Kapitel 2: Erste Erfolge
Your dark eyes
Hide dark lies
Als jemand ihr die Hand auf die Schulter legte, riss Hermine erschrocken den Kopf hoch und sah sich desorientiert um. Harry stand neben ihr und warf einen Blick über ihre Schulter. "Bist du schon wieder über den Hausaufgaben eingeschlafen?"
Sie beeilte sich, das Buch zuzuklappen und antwortete ihm, dass sie nur etwas müde war. In Wahrheit beschäftigte sie sich seit fast drei Wochen mit nichts als Snapes Zaubertrank, von den Hausaufgaben mal abgesehen. Zweimal hatten sie seit dem ersten erfolglosen Versuch mit der Ratte leicht modifizierte Varianten ausprobiert, aber das Ergebnis war jedes Mal dasselbe gewesen. Hermine spürte auch, wenn sie sich das Rezept durchlas, dass noch etwas fehlte. Es war unausgewogen. Es gab kein geeignetes Gegengewicht für das Drachenblut, aber die Erkenntnis allein reichte nicht aus. Sie wusste nicht, wie sie das Gleichgewicht wieder herstellen sollte und Snape war auch offensichtlich relativ ratlos. Jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag (das waren die Tage, an denen Hermine nicht so lange Unterricht und daher Zeit dafür hatte) saßen sie zusammen in seinem Büro über den Büchern und überlegten gemeinsam, wie man den Trank vervollständigen könnte. Seltsamerweise kam sie sogar relativ gut mit ihm aus, obwohl sich an seiner fiesen Art nichts geändert hatte. Auf unpassende oder aus seiner Sicht "dumme" Fragen reagierte er gereizt oder sogar beleidigend, aber mit der Zeit gewöhnte sie sich an, seine bissigen Bemerkungen so gut es ging zu ignorieren.
"Komm, du solltest dich lieber mal ein bisschen ausruhen, Hermine", sagte Harry und warf einen misstrauischen Blick auf ihre Notizen. Sofort packte sie sie weg. Vielleicht hatte er sogar Recht. Etwas Ruhe konnte nicht schaden, deshalb ließ sie sich von ihm aus der Bibliothek bringen. Aber das Schlafen fiel ihr generell schwer in letzter Zeit. An den Briefen von zu Hause merkte sie, dass sich an den finanziellen Schwierigkeiten nichts geändert hatte. Langsam machte sie sich wirklich Sorgen und das hielt sie nachts wach. Sie hatte beschlossen, in den Ferien nach Hause zu fahren und endlich nachzufragen. Alles war besser als die Ungewissheit.
"Über eine Viertelstunde", sagte Snape düster. "Der Trank hat wieder nicht gewirkt."
Enttäuscht und erschöpft ließ Hermine den Kopf auf die Tischplatte sinken. "Das kann doch nicht sein. Irgendwas machen wir falsch."
Er verzog das Gesicht. "Was Sie nicht sagen."
Sie starrte erbost auf das lateinische Buch. "Ich verstehe nicht, wieso Septimus ein Rezept notiert, das schlichtweg falsch ist!"
"Vielleicht habe ich irgendwas übersehen", gab Snape zu bedenken. "Ich sehe das wie Sie, es macht keinen Sinn, dass ein großer Magier wie er ein nutzloses Rezept veröffentlicht hat."
Müde starrte sie sein Notizbuch an. Inzwischen hatte die Rezeptur, die sie gemeinsam erstellt hatten, kaum noch Ähnlichkeit mit der von Septimus. "Vielleicht sollten wir noch mal versuchen, uns genau an sein Rezept zu halten. Er muss sich dabei ja schließlich auch was gedacht haben."
"Das habe ich schon versucht. Das Ergebnis ist genau dasselbe wie unseres. Die Ratten sterben… nur wachen sie nicht mehr auf."
"Warum versuchen Sie es eigentlich nicht anders? Ich weiß ja nicht, wofür Sie den Trank brauchen, aber könnte man nicht anders… äh… sterben und dann einfach einen Trank brauen der einen wieder zum Leben erweckt?"
Als sie ihn ansah merkte sie, dass sie mal wieder eine sehr dumme Frage gestellt hatte. "Miss Granger, es gibt keinen Trank, der Tote zum Leben erweckt."
