DAS KELLERGESCHOSS

Von Marz1 / Übersetzung von Christa Potter

A/N: Vielen Dank für die Reviews.

Warnung: Kapitel weder betagelesen noch etwas für schwache Nerven.

---------- ---------- ----------

KAPITEL 22 – Ein höchst unbequemes Wochenende

Es war nicht der dreizehnte, aber es wurde trotzdem ein schrecklicher Freitag.

„Hör auf, dumme Grimassen zu schneiden und trink, Potter. Du hast schließlich nicht den ganzen Tag Zeit."

Ich konnte eine letzte, düstere Grimasse nicht unterdrücken, bevor ich den Rest des Wolfsbann-Trankes schluckte. Ich gab Snape seinen Kelch zurück. Er nahm ihn vorsichtig, als würde er gleich explodieren und warf mir dann einen Blick zu, der eindeutig sagte: „Was zum Teufel machst du noch hier in meinem Büro?" Ich ergriff die Flucht.

Man würde denken, wenn man jemandem das Leben rettet, würde dieser jemand ein wenig freundlicher zu dir sein, wenn nicht sogar dankbar. Falls sich in der Tat etwas geändert hatte, dann war nur Snapes Intoleranz mir gegenüber gestiegen. Während der letzten Wochen hatte er Gryffindor wegen meinem „unverschämten Verhalten" ganze fünfzig Punkte abgezogen, dazu kamen noch „schlampige Arbeitsgewohnheiten", „exzessives Umrühren", „schlechte Schreibkunst" und „horrender Wohlgeruch" (Hermine erklärte mir später, dass das einfach Gestank bedeutete). Snape hielt es nicht mehr aus, im gleichen Zimmer wie ich zu sein. Ich bemerkte, dass er die Große Halle verließ, sobald ich sie betrat. Er entließ mich zu früh aus meiner Zaubertranknachhilfe, oder er verließ den Raum am Beginn der Stunde und kam am Ende zurück, um mir null Punkte zu geben. Das einzig gute daran war, dass er mir keine Strafarbeiten mehr gab. Ich denke, er wollte während dieser Zeit nicht auf mich aufpassen. Ich muss lernen, meinen Heldenreflex zu unterdrücken. Der nächste Werwolf kann ihn haben.

Als ich bei Professor Lupins Büro ankam, war ich außer Atem. Ich hätte mich erschlagen fühlen sollen, aber es war nicht so. Obwohl ich zu wenig Luft bekam, denke ich nicht, dass es mich je wacher gefühlt habe. Ich hatte in der Donnerstag Nacht versucht, mehr Schlaf zu bekommen. Ich hatte vor Hagrids Hütte nur eine Stunde mit dem Hund gespielt, nachdem der Unterricht zu Ende gewesen war. Ich hatte das Abendessen ausgelassen und war um acht Uhr ins Bett gegangen, aber ich konnte meine Augen nicht geschlossen halten. Ich stand auf und ging eine halbe Stunde lang herum. Mein Magen verzog sich zu in Gift getauchten Knoten. Ich war zurück in den Gemeinschaftsraum gegangen und Ron und ich waren bis drei Uhr nicht ins Bett gegangen und hatten Schach gespielt.

Ich klopfte an die Tür und sie öffnete sich. Professor Lupin winkte mich hinein. Er schloss die Tür und begann, Zauber zu murmeln. Er verschloss sie, damit niemand aus Versehen über zwei Werwölfe stolpern konnte. Er verwendet auch magische Geräuschdämmer, damit niemand unsere Schreie hören würde. Ich versuchte, an meinen Nägeln zu kauen, merkte aber, dass sie dafür schon zu kurz geworden waren.

„Nervös?"

Ich antwortete auf Sirius' Frage indem ich unverständlich aufschrie und nach hinten über den Saum meines Umhangs fiel. Ich hatte nicht gesehen, dass er im Schatten neben einem Bücherregal stand. Er zog mich auf die Beine. Lupin kümmerte sich noch immer um die Tür.

