, um den Jedi davonzukommen. Mit einem Ruck startete das Schiff in die mehrfache Lichtgeschwindigkeit und ließ Nirauan und die Jedi weit hinter sich.
„Warum blinkt hier alles und was soll dieser schrille Ton bedeuten?", rief Shahi aus und ließ endlich die Finger von den Geschützkontrollen.
„Das bedeutet daß wir getroffen sind und wenn du mich nicht in Ruhe läßt werden wir bis zum Auseinanderbrechen des Schiffes nicht erfahren wie schwer!" Darth Maul unterdrückte seine Flüche und widmete sich den Anzeigen, legte etliche Schalter um und spürte die vernichtenden Blicke in seinem Rücken. „Geh verflucht noch mal in die Messe und laß mich in Ruhe arbeiten!"
Fauchend erhob sich die Sucbu, griff nach ihrem Rucksack und verließ das Cockpit. Wäre die Tür nicht mit einem automatischen Schließmechanismus versehen gewesen, sie hätte sie hinter sich ins Schloss gedonnert. Im Aufenthaltsraum angekommen schleuderte sie ihr Gepäck in eine Ecke und stieß einen markerschütternden Schrei aus – sehr zum Amüsement ihres Piloten, der sich eines Grinsens nicht erwehren konnte.
Shahi wischte sich hektisch eine Träne aus dem Gesicht als Darth Maul in Begleitung eines Astromech-Droidens in die Messe kam. Stur wie sie war hatte sie nicht nachgefragt was los sei, als das Schiff in Unterlichtgeschwindigkeit fiel. Vielmehr hatte sie in den vergangenen zwei Stunden über die Ereignisse des Tages nachgedacht und über den Verlust ihrer Mutter getrauert. Binnen weniger Minuten hatte sich ihr Leben radikal geändert – anstatt mit ihrer Mutter die nachmittäglichen Trainingseinheiten durchzuführen saß sie nun in einem defekten Raumschiff auf dem Weg zur Hauptstadt des Universums, verfolgt von zwei mordlüsternen Jedirittern und in Begleitung eines nicht weniger verrückten Sith-Lords. Zumindest nahm sie das an.
Der Tätowierte goß sich einen Becher mit aromatischen Krsak-Tee ein und setzte sich seinem „Schützling" gegenüber auf einen der spärlich gepolsterten Sitze. „Wir verlieren Treibstoff. Anhand des Partikelstroms den wir hinterlassen können uns die Jedi verfolgen. Um Energie zu sparen habe ich uns in den Normalraum zurückgebracht. In etwa acht Stunden werden wir auf Bakura landen können. Wenn wir Glück haben sind die Reparaturen abgeschlossen bevor die Jedi dort eintreffen."
Shahi nickte und verbarg ihre Überraschung über die Ausführlichkeit, mit der der Mann sie über den Stand der Dinge informiert hatte. Verschwiegen hatte er ihr seine kurze Unterhaltung mit seinem Meister über Langstreckencom – das ging sie noch nichts an. „Du bist ein Sith, nicht wahr?", fragte sie und goß sich selbst etwas heißen Tee nach.
Er erwiderte nichts sondern trank einen Schluck Tee.
„Und ein Zabrak. Ich habe schon andere gesehen, aber deine Tätowierungen sind selbst für deine Rasse extrem. Nur deinen Namen weiß ich noch nicht." Sie setzte sich ihm wieder gegenüber und nippte nun ihrerseits an ihrem Becher.
Eine Weile schwiegen beide, dann hatte er eine Entscheidung getroffen: „Mein Name ist Khameir Sarin, Darth Maul vom Sithorden. Mein Meister erwartet dich auf Coruscant."
Am liebsten hätte die junge Frau gefragt, warum sein Meister sie erwartete, aber sie stellte eine andere Frage: „Warum haben die Jedi meine Mutter getötet und uns verfolgt?"
Er blickte ihr zum ersten Mal während dieser Unterhaltung in die Augen und atmete tief durch. „Berichte ihr von den Jedi", so lautete seine Anweisung – und das tat er nun: „Vor zwei Jahren wurde auf Naboo eine radikale Wabe deines Ordens entdeckt. Angeblich hatten deine Ordensschwestern vor, die Regierung des Planeten zu stürzen und die Republik zu unterlaufen. Die beiden Jedi wurden im Geheimen beauftragt, den Orden auszulöschen. Du und deine Mutter waren die letzten des Sucbu-Ordens. Jetzt bist du als Einzige über und unterstehst dem Schutz meines Meisters Darth Sidious."
