hallo ihr zwei! es geht weiter... und zwar mit einem ganz langen Chap!
mrsgaladriel: erst ab nächsten Chap wieder... sorry
Tayet: grins naja, denk doch mal an das Verhältnis zwischen Simon und Draco in HdP
Ungeahnte Wendungen
„Professor, das können Sie nicht machen!" stieß Draco hervor und sprang von seinem Stuhl auf, „Ich brauche doch den Schulabschluss… w-wo - wo soll ich denn hingehen?"
„Darüber hätten Sie besser im Vorfeld nachdenken sollen. Ich möchte, dass Sie Hogwarts morgen früh verlassen. Wo Sie hingehen und was Sie machen ist ganz allein Ihnen überlassen.
Immerhin sind sie ein sehr talentierter junger Mann und ich verwehre keinem eine zweite Chance - wenn er darum bittet und bereit ist, gewisse Spielregeln zu befolgen. Doch im Moment ist das die einzige Möglichkeit für Sicherheit und Ruhe zu sorgen. Nehmen Sie die gewonnene Auszeit, um in Ruhe darüber nachzudenken, was Sie getan haben und was aus Ihnen später einmal werden soll."
„Aber ich…" fing Draco wieder an.
„Keine Widerrede", sagte Dumbledore, „Sehen Sie es als eine Chance."
Damit wandte er sich den anderen Slytherins zu. Das Urteil fiel bei ihnen um einiges milder aus, aber dennoch bekamen sie Strafarbeiten, die wohl ihre gesamte Freizeit der nächsten Wochen in Anspruch nehmen würden. Doch auch ohne die Strafe, würde keiner von ihnen, ohne die Führung von Draco, eine Wiederholung der Geschehnisse wagen. Dumbledore schickte die Slytherins, einschließlich Draco, in ihr Haus bevor er sich Simon widmete.
„Mr. Lestrange, Sie sollten heute Abend dringend noch mal nachsehen, ob es friedlich zugeht und werfen Sie ein Auge auf Harry, solange Mr. Malfoy noch im Haus ist."
„Im Notfall auch auf beide", versprach Simon, woraufhin Dumbledore die Sitzung auflöste.
Simon sah immer noch schlimm aus, doch schien er keine Schmerzen mehr zu erleiden, und auch der blutrünstige Ausdruck in seinen Augen war beinahe erloschen. Als sie den Wasserspeier erreichten, drehte er sich noch einmal zu Hermine um.
„Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll", sagte er verlegen, „Du hast uns beiden das Leben gerettet."
Hermine lächelte Simon an. Es wirkte müde, aber zufrieden. Sie wollte gerade ansetzen, um etwas zu erwidern, als Professor McPherson und Professor McGonagall durch den Wasserspeier traten. Die Verwandlungslehrerin warf den dreien einen strengen Blick zu.
„Hat Albus Ihnen nicht einen Auftrag erteilt?", fragte McGonagall übel gelaunt nach. Simon nickte stumm, aber nicht ohne seinen Unmut zu verbergen.
„Professor", entgegnete Simon scharf, „Seien Sie ganz beruhigt, dem werde ich gleich nachkommen, aber ich denke im Moment besteht noch keine Gefahr. … Ich weiß nicht wie viele Schüler heute den Angriff gesehen haben und wie viele von ihnen etwas über meine Identität herausgefunden…" Mehr bekam Harry nicht mit, denn Professor McPherson schickte die beiden verbliebenen Schüler mit einer geflüsterten Aufforderung in ihre Häuser.
Harry hatte es nicht sonderlich eilig den Gemeinschaftsraum zu betreten und lungerte eine Weile mit sich selbst ringend vor der steinernen Wand herum. Er hörte ein gedämpftes Murmeln auf der anderen Seite, aber es war ihm unmöglich einzelne Worte zu verstehen oder die Stimmen zuzuordnen.
„Ich würde an deiner Stelle auch nicht rein gehen". Harry schrak herum. Simon stand im Schatten des Korridors, unweit von ihm, „Draco ist ziemlich wütend."
„Das glaube ich gern", stimmte Harry ihm zu.
"Komm mit", sagt Simon und bugsierte ihn ins Zaubertranklager, "Du kannst heute Nacht hier schlafen, wenn du möchtest." Harry nickte, bedankte sich und nahm am Tisch Platz. Er war noch nicht müde, obwohl es doch recht spät war. Simon zog sich in die Gemächer zurück, nachdem er einen Kessel Wasser erhitzt hatte. Es dauerte gar nicht lange, bis er gewaschen und mit neuen Roben zurückkehrte.
Harry war überrascht, dass Simons Haut, nachdem das Blut abgewaschen war, markenlos war. Nicht einmal eine Narbe war verblieben und schweigend machte sich der Vampir am Kessel zu schaffen.
"Was hat McGonagall eigentlich gegen dich?", fing Harry an, nachdem er Simon eine Weile gelangweilt beobachtet hatte. "Ich meine, du bist doch auf Dumbledores Seite."
"Das ist es auch nicht." seufzte Simon und warf eine Hand voll brauner Kugeln in den Trank. "Sie stört sich vielmehr an der Tatsache, dass ich ein Vampir bin. Es ist zu gefährlich."
"Aber Snape..."
"Severus war harmlos", fiel ihm Simon ins Wort, „Severus hatte nie Menschenblut getrunken."
"Was macht das denn für einen Unterschied? Dafür habt ihr doch das Medaillion?"
