DAS KELLERGESCHOSS
Von Marz1 / Übersetzung von Christa Potter
A/N: Danke für eure Reviews! Mein Computer funktioniert wieder wunderbar (sogar besser als vorher), allerdings hab ich alle Dateien verloren, die darauf waren (auch Texte), das heißt, dass das nächste Kapitel wohl wieder etwa eine Woche auf sich warten lassen wird. Trotzdem: viel Spaß – und bitte reviewen!
KAPITEL 7 – Verteidigung gegen Verstand
„Also, was siehst du?"
Ich kniff die Augen zusammen und legte den Kopf ein wenig zur Seite. „Es sieht aus wie ein Fisch, der explodiert ist."
Die Frau stopfte die Karte hinter die anderen. Ihre verzauberte Feder kritzelte etwas auf das Papier. Ich kann nicht sehr gut verkehrt herum lesen, aber ich bin sicher, dass sie mehr als nur „explodierter Fisch" schrieb. Sie zog die nächste Karte hervor. Es sah aus, als wäre eine Katze explodiert. Ich sagte es ihr.
Die Tintenflecke waren ärgerlich und ich wollte eigentlich schlafen, aber sie waren noch hundert Mal besser als die Fluchexpertin aus der Mysteriumsabteilung. Diese Wahnsinnige hatte eine Probe von allem wollen. Sie riss mir ein Haarbüschel aus (Ich fürchtete, dass ich einen kahlen Fleck auf meinem Hinterkopf hatte). Sie nahm Brutproben, Speichelproben und Proben von ziemlich jeder Flüssigkeit, die man aus einem Menschen herausbekommt. Sie sagte mir, dass sie innerhalb von sechs bis acht Wochen wissen würden, ob Black mich mit einem Kontrollfluch belegt hatte.
Sie dachten auch, dass ich ein wenig wahnsinnig geworden war. Vor der Kartenfrau waren schon zwei Psychologen aus St. Mungos bei mir gewesen. Ich denke nicht, dass ich mich allzu gut gemacht habe. Die Kartenfrau tappte mit ihrem Zauberstab an den Kartenstapel und er verschwand mit einem Lichtblitz und einer Rauchwolke.
„Das sieht aus wie ein Kartenstapel, der explodiert", sagte ich zu ihr.
Sie lächelte nicht, aber ihre Feder nahm noch ein paar weitere Notizen. Ich dachte, wir wären fertig, aber dann beschwor sie eine Liste herauf.
„Ich werde dir ein Wort geben und will, dass du mir das erste sagst, dass dir dazu einfällt, wenn du es hört. Hast du das verstanden?"
Ich wollte nein sagen, aber ich wusste, dass dadurch alles nur noch länger dauern würde. Ich nickte.
„Baum", sagte sie.
„Schlaf", antwortete ich.
„Straße", sagte sie.
„Schlaf."
„Alleine", sagte sie.
„Schlaf."
„Mäuse", sagte sie.
Als ich zum vierten Mal mit Schlaf antwortete, wunderte ich mich langsam, wie sie jemals irgendeinen Hinweis darauf bekommen wollte, wie Menschen dachten. Ich versuchte zu gähnen, während ich auf das nächste Wort mit Schlaf antwortete, aber sie verstand es noch immer nicht.
Als ich vor sechs Stunden im Krankenflügel aufgewacht war, hatte ich gedacht, dass alles wieder normal wäre. Ich denke, dass mein zweiter Vorname vielleicht besser „Falsch", statt „James" sein sollte.
In meinem Kopf klingelte das Echo von Stimmen und Schreien. Ich versuchte, meine Zehen zu bewegen, aber meine Beine schmerzten so sehr, dass es fast unmöglich war. Mir war kalt und ich zitterte. Es war mir egal, wo ich war; ich wusste nur, dass etwas schlimmes passiert war und es noch nicht vorbei war. Ich hörte ein winziges kratzendes Geräusch. Ich konnte es gerade noch über das leiser werdende Rauschen in meinen Ohren hören. Dann erinnerte ich mich.
Ich setzte mich kerzengerade auf und kratzte an der schleimigen kalten Hand, die in meinen Hals und mein Gesicht gesunken war. Es ist ein Glück, dass ich an meinen Nägeln kaue, sonst hätte ich mich sicher selbst verletzt. Ich machte noch immer seltsame Geräusche und protestierte angeekelt, als jemand meine Hände packte und sie von meinem Gesicht zog. Zuerst dachte ich, dass diese Dinger zurück waren und kämpfte dagegen. Dann bemerkte ich, dass die Hände, die mich packten, nicht kalt, schleimig oder verfault waren. Nun, sie waren ein wenig schleimig. Dieser Typ hatte schwitzige Hände, aber ich werde es ihm sicher nicht vorwerfen.
