Kapitel 7

Das kleine, immer noch etwas ramponiert aussehende Schiff flog einen Hangar in der Nähe von Republica 500 an und setzte mit mechanischem Ächzen auf. Die Maschinen waren noch nicht ganz heruntergefahren als sich auch schon die Passagierrampe öffnete und zwei Gestalten das Innere verließen: die eine selbstsicher und eilig, die andere etwas zögerlich und zurückhaltend.

„Darth Maul!"

Der Sith blieb stehen und kniete ehrfürchtig vor seinem Meister nieder, dessen vermummte Erscheinung sich aus den Schatten löste: „Ja, mein Meister?"

Gemessenen Schrittes näherte sich Lord Sidious und umkreiste seinen Schüler und die zur Salzsäule erstarrte Sucbu. „Deine Aufgabe ist erfüllt. Du kannst dein persönliches Training fortführen bis ich nach dir schicke."

Maul erhob sich und verließ den Hangar, ohne auch nur zurückzublicken oder gar ein Wort des Abschieds für Shahi. Im Moment war er froh, sich endlich wieder um etwas anderes kümmern zu können.

Shahi blickte ihm hingegen verblüfft nach, bis Lord Sidious sich direkt vor ihr aufbaute: „Willkommen auf Coruscant, meine Liebe."

Sie schluckte bevor sie entgegnete: „Habt Dank für Eure Hilfe und die Eures Schülers, Lord...?"

„Sidious. Lord Sidious. Und ihr seid Shahi..."

„Akina Sara Shahi, letzte Tochter der Sucbu – dank einiger mordgieriger Jedi." Langsam gewann sie ihre Fassung zurück. Was auch immer sie von Maul erwartet hatte: diese totale Unterwerfung unter seinen Meister hatte nicht dazu gehört. Welche Macht besaß der Mann vor ihr, wenn er einen so starken und selbstsicheren Kämpfer dazu bringen konnte, sich selbst so zu erniedrigen?

„Ich hoffe doch sehr, daß Ihr eine angenehme Reise hattet, trotz der teilweise widrigen Umstände.", flüsterte Lord Sidious und Shahi konnte spüren, wie er über ihren Geist glitt und nach ihren Gedanken suchte.

„Nun, die ‚Reise' war den Umständen entsprechend etwas widrig, aber nun bin ich hier und möchte nur zu gern erfahren, warum ich es bin." Sie schloss ihre Gedanken ein und versuchte, das nur halb enthüllte Gesicht ihres Gesprächspartners nach Emotionen zu erkunden.

Lord Sidious lachte ein heiseres Lachen. „Erstaunlich wie ehrlich Ihr seid! Ja, es hat seine Gründe, warum ich Euch in Sicherheit bringen ließ. Leider erfuhr ich erst zu spät von der Sondermission dieser Jedi, sonst hätten wir Euren Orden früher gewarnt."

Shahi zweifelte keinen Augenblick an der Unehrlichkeit dieser Aussage. „Warum? Nur der allgemeine Hass auf jede Aktion der Jedi wird wohl kaum der Auslöser gewesen sein." In Gedanken setzte sie hinzu: ‚Komm endlich zur Sache damit ich entscheiden kann ob ich mich weiter mit dir unterhalten möchte oder nicht.'

„Nein, das ist nicht der Grund, warum ich meinen Schüler ausschickte." Er berührte ihren Ellenbogen und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Während sie durch verschiedene verlassene Flure und Treppenhäuser gingen, sprach er weiter: „Die Jedi haben die Sith schon vor Jahrtausenden auszulöschen versucht. Es würde mich nicht wundern, wenn sie demnächst auch noch gegen die Hexen von Dathomir vorgehen würden. Die Jedi waren von jeher eifersüchtig auf alle, die sich mit der Macht beschäftigten außer ihnen. Nicht umsonst rekrutieren sie ihren Nachwuchs schon im Kleinkindalter.

Sie sagen, ihre Ausbildung würde so lang brauchen, daß sie schon früh damit beginnen müßten, aber das ist eine Lüge. Vielmehr haben sie Angst davor, daß Machtbegabte die Vorzüge der von ihnen ‚die dunkle Seite' der Macht genannten Praktiken entdecken könnte. Daß man erkennen könnte, daß nicht nur die Macht uns führen kann, sondern wir auch die Macht nach unserem Willen einsetzen können. Arla Sucbu wußte das, als sie Euren Orden gründete."