"Schon, aber das Blut eines Menschen ist etwas ganz Besonderes. Es verleiht einem Vampir ungeahnte Kräfte und Lebensenergie, auf die man nach dem ersten Genuss nicht mehr verzichten kann, was mich unberechenbar und gefährlich macht."
"Aber..."
"Harry", sagte Simon ernst, "Das Elixier kann meinen Blutdurst nicht mehr stillen!"
"Snape besaß doch auch Menschenblut!"
„Ja, da es Bestandteil des Elixiers ist." Simon rührte den Trank mit einem Schöpflöffel um und löschte das Feuer, bevor er zu Harry an den Tisch kam.
"Als Draco den Fluch auf mich abgefeuert hatte, glaubte ich zu zerreißen", flüsterte er "Es - es war als hätte er mich ein zweites Mal getötet u-und ich ... Harry... ich spürte den Drang zu töten, als das Elixier seine Wirkung verlor. Nur gut, dass wir so nah am Wald waren." Simon erschauderte, mit glasigen Augen starrte er auf den Tisch und zog mit seinen Fingern die feinen Linien des Holzes nach. Harry erwiderte nichts. Er suchte händeringend nach tröstlichen Worten, doch er fand keine. Es wäre unpassend die gefährliche Situation herunterzuspielen, dafür wussten sie beide zu genau, was hätte passieren können.
"Hermine hätte keinen Moment später kommen dürfen", sagte Harry schließlich, "Wir hätten sie in der Bibliothek ausreden lassen sollen. S-sie hatte den Fluch gefunden und ... und ich glaube sie wollte dich warnen." Simon sah auf und nickte stumm. Er ging zum Regal, holte eine Schachtel mit getrockneten Tannenzweigen hervor und entnadelte diese, während Harry lustlos in einem Schulbuch herumblätterte, welches auf dem Tisch lag. Er war inzwischen so müde, dass er kaum noch die Augen offen halten konnte.
"Harry?", fragte Simon gequält, brach aber ab.
"Was ist?"
"Ich habe ein Problem"; sagte Simon leise, " Ich ... Mir fehlt etwas für meinen Trank..." Simon gab die zerstoßenen Tannennadeln in den Kessel. Es zischte bedrohlich und eine wohlriechende Dampfwolke entwich.
"I- Ich habe kein Blut."
"Aber...", Harry starrte Simon an und schüttelte erschrocken den Kopf
"Ich weiß... aber... ich-ich kann nicht schon wieder zu Dumbledore, damit er welches besorgt."
"Warum?"
" Er bringt mir regelmäßig etwas ... von den Muggeln in so komische Plastiktüten, aber..."
"Aber?"
"Ich konnte nicht widerstehen", Simon lächelte schwach, doch Harry regte sich nicht, sondern starrte Simon unverhohlen an. Er hatte zu lange verdrängt, dass sein Freund kein Mensch mehr war und hatte sich nie bewusst gemacht, wie gefährlich sein Gegenüber werden konnte.
"Du brauchst keine Angst zu haben", sagte Simon beruhigend, "Ich habe nicht vor dich zu beißen." Harry ließ sich von Simon erklären, wie die Gefahr eines Kontrollverlusts ausgeschaltet werden konnte. Obwohl Harry immer noch ein sehr ungutes Gefühl hatte, ging er letztendlich doch auf den Vorschlag ein.
Simon sammelte alle nötigen Utensilien zusammen, dann erhob er seinen Zauberstab und zog eine imaginäre Linie um sich herum.
"Constituo Pluteum". Eine hellblaue Wand schloss Simon gänzlich ein. "Du hast nicht viel Zeit... Beeil dich" murmelte Simon und warf Harry seinen Zauberstab zu, um eine Flucht seinerseits unmöglich zu machen. Harry griff mit zitternden Händen nach einer kleinen Flasche und entkorkte sie. Er trank einen kräftigen Schluck, bis sich sein Körper gleichmäßig taub anfühlte und nahm ein Messer in die Hand.
„Simon" Harrys Stimme zitterte ebenso wie seine Hände. Der Vampir hatte sich auf den Boden niedergelassen und fest die Augen geschlossen. Nun blinzelte er.
„Du brauchst keine Angst zu haben", sagte Simon, „Der Bannfluch ist stark genug. Nur solltest du die Wunde schließen bevor ich hier wieder raus bin."
Harry nickte. Er verfluchte sich, dass er auf den Irrsinn eingegangen war, aber schließlich wandte er sich wieder zum Tisch um. Er verspürte keinen Schmerz, wohl aber den kalten Stahl und langsam, aber stetig, begann die kleine Wunde zu bluten. Die schwarze Karaffe füllte sich rasch und als das Blut den winzigen Markierungsstrich erreichte, fuhr er mit der Zauberstabspitze über die Wunde, die sich augenblicklich schloss. Harry sah zu Simon hinunter.
„Ich bin fertig!"
„Gib das Blut in den Trank und wasch dir alles restliche Blut ab", befahl Simon. Zögernd tat er, was der ehemalige Slytherin von ihm verlangte, und befreite ihn anschließend von dem Bannfluch.
Simon wandte sich schweigend seinem Kessel zu und nickte zufrieden.
„Jetzt heißt es warten", seufzte er und gesellte sich, nachdem er eine riesige Sanduhr umgedreht hatte, zu Harry an den Tisch, „Ich danke dir… du hat echt was gut bei mir."
„Ignorierst du im nächsten Zaubertranktest meine Fehler?" entgegnete Harry mit einem müden Lächeln.
