DAS KELLERGESCHOSS
Von Marz1 / Übersetzung von Christa Potter
A/N: So, das ist jetzt also das längste Kapitel der Geschichte. Ich bin schon gespannt, was ihr zur Übersetzung sagt. Viel Spaß!
----- ----- -----
KAPITEL 25 – Schlechte Nachrichten stimmen meist
Ich war nicht sehr überrascht zu erfahren, dass ich während einer sehr enthusiastischen Team Gruppenumarmung nach dem Spiel k.o. geschlagen worden war. Es beunruhigte mich aber ein wenig, dass niemand bemerkt hatte, dass ich ohnmächtig war, bis sie das Teamphoto schießen wollten und mich nicht dazu bringen konnten, den Pokal zu halten.
Als ich aufwachte schmerzte mein Kopf noch und in meinen Ohren klingelte es ein wenig. Das wäre vielleicht ein guter Grund, mich Samstag Nacht im Krankenflügel zu behalten, aber der Sonntag war schon fast vorbei und Madam Pomfrey weigerte sich, mich gehen zu lassen. Nun, sie hatte gesagt, dass ich aus der Tür gehen konnte, aber sie hatte mir eine schreckliche Kondition angehängt.
Ich rollte auf die andere Seite und zog die Decke hoch, um sicher zu gehen, dass alles, was das rückenfreie, viel zu kleine Krankenhausnachthemd nicht bedeckte, nicht zu sehen war. Sie hatte mir alle meine anderen Klamotten genommen und die Decken und das Laken so verzaubert, dass ich sie nicht vom Bett bekam. Falls ich davon laufen wollte, müsste ich es mit der hinteren Hälfte meines Geburtsanzugs frei tun. Ich beginne langsam zu denken, dass Pomfrey in Slytherin war, als sie noch zur Schule ging. Sie ließ mich auch keine Besucher haben. Sie hatte sogar einen Vorhang um mein Bett herum gezogen, damit ich die Schüler nicht sehen konnte, die mit wirklichen Verletzungen kamen. Ich dachte, dass das einfach nur unnötig war. Als ich versuchte, wieder einzuschlafen, hörte ich wie sich die Tür knarrend öffnete und dann hörte ich Rons Stimme.
„Madam Pomfrey, könnten wir bitte für fünf Minuten mit Harry reden. Er musst wirklich ..."
Sie unterbrach Rons Bitte. „Potter muss sich ausruhen und ich habe euch davor gewarnt, wieder zu kommen. Ich gebe Ihnen eine Strafarbeit, Mr. Weasley. Potter wird den Krankenflügel verlassen können, wenn der Direktor und ich sicher sind, dass es ihm gut geht."
„Aber er muss von Askaban wissen!"
„Eine weitere Strafarbeit! Raus!"
„Aber ..."
„RAUS!"
Ich hörte, wie die Krankenschwester zur Tür lief und dann Rons fliehend Schritte. Ein lautes Klicken ertönte, als die Tür zugeschlagen wurde. Ich schloss die Augen und versuchte zu erlauschen, was im Rest der Schule vor sich ging.
Der weiße Vorhang um mein Bett herum raschelte in einer leichten Brise. Ich konnte hören, wie die Schuhe der Krankenschwester am anderen Ende des Raumes über den Boden knarrten, und in der Ferne hörte ich die anderen Schüler, die im leisen und ängstlichen Flüsterton miteinander tuschelten, wenn sie an den Türen des Krankenflügels vorbei kamen. Ihre Worte waren zu leise, um sie ausmachen zu können. Ich wusste, dass sie über etwas wichtiges redeten. Ich war sicher, dass „Sirius Black" erwähnt wurde, auch wenn ich es nicht hören konnte.
Askaban. Ich wünschte mir fast, dass Ron mir diesen schrecklichen Hinweis nicht in den Schoß geworfen hätte. Es wurde inzwischen offensichtlich, dass meine Gesundheit nicht der Grund meiner unfreiwilligen Isolation war, und das machte mich mehr als nur ein wenig wütend. Ich schlug meine Hand gegen mein Kinn, nur um sicher zu gehen, dass nicht wieder Speichel daran herab lief. Ich hörte ein weiteres Klicken und war ziemlich sicher, dass Pomfrey gerade die Tür zu ihrem Büro geschlossen hatte. Falls sie mich in einer Stunde noch nicht herausgelassen hatte, würde ich zum Gryffindorturm abhauen – auch wenn ich es mit entblößtem Hinterteil tun müsste.