Er redete mit mir und sagte Dinge wie: „Du bist sicher", und „Sie sind fort. Sie können dich hier drinnen nicht erwischen."
Ich hörte auf, an meinem Gesicht zu kratzen und sah ihn an. Der Mann neben mir sah alt aus. Sein Gesicht war von feinen Falten gesäumt und sein braunes Haar war von vielen grauen Strähnen durchzogen, aber er hatte auf seinen Händen keine Altersflecken oder dieses kalte papierene Gefühl auf der Haut, das alte Menschen normalerweise haben. Sein Umhang war ausgeleiert und geflickt und er sah todmüde aus. Hinter seiner Schulter sah ich den Krankenflügel von Hogwarts.
„Ich b-b-b-bin zurück", sagte ich und sah mich sorgfältig im Krankenflügel um, für den Fall, dass es ein Trick war. „Da waren Kreaturen an den Toren. Sie haben versucht, mich zu ... sie packten mich und ..."
Der Mann nickte. „Die Dementoren waren hier stationiert, um Sirius Black zu fangen. Aber nun haben sie gezeigt, dass sie nicht kontrolliert werden können und der Direktor kann sie endlich wegschicken." Er hielt einen Moment inne und nahm etwas von meinem Nachttisch. Ich war ein wenig überrascht, als er mir einen riesigen Schokoladeriegel in die Hand drückte. „Iss das, dann geht es dir besser. Ich werde Madam Pomfrey und dem Direktor sagen, dass du wach bist." Er drehte sich um und ging auf die Tür zu.
„D-danke!", rief ich ihm nach.
Er nickte, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Ich hörte ein kleines Klicken und erkannte, dass er die Tür abgeschlossen hatte. Mein Magen zog sich zusammen. Ich legte die Schokoladentafel auf mein Kissen und stand, immer noch zitternd, auf. Langsam ging ich hinüber zur Tür. Ich zog am Türknauf, aber er bewegte sich nicht. Die Tür war abgeschlossen. Ich zog noch einmal fest daran. Mein Herzschlag wurde schneller. Es schien, als wäre nicht genug Luft im Raum. Ich begann zu denken, dass unter der Tür nicht genug Luft durchkam. Ich würde ersticken, wenn ich nicht etwas unternahm.
Madam Pomfrey wird in ein oder zwei Minuten hier sein und die Tür öffnen, sagte ich zu mir. Gerate nicht in Panik. Dadurch würdest du die Luft nur schneller verbrauchen. Ich schlug mich innerlich als mir einfiel, dass der Krankenflügel Fenster hatte. Ich ging hinüber und öffnete alle. Es wurde ziemlich kalt und die Vorhänge wurden vom Wind wie Segel aufgebauscht. Ich holte tief und zufrieden Luft und ging dann zurück zu meinem Bett. Ich war gerade mit meiner Schokolade fertig, als die Armee ankam.
Dumbledore ging vorne. Er hielt in der Tür inne und inspizierte die Verhänge, dann kam er direkt auf mein Bett zu. Ich denke er wusste, dass ich nicht verflucht oder verrückt oder so etwas war. Sonst wollte jedoch niemand in meiner Nähe stehen. Nun ja, der seltsam alt aussehende Mann vielleicht, aber er war in der Gruppe ganz hinten und ich denke nicht, dass er sich durch all diese bizarren Menschen nach vor drängeln wollte.
„Wie geht es dir, Harry?", fragte Dumbledore.
„Ich bin okay", sagte ich zu ihm.
Er nickte. Ich denke, wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich sofort zurück in meinen Schlafsaal gehen und Ron und Hermine suchen dürfen. Dumbledore sagte mir, dass es ihnen gut ging, als ich fragte, aber dass ich mich nicht besuchen dürften, bis ich als un-verrückt erklärt wurde.