"Was ist mit Phönixtränen?", murmelte sie.
"Phönixtränen können auch keine Toten zum Leben erwecken. Sie können nur Todgeweihten helfen."
"Es ist wie es ist, wir nehmen zu viel Drachenblut", sagte sie. "Wir sollten erstmal die Möglichkeit ausschließen, dass Septimus' Rezept doch korrekt ist. Lesen Sie es mir noch mal vor. Bitte."
Er wirkte nicht sonderlich begeistert, trotzdem stellte er sich neben sie an den Schreibtisch und übersetzte die lateinischen Worte. Sie versuchte, sich zu konzentrieren, während er die Zutaten vorlas. "Langsamer, bitte", sagte sie müde.
"Ich werde Ihnen bis zum nächsten Mal den Text schriftlich übersetzen", sagte er ungehalten. "Da Sie es ja offensichtlich nicht schaffen, ihn im Kopf zu behalten."
Sie nickte bloß und deutete dann auf den Text unter der Liste. "Und das hier?"
"Das sind nur Warnungen", erwiderte er. Trotzdem las er: "Worte werden das Gewünschte offenbaren. Aber seid gewarnt vor den Konsequenzen. Die Toten zu neuem Leben zu erwecken birgt Gefahren, die nicht abzusehen ist. Wer du auch bist, Magier, der du meine Worte jetzt liest, verwende den Trank verantwortungsvoll. Vergiss nicht das Feuer, um den Toten zurück ins Leben zu führen. Die Dosierung…"
"Das Feuer…?", unterbrach sie ihn verwundert und zwickte sich unauffällig in den Arm, um wieder einigermaßen wach zu werden. Es war weit nach Mitternacht und sie konnte sich kaum noch konzentrieren. "Was meint er damit?"
"Pompöse Worte, um die Leute zu beeindrucken, nehme ich an", antwortete Snape knapp. "Ich dachte, Sie hätten Septimus' Texte gelesen? Er schmückt sogar seine Rezepte gegen Hühneraugen mit so was aus."
"Und wenn es ein Hinweis ist? Noch eine Zutat?"
"Was sollte das sein? Feuer ist keine Zutat."
Sie starrte den Text an. "Welches Wort steht für Feuer?"
"Ignis…", sagte er ungeduldig.
"Gibt es nicht vielleicht eine Zutat, die irgendwie so heißt? Eine Pflanze vielleicht?"
Er hielt inne. Nachdenklich starrte er auf das Buch und sagte schließlich: "Es gibt eine Blume… Feuerblume… aber das ist wirklich sehr weit hergeholt."
Hermine sah zu ihm auf, plötzlich wieder hellwach. "Nein, ist es nicht! Natürlich! Das ist das neutrale Element!"
Aus dunklen Augen sah er sie an, so als könnte er nicht fassen, dass sie gerade etwas wirklich Nützliches gesagt hatte. Dann drehte er sich um, ging rüber zum Regal und suchte. Er fand wohl die gesuchte Zutat denn er murmelte: "Das muss ich ausprobieren."
Lächelnd beobachtete Hermine, wie er eilig den Kessel leerte und dann von vorne anfing, diesmal genau nach dem Rezept von Septimus. Sie war zu müde, um ihm zu helfen, und er schien ihre Hilfe auch nicht zu brauchen. Sie beobachtete, wie er konzentriert in dem Trank herumrührte und mit unfassbarer Genauigkeit die angegebenen Dosierungen einhielt. Sie merkte zum ersten Mal, dass er gar nicht mehr griesgrämig und fies aussah, wenn er so konzentriert war.
Sie stützte ihren Kopf mit einem Arm ab und merkte kaum, wie ihr die Augen zu fielen.
"Miss Granger." Es fühlte sich an, als hätte sie gerade erst die Augen zugemacht, als sie seine Stimme hörte. "Miss Granger, wachen Sie auf."
Mühsam öffnete sie die Augen und merkte, dass sie mit dem Kopf auf dem alten Buch lag. Sofort schreckte sie hoch und erwartete eine Strafpredigt von Snape. Aber er stand neben ihr und schaute sie bloß mit einem Ausdruck im Gesicht an, den sie so nicht kannte. "Entschuldigung…", murmelte sie. "Ich bin… eingeschlafen…"
"Das sehe ich. Kommen Sie, sehen Sie sich den Trank an."
