„Und? Schon was interessantes entdeckt?"
Darth Maul ließ das Fernglas sinken und reichte es der Corellianerin, die gerade an irgendetwas kauend zu ihm hinüber geschlendert gekommen war. „Schau selbst..."
Shahi griff nach dem Fernglas und stellte es für sich ein. Auf dem Gebäude des von ihnen observierten Konferenzzentrums hielten fünf Schwerbewaffnete auf dem Dach Wache, Patrouillen mit wild aussehenden Gnork-Hunden umrundeten regelmäßig den Park und etwas von der Sternfrucht schnitt ihr schmerzhaft ins Zahnfleisch. Sie puhlte geistesabwesend daran herum, als ein Shuttle eintraf: „Oha. Rate, wer zum Essen kommt..."
Der Sith schnappte nach dem Fernglas, aber die junge Frau war schneller und blieb im Besitz des Geräts: „Hath Monchar, Senator Thalom, Fürst Roch und wie üblich Senator Palpatine. Aber unsere Zielperson ist nicht dabei."
„Noch nicht. Aber sie wird kommen. Die Konferenz beginnt erst morgen früh.", bemerkte Maul und griff sich nun endgültig das Fernglas. „Von hier aus werden wir nicht viel mehr zu sehen bekommen, also Plan B."
„Wie du meinst..." Sie zuckte mit den Schultern und kehrte ins Schiff zurück um ihre Ausrüstung zu holen. Als sie wieder heraustrat trug sie eine Servicemitarbeiteruniform deren oranger Kragen sich unglaublich mit ihrem knallroten Haar biss.
„Ich hoffe, du hast den Sprengstoff dort gelassen, wo er hingehört?", fragte er und schmunzelte. Seit sie vor einigen Monaten das Attentat auf ein Duranium-Stahlwerk auf Ord Mantell verübt hatten, zog er sie nur zu gern damit auf.
„Hey! DU sagtest: ‚Nimm den Sprengstoff und verteile ihn!' – du sagtest NICHT: ‚Nimm nur fünf Sprengsätze!', wenn ich dich daran erinnern darf!" Shahi fand das Ganze immer noch nicht witzig.
„Jeder andere hätte sich aber spätestens nach dem Anbringen des zwanzigsten Sprengsatzes gefragt, ob es nicht langsam genug wäre."
Die Explosion hatte einen fast drei Kilometer breiten und 500 Meter tiefen Krater hinterlassen wo ehemals eine Fabrik stand. Experten waren sich immer noch nicht einig darüber, ob es nicht vielleicht doch der Einschlag eines Kometen gewesen sein konnte, der diese Katastrophe verursacht hatte. Zumindest hatte die Druckwelle der Explosion das Attentäterpärchen auch in 20 Kilometer Entfernung noch gut von den Stiefeln gerissen.
„Das wirst du mir jetzt ewig und drei Tage vorhalten, ja?"
„Nicht, wenn es mir zwischendurch irgendwann zu langweilig wird.", antworte Maul grinsend. ‚Oder du dir den nächsten spektakulären Faux Pas leistest...', fügte er in Gedanken hinzu.
„Pah! Ich erwarte Abendessen wenn ich zurückkomme!" Die Sucbu bestieg ein klappriges Speederbike, das sie in einer nahen Ortschaft erstanden hatten, und brauste los.
Darth Maul schaute ihr amüsiert hinterher. Zeit, Lord Sidious zu kontaktieren und vorzuwarnen, daß Shahi allein ins Gebäude kam. Sie kannte seine wahre Identität noch nicht und sollte sie auch nach Möglichkeit nicht erfahren. Zumindest jetzt nicht. Auch wenn beide Sith ahnten, daß sie bereits in die richtige Richtung vermutete. Daß Senator Palpatine ziemlich oft in der Nähe ihrer Einsatzgebiete gesichtet wurde, mußte sie zwangsläufig bemerken. Es war nur eine Frage der Zeit, wann das Risiko das sie darstellte zu groß wurde.
Aber bis dahin hatte Darth Maul vor, ihre Gesellschaft zu genießen. Sie war chaotisch, unstrukturiert, emotional aber ebenso eiskalt berechnend und ihre unorthodoxen Methoden ziemlich effektiv. Tödlich effektiv. Und manchmal landeten auch Teile von Werkhallen in der Umlaufbahn von Planeten. Er hätte sich stundenlang ausschütten können vor Lachen wegen dieser Geschichte!