Shahi schüttelte den Kopf. „Das ist Irrsinn. Mein Orden hat sich seit der Trennung von den Jedi immer zurück gehalten. Warum sollten wir daran interessiert sein, die Republik anzugreifen? Die meisten unserer Waben sind...", sie schluckte bevor sie sich korrigierte: „...waren im Outer Rim oder den Unknown Regions. Die Republik war uns immer egal!"
Der Sith zuckte mit den Schultern: „Du fragtest nach dem Grund und das ist er. Die Jedi benötigen keine Beweise oder Fakten, um sich zu verteidigen. Ihre Arroganz und Machtgier reichen aus, um auf alle anderen die sich mit der Macht vertraut machen und sie nutzen eifersüchtig zu sein." Er stand auf und ließ seinen halbvollen Trinkbecher stehen. „Ich werde sehen wie wir schneller nach Bakura kommen können. Dort drüben ist ein Ruheraum falls du schlafen willst." Mit diesen Worten verließ er die Messe und kehrte zusammen mit dem Droiden ins Cockpit zurück.
Tausend Gedanken auf einmal schwirrten der jungen Frau durch den Kopf – aber keiner davon beschäftigte sich auch nur annähernd mit der Möglichkeit zu schlafen bis zur Ankunft auf Bakura. ‚Acht Stunden reichen nicht aus für eine komplette Umstrukturierung. Aber zumindest für das Äußere müsste es reichen!', dachte sie und griff nach seinem Becher. „Danke für die DNA – Spende mein Freund und Retter!", flüsterte sie und huschte mit dem Becher und ihrem Rucksack in den Ruheraum.
Er blickte nicht auf, als seine junge Begleiterin auf dem Sessel des Copiloten Platz nahm. Vor einiger Zeit hatte er noch einmal in der Messe nachgeschaut, aber als er sie dort nicht vorfand nahm er an, sie hätte sich zum Schlafen zurückgezogen wie er es ihr empfohlen hatte.
Stattdessen hatte sich Shahi, letzte Tochter des Ordens der Sucbu, der schmerzhaften genetischen Umstrukturierung unterzogen, die einer der Gründe für die lange unentdeckte Existenz ihrer Glaubensgemeinschaft darstellte. Vollständig umgewandelt war sie nicht, aber zumindest äußerlich sah sie einer Zabrak recht ähnlich. Ihre blaue Haut war geblieben, zehn kleine Hörner waren unter enormen Schmerzen auf ihrem nun kahlen Schädel gewachsen und die so typischen Gesichtstätowierungen hatte sie mit einem weißen Stift aufgemalt. Nur ihre Augenfarbe bereitete ihr noch Sorgen: ihr Begleiter hatte eine gelbe Iris, ihre waren immer noch rot.
Nach ein paar Minuten wurde sie ungeduldig – entweder er bekam wirklich nichts mit oder er ignorierte sie komplett. Sie hüstelte leise und wartete auf eine Reaktion.
Nichts.
Sie hüstelte vernehmlicher und Darth Maul schaute von seinen Kontrollen auf. „Was ist? Es dauert noch 40 Minuten bevor wir in die Umlaufbahn..." Weiter kam er vorerst nicht – sein Unterkiefer versagte ihm den Dienst.
„Ich dachte mir, so können wir den Jedi entkommen, auch wenn sie auf Bakura landen.", erklärte Shahi und blieb äußerlich kühl, auch wenn sie sich am Liebsten ausgeschüttet hätte vor Lachen. „Sie suchen eine Chiss und einen Unbekannten – und kein Zabrak – Paar. Oder irre ich mich?"
Der Sith riss sich zusammen und klappte seinen Mund wieder zu. ‚Dummkopf. Wie muß das eben nur ausgesehen haben!', schalt er sich selbst. „Nein, das ist eine gute Idee." Im Grunde wollte er fragen, wie sie das angestellt hatte, verzichtete aber darauf. Sein Meister hatte seine Gründe, warum er diese Frau vor den Jedi in Sicherheit wissen wollte. Und der Schüler nahm an nun einen davon zu kennen.
„Meister Khin, sie sind auf dem Weg nach Bakura."
Uta Khin nickte nachdenklich. „Du mußt sie schwerer getroffen haben als zu hoffen war." Er setzte sich auf und betrachtete die Kontrollen. „Sie werden eine Werkstatt aufsuchen müssen die sich nur wenig an offizielle Auflagen hält. Und die republikanische Credits annimmt als Bezahlung."
