Kapitel V
Fluch oder Schicksal?

Über ein Jahr war vergangen und Eomer hatte alle Hoffnung aufgegeben Vandala je wieder zu sehen. Er lebte zurück gezogen und stabilisierte die Sicherheit an den Grenzen so gut er konnte. Eines Tages kam der Stallknecht ganz aufgeregt zu ihm und erzählte ihm, das der Hengst zurück gekehrt sei. Sofort ging er in den Stall und musterte das Pferd. Es war in einem guten Zustand und er striegelte es und war sehr froh, dass es zurückgekehrt war. Doch zugleich sorgte er sich darum, was mit Vandala geschehen war. Hatte er sie etwa abgeworfen und sie war nun irgendwo allein und verletzt? Doch das konnte er sich nicht vorstellen. Und so verwarf er den Gedanken daran ganz schnell, auch weil es ihn zu sehr ängstigte, es könnte ihr nicht gut gehen. Offensichtlich hatte sie ihn zurück geschickt, aber warum? War dies ihr Zeichen um ihm zu sagen, dass er sie nie wieder sehen sollte? Dies grämte ihn all zu sehr, doch was sollte er tun?

Eines Tages kam ein Bote mit einer Nachricht. Es war eine Einladung von Aragorn und Arwen, zu den Feierlichkeiten anlässlich der Geburt Ihres ersten Kindes Eldarion. Und so machte er sich auf den Weg. Dort angekommen war er glücklich sie wieder zu sehen und auch seine geliebte Schwester Eowyn und all die Anderen. Soviel hatten sie alle zusammen durchlebt und doch war ihm schwer ums Herz. So gut er konnte versuchte er dies zu verstecken.

Doch Arwen merkte, dass etwas nicht stimmte und so ging sie zu ihm. „ Was sorgt Dich Eomer? So habe ich Dich noch nie gesehen? Man erzählt sich, Du warst schwer verwundet. Ist es die Wunde die Dich sorgt? Eine Unbekannte habe Dich gerettet? Wo ist sie, damit man ihr danken kann?"

„Genau, dass ist es, was mich grämt. Ich weiß es nicht. Ich kannte sie kaum. Ich kenne eigentlich nur ihren Namen und ihre Güte und Hingabe und ..."

„Ist es Liebe von der Du sprichst? Dann musst Du daran festhalten. Du darfst nicht verzagen."

„Ihr Name ist Vandala, hast Du je von ihr gehört?"

Arwen sah Eomer erstaunt an und blickte dann zu Boden. Sie schien ganz irritiert zu sein.

„Was ist? Kennst Du sie oder weißt wo ich sie finden kann?"

Doch Arwen schüttelte nur den Kopf. „Oh entschuldige, ich denke wir sollten zurück gehen." Eomer war verwundert über diese Reaktion und es machte ihn nachdenklich. Doch jeder weitere Versuch mit Arwen darüber zu reden scheiterte. Arwen wusste um die traurige Geschichte Vandala´s. Sie entschied sich Eomer nichts davon zu erzählen, um ihn vor etwaigen Schaden zu bewahren. Und so fasste sie einen Plan.

In den folgenden Tagen wurde viel gefeiert und die Männer berieten sich über die weiteren Maßnahmen zur Sicherung der Grenzen. Eines Abends stellte Arwen Eomer die Tochter von Imrahil von Dol vor, Lothiriel. Sie war eine gescheite, wenn auch sehr schüchterne junge Frau. Vom ersten Moment an war sie in ihn verliebt. Auch er fand sie sehr nett, doch noch immer kreisten seine Gedanken um Vandala. Sie verbrachten die nächsten Tage gemeinsam und seine Sympathie für sie wuchs von Tag zu Tag. Alle meinten Eomer Mut zusprechen zu müssen und lobten ihn für seine Wahl und was für ein schönes Paar sie abgeben würden. Und so bat Eomer Imrahil nach einigen Wochen um die Hand seiner Tochter. Dieser willigte nur zu gern ein. Und so vereinbarten sie, dass Eomer Lothiriel in 3 Monaten aus dem Hause ihres Vater´s abholen solle um sie nach Edoras zu holen, damit dort die Hochzeit stattfinden solle.