Die Gruppe, die Dumbledore folgte, bestand aus neun Menschen, die ich nicht kannte, und einem, von ich wünschte, dass ich ihn nicht kannte. Snape sah mich von seinem Platz links vom Direktor aus düster an. Ich wette, dass er sich wünschte, Black hätte mich umgebracht. Snape sagte jedoch nichts. Der Rest der Gruppe wurde mir vorgestellt. Ich merkte mir jedoch nur zwei Namen, der Rest waren irgendwelche Angestellte des Ministeriums. Der alt aussehende Mann war Professor Lupin, der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Der große schwarze Zauberer mit rasierter Glatze war Kingsley Shacklebolt. Er war einen Auror, wodurch er auf mich wirklich cool wirkte. Er befragte mich sofort darüber, wo ich gewesen war und wie Sirius Black jetzt aussah. Ich erzählte ihm, dass Black mich in Hogsmeade frei gelassen hatte. Ich ließ die gruselige Umarmung aus, aber ich erwähnte Blacks neuen Haarschnitt. Ich erzählte ihm über die Anhaltertour, die wir gemacht hatten und, dass wir am Grimmauldplatz damit begonnen hatten. Ich beschrieb das Haus so gut ich konnte. Dann wurden die Dinge ein wenig seltsam.
„Harry, hat Black jemals mit dir geredet?", fragte Shacklebolt. Er hatte ein wirklich ruhige Stimme, also war es leicht, ihm zu zuhören. „Hat Black dir einmal gesagt, warum er dich entführt oder warum er dich freigelassen hat?"
Ich wollte gerade Blacks verrückte Geschichte über eine Animagusratte beginnen, die ihn für ein paar Morde verantwortlich gemacht hatte, als ich es hörte. Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, weil die Vorhänge im gesamten Zimmer wehten und die anderen mit den Füßen scharrten und husteten und nicht sehr leise miteinander flüsterten. Vielleicht war es nur in meinem Kopf, aber bevor ich erzählen konnte, dass Black hinter Peter her war, hörte ich das Trappeln von winzigen Füßen über den Steinboden.
Ich erstarrte eine Sekunde lang und versuchte, einen Hinweis darauf zu erhaschen, woher das Geräusch gekommen war. In diesem Augenblick begann ich zu überlegen was wäre, falls Black die Wahrheit sagte. Vielleicht nicht ganz, denn dem Mann fehlte einiges an Verstand. Um ehrlich zu sein, hätte ich am liebsten gesehen, wie er in einem kleinen weichen weißen Zimmer eingesperrt wird. Aber was wäre, wenn wirklich eine Animagusratte in der Schule herumlief. Er könnte ohne Probleme in den Krankenflügel gelangen und er könnte jedes Wort hören, das ich sagte, und falls er wirklich zum Morden fähig ist ...
„Black sagte, ich wäre nicht sicher", erzählte ich dem Auror nach einer langen Pause. „Er sagte, ich wäre von Menschen umgeben, die für Voldemort arbeiten, und dass er vor langer Zeit jemandem versprochen hatte, er würde auf mich aufpassen. Er sagte aber nicht, wem. Er ließ mich gehen nachdem ich ihm geschworen hatte, ich würde Ausschau nach einem Typen namens Peter halten."
Über meinem Kopf wurden Blicke so schnell wie Kanonenkugeln ausgetauscht. Ich hasse es, wenn Menschen das machen. Ich denke sie wissen, von welchem Peter Black gesprochen hat. Shacklebolt schien es plötzlich eilig zu haben, zu gehen. Er bat mich, alle Details meiner Entführung aufzuschreiben und sie ihm so bald wie möglich zu schicken. Ich sagte ihm, dass ich es machen würde und er verließ den Krankenflügel. Ich dachte dann, dass ich gehen könnte, aber der Rest der Gruppe wollte noch mehr Einzelheiten über das, was mit mir passiert war.
Ich änderte die Geschichte zu sehr, denke ich, aber ich wäre damit durchgekommen, wenn Snape nicht da gewesen wäre. Es wahrscheinlich der Mensch, den ich am meisten von allen auf der Welt hasse. Er ist der schlechteste Lehrer und alle Schüler hassen ihn – außer natürlich die in seinem Haus. Ich denke, dass Dumbledore ihn nur eingestellt hat, um bei den Schülern Charakter oder so etwas zu bilden. Ihr wisst schon, sie auf all die Idioten vorbereiten, die sie später treffen werden. Dumbledore ist manchmal auch ein wenig verrückt, also würde ich ihm zutrauen, so etwas zu machen.