„Ich fürchte das ist nun nicht möglich", sagte Simon schmunzelnd und warf einen besorgten Blick auf die Sanduhr, „Es wird die ganze Nacht dauern bis das Elixier fertig sein wird. Vielleicht gehst du besser schlafen." Harry nickte und folgte Simon in den Nachbarraum.
„Wo soll ich schlafen?", fragte Harry nachdem er sich in dem Raum irritiert umgesehen hatte und keine zweite Schlafmöglichkeit entdecken konnte.
„Na im Bett!", erwiderte Simon, „Ich werde meiner Natur folgen und erst zu Sonnenaufgang ins Bett gehen, dann also wenn du schon längst im Unterricht sein solltest."
„Aber…"
„Keine Widerrede", ermahnte ihn Simon und zauberte rasch neue Bettwäsche aufs Bett, „Ich werde dich morgen früh wecken." Damit löschte Simon das letzte Licht in dem Raum und verschwand wieder im Zaubertranklager.
Ein fahler Lichtschein, der durch die angelehnte Tür schien, war die einzige Lichtquelle. Aber Harry machte sich nicht die Mühe seinen Zauberstab zu ziehen. Müde ließ er sich auf das Bett fallen. Es war hart, sehr viel härter als die Betten in den Schlafsälen, doch als ihn die warme Decke umhüllte, vergaß er sogar diesen Makel und sank in einen tiefen Schlaf.
# - # - #
Simon weckte ihn, wie versprochen am nächsten Morgen. Der Vampir wirkte müde, aber ganz zufrieden.
„So ich bin fertig," kommentierte Simon überflüssigerweise, als Harry den leeren und blank geputzten Kessel begutachtete, „Jetzt habe ich wieder eine Woche Ruhe, bis es von neuem losgeht. Ich habe Dumbledore schon Bescheid gegeben, dass ich heute nicht unterrichten werde, aber nachdem was gestern passiert ist, denke ich, es wäre das Beste. Die meisten Slytherins sind bereits beim Frühstück, du kannst dich also gefahrlos in dein Haus wagen."
Harry nickte, verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zum Schlafsaal. Dracos Sachen standen bereits in zwei großen Koffern am Fußende seines Bettes. Harry grinste breit und hastete, nachdem er sich fertig gemacht hatte, in die Große Halle.
Er ließ sich am Kopfende des Tisches nieder, weit genug entfernt von Draco und seinen Kumpeln. Sie waren aber dennoch gut im Blick und einen Moment später trafen seine Augen auf die kalten, gefühllosen von Draco. Sie starrten hasserfüllt zurück, bis Draco schließlich wutentbrannt die Gabel auf seinen Teller warf und den Tisch verließ.
Harrys Blick folgte dem wütenden Slytherin, bis dieser hinter der großen Eichentür verschwand und wollte sich dann seinem Essen zuwenden, als Ginny neben ihm auftauchte und ihn in eine innige Umarmung zog.
„Ich habe es gerade erst gehört", schluchzte sie und ließ sich nur schwer von ihrem erwürgenden Griff abbringen, „Es- es ist furchtbar, I-Ich meine, beinahe hätte ich dich für immer verloren."
„Ginny, beruhige dich", sagte Harry, „Mir ist nichts passiert und Malfoy ist dabei Hogwarts zu verlassen."
„Ginny, i-ich…", Harry stockte. Er wusste zwar was er sagen wollte, nämlich, dass er sie liebte, eine plötzliche Auslieferung und sein Tod nur eine der vielen Möglichkeiten waren, auf die sie sich einzustellen hatte, aber er brachte nichts davon über die Lippen. Zu erschreckend war der Gedanke in seinem Kopf, dass er schauderte. Stattdessen versuchte er ein Lächeln, doch als er merkte, dass dies nicht gelang zog er sie einfach zu sich und umarmte sie.
„Wo ist Simon?", unterbrach Hermine die beiden, „ Warum wird er heute nicht unterrichten?"
„Keine Sorge ihm geht es gut", beschwichtigte Harry, ging aber nicht weiter auf sie ein.
# - # - #
Harry sah Malfoy nicht wieder. Als er am späten Nachmittag den Schlafsaal betrat, waren die Koffer verschwunden und das Bett sorgfältig zurechtgemacht. Harry betrachtete eine Weile das leere Bett und es war etwas Befreiendes zu wissen, dass dieser Slytherin ihm nicht so schnell wieder über den Weg laufen würde. Er verharrte eine ganze Weile stumm am Fensterbrett und betrachtete die untergehende Sonne. Von hier konnte er den Rand des Verbotenen Waldes sehen, genau die Stelle, wo er und Simon gestern von den Slytherins angegriffen worden waren. Harry erbebte erneut und hastig verließ er das Slytherinhaus, um in der Bibliothek nach Hermine zu suchen.
Er wusste, was er ihr zu verdanken hatte und doch hatte er sie heute nicht einmal ernsthaft gesprochen und sich dafür bedankt. Hermine war aber nicht in der Bibliothek aufzufinden. Hastig rannte er hinunter in die Große Halle, doch ein Blick auf den Phönixhaustisch reichte aus, um zu erkennen, dass sie ebenfalls nicht dort war. Seufzend schlurfte er zu Ron, der ihn mit einem matten Lächeln begrüßte.
„Weißt du wo Hermine ist?" fragte Harry und ließ sich auf den freien Stuhl neben ihm nieder. Ron schüttelte den Kopf.
„Habe sie seit Pflege magischer Geschöpfe nicht mehr gesehen", seufzte er und schob Harry ein Pergament zu, „aber gut das du da bist, vielleicht kannst du mir das erklären. Kam heute Morgen mit der Post!"