"Oh!" Sie sprang auf und dabei rutschte ihr etwas von den Schultern. Sie sah, dass es sein Umhang war. Okay, das war unheimlich. Sie sah ihn mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Misstrauen an, aber er ignorierte den Blick und ging rüber zum Kessel. Sie folgte ihm und als sie hineinsah, traute sie ihren Augen nicht. "Blutrot…", flüsterte sie.
Er nickte und seine Stimme klang außergewöhnlich sanft, als er erwiderte: "Sie hatten recht. Es war ein Hinweis. Nachdem ich eine getrocknete Feuerblume hinzugegeben habe, hat der Trank sich blutrot gefärbt. Das halte ich für ein gutes Zeichen."
"Meine Güte, Wahnsinn!", hauchte sie. "Hat es… funktioniert? Haben Sie ihn schon getestet?"
"Ja. Das Ergebnis ist dasselbe wie immer." Enttäuscht verzog sie das Gesicht, aber er sagte: "Ich glaube, wir sind ein großes Stück weitergekommen. Und das ist Ihr Verdienst." Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Hermine war sich nicht sicher, aber sie glaubte, so etwas wie Stolz darin erkennen zu können. Sofort spürte sie, wie sie rot wurde und senkte den Kopf. Snape war stolz auf sie? So ein Blödsinn. "Sie sollten jetzt ins Bett gehen, Miss Granger. Es ist spät geworden."
"Ja. Ja mach ich. Bis Donnerstag, Professor Snape. Gute Nacht." Fast fluchtartig verließ sie sein Büro und draußen blieb sie erstmal stehen und atmete einmal tief ein. Sie fühlte sich, als hätte sie eine Todsünde begangen. Und das nur, weil ihr für den Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf gegangen war, dass Snape vielleicht gar nicht so fies war. Ron jedenfalls hätte sie sofort einsperren lassen, wenn sie so etwas laut gesagt hätte.
"Ich bleibe dabei, ich halte es für klüger, sich an das Originalrezept zu halten." Hermine starrte die Übersetzung des Textes an, die Snape ihr gegeben hatte. Inzwischen konnte sie die Worte wirklich auswendig, nur leider half das auch nichts. Seitdem sie es geschafft hatten, den Trank blutrot zu färben, war es nun fast zwei Wochen her, beziehungsweise fünf tote Ratten (Hermine hatte zu ihrem Schrecken festgestellt, dass sie langsam durchdrehte und die fehlgeschlagenen Versuche in toten Ratten zählte). Bisher hatten sie keine weiteren Fortschritte erzielt und Snape wurde mit jedem Versuch missmutiger. Gerade hatten sie wieder eine arme Ratte ins Jenseits geschickt und er wanderte jetzt frustriert im Zimmer auf und ab. Das machte er oft, wenn er nachdachte, hatte sie festgestellt, aber Hermine machte es eher nervös. Seine Laune war mal wieder an einem Tiefpunkt angelangt und dann war er ungefähr so reizbar wie nach einem Zusammentreffen mit Harry.
"Fünf Versuche, Miss Granger! Langsam sollten sogar Sie begreifen, dass das Rezept unvollständig ist", blaffte Snape und starrte die tote Ratte böse an, so als könnte die was dafür.
"Offenbar haben Sie es ja sehr eilig damit, den Trank fertigzustellen. Und gerade deshalb halte ich es nicht für sinnvoll, ganz neu anzufangen. Für Experimente braucht man Zeit."
"Behalten Sie Ihre Ausführungen für sich, wenn Sie nichts Sinnvolles zu sagen haben", grollte er. Es war generell schwer, Snape einzuschätzen, aber Hermine hatte nie das Gefühl gehabt, er wäre ein ungeduldiger Mensch, jedenfalls nicht wenn es um sein Fach ging. Für Zaubertränke brauchte man naturgemäß Geduld. Dass Snape die Misserfolge so aufregten, musste einen anderen Grund haben und langsam wurde sie neugierig. Zweimal hatte sie es gewagt, ihn danach zu fragen und er hatte ihr eine scharfe Abfuhr erteilt. Heute konnte sie ihren Mund trotzdem nicht halten.