Shahi hörte schweigend zu und fühlte sich teilweise an die Geschichtsstunden erinnert, die ihre Tante ihr bis zu ihrem Tod gegeben hatte. Als sie von ihrem Gastgeber in eine luxuriöse Suite geführt wurde, war ihr immer noch nicht klar, was die Sith von ihr wollten.

„Um es kurz zu machen: ich möchte, daß Ihr für mich arbeitet – als Gegenleistung für Eure Rettung und die Vervollständigung Eurer Ausbildung.", schloss Lord Sidious seinen Vortrag und bedeutete ihr, sich zu setzen.

Dieses Angebot kam für die Sucbu überraschend und sie ließ sich verblüfft auf eine Couch fallen: „Ihr wollt meine Ausbildung beenden?"

„Wenn mehrere von Euch überlebt hätten, hätte ich Euch allen Unterschlupf bieten können, so aber sehe ich mich in der Pflicht, Euch ein Lehrer zu sein." Er nickte und ein Droide brachte Tee und Gebäck.

‚Fein. Teatime mit einem Sith. Davon werde ich noch meinen Enkelinnen berichten können!', dachte Shahi und griff zu. Die Verlockung des eben unterbreiteten Angebots war nicht von der Hand zu weisen – wen sonst hätte sie bitten können, ihr die Kampftechnik mit dem Lichtschwert beizubringen? In Gedanken sah sie sich schon beim Tempel der Jedi anklingeln, ein breites und unschuldiges Lächeln auf den Lippen...

„Ich rate Euch dringend davon ab, auch nur in Gedanken Hilfe bei den Jedi zu suchen!", zischte Lord Sidious, der ihre Gedanken gelesen zu haben schien, „Sie würden Euch nicht einmal aussprechen lassen bevor sie Euch köpfen! Vergesst nicht: sie jagen Euch immer noch, nur rechnen sie nicht damit, daß Ihr hier auf Coruscant seid. Noch vermuten sie Euch auf Bakura!"

„Woher wisst Ihr das?"

„Ich habe meine Quellen, meine Liebe. Und ich werde dafür sorgen, daß die Jedi Euch weiterhin am falschen Ort suchen. Vorausgesetzt natürlich..."

„...daß ich mich entschließe, für Euch zu arbeiten.", beendete Shahi den Satz. „Und wenn ich es nicht tue, verratet Ihr mich und liefert mich ans Messer." Sie klatschte in die Hände und fuhr im sarkastischen Tonfall fort: „Was für eine Wahl: meine Dienste zur Verfügung stellen und meine Ausbildung beenden oder aber der sichere Tod, wenn auch nicht von Euch oder Eurem Schüler direkt verursacht."

„Verrat führte zu dem was nun ist. Ich würde den Jedi keine Informationen zukommen lassen, wenn Ihr das meint. Aber ich würde sofort aufhören, ihre Untersuchungen zu behindern." Lord Sidious verlor langsam die Geduld mit der impulsiven jungen Frau, der Diplomatie anscheinend noch ferner lag als seinem oftmals schon schwierigen Schüler.

Shahi hob die Augenbrauen und wußte, daß sie zu weit gegangen war. „Wie stellt Ihr Euch meine Dienste für Euch vor, Lord Sidious?"


Darth Maul hatte gerade sein tägliches Training beendet und einige Kampfdroiden zu Altmetall verarbeitet, als sich sein Komlink meldete und die blassblaue Holographie Lord Sidious' erschienen war.

Und jetzt war er auf dem Weg zu der Frau, die er vor einigen Monaten nach Coruscant gebracht hatte. Er hatte sie aus seinen Gedanken verbannt so gut es ging, aber jedes Mal wenn er einen Kampf beobachtete mußte er zwangsläufig an ihre gemeinsamen Wetten denken. Sein Meister gestattete ihm nur wenige Vergnügungen, aber diese konnte er ihm nicht nehmen – so sehr die junge Sucbu ihm auch auf die Nerven gegangen war, so war ihre gemeinsame Zeit doch auch witzig gewesen. Irgendwie.