Harry nahm das Blatt und faltete es vorsichtig auseinander. Es war ein Brief von Simon an Ron. Er schrieb:
Hallo Ron,
es ist nicht einfach diesen Brief zu schreiben, da ich sehr genau weiß, wie du zu mir stehst. Ich kann es dir nach all dem, was im letzten Schuljahr geschehen ist, auch nicht verübeln.
Dennoch muss ich dich um Hilfe bitten, so schwer es mir auch fällt, aber ich sehe im Moment keinen anderen Weg, um Harry zu helfen. Ich habe ihn noch nicht eingeweiht, denn ich möchte zunächst einige Dinge mit dir besprechen, bevor ich eine endgültige Entscheidung treffen kann.
Ich werde dich morgen nach dem Unterricht bei mir im Büro erwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Simon Lestrange
Harry überflog den Brief und legte das Pergament wieder zurück auf den Tisch.
„Simon hat selbst geschrieben, dass er mir noch nichts erklärt hat", sagte Harry, „aber ich glaube er möchte, dass du…" Harry zögerte. Der Gedanke schien zu absurd, denn er glaubte, dass Ron nie genügend Vertrauen zu Simon entwickeln könnte, setzte aber dennoch wieder an, „Ich glaube, es geht um meine Übungsstunden in Legilimentik."
„Was?" fragte Ron zurück, obwohl er doch sehr genau wusste, was Harry meinte, „Das kann er nicht von mir verlangen."
„Er wird dich sicher zu nichts zwingen, aber es gibt da ein Problem mit Theodor, weswegen das alles jetzt nicht so klappt. Es scheint wirklich ziemlich dringend zu sein… denn warum sollte Simon dich sonst anschreiben. Vielleicht denkst du noch mal darüber nach?"
„Mal gucken", seufzte Ron resigniert. Harry nickte und erhob sich.
„Vielleicht könntest du Hermine sagen, dass ich nach ihr gesucht habe und, dass ich sie dann morgen spreche", sagte er und verabschiedete sich von Ron.
Harry verließ die Große Halle in Richtung Kerker. Er war bereits auf der Treppe, als er beinahe von Hermine umgerannt wurde, die hastig die Stufen hoch eilte.
„Entschuldige", murmelte sie und wollte soeben weiter gehen, als Harry sie festhielt.
„Hermine, was…" Die Angesprochene hielt inne und starrte Harry erschrocken an.
„I-Ich…", stammelte sie, „Ich habe dich gerade nicht erkannt".
„Habe ich gemerkt", sagte Harry, „ich hatte dich gerade gesucht. Wo kommst du her?"
„Von Simon", sagte sie und senkte ihren Blick. Harry mochte ihn nicht deuten, aber das Lächeln auf ihren Lippen entging ihm nicht.
„Ich habe nach ihm gesehen, es geht ihm gut und er hat mich dann auf einen Tee eingeladen," erklärte sie rasch, „Ich bin spät dran, muss noch Hausaufgaben machen, bis morgen!"
Harry sah ihr verwundert hinterher. Zu schnell war sie verschwunden, als dass er sie noch aufhalten konnte. Irritiert schüttelte er seinen Kopf und gab den Versuch, sie zu verstehen, auf. Als er den Eingang zu Simons Gemächern passierte, überlegte er kurz, bei ihm reinzuschauen, tat es aber doch nicht und betrat den Gemeinschaftsraum.
Es war ungewohnt still. Vereinzelt saßen Schüler in den Sesseln vorm Kamin und unterhielten sich leise. Ohne die Anwesenden zu beachten schritt er weiter, doch vor dem Wandbehang zu den Schlafsälen wurde er von Claire zurückgehalten.
„Ich würde an deiner Stelle nicht in den Schlafsaal gehen", sagte sie und zog ihn vorsichtig an der Robe. Harry blieb stehen und sah zu der Erstklässlerin herunter, die den Versuch ihn in den Gemeinschaftsraum zurückzuziehen aufgab, „Es ist wegen Theo, er möchte mit Dora ungestört sein."
„Ja schön, aber ich möchte doch nur meine Schulsachen holen."
„Trotzdem", entgegnete Claire und dirigierte Harry zu den Tischen an den Fenstern, „Lange werden sie wohl nicht mehr brauchen … Spielst du eine Runde Zauberschach mit mir?" Harry überlegte kurz, aber da ihm nichts Besseres einfiel, tat er ihr den Gefallen. Es würde die Wartezeit enorm verkürzen und im Endeffekt war es doch schön zu hören, dass es zwischen den beiden wieder klappte.
„Claire!", zischte Norman sie von der Seite an, „Hatten wir nicht eine Abmachung?"
„Ja, aber die ist ja nun nicht mehr gültig, oder?" giftete das Mädchen zurück, „Du und deine großen Kumpels seid auch nicht besser, und ich kann ja wohl selbst entscheiden, mit wem ich was mache!"
„Du weißt aber wen du vor dir hast?" Das Mädchen nickte.
„Natürlich, aber das ist mir egal. „Reines Blut": was soll das schon bedeuten. Du bist nicht besser als ich und wie wir seit gestern wissen, hat selbst Draco nichts deinen Halbblütern und Schlammblütern entgegenzusetzen! Und nun verzieh dich!"
„Er steckt wohl in einer Sinnkrise", erklärte Claire, nachdem Norman gegangen war, „Ich hoffe, er hat aus gestern Abend gelernt…. Du hättest ihn mal heute Morgen sehen sollen. Er hatte regelrecht Schiss, weil wir Zaubertränke hatten - ist ja zum Glück ausgefallen - aber na ja, Mr. Lestrange könnte etwas nachtragend sein..."