Ich hatte keine Uhr bei mir, also versuchte ich die Zeit zu messen, indem ich die Sekunden zählte. Ich schaffte es drei Minuten lang, bis ich eindöste. Lasst euch nicht in die Irre führen. Sekunden zu zählen lässt einen bei weitem schneller das Bewusstsein verlieren, als Schafe zu zählen.
Ich konnte nicht sagen, was mich weckte. Der Raum war abgesehen von dem orangen Leuchten der Fackeln an den Wänden komplett dunkel. Mein Kopf war vom Schlaf vernebelt, aber ich erinnerte mich noch an meinen Fluchtplan. Ich zog an den Decken, aber sie kamen nicht mit mir. Ich hatte gerade meine nackten Füße auf den Boden gestellt, als ich es hörte; ein Kleidungsstück schleifte über den Boden. Pomfrey kommt, um nach mir zu sehen. Ich kletterte zurück ins Bett, zog die Decke so leise wie möglich hoch und tat so, als würde ich schlafen. Das schleifende Geräusch kam an den Rand des Vorhangs und hielt inne. Ein tiefes, rasselndes Atmen zerriss die Stille.
Meine Augen fühlten sich, als würden sie aus meinem Kopf hüpfen, als ich mich umdrehte. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, um zu versuchen, das Bett vom Knarren abzuhalten. Mein Herz pochte in meinen Ohren. Ich versuchte, ein wenig leiser zu atmen. Der Umriss der Gestalt, den ich durch den Vorhang sah, lief mit den Fingern Vorhang entlang, bis sie den Rand erreichte und die Finger sich darum schlangen.
Sogar während ich mir die Seele aus dem Leib schrie fiel mir ein, dass ein Dementor den Raum deutlich kälter machen würde, und nicht riechen würde, als hätte er einem Kaufhaus jede einzelne Parfümflasche ausprobiert. Ein Dementor würde wahrscheinlich auch nicht zurück schreien und über den Rand meines Bettes fallen und in einem Haufen aus Schals und Schmuck verschwinden. Das einzige gute daran ist, dass ich sie genauso erschreckt habe, wie sie mich.
„Entschuldigung, mein Lieber", sagte Professor Trelawney, legte eine Hand auf ihre Brust und rang nach Atem. „Ich habe nur nach der Krankenschwester gesucht."
„Warum sollte sie in meinem Bett sein?" Ich zog die Decke hoch, während ich sprach.
Die Wahrsagelehrerin kam wieder auf die Beine und zupfte ihre Kleidung zurecht. „Ich habe vorhergesehen, dass sie an der Seite ihres Patienten sein würde", sagte sie steif.
„Vielleicht sollten Sie es beim nächsten Mal in ihrem Büro versuchen."
Ihr Mund zuckte eine Sekunde lang, aber sie stand weiterhin neben meinem Bett. „Das Universum ist in Aufruhr und die hellseherischen Schwingung bringen mir schlimme Schmerzen." Während die Professorin sprach, legte sie ein Handgelenk gegen die Stirn und begann mir einer ihrer gut geübten Reden. „Ich hatte gehofft, dass Madam Pomfrey in der Lage sein würde, mir einen Trank zu geben. Ich fürchte, dass große Gefahr auf uns zukommt, und ich muss bei guter Gesundheit sein, um im Nebel der Zukunft suchen zu können, denn ich sehe ... ich ... sehe ..."
Ihr Kinn fiel plötzlich gegen ihre Brust und sie atmete schaudernd und tief auf. Sie war komplett ruhig – abgesehen von dem leisen Klinken ihrer Ketten, als sie wieder atmete, tief und gleichmäßig, als wäre sie eingeschlafen.
„Sind Sie in Ordnung?", fragte ich.