Seit meinem letzten Besuch war das Büro eindeutig aufgeräumt worden. Die Papiere waren vom Boden und vom Tisch verschwunden und ich sah einen Aktenschrank in der Ecke, der vorher von einem Berg von Umhängen verdeckt worden war. Der Tisch und die Stühle waren gegen die Wand geschoben worden, so dass es viel freie Fläche in der Mitte gab. Der Geruch nach Brandy lag noch immer leicht in der Luft.

„Wie lange?", fragte ich Sirius.

Er deutete auf eine Uhr an der Wand. Noch neunzehn Minuten bis zum Mondaufgang.

Ich verbrachte den Großteil der Zeit mit Herumgehen. Mein Magen rollte, knotete und trat. Sirius sagte mir ein paar Mal, dass ich mich hinsetzen sollte, und ich versuchte es auch, aber ich wollte, dass etwas schreckliches auf mich zukam und fühlte dieses Verlangen, davor wegzulaufen. Alle paar Sekunden warf ich einen Blick auf die Uhr. Die Zeiger rasten nur so dahin, als der Mondaufgang näher kam.

„Harry, zieh deine Schuhe aus", sagte Lupin, als es nur noch fünf Minuten waren.

„Warum?"

„Deine Kleider verwandeln sich nicht mit dir. Du solltest alles ausziehen, was du später brauchst."

Ich nickte und öffnete meine Schuhe, danach zog ich auch noch die Socken aus. Sirius stellte beides auf ein hohes Bücherregal. Ich öffnete den Kragen meines Umhangs. Ich überlegte mir, dass ich ihn ohne große Schwierigkeiten abwerfen konnte, nachdem ... nachdem es passierte.

„Gib mir deine Brille, Harry", sagte Sirius.

„Aber ich werde nichts sehen können", sagte ich. Ich weiß nicht, wie ich erwartet habe, sie auf meinem Gesicht zu lassen. Ich habe noch nie in meinem Leben einen Hund mit Brille gesehen, aber ich zögerte trotzdem damit, sie abzunehmen.

„Du wirst ohne sie klarkommen", sagte er.

Ich gab sie ihm. Der Rand des Zimmers war verschwommen und undeutlich, aber ich konnte die Uhr noch immer sehen. Eine Minute.

Professor Lupins Büro hatte keine Fenster, aber ich war sicher, dass die östliche Wand ein wenig im Mondlicht glitzerte. In meinen Knochen und auf meiner Haut machte sich dieses seltsam brennende Gefühl breit und meine Arme begannen zu zucken. Ich musste hier raus. Wenn ich woanders war, würde es nicht passieren.

„Ich habe meine Meinung geändert. Ich will das nicht mehr machen", sagte ich.

Ich zog mich in eine Ecke zurück. Das brennende Gefühl wurde stärker und die Wände um mich herum schienen höher zu werden.

„Harry. Beruhige dich. Es wird in ein paar Minuten vorbei sein", sagte Lupin.

„Nein. Nein. Nein. Ich will das nicht machen. Ich will nach draußen gehen."

Ich schlich in Richtung Tür, aber Sirius ging nicht aus dem Weg. Meine Beine begannen zu zucken und ich fiel zu Boden. Sirius streckte die Hand nach mir aus.

„NEIN!", rief Lupin. Seine Stimme war so heiser, dass ich sie fast nicht erkannte. „Sirius, verwandle dich! Wenn du aus Versehen gekratzt wirst ..."

Lupin verstummte. Ich wandte mich ihm zu. Mein Blickfeld wurde am Rand ein wenig rot, aber in der Mitte konnte ich ihn klar sehen. Gräuliches Haar spross um seine Augen herum und verbreitete sich auf den Rest seiner Haut. Sein Gesicht streckte sich wie Ton, der von einer unsichtbaren Hand gezogen wird. Er biss die Zähne zusammen, und als riesige Reißzähne durch sein Zahnfleisch stießen, zerrissen sie seine Lippe. Er fiel zu Boden und sein wallender Umhang verbarg den Rest der Verwandlung vor meinen Blicken. Er schrie, aber inzwischen hatte ich das Interesse an ihm sowieso verloren.