Und so geschah es, dass Eomer sich zur vereinbarten Zeit auf den Weg machte, um seine zukünftige Braut abzuholen. Ihn plagten Zweifel, da er um die Gefühle Lothiriels wusste und sie nicht enttäuschen wollte. Denn seine Zuneigung zu ihr war aufrichtig, doch diese Hochzeit hatte nichts mit Liebe zu tun, nicht für ihn. Doch schien es ihm eine gute Entscheidung zu sein. Es war ein Weg aus der Einsamkeit.

Unterwegs machten er und sein Gefolge halt in Lorien. Vandala hatte bemerkt, dass sich Reiter im Wald von Lorien befanden und hatte sich versteckt. Doch als sie entdeckte wer es war, war ihre Sehnsucht zu groß. In der Nacht als alle schliefen, näherte sie sich dem Lager. Noch ein letztes Mal wollte sie ihn sehen.

Sie schlich sich an und beobachtete ihn im Schlaf. Wie friedlich er doch aussah. Plötzlich öffnete er die Augen und er wusste, er wurde beobachtet. Er stand auf um zu sehen wer dort war, alles war ruhig und alle schliefen. Vandala war erschrocken aufgesprungen und versuchte zu fliehen, doch da hatte er sie schon gesehen und rannte ihr hinterher. Bald hatte er sie auf einer Lichtung eingeholt und hielt sie fest. Der Mond tauchte die Lichtung in sein volles Licht und umspielte sie. Er sah sie an und sie erschien ihm wie ein Engel, so vollkommen und doch so verletzlich.

"Warum läufst du vor mir davon? Solange habe ich nach Dir gesucht und es verging kein Tag, an dem mein Herz nicht vor Sehnsucht nach Dir rief."

Sie traute sich nicht ihn anzusehen und blickte zu Boden und Tränen rannen ihre Wange hinab. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und zwang sie so ihn anzusehen. Und er sah soviel Verzweiflung und auch Liebe in ihren Augen, die nun strahlten wie ein Stern. Die gleichen Gefühle, die auch er in den letzten Monaten durchlitten hatte. Er strich ihr die Tränen aus dem Gesicht und küsste ihre Augenlider.

„Es darf nicht sein und es ist zu spät. Ich würde Dir nur Unglück bringen."

„Was sagst Du da, jetzt wo ich Dich gefunden habe, werde ich Dich nicht mehr gehen lassen!" Und er drückte sie an sich, glücklich sie endlich gefunden zu haben und sie einfach nur halten zu können. Und dann küsste er sie sanft.

„Deine Stimme, so oft habe ich sie in meinen Träumen gehört. Komm mit mir und lass uns all das vergessen, die Monate voller Qual und Sehnsucht."

„Verstehst Du denn nicht, es darf nicht sein. Ich würde Dein Leben zerstören. Und außerdem habe ich gehört, wie sich Deine Männer darüber unterhielten, wie wunderschön Deine zukünftige Braut ist. Es ist zu spät. Du musst mich vergessen."

„Nein ich verstehe nicht, warum sollen wir nicht zusammen sein? Wir lieben uns und es gibt noch so viel das ich erleben will und das ich erfahren will, mit Dir. Du darfst mich nicht verlassen, nicht noch einmal."

„Nun dann, werde ich Dir zeigen, warum es nicht sein darf."

Und so nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn zu den Wandbildern. Sie entzündete eine Kerze und so konnte er alles sehen.

„Verstehst du es nun?" Er sah sie an und wieder sah er diese große Traurigkeit in ihren Augen. "Dies ist eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen und sie hat nichts mit uns zu tun."

„Du verstehst es noch immer nicht. Dies ist meine Geschichte, ich bin ein Teil davon und sie darf sich nicht wiederholen, nichts davon. Um Deiner und um meiner Willen."

„Das ist nicht wahr, unsere Liebe ist stark genug um all dem zu trotzen. Komm mit mir, werde meine Frau." Er kniete sich vor sie hin und nahm ihre Hand.