Er rümpfte die Nase, als die Kuppel seines Skycars sich öffnete und er den so verhassten typischen Geruch der unteren Ebenen von Coruscant einatmete. Und der Hangar war noch einige Etagen über der Wohnung der Sucbu – je tiefer er hinabsteigen würde, umso intensiver würde dieser Geruch von Wahnsinn und Armut werden... Wie konnte man hier nur wohnen? Er verbarg sich noch tiefer im Schatten seines Kapuzenumhangs und suchte das Apartment im Zwielicht eines mangelhaft sanierten, wenn auch sauberen Flurs.

Er hatte kaum den Türsummer gedrückt, als ein Droide öffnete und ihn mit weiblicher Stimme begrüßte: „Willkommen! Meine Meisterin wird Euch gleich empfangen, tretet bitte ein!"

Etwas überrascht betrat er ein sauberes und ordentliches, sehr geschmackvoll eingerichtetes Apartment, das er Shahi niemals zugetraut hätte. Er hatte viel eher erwartet in einer dunklen Räuberhöhle zu landen, aber hier war alles hell erleuchtet und die Räume recht großzügig geschnitten... fast wie sein eigenes Quartier.

Der Droide stakste hinter ihm her, als er die Kapuze hob und sich genauer umsah. „Möchtet Ihr etwas trinken? Lady Shahi hatte mich angewiesen, Krsak-Tee vorzubereiten für Euren Besuch..."

„Hat Lady Shahi denn vor, länger auf sich warten zu lassen?", fragte er amüsiert.

„Nein, hat sie nicht!", antwortete eine vertraute Stimme die zu einem unvertrauten Körper gehörte. Eine menschliche Frau mit mittellangen blonden Locken kam auf einem Bein in den Raum gehüpft, während das andere erst zur Hälfte in einem Stiefel steckte. „Ich wollte mich nur noch umziehen, wenn es Recht ist. Dotty, serviere den Tee, Lord Maul hat diese zwei Minuten auch noch Zeit!" Sie ließ sich auf ein Sofa fallen und zwängte ihren Fuß endgültig in den widerspenstigen Stiefel.

„Wie ich sehe hast du dich kaum verändert.", frozzelte Maul und setzte sich auf ein gegenüber stehendes Sofa. „Wenn man mal von deinem Körper absieht... Erstaunlich ordentlich ist es hier... der Verdienst des Droiden nehme ich an?"

„Na da schau her! Der Sith hat sprechen gelernt!" Sie nahm einen Becher Tee entgegen und lächelte breit: „Gib's zu: du hast mich vermisst!"

‚Nicht wirklich.', dachte er, entgegnete aber nichts. Stattdessen nahm er dem Droiden den ihm angebotenen Becher ab und trank einen Schluck. Irgendwie freute er sich, daß sie sich an sein Lieblingsgetränk erinnerte – andererseits hatte sie fast zwei Wochen nichts anderes bekommen Bord seines Schiffs. „Können wir gehen?"

„Hast du es eilig?"

„Ja."

„Okay, dann beenden wir unseren Smalltalk und gehen gleich zu den Handgreiflichkeiten über. Wo ist mein Lichtschwert, Dotty?"

Maul verdrehte unwillkürlich die Augen und verließ schon einmal das Apartment. Leute die ihren Droiden Namen gaben fand er schon immer sonderbar. Aber es passte zu Shahi. Hinter sich hörte er das Klacken ihrer Stiefel auf dem Permabetonfußboden als sie sich bemühte, ihn einzuholen. „Beeil dich, ich habe nicht viel Zeit!"

„Du hast so viel Zeit wie Lord Sidious dir sagt haben zu müssen."

Er fuhr wütend herum und starrte in zwei eiskalte blaue Augen. Er stutzte kurz – sie war in den vergangenen Monaten sehr viel härter geworden, als er sie in Erinnerung hatte. „Strapaziere nicht meine Geduld, Lady!"

„Und du solltest mich nicht unterschätzen." Sie hielt seinem wütendem Blick stand und zog beiläufig ihren Umhang zurecht.

Der Sith gab ein kaum hörbares Knurren von sich als er auf dem Absatz herumfuhr und den Weg zu seinem Skycar fortsetzte. Sollte sie doch zusehen, wie sie demnächst zur Trainingshalle kam, dieses Mal war für ihn auch das letzte Mal daß er sie abholte.