Ich war zu sehr damit beschäftigt, auf meine Hände zu starren. Was als kitzelndes Gefühl in meinen Fingerspitzen begonnen hatte, wurde rasend schnell zu einem reißenden Gefühl. Spitze Krallen schoben sich unter meinen Fingernägeln hervor. Meine Händen fühlten sich an, als hätte jemand mit einem Vorschlaghammer darauf geschlagen. Während ich sie beobachtete wurden meine Finger zurück in meine Hände gepresst, die sich streckten und aus denen kurzes, schwarzes Haar spross. Ich sah mich nach Sirius um und merkte, dass der Hund mich genau beobachtete.

Ich konnte mir das Schreien verkneifen, bis die Verwandlung meinen Kopf erreichte. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er in einem Schraubstock. Ich konnte fühlten, wie mein Kiefer wuchs und er gab grauenhafte, klickende Geräusche von sich, die in meinen Ohren hallten. Es fühlte sich an, als ob jemand mit einer Zange meine Zähne herausziehen würde. Die Wände wackelten und drehten sich, bis mein Gehirn zermahlen war. Alles wurde schwarz.

Als ich die Augen wieder öffnete hatte der Raum jegliche Farbe verloren. Die Fackeln an den Wänden gaben ein flackerndes, weißes Licht von sich und die Einrichtung schien größer zu sein. Die Welt war ein wenig weiter und viel flacher geworden. Der Raum stank gewaltig. Es war ein Gefühl, als wäre meine Nase voller Würmer. All die verschiedenen Gerüche machten mich schwindlig. Naja, zumindest schwindliger.

Ich krabbelte auf die Beine und fiel sofort wieder hin. Ein Teil meines Gehirn sagte mir, ich solle mich auf die Hinterbeine stellen, und ein anderer Teil sagte: „Leg dich wieder hin, du fühlst dich nicht gut." Und ein dritter Teil sagte, ich solle die Fremden im Zimmer beschnüffeln und herausfinden, wem welches Territorium gehörte. Ich versuchte zu stöhnen, aber aus meinem Mund kam ein Geräusch, das sich nach einem hohen Winseln anhörte.

Ich wollte meine Augen schließen und versuchen, noch ein wenig zu schlafen, aber etwas kaltes und nasses presste sich an meine Seite. Ich sprang auf die Beinen, von denen alle versuchten, sich in die falsche Richtung zu bewegen. Ich schaffte es, mich umzudrehen und den Grund für die Unannehmlichkeit zu suchen. Der schwarze Hund beschnupperte mich. Er winselte und wedelte mit dem Schwanz. Seine blauen Augen waren zu einem seltsamen Grau geworden. Die verschiedenen Teile meines Gehirns stritten sich wieder. „Sag ihm, dass du okay bist", „Kämpf, bis zu weißt, wer das Sagen hat" und „Beschnuppere ihn!" wollten alle meine Aufmerksamkeit. Ich winselte wieder.

Der Hund kam auf mich zu und stieß mich an die Schulter. Dann trottete er an mir vorbei zu einem Haufen Klamotten auf dem Boden vor dem Schreibtisch. Er begann, daran zu schnuppern und ihn mit der Nase anzustoßen. Ich stolperte hinüber zu ihm. Teile von mir stritten sich noch immer darüber, wie man fürs Laufen und Gehen die Beine auf den Boden stellen musste. Der Berg Klamotten zitterte und schüttelte. Der Hund stieß wieder mit der Nase daran.

Ein grauer Schatten brach aus dem Haufen Klamotten hervor und kam auf der anderen Seite des Zimmers zu stehen. Der Wolf war größer als ich, aber nicht ganz so massiv wie der Hund. Sein Fell sträubte sich und er knurrte. Ich schnüffelte an der Luft. Die Argumente in meinem Kopf wurden unerträglich laut. Ich konnte nicht sagen, was woher kam.

Er ist es, der dich gebissen hat! Töte ihn. Rudel. Professor Lupin. Seine Schuld. Wer ist der Anführer? Er wird dich zuerst erwischen. Kämpfe. Blut. Jemand hat Angst. Kämpfe. Das ist Professor Lupin! Er hat dich gebissen. Kämpfe. Wo bin ich? Du kannst seine Angst riechen! Sirius, Hilfe! Kämpfe!"