"Wann sagen Sie mir endlich, wofür Sie den Trank brauchen?", fragte sie direkt.
Ein finsterer Blick und das übliche "Das geht Sie überhaupt nichts an" war die Antwort.
Diesmal blieb sie hartnäckig. "Es muss doch einen Grund geben!", beharrte sie. Seit sie ihm bei diesem Trank half, beschäftigte diese Frage sie. Und natürlich hatte sie sich so einige Theorien zusammengereimt. Eine Theorie gab es, die erschien ihr am Wahrscheinlichsten. "Wollen Sie Ihren Tod vortäuschen?"
Abrupt blieb er stehen und starrte sie an. Sie merkte, dass sie zu weit gegangen war, aber er kam auf den Schreibtisch an dem sie saß zu und sagte gefährlich leise: "Was sagten Sie, Miss Granger?"
Jetzt war es zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen. Kleinlaut murmelte sie: "Ich habe mir gedacht… vielleicht wollen Sie Ihren Tod vortäuschen… um Voldemort reinzulegen, oder… oder so…"
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und ihr wurde wirklich mulmig zumute. "Miss Granger, es scheint mir wirklich besser, wenn Sie ihren beschränkten Verstand der Lösung des Problems widmen, anstatt über Dinge nachzudenken, die Sie nichts angehen. Ich wusste, dass es ein Fehler war, eine Gryffindor zu meiner Assistentin zu machen. Sie neigen dazu, ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angehen, und diese Eigenschaft scheint bei Ihnen ganz besonders stark ausgeprägt zu sein."
"Wieso haben Sie dann mich gefragt, und nicht jemand von Slytherin?", fragte sie herausfordernd. Wenn er herablassend über Gryffindor sprach, traf sie das fast mehr als wenn er sie persönlich beleidigte. Sie hasste Ungerechtigkeit und vor allem die, die Snape allen Mitgliedern ihres Hauses angedeihen ließ.
"Weil ich dachte, Sie wären mir am ehesten eine Hilfe", erwiderte er. Die Antwort wäre ja fast ein Kompliment gewesen, wenn er nicht hinzugefügt hätte: "Wenn wir Erfolg haben, dann ist Ihnen eine steile Karriere sicher, zumindest auf dem Gebiet der Zaubertränke. Ich denke, Sie sollten sich auf den Trank konzentrieren anstatt in meinen privaten Angelegenheiten herumzustöbern."
"Wie selbstlos von Ihnen, dass Sie mich ausgesucht haben", sagte sie sarkastisch. Sie konnte es förmlich riechen, dass an der Sache etwas faul war. Vielleicht hatte sie ja mit ihrer Vermutung direkt ins Schwarze getroffen?
"Wir sind für heute fertig, Miss Granger. Gehen Sie."
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu und verließ sein Büro ohne ein weiteres Wort. Dieser fiese, alte Mann… Sie war maßgeblich an der Herstellung des Auferstehungstranks beteiligt und sie konnte nicht guten Gewissens daran weiterarbeiten, wenn sie nicht wusste, was Snape damit vorhatte. Wenn er es ihr nicht sagen wollte, dann würde sie es eben anders herausfinden.
Heute war es noch nicht so spät und als sie in den Gryffindor Gemeinschaftsraum kam, traf sie dort noch Ron und Harry. Sie nahm sich Harry beiseite und sagte: "Könntest du mir bitte morgen mal deinen Tarnumhang leihen?"
…tbc…
Zwei Dinge… erstens, ich hab die Harry Potter Bücher nur auf englisch gelesen, daher bin ich mir bei manchen Bezeichnungen nicht sicher. Irgendwo hab ich gefunden dass invisibility cloak auf deutsch mit "Tarnumhang" übersetzt wurde, ich hoffe das stimmt. Wenn ihr da bei mir irgendwelche Fehler findet gebt mir Bescheid.
Zweitens, zwecks Authentizität werde ich n paar lateinische Sätze einbauen müssen… mein Latein ist allerdings mehr als schlecht drum wollte ich fragen ob es vielleicht wen gibt der gut genug in Latein ist um mir ein oder zwei einfache Sätze zu übersetzen. Wäre für Hilfe sehr dankbar!