Sie sah zu ihm hinunter und streichelte ihm sanft über sein Gesicht. „Mein Herz gehört Dir."

Er zog sie in seine Arme und küsste sie, erst zaghaft und dann voller Leidenschaft. Er war so glücklich sie endlich wieder gefunden zu haben, sie halten zu können, sie nah bei sich zu spüren. Sie zu berühren, die zarte Kontur ihres Gesichtes nachzuzeichnen.

Den Puls ihres Herzens zu spüren, ihren Atem auf seiner Haut. Langsam öffnete er ihr Kleid und liebkoste jede Stelle ihres Körpers. So liebten sie sich und für Beide waren es die glücklichsten Momente ihres Lebens. Als sie eingeschlafen war beobachtete er sie. Und es war wie damals am See. Da war er wieder, der Engel der in seinen Armen lag. Er fühlte sich geborgen und all seine Zweifel waren verschwunden. Und er dachte, an die Worte Arwen´s, die Liebe festzuhalten und nicht zu verzargen.

Er träumte von ihr. Sie beugte sich über ihn und streichelte sanft sein Gesicht, dabei weinte sie. „Ich verlor eine Träne im tiefen Ozean, erst wenn sie gefunden wird, werde ich aufhören Dich zu lieben." Sie nahm ihren Anhänger ab und legte ihn in seine Hand. Dann küsste sie ihn ein letztes Mal und verschwand, als ob das Licht des Mondes sie aufgesogen hätte, wie ein Lichtstrahl.

Als Eomer jedoch früh am morgen erwachte, war Vandala verschwunden und er erkannte, es war kein Traum gewesen. In seiner Hand lag ihr Anhänger. Er suchte alles ab, doch keine Spur von ihr. Seine Verzweifelung war groß, er wollte nicht wahr haben, sie für immer verloren zu haben. So ging er zurück zum Lager. Die Männer waren in heller Aufregung, da sie schon dachten, ihm sei etwas zugestoßen, doch er beruhigte sie. Er musste nun überlegen was er tun sollte. Und so machten sie sich auf den Weg. All seine Gedanken kreisten um sie.

Nach zwei Tagen kamen sie an ihrem Ziel an und Lothiriel merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Eomer war sehr zurückhaltend und hatte sie kaum eines Blickes gewürdigt, das war nicht seine Art. Er beschloss, Imrahil aufzusuchen und er wusste, er konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Er wollte seinen alten Freund nicht so verletzen und Lothiriel´s Gefühle. Und so erzählte er ihm, dass es erneut mehrere Übergriffe an den westlichen Grenzen gegeben habe und er sich zunächst darum kümmern wolle. Und er daher, darum bitte die Hochzeit zu verschieben. Imrahil stimmte dem zu und versprach seinem Freund den Aufschub.

Als Lothiriel davon erfuhr, war sie sehr betrübt, doch lies sie sich ihren Argwohn zunächst nicht anmerken. Schon am nächsten Tag wollte Eomer wieder abreisen. Am Abend gab es ein großes Essen und es wurde gefeiert. Doch Eomer wich Lothiriel immer noch aus. Er traute sich nicht ihr in die Augen zu schauen, denn er wusste, er konnte und wollte sie nicht belügen, dass hatte sie nicht verdient. Doch was sollte er tun? Er liebte sie nicht. Eine Ehe nur aus Pflichtgefühl und ohne Liebe einzugehen, das wollte er nicht. Doch genauso wenig wollte er die Hoffnung aufgeben Vandala zu finden und mir ihr glücklich zu werden, denn sie war es, die er liebte.

Am Morgen des nächsten Tages ging Lothiriel zu ihm. Sie waren allein.

„Liebst du mich?" Er erwiderte nichts. „Gibt es noch einen anderen Grund warum Du die Hochzeit verschieben willst? Was ist geschehen, ich dachte du liebst mich, auch wenn Du es nie gesagt hast?."

Und auf einmal trafen sich ihre Blicke und er sah ihre Verzweiflung.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß das du mich liebst, doch ich kann Dir keine Antwort darauf geben. Bitte gib mir Zeit."

Und so ging er.