Sie antwortete nicht. Kann eine Hexe ins Koma fallen? Wahrscheinlich war es nur ein Teil ihrer Vorstellung, aber ich dachte, es wäre besser, Madam Pomfrey zu holen. Nur um sicher zu gehen, dass sie es nicht vortäuschte. Ich nahm ein Kissen vom Bett und schlug ihr damit so fest ich konnte auf den Kopf. Ihre Brille verrutschte ein wenig, aber sie reagierte nicht. Ich glitt vom Bett, hielt mich mit meinem Rücken zur Wand und rutschte an der Professorin vorbei in Richtung des Büros der Krankenschwester. Die Tür des Krankenflügels war geschlossen, aber ich drückte mich trotzdem gegen die Wand, falls einer der Professoren beschloss, vorbei zu kommen. Es dauerte eine Ewigkeit, den gesamten Umfang des Krankenflügels zu gehen, aber wenn es darum geht, öffentliche Nacktheit zu vermeiden, bin ich sehr stur. Ich hob alle paar Schritte den Blick, aber Trelawney stand noch immer an genau der gleichen Stelle. Endlich erreichte ich die Tür des Büros und hob die Hand, um zu klopfen. Kalte Finger schlossen sich um mein Handgelenk.
Trelawney war nicht mehr als zwanzig Zentimeter vor meinem Gesicht. Sie hatte sich ohne ein Geräusch bewegt. Ihre Augen waren geöffnet, aber sie rollten in ihren Sockeln. Ihr Mund öffnete sich und sie holte wieder tief und rasselnd Luft. Ich versuchte, meinen Arm von ihr los zu reißen, aber es brachte nichts.
„Es ist zu spät", knurrte sie mit heiserer Stimme.
„Was?" Ich verdoppelte meine Bemühungen, meinen Arm zu befreien, aber ihr Griff wurde nicht im geringsten lockerer. Ihre Augen rollten schneller und ich hatte die schreckliche Vorstellung, dass sie jeden Moment aus ihrem Kopf fliegen würde.
„Zu spät werden sie die Wahrheit sehen. Die Legionen des Dunklen Lords wandern wieder frei umher. Sein Treuester wird ihm das Blut seines Feindes anbieten und der Dunkle Lord wird wieder erstehen, aber in seiner Auferstehung wird er für immer an denjenigen gebunden sein, den er gekennzeichnet hat. Seine Wut wird schrecklich sein und der Tod wird als Erlösung kommen. Sein Treuester wird das Herz seines Feindes herausschneiden und ihn in der Dunkelheit verlassen. Wenn ... das Ende kommt ... in fünf Sommern ... wird der Dunkle Lord seinen Feind ergreifen, und es wird keine Gnade geben ... der ... Tod ... wird ... nur einen ... verschonen."
„Sybill! Bei Merlin, was machst du da?"
Ich hatte nicht gehört, dass die Krankenschwester ihr Büro verlassen hatte, aber ich war froh, dass sie ein wenig zu spät war.
„Sie will mich nicht loslassen!", sagte ich und zog noch einmal. Natürlich war meine Hand diesmal sofort frei und ich landete auf dem sehr kalten Steinboden. Ich sprang sofort wieder auf die Beine und drückte meinen Rücken gegen die Wand.
Professor Trelawney blinzelte, als hätte ich sie ins Auge gestoßen. „Mein Lieber, ich muss für einen Moment eingedöst sein."
„Sie haben einen Schüler gepackt und etwas über den Tod gerufen", sagte Pomfrey mit kalter, abwertender Stimme.
„Oh! Sie müssen sich verhört haben. Ich würde so etwas nie tun." Sie sah mich an, als könnte ich ihre Aussage unterstützen.
Ich starrte sie mit offenem Mund an. „Sie sagten, dass Voldemort zurückkommen würde!" Die Krankenschwester und die Professorin zuckten zusammen, als ich das „V" Wort sagte. „Sie sagten, es wäre zu spät und dass die Legionen des Dunklen Lords wieder frei wären, und dann sagten Sie etwas über Blut und das Herz von jemandem und dass der Tod nur einen verschonen würde! Sie sagten ..."
„Das kann ich nicht gesagt haben!"
„Oh doch, das haben Sie! Sie ..."
„Harry, beruhige dich bitte wieder", sagte eine leise Stimme an der Tür.
Ich weiß nicht, wie er wusste, dass hier drinnen etwas geschah, aber er wusste eindeutig, was draußen los war, und er hatte nicht das Recht, mich aus falschen Gründen hier fest zu halten. Ich wandte mich zu Dumbledore um, um mit ihm darüber zu streiten. Ich wollte ihm gerade tausend wütende Fragen entgegen schleudern, als hinter mir jemand nach Luft schnappte. Ich wandte mich wieder um. Professor Trelawney starrte mich an und Madam Pomfrey lachte fast.
„Was?", fragte ich und drehte mich wieder zum Zimmer um.