„Wie können wir sie finden, Meister?", fragte Sorassu L'ee und biss sich auf die Unterlippe – diese Frage hätte er sich selbst beantworten können.
„Mit Hilfe der Macht und dem Wissen, daß es nur drei Raumhäfen auf diesem Planeten gibt, wo so ein Verhalten nicht zur sofortigen Desintegration der Werkstättenbesitzer führt.", antwortete der Jedimeister beiläufig und tippte einige Daten in den Schiffscomputer. „Kasak, Morial und Teranu. Schmugglerhäfen, sehr huttenfreundlich. Wir sollten mit den beiden Orten auf dem Nordkontinent beginnen." Mit diesen Worten drehte er seinem Padawan das Display zu und lächelte schmal bevor er sich in seine Kammer zur Meditation zurückzog.
‚Sie hätte uns nicht entkommen dürfen.', schalt sich Khin in Gedanken und versuchte sich wieder auf die Wirbel der Macht zu konzentrieren. Wer war der Helfer? Woher wußte er von den Plänen der Jedi? Und wie war es ihm gelungen, sich vor ihm, Meister Khin, zu verstecken? Kannte er sich auch mit der Macht aus? War diese letzte und fast vergessene Wabe der Sucbu vielleicht in Verbindung mit den Sith? Der Jedi schüttelte den Gedanken ab.
Die Sith waren vor hunderten von Jahren ausgelöscht worden. Es gab keine Sith mehr. Vielleicht waren die Frauen des Ordens auf der Chiss – Heimatwelt nicht ganz so rigoros bei der Einhaltung der Geschlechtertrennung? War er vielleicht ein Sohn der entgegen der Sucbu – Regeln nicht ausgesetzt sondern im Umgang mit der Macht gelehrt wurde?
‚Nein, er war ein Außenweltler. Da bin ich mir sicher.', überzeugte sich der Jedimeister selbst. ‚Zeit, Meister Windu und Yoda zu informieren.' Diese Entwicklung gefiel Uta Khin überhaupt nicht.
Senator Palpatine hörte andächtig zu, als Mace Windu ihn über den neuesten Stand der Dinge informierte.
„Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Sucbu Hilfe von Außen erhalten haben. Meister Khin und sein Schüler verfolgen die beiden weiter, aber nun hat sich die Situation vollkommen geändert.", beendete der Jedi seinen Bericht und beobachtete die Reaktion seines Gegenübers scharf.
Der Gesandte der Naboo ließ sich nichts anmerken – was nicht verwunderlich war, immerhin war er ein geübter Diplomat und Politiker.
Eine größere Provokation mußte folgen.
„Einen Verräter wir haben unter uns.", ließ sich Meister Yoda vernehmen und in seinen großen grünen Augen blitzte es auf.
„Aber wer?", fragte Palpatine verblüfft. „Außer uns dreien weiß hier auf Coruscant doch niemand von dieser Unternehmung!"
Nun war Meister Windu überrascht. Der Senator war ehrlich in dieser Aussage, das spürte er. „Wer weiß auf Naboo davon?"
Palpatine zog die Augenbrauen hoch und antwortete: „Nur König Veruna und seine Vertrauten soweit ich informiert bin. Wollt Ihr damit etwa andeuten, daß es eine undichte Stelle im Palast gibt?"
„Nicht wissentlich vielleicht der Verrat kam zustande.", vermutete Meister Yoda und stützte sich schwer auf seinen Gehstock. Für ihn war die Unterhaltung vorüber. Senator Palpatine war informiert und seine Aussagen waren ehrlich.
Mace Windu erhob sich und schickte sich an, ebenfalls das Büro des Senators zu verlassen.
„Ich werde den König informieren!", rief Palpatine den beiden Jedi hinterher.
Windu drehte sich in der Tür noch einmal um und sagte: „Wenn der König seinen Untergebenen nicht mehr vertrauen kann, befindet er sich vielleicht in großer Gefahr."
Der Senator erbleichte und seine Knöchel zeichneten sich weiß auf seinen Handrücken ab, als er sich in das weiche Leder seines Amtssessels krallte.
Darth Sidious hatte gerade das Todesurteil über König Vendura der Naboo gefällt – und Meister Windu hatte es unabsichtlich provoziert. ‚Nicht jetzt. Später. Wenn er nicht mehr im Amt ist. Und daß er bald zurücktritt, dafür werde ich sorgen...', dachte der Sith –Lord und lachte still in sich hinein.