Tiefes Knurren grollte zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hervor. Der graue Wolf sprang auf mich zu. Meine Beine wussten plötzlich, was sie zu tun hatten. Ich schoss nach links und als er herumwirbelte, sprang ich auf seine Kehle. Ich hatte Fell in meiner Nase und schmeckte Blut in meinem Mund. Der schwarze Hund umkreiste uns bellend. Ich wusste, dass ich lieber loslassen sollte, aber ich tat es nicht.

----- ----- -----

„Harry, iss deine Suppe."

„Ich bin nicht hungrig." Die Heiltränke, die ich vorhin bekommen hatte, drehten mir noch immer den Magen um.

„Iss sie trotzdem."

Als ich nicht nach dem Löffel griff, nahm Sirius ihn vom Tablett.

„Muss ich jetzt ein Flugzeug nachahmen und den hier für dich in deinen Mund stecken? Ich war darin ziemlich gut, als du noch ein Baby warst."

„Du bist nicht komisch", sagte ich und verschränkte die Arme. Ich warf einen Blick aus dem Fenster meines Zimmers im Krankenflügel. Sirius hatte Lupin und mich zu Madam Pomfrey gebracht, sobald der Mond hinter dem Horizont verschwunden war. Zum Glück wurden wir auf dem Weg nicht gesehen. Zumindest nahm ich an, dass uns niemand gesehen hatte. Ich war während der Reise nicht wirklich bei Bewusstsein. Das letzte, an das ich mich erinnere, bevor ich hier aufgewacht bin, ist, dass mich der schwarze Hund zu Boden gedrückt hat, während ich versuchte, wieder die Kehle des grauen Wolfs zu erwischen.

„Ich bin kein Komiker und du bist kein Baby, aber im Moment scheinen hier viele Schauspieler zu sein", sagte Sirius.

Er warf einen Blick auf meine Suppe und rührte sie halbherzig um. „Remus wird es gut gehen, Harry. Wölfe haben eine sehr dicke Haut. Es ist ja nicht so, als hätte er nicht auch zugeschlagen."

Ich rieb die schnell verschwindenden Narben auf meinem Kinn und an meinem Half. „Ich dachte, dass er Wolfsbann-Trank und davon abhalten sollte, wahnsinnig zu werden und zu kämpfen."

„Er unterdrückt die dunkle Magie – den Auslöser für die Wut des Wolfs", sagte Professor Lupin an der Tür. Sein Gesicht war ebenfalls von verblassenden Narben bedeckt. „Die Instinkte des Wolfs haben wir immer. Du musst lernen, sie zu kontrollieren."

Lupin ging zum Stuhl auf der anderen Seite meines Bettes. Er hinkte ein wenig. Der schwarze Hund hatte ihn ins Bein gebissen, um uns auseinander zu bringen. Er setzte sich steif. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und seine Augen sah aschfahl aus. Ich fragte mich, ob ich auch so aussah. Die Verwandlung hatte vor neun Stunden geendet und ich fühlte mich noch immer, als ob ich eine starke Erkältung hinter mir hätte, gemeinsam mit einer Art Unfall mit einem Lastwagen.

„Wie soll ich sie denn kontrollieren?", fragte ich. „Sie machen das schon länger als ich und Sie hatten offenbar auch nicht viel Glück."

Lupin zuckte mit den Schultern und lächelte ein wenig. „Ich hatte nicht viele Schwierigkeiten, bis zu entschieden hast zu kämpfen."

„Ich habe damit nicht begonnen! Sie sind auf mich zugekommen!"

„Du hast zuerst gebissen."

Ich wollte weiter streiten, aber ich sah, dass er und Sirius Blicke tauschten.

„Was ist daran so komisch?", fragte ich.

„Eigentlich nicht wirklich komisch", sagte Sirius. „Nur bekannt."

„Wir hatten den gleichen Streit, nachdem Sirius, James und ... und Peter mich besucht hatten. Die Tiere hatten ein Problem damit zu entscheiden, wer der Chef war. Dein Vater musste uns ein paar Mal trennen", sagte Lupin.

„Am nächsten sagte ich zu Madam Pomfrey, dass Snape mich im Gewächshaus erwischt hätte, damit sie mir Heiltränke für mein Gesicht gab. Sie hat mir die Geschichte aber nicht wirklich abgekauft. Ich konnte ihr nicht erklären, warum ich einen Hufabtritt mitten auf der Stirn hatte", sagte Sirius und lächelte dann.