„Madam Pomfrey", sagte Dumbledore. „Wenn Sie bitte für Mr. Potter etwas angemessenes zum Anziehen holen würde. Ich denke, dass wir dieses Gespräch in meinem Büro zu Ende bringen."
Nach unserer Ankunft im Büro war der erste Satz, der aus meinem Mund kam, die Bitte, mit dem Wahrsagen aufzuhören. Er winkte mich zu einem Stuhl und nachdem ich mich kurz nach Ratten umgesehen hatte, setzte ich mich.
„Aber warum möchtest du deine Studie der Wahrsagerei beenden?", fragte der Direktor, während er sich hinter seinem Tisch nieder ließ.
Weil ich es nicht aushalte, im gleichen Klassenzimmer mit jemandem zu sein, der mein Hinterteil gesehen hat. Natürlich sagte ich das nicht laut, denn Dumbledore hatte sowieso schon zu viel Spaß auf meine Kosten. Jetzt schien der Moment so gut wie jeder andere, um das Thema wieder auf die wichtigen Frage zu lenken.
„Ron hat vorhin versucht, mich in Krankenflügel zu besuchen, um mir etwas über Askaban zu sagen." Ich spürte, wie meine Wut verflog, während ich sprach. Ich hatte zu viel Angst vor Dumbledores Antworten. „Was ... haben sie ... ich meine ... haben sie Sirius erwischt?" Meine Stimme zitterte, als ich den Satz beendete.
„So weit ich weiß, ist Mr. Black nicht in Gewahrsam des Ministeriums, aber ich habe leider keine weiteren Informationen für dich, Harry. Das scheint für dich vielleicht nebensächlich zu sein, aber ich muss dich trotzdem fragen." Der Direktor hielt inne und rückte seine Brille zurecht. „Hat Sirius Black je dir gegenüber erwähnt, auch, wenn es als Scherz gemeint war, dass er nach Askaban zurückkehren würde?"
Meine Kinnlade fiel herunter. „Natürlich nicht!"
„Hat er irgendwann die Absicht geäußert, die Todesser zu töten, die das Ministerium verhaftet hat?"
„Nein!" Inzwischen hätte sich ein Schlag in die Magengegend sehr gut angefühlt. „Was hat Sirius gemacht?"
„Ich kann dir nur die Informationen geben, die ich von anderen gesammelt habe. Als Minister Fudge mich über die Situation informiert hat, war bereits alles vorbei. Es ist zu spät."
„Die Legionen des Dunklen Lords wandern wieder frei umher." Die Wörter sprudelten aus mir hervor und mir wurde kalt. „Trelawney sagte ... ich dachte, sie würde wie immer alles erfinden."
Der Blick, den Dumbledore mir in diesem Moment zuwarf, hätte ein Loch durch meinen Kopf bohren können. „Harry, du musst mir genau berichten, was sie gesagt hat."
„Aber was ist mit ..."
„Ich werde dir alles sagen, was ich über Mr. Blacks Situation weiß, aber ich muss wissen, was mit Professor Trelawney geschehen ist."
Ich hatte keinen Grund, mich schuldig zu fühlen, aber ich es konnte es nicht unterdrücken, während der Direktor mich weiterhin anstarrte. Ich musste die Geschichte schon mindestens acht Mal wiederholt haben, bis Dumbledore zufrieden damit war. Er sah aus, als würde er mich gleich aus dem Büro werfen, also fragte ich wieder.
„Was hat Sirius gemacht?"
----- ----- -----
Es war das erste Mal, dass Hedwig versagte. Als ich sah, wie sie auf das Fenster des Schlafsaals zuflog dachte ich, sie hätte Sirius gefunden, obwohl der Rest der magischen Welt es nicht schaffte, aber das Papier in ihren Krallen war nur eine weitere Zeitung. Sie flatterte durch das Fenster und ließ die Zeitung auf den ständig wachsenden Berg am Ende meines Bettes fallen. Obwohl seit einer Woche niemand Sirius Black gesehen hatte, war er noch auf jeder Titelseite zu sehen.
Ich warf Hedwig einen Eulenkeks zu und entrollte die neuste Ausgabe der Abendvorschau, die folgende Schlagzeile trug:
Überlebende erzählen alles: Schwarzer Tod kommt nach Askaban
Darunter war ein Photo der Insel. Graue Wellen klatschten gegen die graue steinige Küste, über der ein schwarzes Kliff aus vulkanischem Gestein in den Himmel ragte. Schwache Hinweise auf vergitterte Fenster, die in den rohen Stein gemeißelt waren, waren zu sehen. Ich hatte schon acht andere Bilder der Insel und dieses neue zeigte mir nichts, was ich nicht bereits wusste.