Harry nickte, er bereute, dass er sich auf Claires Vorschlag eingelassen hatte, aber just in dem Moment sah er Dora, die den Gemeinschaftsraum betrat. Sie sah sich suchend um und ihr Blick blieb schließlich auf Harry haften. Mit ihren Fingern strich sie ihre Haare glatt und eilte mit schnellen Schritten zu ihm an den Tisch.
„Harry, wir treffen uns gleich in eurem Schlafsaal, wäre schön wenn du da wärst. Und lass dich von Theo nicht abschrecken. Ich glaube, er traut sich nach all dem nicht mehr in deine Nähe… Du hast ihn ganz schön angefahren. Hast du Timothy gesehen?" Harry fragte sich ernsthaft, was in sie gefahren war. Er schüttelte lediglich seinen Kopf und sie hastete zu den Drittklässlern, die vor dem Kamin saßen.
Harry sah Dora verwundert hinterher, als sie von der Gruppe Drittklässler wieder zurück in Richtung Schlafsäle ging. Obwohl er das Gefühl hatte, dass der heutige Tag nicht der Beste zu sein schien, weil sich die Dinge, die er nicht ganz verstand, anfingen sich zu häufen, raffte sich aber auf, vertröstete Claire auf später und schlurfte in den Schlafsaal.
Ihm bot sich ein seltsamer Anblick. Dora, Theodor und Timothy saßen auf dem freien Bett von Draco. Graham saß auf dem Fensterbrett und starrte geistesabwesend aus dem Fenster, während Goyle auf seinem Bett saß und zu Harrys Verwunderung, in einer Zeitschrift blätterte. Anthony saß auf dem Boden und begrüßte Harry mit einem freundlichen Lächeln.
„Schön, dass du da bist", sagte er und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er sich setzen sollte. Harry war immer noch skeptisch, schloss aber dennoch die Tür und lehnte sich scheinbar lässig an die Wand.
„Wir haben nur noch vier Tage bis zu unserem nächsten Quidditchspiel", fing Anthony ernst an, „Ich hoffe du bist trotz alledem, was in letzter Zeit passiert ist, bereit den frei gewordenen Posten als Sucher zu übernehmen. Ansonsten hätten wir nämlich ein ernstzunehmendes Problem."
Harry starrte Anthony ungläubig an und nun verstand er auch die ungewöhnliche Kombination der Anwesenden.
Quidditch hatte ihn im letzten halben Jahr überhaupt nicht mehr interessiert und er war, seit seinem Rauswurf aus der Mannschaft, nur noch selten bei den Spielen. Bis auf eines hatte er keines seiner Hausmannschaft mehr gesehen.
„Harry bitte", schaltete sich Dora ungeduldig ein, „Wir liegen an dritter Stelle. Du bist unsere einzige Chance, Ravenclaw und Gryffindor zum Ende der Saison noch zu schlagen."
Harry schritt langsam zu seinem Bett. Er konnte es noch nicht ganz fassen, dass er tatsächlich noch einmal ein Quidditchspiel bestreiten sollte und obwohl er sich seinem Haus nicht zugehörig fühlte, sagte er zögernd zu. Er würde fliegen und das Spiel auch gewinnen wollen, aber nicht wegen dem Haus, sondern lediglich um Quidditch zu spielen.
„OK, wir haben wenig Zeit zum Üben", überlegte Anthony laut, der wohl den Kapitän übernommen hatte, „Aber morgen Nachmittag ab fünf gehört das Feld uns."
„Gryffindor ist stark", warf Theodor ein, „Harry wieder einzuarbeiten ist keine Sache von drei Stunden, und denkt auch mal an das Desaster vom letzten Jahr."
„Harry war letztes Jahr spitze und dass, obwohl er ein Jahr nicht auf dem Besen gesessen hatte."
„Ja, schon, aber was ist mit seiner Freundin?" fragte Graham, „Er wird sie gewinnen lassen."
Harrys Gedanken überschlugen sich, aber ihm wollte nichts zu seiner Verteidigung einfallen und so falsch lag Graham sicher nicht. Ein Spiel gegen Ginny zu bestreiten war anders als jedes x-beliebige andere Quidditchspiel.
„Wir müssen es wagen!" verteidigte Dora ihn, „ Er ist unsere einzige Chance… Wir haben keine Wahl."
„Harry, versprichst du, dass du wirklich um den Sieg kämpfen wirst?" fragte Anthony und sah Harry ernst an.
Harry zögerte mit seiner Antwort. Er konnte detailliert, in jeder einzelnen Faser seines Körpers nachvollziehen, wie es ihm damals vor dem Spiel ergangen war. Er könnte diesmal nicht kneifen. Andererseits waren Ginny und er nun schon so lange zusammen und hatten viele schwierige Situationen gemeistert, dass sie wohl ohne Probleme gegeneinander spielen konnten. „Es ist doch nur ein Spiel, mehr nicht", beruhigte er seine Gedanken. Er schluckte, aber nickte schließlich zögernd.
Was nun folgte, fand Harry gähnend langweilig, aber er hörte sich in aller Seelenruhe an, welche Strategie Anthony gegen Gryffindor bevorzugte und wie alles im Idealfall auszusehen hatte. Erst sehr viel später setzte er sich an seine Hausaufgaben und brauchte einen Großteil der Nacht und die geforderten Aufsätze in Verwandlung und Zaubertränke zu beenden.