Ich erwähnte nicht, dass Black ein Animagus war und ließ den Spruch aus, den er mir beigebracht hatte, falls mich wirklich eine böse Ratte belauschte. Ich sagte nichts von meinem abgebrochenen Versuch, Blacks Kehle aufzuschlitzen. Ich hätte das nicht tun sollen, aber ich wollte nicht darüber reden. Snape hätte mich ausgelacht, weil ich zu schwach war, um es zu schaffen, und er würde es wahrscheinlich jedes Mal erwähnen, wenn er mich sah. Ich dachte, ich könnte es vielleicht später Dumbledore erzählen, aber als ich meine Geschichte zum zehnten Mal beendete, sprach Snape.
„Ist das alles, an das du dich erinnerst, Potter?" Er hörte sich nicht wirklich gemein an, als der das sagte. Das hätte mich davor warnen sollen, dass er etwas vorhatte, aber ich sagte einfach ja.
„Du erinnerst dich an nicht mehr? Überhaupt nichts?" Sein Gesicht nahm eine Miene an, als ob er gerade etwas wirklich cleveres von sich gegeben hätte.
„Nein, mir fällt nichts mehr ein."
Snape wandte sich Dumbledore zu. „Ich denke, wir sollten den Jungen nach Gedächtniszaubern untersuchen – und vielleicht noch Kontrollzaubern, Direktor. An ihm wurde eindeutig etwas geändert."
„Was meinen Sie?", sagte ich laut. „An mir wurde überhaupt nichts geändert!"
„Wenn du in vollem Besitz deines Geistes wärst, Potter, hättest du sicher erwähnt, was Black mit deinem Gesicht gemacht hat."
„Was meinen Sie? Mit meinem Gesicht ist alles in Ordnung."
Snape wedelte mit dem Zauberstab und beschwor vor mir einen Spiegel herauf. Das erste, was mir auffiel, war die Narbe. Nicht die berühmte, blitzförmige mitten auf meiner Stirn, sondern die neue. Ich hatte sie mir selbst zugefügt, als ich Black mit dem Rasiermesser umbringen wollte. Ich hatte sie komplett vergessen, nachdem ich den Verband abgenommen hatte.
Sie war ziemlich groß. Sie lief von der Mitte meiner Nase über meine rechte Wange, unter meinem Auge entlang. Verglichen mit dem Rest meiner Haut erschien sie rosa und stand ein wenig hervor.
Ich suchte fieberhaft nach einer guten Erklärung, wie ich sie bekommen hatte. Black war verrückt, aber ich wollte trotzdem nicht über ihn lügen und sagen, dass er mich aufgeschlitzt hatte; ich wollte aber den Rest der Geschichte auch nicht in Snapes Gegenwart erzählen. Also sagte ich etwas dummes.
„Black hat das nicht gemacht. Ich bin hingefallen."
„Du bist hingefallen?", fragte Snape.
Ich nickte.
„Und der Fußboden war sehr scharf?"
„Nein, ich bin gefallen und ..."
Er unterbrach mich, bevor ich fertig war. Das war vielleicht auch gut, denn alles, was mir einfiel war, dass ich mit einer Schere herumgelaufen war.
„Ein Verwirrungszauber, wenn ich mich nicht irre. Wir sollten auch nach anderen suchen. Er könnte unter dem Imperius Fluch stehen und es nicht merken, bis er einen anderen Schüler angreift."
Dumbledore sah aus, als wolle er sich für mich einsetzen. Aber er wurde von den Ministeriumszauberern übertönt, die nach Testen und Bestätigungen riefen und Formulare verlangten. Dumbledore beruhigte sie schließlich mit einem leisen Husten.
„Harry", sagte er. „Fühlst du dich gut genug, um heute Abend ein paar Tests zu machen? Ich weiß, dass du müde bist und viel durchgemacht hast, aber es ist vielleicht besser, wenn du es gleich hinter dich bringst."
Ich dachte, dass ein paar Zauberer mit ihren Zauberstäben wedeln und mir ein oder zwei Tränke einflößen würden und sagte, dass es mir überhaupt nichts ausmachte, die Tests zu machen.
Habe ich schon erwähnt, dass ich Snape hasse?
Ich habe noch immer nicht herausgefunden, wie ich diesen Dementoren entkommen bin, die Professor Lupin erwähnt hat, oder wie Black an Hermines Zauberstab gekommen ist. Allerdings glaube ich, dass ich mit den Tests ziemlich bald fertig sein werde. Bis jetzt habe ich schon siebenundvierzig mal mit „Schlaf" geantwortet. Ich denke, dass diese Hexe es endlich versteht.
„Kramladen."
„Schlaf."
„Eintopf."
„Schlaf."
Oder auch nicht.
