Sie stieg ins Boot, wobei ihre Röcke sich als unerwartetes Hindernis erwiesen, und kämpfte, um es hinaus auf den See und in die richtige Richtung zu bringen. Nur ihre unzähligen Jahre eingedrillte Disziplin ermöglichten es ihr, ihre schaurige Umgebung zu ignorieren und sich völlig auf das zu konzentrieren, was zur Zeit am wichtigsten war: Eriks Grotte zu erreichen, bevor der Vicomte es tat. Denn sie wagte nicht einmal, sich vorzustellen, was geschehen würde, sollte sie versagen. Die Konsequenzen wären mit Sicherheit fatal – für die eine oder die andere Seite.
Sie wusste nicht, was sie von Erik erwartete, nachdem er ihre Warnung erhalten hatte. Sie wusste nicht einmal, ob sie erwartete, dass er überhaupt etwas tat.
Und doch war sie sich sicher, dass es von größter Wichtigkeit war, dass sie ihn warnte. Sie war einer der wenigen Menschen, denen er vertraute, und vielleicht die einzige, die er jemals um Rat fragte, was allerdings so gut wie nie vorkam.
Es wäre sogar besser für den Jungen, wenn Erik auf seine Ankunft vorbereitet war, besser jedenfalls, als über die überraschte Wut eines Operngeistes zu stolpern, der sich in Sicherheit geglaubt hatte.
Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als sie bemerkte, wie weit sie den See bereits überquert hatte. Und wirklich, sie hörte bereits die ferne, lockende Stimme der Sirene. Wohl bekannt mit Eriks Liebe für das Herumspielen mit Fallen, ließ sie sich nicht darauf ein, sich von dem zauberhaften Klang ablenken zu lassen. Stattdessen hielt sie Ausschau nach verborgenen Strömungen und unerwarteten Felsen.
Sie konnte sich nicht erwehren, vor Erleichterung zu seufzen, als sie das beruhigende Knirschen von Sand unter dem Kiel hörte und bemühte sich gar nicht erst, ihre Freude über den festen Boden unter ihren Füßen zu verbergen, als sie endlich ans Ufer kletterte.