„Senator Palpatine!"
Der Politiker blieb stehen und sah sich im Festsaal um, wer nach ihm verlangte. Hath Monchar kam auf ihn zugeeilt und öliger Schweiß stand auf seiner grauen Stirn, als er keuchend zum Stehen kam: „Senator Palpatine, darf ich Euch kurz unter vier Augen sprechen?"
„Was gibt es denn so Wichtiges das wir nicht auch hier besprechen könnten?" Palpatine konnte sich ziemlich viele Dinge vorstellen die er lieber getan hätte, als mit einem der Lakaien von Nute Gunray ein Privatgespräch zu führen.
„Senator, es geht um die Handelsrouten durch das Hoheitsgebiet von Naboo." Ein flehentlicher Ausdruck lag in den Augen des Neimoidianers und seine Hände verkrampften sich umeinander.
‚Unglaublich, daß dieser Kretin in der neimoidianischen Gesellschaft ein so hohes Amt hat erreichen können!', dachte Palpatine, antwortete aber diplomatisch: „Aber Abgeordneter Monchar, diese ganze Konferenz wird doch um Handelsrouten geführt... warum ist eigentlich Vizekönig Gunray nicht persönlich zugegen?" Er setzte sein charmantestes Lächeln auf und wollte zu den anderen Konferenzteilnehmern zurückkehren, doch Monchar zerrte ihn am Ellenbogen an den Rand.
„Vizekönig Gunray ist besorgt wegen der Sicherheit auf dieser Konferenz!"
Natürlich. Ein Volk von Paranoikern. Und Gunray war selbst unter Neimoidianern bekannt für seinen Verfolgungswahn.
Monchar fuhr fort: „Die Zahl der Attentate auf Politiker und hochrangige Vertreter der Wirtschaft hat extrem zugenommen, wie Ihr wisst!" Er verzog seinen schmallippigen Mund zu einem bemitleidenswerten Lächeln: „Darum hat er mich geschickt."
„Aber ich verstehe immer noch nicht, warum wir unsere Unterhaltung nicht hier in der Öffentlichkeit des Empfanges führen können." Palpatine war es so schon unangenehm, mit Monchar gesehen zu werden. Ein Gespräch unter vier Augen konnte das Getuschel noch verschlimmern, zumal er als Vertreter von Naboo eine strikte Linie gegen die Handelsföderation fahren mußte.
„Ein Glas Wein, die Herren?" Eine rothaarige und Palpatine nur zu bekannte menschliche Servicekraft hatte sie angesteuert und bot ihnen eine Auswahl Gläser mit verschiedenen Weinen auf ihrem Tablett an. Er nahm ein Glas Grünwein und vermied es, in ihrer Nähe zu sprechen. Wenn sie seine Stimme erkannte konnte er nicht einschätzen wie sie reagieren würde.
Der Neimoidianer winkte sie unwirsch weg und bestand weiterhin auf eine privatere Umgebung.
Shahi setzte ihren Weg durch die Ansammlung der führenden Köpfe von Politik und Wirtschaft fort, immer lächelnd, immer höflich. Es war erschreckend einfach gewesen, sich in das Gebäude zu begeben. Auch wenn Droiden die Arbeit sicher viel besser und effizienter ausgeführt hätten so war es dennoch Mode, sich bei solch großen Anlässen von Humanoiden bedienen zu lassen. Sie hielt das für untrügliche Anzeichen einer noch nicht überwundenen Sklavenhaltermoral in der Republik.
Und die im Vorfeld hektische Suche nach qualifiziertem Servicepersonal erleichterte es Attentätern wie Shahi ungemein, ihren Opfern nahe zu kommen. Man brauchte nur ein paar gefälschte Ausweise und eine fiktive Adresse, schon war man mittendrin im Geschehen. Außerdem mußte Lord Sidious eine genauere Überprüfung ihrer Person unterbinden, aber das war selbstverständlich...