„Harry, hast du das Buch gelesen, das ich dir gegeben habe?", fragte Lupin.

Ich nickte. Es war kein sehr dickes Buch, nur einhundertundzehn Seiten. Es erklärte die Nebeneffekte der Lykanthropie. Lupin hatte es mir gegeben, während er noch in der „Ich muss auf den Boden starren" Phase gewesen war. Es hatte gesagt, dass es das einzige Buch über Lykanthropie war, das ein Werwolf geschrieben hat. Dem Text nach zu schließen, musste ich mich während der nächsten drei bis fünf Tage auf „kleine bis wütende Stimmungsschwankungen" und „erhöhte Aggressivität als Reaktion auf Stress" freuen, dazu noch Müdigkeit und Muskelkrämpfe.

„Hast du dazu irgendwelche Fragen?", fragte Lupin.

„Könnten Sie Sirius bitte den Löffel wegnehmen? Er macht mir damit ein wenig Angst."

Mein Versuch eines Scherzes erhielt von Lupin ein leises Lachen und ein Schnauben von Sirius. Er wedelte bedrohlich mit dem Löffel herum. Als weiterer Pluspunkt landete die Suppe auf dem Boden, was eine nicht ganz so ernste Diskussion über Ernährung zur Folge hatte. Sellerie sollte sowieso niemals als Suppe enden.

----- ----- -----

Sirius nahm am Sonntag Nachmittag einen Portschlüssel zurück zum Grimmauldplatz. Inzwischen fühlte ich mich schon wieder fast normal, aber immer noch müde. Ich konnte mich auf eine Nacht voller Hausaufgaben freuen. Hermine und Ron verbrachten den Großteil ihres Abendessens damit, mir bei meinem Aufsatz für Geschichte zu helfen. Wir hatten schon die Hälfte des Weges zurück zum Gemeinschaftsraum hinter uns, als mir einfiel, dass ich ihn neben den Karotten hatte liegen lassen. Ron wollte zurückgehen und ihn für mich holen, aber ich wollte nicht, dass sie dachten, ich wäre ein Krüppel oder so war, also ging ich selbst zurück. Ich schaffte es gerade noch, das Pergament einem Hauself zu entreißen, der aufräumte. Ich kam bis zum dritten Stock, bevor ich auf Ärger stieß.

„Wanderst du ganz alleine herum, Potter? Das ist nicht sehr klug", sagte eine schleppende Stimme, die ich sofort erkannte.

Ich drehte mich um. Malfoy, Crabbe und Goyle kamen hinter mir die Treppe hoch.

„Hau ab, Malfoy." Ich hatte nicht einmal die Kraft, mir eine bessere Beleidigung einfallen zu lassen.

„Das war nicht sehr nett", sagte Malfoy fröhlich. „Ich denke, wir werden dir ein paar Manieren beibringen müssen."

Seine Kumpanen liefen auf mich zu, packten meine Arme und drückten mich gegen das Geländer. Ich wünschte mir wirklich, dass ich meinen Zauberstab nicht oben in meinem Schlafsaal hätte. Er hatte seinen Zauberstab in seiner rechten Hand und ließ ihn über seine Finger rollen, wobei ich sicher bin, dass er dachte, er würde damit eine große Show von Geschicklichkeit abziehen.

„Also, Potter, was willst du zuerst, die Flüche oder die Schläge?"

Malfoy blickte grinsend auf mich herab. Sie sind in deinem Revier. Malfoy denkt, dass er die Kontrolle hat. Er denkt, dass er besser ist als du. Die Gedanken flogen in meinen Kopf und ich hatte das plötzliche Verlangen, jemanden zu beißen. Ich wollte nicht nur kämpfen, um zu entkommen, aber wollte meine Zähne in etwas versenken und es in Stücke reißen. Ich konnte plötzlich mein Herz laut in meinen Ohren schlagen hören. Die Müdigkeit verzog sich in den Hintergrund und ein brennendes, kitzelndes Gefühl blubberte an die Oberfläche, um sie zu ersetzen. Malfoy trat zurück und starrte mit großen Augen auf den Boden.