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Das Training am nächsten Abend war wirklich einzigartig. Harry saß wieder auf einem Besen und es war ein unbeschreibliches Gefühl. Er drehte seine Runden und fing den Schnatz mehrere Male ohne Probleme. Es war, als hätte er erst gestern sein letztes Spiel bestritten, aber vielleicht war Quidditch etwas was man einfach nicht verlernen konnte.
Harry hatte niemanden erzählt, dass er wieder spielen würde. Es war eine Absprache im Team, dass sie es bis Samstag geheim halten wollten. Schon gar nicht sollte diese Informationen nach Gryffindor gelangen, was Harry in einen ziemlichen Zwiespalt drängte. Er fand es Ginny gegenüber nicht fair ihr diese, doch sehr wichtige Tatsache, zu verschweigen und er wusste, sie würde irgendwann aus reiner Neugierde fragen, ob er mitbekommen hätte, welcher Slytherin ihr direkter Gegner im Spiel sein würde. Er wusste nicht, ob er in dieser Situation in der Lage wäre ihr eine Lüge aufzutischen. Doch noch hatte sie nicht danach gefragt, was ihm auch ganz recht war.
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Harrys Nervosität stieg je näher das Spiel rückte, doch der Schulstress ließ lies ein Gedankenabschweifen nicht zu. Außerdem beschäftigte ihn vielmehr, was Simon von Ron wollte und so hastete er wie jeden Donnerstag nach dem Abendbrot hinunter in die Kerker. Der Klassenraum war leer und auch das Zaubertranklager wirkte auf den ersten Blick verwaist.
„Hallo Harry, so früh schon?", Der Angesprochene fuhr erschrocken zusammen, als Simon ganz plötzlich zwischen den Regalreihen hervortrat.
„Was heißt früh?", fragte Harry und sah prüfend zu der Uhr über dem Kamin.
„Ich hatte wohl vergessen dir zu sagen, dass Ron erst später kommen kann", seufzte Simon, zuckte mit den Achseln und wies Harry an sich zu setzen, „Er hat noch Quidditchtraining."
„Ron hat zugesagt?"
„Er musste einsehen wie dringend diese Sache ist, er hatte schließlich keine Wahl."
„Ach!" Harry hob ungläubig die Augenbrauen.
„Harry! Was ich dir bereits schon beim letzten Mal sagen wollte, bevor Draco und die anderen uns Unfreundlicherweise unterbrochen haben, ist, dass uns die Zeit davon läuft. Wir wissen, dass der dunkle Lord geplant hat mit Hilfe der Vampire Hogwarts zu finden und infolgedessen zu überfallen, aber wir wissen nicht wann. Inzwischen wissen wir auch, dass er Draco beauftragt hat uns beide auf einen anderen Weg aus Hogwarts zu bekommen und ich fürchte, dass er von unseren Legilimentikstunden erfahren hat
Bisher war ich des Nachts regelmäßig draußen, um eventuell einen fremden Vampir wittern zu können, aber noch ist keiner nah genug. Ich bin eigentlich auch noch zu jung, um sie auf große Distanzen wahrzunehmen."
„Hast du das Dumbledore gesagt?"
„Natürlich", seufzte Simon, „Aber man kann Hogwarts nicht ohne weiteres schließen und die Schüler nach Hause schicken."
„Ihr habt aber doch sicher einen Notfallplan, oder?", fragte Harry vorsichtig nach.
„Klar, aber das Sicherste wäre trotzdem, die Pläne mit Hilfe der Legilimentik zu erforschen, dann wären wir genauesten vorgewarnt."
Harry wollte gerade widersprechen, als die Tür aufgerissen wurde und Ron den Raum betrat. Er war völlig aus der Puste und trug noch immer seine Quidditchkleidung.
„Entschuldigt" jappte er, sah von einem zum anderen und trat schließlich näher an den Tisch. Simon nickte lächelnd und wies ihm den freien Stuhl neben Harry zu.
„Hallo Ron, schön das du da bist", begrüßte Simon ihn freundlich und wandte sich wieder zu Harry, „aber dennoch dürfen wir nichts überstürzen. Es ist nicht gerade ungefährlich, wie du sicher schon weißt, denn jetzt kommen wir zu dem schwierigsten Teil der Legilimentik. - Das Beeinflussen von fremden Gedanken." Harry schluckte und warf Ron einen unsicheren Blick zu, den der Phönixhausschüler mit eben denselben Gefühlen erwiderte.
„Davon war aber nicht die Rede", sagte Ron blass, „Es geht doch nur darum, dass Harry lernt die Gedanken zu lesen, oder?"
„Ron, ich weiß, dass das unser Ziel ist", seufzte Simon, „Aber glaube mir, die Beeinflussung spielt dabei eine große Rolle. Harry muss lernen an die gewünschten Informationen heranzukommen und in den nächsten Stunden wird sich leider auch zeigen, wie stark Harrys Legilimentik in Wirklichkeit ist." Harry erschauderte. Er wusste, dass es nicht einfach sein würde, aber Simon hatte bereits erwähnt, dass es einen Punkt gab, an dem seine Gabe ausgeschöpft war und je früher er kam, umso geringer waren ihre Aussichten auf Erfolg.
„Was soll ich tun?", fragte Ron und versuchte seinen Unmut zu verbergen.
„Das wirst du gleich erfahren", sagte Simon und wies die beiden an sich gegenüber zu setzen, „Wir fangen mit der wörtlich, gedanklichen Legilimentik an, der Schritt zur visuellen ist dann nicht mehr sehr schwer."