In einer Ecke entdeckte sie Baronesse Akchra, ihre Zielperson für den aktuellen Einsatz. Nun mußte die Sucbu nur noch herausfinden in welcher Suite die Adlige residierte, entsprechende Kameras installieren und nach Einbruch der Nacht auf Darth Maul warten. Je nachdem ob er einige Wachen beseitigen musste oder nicht konnten sie den Tod der Baronesse natürlich wirken lassen, oder aber sie inszenierten eine Hinrichtung.
Zwei Jahre waren es nun, seit sie für Lord Sidious arbeitete. Und sie war noch kaum einen Schritt bei ihren persönlichen Nachforschungen weitergekommen. Sie wußte, daß die Auslöschung ihres Ordens auf Naboo begonnen hatte, das hatte Maul ihr erzählt. Sie kannte den Namen des Jediritters, der die Aktion angeführt hatte. Aber Uta Khin hielt sich schon fast ebenso lang im Tempel verborgen wie Shahi auf Coruscant war. Und in die Machtzentrale der Jedi einzudringen war nicht im geringsten mit einem Attentat auf einer Konferenz oder der Desintegration von Fabriken zu vergleichen. Außerdem hatte sie keinerlei Hilfe von Sidious und Maul zu erwarten, das hatte man ihr bereits mehrfach gesagt.
Nachdem der Empfang geendet hatte, räumte sie noch mit einigen anderen Servicekräften zusammen auf. Ihre Kameras hatte sie alle im Laufe des Tages verteilt gehabt, sie wußte welches Quartier die Baronesse bewohnte, die Bewegungssensoren des Sicherheitssystems waren deaktiviert und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann ihr Partner auftauchen würde.
Manchmal wurden ihr die Aufträge schon fast zu langweilig, aber sie hütete sich davor, daß dies wirklich geschah. Routine war der Beginn der Nachlässigkeit – und wie Lord Sidious mit Nachlässigkeiten umging hatte sie schon öfter mitbekommen. Wenn etwas nicht nach Plan lief hatte Maul dafür zu leiden. Er sagte nie etwas – er redete sowieso nicht allzuviel – aber sie konnte deutlich spüren, welche Schmerzen er nach seinen disziplinarischen Treffen mit seinem Meister hatte. Verletzungen hatte sie nie entdeckt, zumindest keine körperlichen.
Sie meldete sich zusammen mit den anderen Servicekräften beim Manager ab und tauchte unter. Der schwierigste Teil des ganzen Tages bisher. Sich „unsichtbar" zu machen und in einen abgelegenen Gang zurückziehen. Eine unabgeschlossene Kammer diente ihr als Umkleidekabine – sie mußte diese gräßliche Uniform ablegen. Leise und vorsichtig schlich sie zurück in den Empfangssaal und versteckte sich hinter ein paar Pflanzen. Wo war Maul?
Irgendetwas war schief gegangen. Lord Sidious hatte vor Wut gekocht, als er ein paar Stunden zuvor seinen Schüler kontaktiert hatte. Von Shahi hatte er noch nichts gehört – die Kameras waren da wo sie sein sollten, das Signal gut zu empfangen und es war geplant, daß er um Mitternacht im Empfangssaal auftauchen sollte um sich mit ihr zu treffen.
Sein Meister hatte ihn eindringlich gewarnt, Shahi nicht aus den Augen zu lassen solang sie im Konferenzzentrum waren. Was hatte sie nur wieder angestellt?
Darth Maul huschte leise wie ein Schatten durch den Park und wich geschickt den Patrouillen aus. Mit Hilfe eines Seils und eines Wurfhakens gelangte er auf das Dach. Die Wachen waren zwar auf ihren Posten, aber sie entdeckten ihn nicht. Er hatte sich in die Macht gehüllt und konnte recht einfach durch einen Lüftungsschacht in das Gebäude gelangen. Er schlich sich zum Empfangssaal und suchte nach Shahi – ohne Erfolg.
Es sprach doch einiges dafür, ihr einen Peilsender einzusetzen. Auf Coruscant war sie ihm schon einige Male entwischt und erst Stunden oder Tage später wieder aufgetaucht, aber noch nie war sie während eines Auftrags verschwunden. Wenn sie sich absetzte so geschah das immer, um Informationen für ihren persönlichen Rachefeldzug zu sammeln.
