Kapitel VI

Vandala´Geschichte

Zurückgekehrt in Edoras übermannte Eomer eine tiefe Schuld. Es belastete ihn sehr seinen Freund Imrahil belogen zu haben. Doch gegen seine Gefühle für Vandala konnte er nichts tun. Und er wollte sie auch nicht unterdrücken. Mit ihr hatte er die schönsten Momente seines Lebens geteilt und das geborgene Gefühl das er hatte, wenn sie bei ihm war, dass wollte er nicht missen. Doch jeder Versuch sie zu finden scheiterte. So vergingen endlose Monate in denen er gemeinsam mit Aragorn und Faramir für die Sicherung der Grenzen kämpfte und dabei in die entlegensten Winkel Mittelerdes reiste. Er konnte den Gedanken nicht ertragen nach Edoras zurück zu kehren und allein zu sein.

Aragorn hatte von Arwen erfahren, was Eomer bekümmerte. Und so beschloss er ihm zu helfen. „Hast Du es deshalb getan?"

„Was getan?"

„Die Hochzeit verschoben. Du liebst diese Frau. Weißt du wer sie ist?"

„Ja, dass weiß ich und es ändert nichts an meinen Gefühlen für sie. Ich denke, das wir das Schicksal lenken könnten. Es muss nicht so enden. Ich würde alles für diese Liebe tun, doch mir scheint, es ist zu spät. Sie ist verschwunden ins Nichts, aus dem sie kam. Sie ist wie eine Schattengestalt. Sie hat mir gezeigt, wofür es sich zu leben lohnt, Gefühle derer ich mir vorher nicht bewusst war. Sie ist immer um mich und doch wenn ich die Hand ausstrecke ist sie verschwunden."

„Versteh mich nicht falsch, doch wenn Du diesem Schatten weiter nachjagst, wirst Du dabei zu Grunde gehen. Es gibt eine Verantwortung derer Du Dich nicht entziehen darfst. Und das ist Dein Volk, sie vertrauen auf Dich. Zu lange hast Du für den Frieden gekämpft. Doch wenn Du dieses Ziel aus den Augen verlierst, wird alles zerstört, woran Du geglaubt hast und wofür so viele gestorben sind."

„Ich soll meine Liebe aufgeben?"

„Nicht die Liebe sollst Du aufgeben, doch es gibt für alles einen Grund. Vielleicht sollte sie Dir nur Augen öffnen."

„Das kannst Du nicht ernst meinen Aragorn!"

Eomer war verwirrt, was sollte er tun. Er vertraute Aragorn, der ihm über die Jahre ein guter Freund geworden war, doch was er sagte, verletzte ihn. Diese Entscheidung konnte er nicht treffen.

„Bist Du sicher, dass Du alles über sie weißt?"

„Wie meinst Du das, was gibt es zu wissen, was meine Gefühle zu ihr ändern sollte? Was ihr zugestoßen ist, ist vor langer Zeit geschehen."

Aragorn sah seinen Freund an und sah die Verzweiflung in seinem Gesicht.

„Nun denn, ich werde Dir die ganze Geschichte erzählen. Vertraue mir Eomer und höre mir zu, vielleicht verstehst Du mich dann. Vandala ist eine der Ältesten die nach Mittelerde kamen und es war ihre Aufgabe, die Menschen zu leiten und zu beschützen. Du musst wissen, sie gehörte zum Volk der Lichtelben und ist eine Tochter Varda´s und sie war Hüterin des Abendsterns. Es war ihr nicht bestimmt mit den Menschen zu leben. Doch sie tat es und sie liebte sie, als wären es ihre Kinder. Sie durchstreifte Mittelerde oft allein und tauchte wie ein Schatten auf und so schnell verschwand sie auch. Nie sprach sie auch nur ein Wort. Man sagt sich, dies habe sie sich selbst auferlegt, um den Rat ihrer Mutter zu befolgen. Doch manchmal verweilte sie länger an einem Ort. Und immer wieder kehrte sie an einen Ort zurück, Rohan. Sie liebte die weite Ebene und die Leute bezeichneten sie alsbald als ihre Hüterin. Und wann immer man sie sah, war man wie in einen Bann gezogen.