„Kannst du dich auch klarer ausdrücken", fuhr Ron Simon an.
„Die erstere bezieht sich auf den gedanklichen Austausch von Wörtern... sozusagen ein gedachtes Gespräch, das zweite bezieht sich auf das Projizieren von Bildern und Visionen, aber dazu kommen wir später." Simon drückte Ron einen Zettel in die Hand und sah ihn eindringlich an. Harry glaubte, dass Simon ihm etwas erklärte, denn dieser nickte und faltete das Pergament auseinander.
„So Harry, du solltest jetzt erst mal alle Legilimentikgespräche zwischen uns beiden vergessen, denn wie du sehr bald merken wirst, kam bei ihnen zumeist meine Legilimentik zum tragen. Versuch als Erstes einen Weg in Rons Gedanken zu finden, vielleicht findest du das, worüber er gerade nachdenkt." Harry nickte und sein Blick fixierten die blaugrauen Augen seines Gegenübers. Er konnte erkennen, dass Ron verunsichert war und ganz klar über etwas nachdachte. Harry schloss für einen Moment die Augen um sich zu sammeln, dann fixierte er Rons Augen von neuem.
„Verschiedene Bilder huschten vorbei. Harry sah ein Bild von der Abschlussklausur der ZAG´s, dann war kurz ein Bild aus einem Zaubertrankklassenraum zu erkennen, eine typische Unterrichtssituation, und schließlich erschien Hermine, die Ron etwas erklärte." Harry brach den Blickkontakt ab und sah nun zu Simon, der die beiden interessiert beobachtet hatte.
„Du bist schon auf den richtigen Weg", sagte er lächelnd, „versuch dich aber nicht nur auf die vorbeiziehenden Bilder zu konzentrieren, sondern auf das, was diese Bilder erzeugt." Harry starrte Simon unverständlich an und schließlich seufzte Simon und setzte zu einer Erklärung an, „Es hat einen Grund, warum diese Erinnerungen auftauchen. … Ich habe Ron eine Aufgabe gestellt, die er versucht zu lösen. Der einfachste Weg wäre eine direkte Frage zu stellen, aber das ist nicht die Aufgabe."
Harry nickte und konzentrierte sich wieder auf Ron. Er ignorierte beim zweiten Versuch die vorbeihuschenden Bilder und nach wenigen Augenblicken erkannte er eines, welches sich kaum rührte. Harry fixierte dies und es wurde schärfer.
Er sah einen Zettel auf dem das Rezept eines Zaubertranks niedergeschrieben war, Harry überflog es und untendrunter fand er eine Zeile, die Simon mit der Hand hinzugefügt hatte.
„Was zum Teufel soll an diesem Rezept nicht stimmen? Kohl, getrocknete Schlangenhaut, Atropin…Ich weiß ja nicht einmal, was das für ein Trank sein soll!" Harry war sich nicht sicher, ob er wirklich diese Stimme hörte, doch er glaubte, dass es die von Ron war. „Warum tue ich das hier eigentlich", wisperte die Stimme weiter, „Ich hätte mich nicht darauf einlassen sollen. Das ist Irrsinn, wie kann man diesem Vampir nur trauen?"
„Ron bitte, beruhige dich, du hast Simon doch gehört, Es ist wirklich wichtig." Ron schrak zusammen und unterbrach den Blickkontakt
„Das war doch gar nicht so schlecht", sagte Simon lächelnd.
„Wo kam denn plötzlich die Stimme her?", fragte Harry.
„Jeder Mensch fasst einen großen Teil seiner Gedanken in Worte, auch wenn er sie nicht ausspricht", fing Simon nach kurzem Überlegen an, „Manchmal sind diese Gedanken zu abstrakt, um sie überhaupt wahrzunehmen. Deshalb hat Ron diese Aufgabe bekommen, denn gerade beim konkreten Nachdenken ist diese Stimme am deutlichsten zu verstehen… fast wie beim lauten Denken. Ich hätte ihm allerdings auch einen Text zum Lesen geben können."
„Und was hat das mit Beeinflussen zu tun?" fragte Ron genervt nach.
„Versucht es noch einmal, Ron du konzentrierst dich bitte wieder auf die Aufgabe. Ich bin sicher, dass Harry dir helfen kann, sie zu lösen." Harry nickte und versuchte sich wieder auf Rons Gedanken zu konzentrieren.
„Wenn das wahr sein sollte", hörte Harry Rons ärgerliche Stimme, „dann bekommen wir gerade eine narrensichere Anleitung, wie man am besten bei Prüfungen schummelt." Ron senkte seinen Blick etwas und starrte ein weiteres Mal auf das Pergament. Das Bild, in welchem das Rezept zu sehen war, erschien wieder im Vordergrund von Rons Gedanken, so dass Harry nochmals einen Blick darauf werfen konnte. Simons Notiz unter den Zettel lautete: "In diesem Rezept befinden sich mehrere kleine Fehler und eine der Zutaten ist gänzlich falsch, welche ist es?"
„Dazu müsste ich erst mal wissen, was für ein verfluchter Trank das sein soll", grummelte Rons Stimme und Harry sah mehrere Rezepte, die durch Rons Gedanken schwirrten: Fortunatrank, Vielsafttrank, verschiedene Heiltränke, Gedächtnisschärfungstrank und so weiter. Jedes verschwand so schnell wie es gekommen war, aber jedes versuchte sich mit dem vorliegenden zu vergleichen. Als Ron anfing sämtliche Pergamente mit Hausaufgaben abzugleichen, wandte Harry sich der Vorlage zu. Kohl, getrocknete Schlangenhaut (gemörsert), Atropin, …
„Ron, du wirst es nicht finden", intervenierte Harry und sämtliche Bücher und Pergamente, die durch Rons Gedanken geschwirrt waren, verschwanden augenblicklich tief im inneren von Rons Gedanken- und Erinnerungswelt.