Der Flug durch Coruscants Häuserschluchten war in eisigem Schweigen verlaufen. Shahi hatte viel von Lord Sidious gelernt und ihren unschuldigen und teilweise auch naiven Blick auf die Welt verloren. Grausamkeit und Intrigen waren in der Galaxie allgegenwärtig, auf dem Hauptstadtplaneten aber der einzige Weg zu Erfolg und Anerkennung. Es gefiel ihr nicht und widersprach in vielem ihrer bisherigen Erziehung, aber sie war gewillt durchzuhalten und sich zu gegebener Zeit an den Jedi zu rächen, die für den feigen Mord an ihrer Mutter und ihren Ordensschwestern verantwortlich waren.

Die Trainingshalle war groß und kalt, von mehreren Räucherbehältern zogen dicke Schwaden durch die Luft und die Beleuchtung war unangenehm spärlich. Zu viele Schatten und dunkle Ecken entstanden so. Shahi warf ihren Umhang über einen Hocker und entflammte ihr Lichtschwert. „Können wir?"

„Sicher.", antworte Darth Maul und warf ebenfalls seinen Umhang ab – in der gleichen Sekunde in der er seine Gegnerin mit einem beiläufigen Streich seines Lichtschwerts entwaffnete.

„Autsch!" Shahi griff mit der Macht nach ihrer Waffe und ließ sie zurück in ihre Hand springen.

Der Sith trat einige Schritte zurück und umkreiste sie, prägte sich ihre Bewegungsmuster ein, die Haltung ihrer Schwerthand und wartete ab.

Sie hingegen blieb stehen und folgte ihm nur mit den Augen – den ersten Angriff konnte sie abwehren, der zweite entwaffnete sie erneut.

Darth Maul schüttelte mißbilligend den Kopf, als er sie innerhalb kürzester Zeit zum dritten Mal entwaffnete. „Hast du eigentlich jemals mit dem Schwert gekämpft oder war das bei euch nur Verzierung?"

Die Sucbu schnaubte wütend und trat ihrem Gegner kurzerhand die Waffe aus der Hand. „Ich habe mit anderen Kampftechniken begonnen. Immerhin haben wir nicht trainiert um uns mit Jedi zu messen sondern nur, um uns im Notfall verteidigen zu können!"

„Gut, lassen wir die Schwerter für den Augenblick. Zeig mir, was du sonst schon kannst." Er war nicht wenig verblüfft wie es ihr gelungen war ihn zu entwaffnen ohne daß er damit gerechnet hatte, vielleicht steckte ja in ihr wirklich mehr als die miserable Leistung, die sie bisher in ihrem kurzen Kampf gezeigt hatte.

Sie zuckte mit den Schultern und holte tief Luft, bevor sie den Sith mit einem Hagel von Schlägen und Tritten eindeckte. Einer der wichtigsten Tricks die sie von ihrer Mutter gelernt hatte war der, in der Macht andere Bewegungen anzutäuschen aber den Körper anders zu befehlen – eine sehr effektive Verteidigung für den Kampf mit Machtbegabten. Und die Härte ihrer Schläge und Tritte war sehr effektiv gegen alle anderen Gegner.

So ähnlich sah das in diesen Augenblicken auch Darth Maul, der einige Minuten brauchte um sich auf Shahi einzustellen – schmerzhafte Minuten, nicht nur für sein Ego. Als er erkannte, daß er die Defensive nicht aufgeben konnte für einen eigenen Angriff rief er: „ES REICHT!"

Die Sucbu sprang etwas von ihm weg und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie war nicht in Bestform und hätte eh nicht mehr lang ihr Tempo durchhalten können.

Er nickte ihr anerkennend zu und war versucht, sich den schmerzenden rechten Arm zu reiben, der die meisten Treffer abbekommen hatte. „Gut. Das war nicht schlecht. Was kannst du sonst noch?"

„Gib mir einen Blaster und ich zeige es dir...", entgegnete Shahi grinsend und das erste Mal seit langem glimmte wieder die alte Wärme in ihren Augen auf. Sie hatte ihren Spaß und genoß es, nicht mehr nur dazusitzen und zu studieren.

Diese Freude entging ihm nicht und er lächelte als er sagte: „Das läßt sich arrangieren..."

TBC

A/N Brigitte: abwarten...