Und es geschah, dass sich einer Deiner Vorfahren in sie verliebte. Er war auf der Jagd und als er in der Nacht aufwachte, entdeckte er sie auf einer Waldlichtung, auf der sie tanzte im gleißenden Licht des Mondes. Vom ersten Moment an, war er in ihren Bann gezogen. Und so versuchte er sich ihr zu nähern, doch sie verschwand. Zu groß, war ihre Angst, gegen den Willen ihrer Mutter zu handeln. Eines Tages stürzte sie schwer und ihr Pferd ritt davon. Sie war allein und seltsamer Weise half Varda ihr nicht. So geschah es, dass er sie fand. Er brachte sie zu einer kleinen Hütte am Ufer des Onodlo. Er pflegte sie und von Tag zu Tag ging es ihr besser, doch sie war sehr scheu. Doch sie spürte seine Aufrichtigkeit und Hingabe und vertraute ihm. Und so verliebten sie sich ineinander. Doch Varda warnte Vandala und gebot ihr vorsichtig zu sein. Doch Vandala ignorierte diesen Ratschlag. Und so sagte sie ihm auch wer sie sei und das er der erste Mensch sei, dem sie ihr Geheimnis anvertraute. Denn nur wenn sie sich ihre Gefühle eingestand, löste sich der Bann, den sie selbst sich auferlegt hatte.

Als Morgoth seinen Schatten über Mittelerde ausweitete, gebot man ihm nach Hause zurück zu kehren, da der Krieg bevorstand. Und dies tat er, obgleich es ihm schwer fiel sie allein zurück zu lassen, doch seine Loyalität gegenüber seinem Land war stärker.

Er fiel in der Schlacht, ohne das Vandala ihm sagen konnte, dass sie ein Kind erwartete. Und so zog sie sich zurück um mit ihrem Schmerz allein zu sein. Sie flehte die Götter an, ihn ihr zurück zu bringen, doch dies geschah nicht. Ihr Kummer war groß und sie hatte jeden Funken ihres Lebenswillens aufgegeben. Doch die Götter wachten über sie und als sie dies sahen, beschlossen sie etwas zu tun, was vielleicht zu ihrem traurigen Ende führte. Sie nahmen ihr das Kind, doch sie glaubte es verloren zu haben und begab sich selbst in den Krieg.

Zunächst tötete sie nur die Feinde, doch ihre Hoffnung selbst durch die Klinge eines Feindes umzukommen erfüllte sich nicht, wie tollkühn ihre Taten auch waren. Und so schien sie bald dem Wahnsinn anheim zu fallen und erschlug in der Schlacht jene die sie doch beschützen sollte. Als sie sah, was sie getan hatte, verschwand sie. Zu groß war ihre Scham über das was geschehen war. Niemand weiß wohin sie ging oder was aus ihr geworden ist. Viele Mythen ranken sich um sie, doch man hörte nie wieder etwas von ihr. Man erzählt sich, dass sie von den Göttern bestraft wurde, ob ihrer Tat. Manche wollen ihr Weinen gehört haben, an den Ufern des Onodlo noch Jahre danach. Die Götter sollen sie bestraft haben, für das was sie tat, man sah sie nie wieder. Ich zweifle jedoch daran, ich denke alles was ihr geschah, geschah weil sie an sich selbst zweifelte, denn die Götter leiten nur, doch sie greifen nicht ein. Sie soll vor Gram und Scham gestorben sein, allein.

Ich weiß nicht, ob sie nun zurückgekehrt ist oder woher sie kam? Doch mir scheint, dies ist eine Prüfung, die sie allein bewältigen muss. Und es liegt nicht in Deiner Macht etwas zu tun. Vielleicht war es Schicksal oder nur Zufall, dass ihr Euch begegnet seid. Doch Du darfst Dich daran nicht festklammern. Sie ist fort und du musst weiterleben. Vielleicht hatte sie nur die Aufgabe Dein Leben zu retten. Ich weiß es nicht."

„Wenn dem so ist, dann glaube ich, waren es die Götter, die uns zusammen geführt haben. Es muss einen Grund geben für all das. Als ich mich auf den Weg nach Dol Amroth begab, schlug ich den Weg nach Lorien ein, ich wusste nicht warum, doch ich tat es. Ich war auf dem Weg Lothiriel, meine zukünftige Braut zu holen und meine Zweifel waren der Vernunft gewichen und der Verantwortung meinem Land gegenüber. Und dann sah ich sie wieder, in Lorien. Ich fasste neuen Mut und zugleich zweifelte ich mehr denn je, als sie verschwand."

„Was wirst Du nun tun?"

„Ich werde mein Versprechen einhalten."

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