Er setzte sich kurz hin und dachte nach.
‚Oh nein! Bitte laß das nicht wahr sein!', schoß es ihm durch den Kopf.
Er sprang auf und hetzte so schnell wie möglich ohne gesehen zu werden zur Suite von Senator Palpatine. Palpatine von Naboo. Auf Naboo hatten die Jedi angefangen, den Sucbu-Orden auszulöschen. Und Shahi war in den letzten Wochen ziemlich ungeduldig geworden was ihre stockenden Nachforschungen anging!
Vor der Suite angekommen brauchte er nicht lang, um den Türcode zu knacken. Er zog sich die Kapuze tief ins Gesicht und stürzte ins Zimmer – dann stockte ihm der Atem.
„Upps? Schon so spät? Ich habe nicht mal richtig angefangen...", sagte Shahi und lächelte kalt.
„W-wer ist das jetzt?", fragte der an einen Stuhl gefesselte Senator und riss die eh schon schreckensgeweiteten Augen noch mehr auf. Damit war klar, daß er nicht enttarnt werden wollte.
Darth Maul ließ die Schultern sinken und seufzte leise: „Was soll das denn jetzt? Kann man dich wirklich nicht mal ein paar Stunden allein lassen?"
„Mir war langweilig... und die Gelegenheit günstig. Willst du warten oder schon allein vorgehen?"
„Das hier ist kein Spiel. Wir haben einen Auftrag und der wird ausgeführt, sonst nichts. Jetzt laß den Senator in Frieden!"
„Nicht, bevor er mir nicht gesagt hat, was ich hören will. Also noch einmal: wer hat die Jedi auf den Sucbu-Orden aufmerksam gemacht?" Sie entsicherte den Blaster, den sie Palpatine an die Schläfe gedrückt hielt.
„Ich... ich weiß es nicht!", stammelte der Gefesselte und Darth Maul schlug ihr die Waffe aus der Hand.
„Was soll das?", fauchte sie und schlug nach dem Sith. „Er weiß es! Er hat Kontakte zu den Jedi und stammt von Naboo!" Ihre Stimme überschlug sich fast und Maul zerrte sie unsanft zur Seite.
„Viele Senatoren haben Kontakt zu den Jedi! Willst du die jetzt alle so ‚befragen'?"
„Wenn es sein muß: ja!" Sie wand sich in dem festen Griff und begann zu strampeln wie ein kleines Kind.
„König Veruna.", ließ sich Palpatine unsicher vernehmen. „Er hatte mich gebeten, ein Treffen zwischen ihm und den Meistern Windu und Yoda zu arrangieren. Worum es dabei ging habe ich nie erfahren."
Shahi hörte auf zu strampeln und Maul ließ sie los. Sie trat vor den Senator und beugte sich zu seinem Gesicht hinunter: „Danke sehr. Ich bitte Euch, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Mein Partner und ich werden Euch jetzt allein lassen. Ach, der Knebel! Wir wollen ja nicht, daß unsere Anwesenheit hier unnötig früh bekannt wird..."
Während sie ihn knebelte, tauschten Maul und sein Meister Blicke aus, die Maul auf eine weitere unangenehme Erfahrungen vorbereiteten. Seine nächste Unterredung mit Lord Sidious würde aller Wahrscheinlichkeit nach mit vielen Schmerzen für den Schüler verbunden sein.
Die Sucbu hob ihre Waffe auf und machte sich schnurstracks auf den Weg zum Quartier der Baronesse. Maul folgte ihr, holte sie aber erst vor der Zimmertür der Todgeweihten ein. „Tu so etwas nie wieder, sonst bringe ich dich um!"
Sie ignorierte ihn, knackte den Türcode und betrat die Suite der Baronesse, gefolgt von dem wütenden Sith. Wenn es darum gegangen war, Zielpersonen von Angesicht zu Angesicht zu töten hatte sie sich bisher immer gesträubt – ihr lagen mehr die anonymeren Massenvernichtungen. Diesmal aber feuerte sie ihren Blaster ohne zu zögern auf die schlafende Baronesse ab. Es gab keinen Grund mehr, einen natürlichen Tod vorzutäuschen.
„Laß uns verschwinden.", sagte sie kühl und drehte sich um.
TBC