Eine Pfütze aus einer klaren, schleimigen Flüssigkeit war auf dem Steinboden zwischen uns und ich senkte den Kopf nach unten um zu sehen, woher sie gekommen war, und ein paar weitere Tropfen Speichel fielen von meinem Mund zum Boden und vermischten sich damit. Plötzlich bemerkte ich, dass ich, ohne mein Gehirn vorher irgendwie zu fragen, die Zähne gebleckt hatte. Ich merkte auch, dass es mir eigentlich nichts ausmachte. Ich sah Crabbe an, dann Goyle, und beide begannen, in ihrer Aufgabe ein wenig unglücklich auszusehen.

„Zuerst, zuerst, zuerst?", sagte ich. „Zuerst denke ich, dass du etwas sehen solltest. Es ist wirklich cool. Sogar wirklich toll." Meine Stimme war um einiges tiefer, als ich in Erinnerung hatte.

Crabbe und Goyle zogen an meinen Arm – ein Versuch, mir Angst einzujagen. Es machte mir nicht viel aus, aber es gab Malfoy sein Selbstvertrauen zurück. Vielleicht erinnerte er sich daran, dass es drei gegen einen stand, und dass dieser eine auch noch unbewaffnet war.

„Was soll ich sehen, Potter?"

Ich zog hart an meinem rechten Arm. Crabbe hielt ihn und er stand auf der Stufe unter mir. Er klammerte sich fester daran und versuchte, meine Flucht zu verhindern. Ich stellte meine Füße gegen den Rand meiner Stufe und zog stattdessen plötzlich mit dem linken Arm. Eine Sekunde lang zogen Crabbe und ich in die gleiche Richtung und das war mehr als genug um Goyle, auf der Stufe über mir, von dem Beinen zu reißen. Ich hatte eine menschliche Lawine gestartet und die Treppe war nicht breit genug, damit Malfoy aus dem Weg springen konnte.

Wenn ich nachgedacht hätte, hätte ich es nicht gemacht. Wenn die Treppe genau in diesem Moment beschlossen hätte, sich zu bewegen, wären wir alle in unseren Tod gestürzt, aber es stellte sich heraus, dass wir, relativ unverletzt, auf dem Treppenabsatz unter uns landeten. Instinkte und Reflexe, die nicht wirklich meine waren, hielten mich davon ab, unter dem Menschenknäuel zu landen. Malfoy war unter einem ziemlich überraschten Goyle gefangen, dessen Kopf offenbar während dem Fall mit Crabbes Fuß kollidiert war. Malfoys Augen waren auf mich gerichtet und in irgendeinem Teil meines Gehirns merkte ich, dass immer noch Speichel aus meinem Mund tropfte.

„Was ist los, Malfoy? Nicht beeindruckend genug? Ich könnte dir etwas zeigen, das mir Sirius Black beigebracht hat. Es ist ziemlich praktisch. Du willst das sehen, nicht wahr?", sagte ich und ging auf dem kleinen Treppenabsatz herum.

Falls Malfoys Augen noch um ein klein wenig größer geworden wären, wären sie aus seinem Kopf gefallen. Er öffnete den Mund, als wolle schreien, aber kein Laut entkam seiner Kehle. Ich denke, dass ich die Luft aus ihm herausgepresst hatte.

„War das ein ‚Nein', Malfoy? Du musst schon lauter sprechen."

„Nein." Seine Stimme war so leise, dass ich denke, dass nur ich sie gehört habe.

Crabbe befreite sich aus dem Wirrwarr von Armen und Beinen. Er würde nicht zweimal auf den gleichen Trick hereinfallen. Wenn er seinen Zauberstab erwischte, war ich in Schwierigkeiten. Er stolperte, noch ein wenig wackelig auf den Beinen. Stoße ihn über das Geländer. Dieser Gedanke kam von so tief in meinem Kopf, dass ich ihn fast für einen eigenen hielt. Ich ging einen halben Schritt auf ihn zu, bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte.

„Was ist hier los?", wollte eine laute Stimme wissen, die vom Stockwerk unter uns kam.

Ich blieb nicht stehen um zu sehen, wer es war. Ich wirbelte herum und lief zum Gryffindorturm.