„Das ist ein Verwirrungstrank." Das Schuljahr des 7. Schuljahres erschien im Vordergrund.
„Den hatten wir aber doch noch gar nicht", sagte Rons Stimme, als seine Gedanken demonstrativ das unvollständige und bruchstückhafte Inhaltsverzeichnis des Buches durchging.
„Vielleicht nicht im Grundkurs", beschwichtigte Harry den Phönixhausschüler, „Wir haben ihn letztes Jahr bei Peony durchgenommen."
„Simon wusste, dass ich die Antwort nicht kenne, so ein…"
„Ron!", ermahnte Harry, doch dieser hörte nicht und unterbrach den Blickkontakt
„Findest du es etwa lustig, mich hier bloßzustellen", fuhr er Simon wütend an.
„Das war nicht meine Absicht", sagte Simon entschuldigend, „Es geht hier ja nicht um die Aufgabe, sondern um den Austausch zwischen euch."
„Es ist das Atropin", sagte Harry ganz leise und empfing von Simon ein erfreutes Lächeln.
„Euer Gespräch war erstaunlich gut… Ich hatte größere Probleme befürchtet."
„So schwer ist das nun auch nicht", sagte Harry, „nachdem du so ein Theater darum gemacht hast."
„Tja, du überrascht mich halt immer wieder", sagte Simon, „Ich fürchtete, dass du größere Probleme beim Finden der inneren Stimme haben würdest, ich denke die Grundregeln hast du zumindest verstanden." Simon sah auf die Uhr, „Hast du noch genügend Energie für eine zweite Aufgabe?" Harry nickte. Es war noch nicht sonderlich spät und er wollte sicher gehen, dass er diesen Teil richtig beherrschte.
„Diesmal möchte ich", fing Simon zögernd an, „dass du Ron eine Frage stellst. Es muss nichts großes sein, vielleicht eine, die man mit wenigen Worten beantworten kann."
Harry nickte, dachte einen Moment über eine Frage nach, dann wandte er sich Ron zu. Die blaugrauen Augen sahen ihn an, doch Harry fand keinen Weg in Rons Gedankenwelt.
„Wie sieht der Schlafsaal im Phönixhaus aus?" Harrys Gedanken hatten die Frage klar und deutlich ausformuliert und Ron schien sie verstanden zu haben, denn der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich kaum merklich, doch die dahinter liegenden Gedanken und Rons innere Stimme blieben ihm weiterhin verborgen.
„Harry, bitte konzentrier dich", hörte er Simons ermahnende Stimme, „Du musst schon in seine Gedanken eindringen, um Rons Stimme zu hören, sonst bringt das Fragen keinen Sinn." Der Slytherin nickte, unterbrach den Blickkontakt und sammelte noch einmal all seine Energie, fand eine Tür und stellte ein zweites Mal die Frage.
Ein Bild tauchte aus den Tiefen von Rons Unterbewusstsein hervor und zeigte Harry einen Raum, mit großen Himmelbetten aus hellem Kiefernholz und blaugrauen Bezügen. Neben jedem Bett standen ein Schreibtisch und ein Stuhl. Der von Ron war über und über bepackt mit unordentlich übereinander gestapelten Büchern und Pergamenten. Über seinem Bett hing noch immer ein Poster in überwiegend orange-rot und zeigte Rons Lieblingsquidditchmannschaft. Harry sah sich staunend um und als sein Blick zur Decke des Raumes glitt, stockte ihm der Atem. Sie war bemalt und zeigte einen Phönix in leuchtenden Farben, der gut sichtbar von dem hellen blau der übrigen Decke heraus stach.
Das Bild verblasste langsam wieder und Harry zwang sich es zu verlassen. Immer noch entzückt von der Schönheit und Größe des Raumes, sah er ihm eine Weile nach, bevor er von sich aus den Blickkontakt abbrach.
„Hast du Rons Stimme gehört?" fragte Simon, obwohl Harry sich sicher war, dass er die Antwort bereits kannte.
„Nein", gestand Harry, „Ich weiß, es war wohl nicht ganz das gewünschte Resultat, aber ich habe doch eine Antwort bekommen, oder?"
„Ja, schon", seufzte Simon, „Aber du solltest dich das nächste Mal mehr an dem gesprochenen Wort orientieren, zumindest wenn es um Dinge geht, die in der Zukunft liegen, wird das mit dem bildlichen etwas schwierig … Könnt ihr morgen Abend noch einmal kommen?" Harry und Ron sagten zu und wenig später verließen sie das Zaubertranklager.
„Das ist ganz schön unheimlich, was ihr beide da gerade macht", kommentierte Ron die Stunde, „Einfach so in fremden Gedanken herumspionieren."
„Es ist alles für ne gute Sache, … also bis Morgen", sagte Harry und rannte gut gelaunt in den Gemeinschaftsraum. Er hatte geschafft, was Simon für schwierig hielt und es würde sicher nicht mehr lange dauern, bis Simon ihn an schwierigere Sachen ranließ und dann, irgendwann, würde er Voldemorts Pläne kennen. Harry verkniff sich ein Grinsen und ließ sich zufrieden auf einen Sessel vor dem Kamin nieder.
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