Obwohl die Photos in der Vorschau nicht so gut waren wie die im Tagespropheten, hatten ich schon herausgefunden, dass die Artikel viel weniger auf Sensationsgier ausgerichtet waren. Hermine bestand darauf, dass ich das Wort verwende. Sie schien zu denken, dass „Sensationsgier" besser war als „große stinkende Lügen, die von feigen Reporten erfunden werden, die voller ... voller Drachenmist sind." Jedenfalls warf mir die Vorschau keine Theorien über „Blacks Plan für die Weltherrschaft" entgegen, oder auch „das wahre Ziel des Askaban Massakers."
Der erste Artikel in der Vorschau gab mir sogar etwas Hoffnung. Die Reporterin, Bethany Silverfoot, hatte ein Interview mit einem der beiden Überlebenden Wächter und dem einzigen überlebenden Muggel bekommen. Ich las die Zeitung zu Ende und fiel dann mit meiner Schere darüber her, um die wichtigen Informationen herauszuschneiden. Ich warf den Rest der Zeitung weg und ging zu dem Ordner, in dem ich die wichtigen Artikel aufhob. Mit Silverfoots Artikel hatte ich jetzt fast die gesamte Geschichte beisammen.
Die Abendvorschau; Samstag, der 10. Juni
Benjamin Archer: Wie ich überlebt habe
Von Bethany Silverfoot
Sogar um Askaban herum ist das Wetter im Juni heiß. Feuchter Nebel schlängelt sich um die Insel und verbirgt sie noch mehr vor dem Rest der Welt. Den Wächtern in Askaban macht dieser zusätzliche Sichtschutz nichts aus, doch am dritten Juni machten sie sich deswegen Sorgen. Die Dementoren denken nicht über die Zukunft nach. Sie machen sich keine Sorgen über die Geschehnisse in der Welt, solange sie Seelen haben, von denen sie sich ernähren können. Sie planen nichts und die einzige Macht, die sie auf ihren sicheren Rundgängen im Gefängnis hält, sind die menschlichen Wächter der Insel. Obwohl das Ministerium sicher war, dass sie die Dementoren unter Kontrolle hatten, waren sie sich nicht sicher, ob sie die Kreaturen alleine im Gefängnis lassen sollten. Als der Nebel so dicht wurde, dass er die Bojen im Wasser verbarg, wusste Benjamin Archer, dass etwas nicht in Ordnung war.
„Ich ging hinunter zur Küste, um Wind heraufzubeschwören, der den Nebel vertreiben sollte. Zuerst konnte ich nicht glauben, was ich hörte. Es war ein tiefes, brummendes Geräusch, wie hundert Kessel, die zur gleichen Zeit zu kochen beginnen, und es dauerte einige Momente bis ich erkannte, dass es ein Motor der Muggel war. Es konnte nicht passieren. Maschinen der Muggel funktionieren in der Nähe von Askaban nicht. Ihre Motorboote sterben im Wasser ab und die Strömungen treiben sie zurück zur Küste. Ich versuchte mir einzureden, dass es ein Trick des Wetters war, aber das Geräusch wurde lauter und ich konnte es nicht mehr ignorieren.
Ich rief Nathan MacNash und John Fleetwood zu mir, die anderen Wächter im Dienst, und wir holten uns Besen, um zum Boot zu fliegen, und es zum Land zu steuern, als wir ein wirklich schreckliches Klappern hörten. Wir hörten ein knarrenden Geräusch, wie ein Riese, der ein Metalltor in Stücke zerreißt. Wir flogen ein Stück die Küste entlang und fanden das Schiff. Es war eines dieser großen Fischerboote der Muggel, mit einem mechanischen Kran auf dem Deck, das die Fischnetze einholt. Es war auf Grund gelaufen und ein riesigen Loch klaffte an der Seite – mindestens fünf Meter lang und halb so hoch. Das Loch konnte nicht durch den Aufprall entstanden sein, denn das Metall war nach außen gebogen.
Ich wusste, dass das ein Aufstand im Gefängnis war. Muggel versuchen niemals, in der Nähe von Askaban zu fischen. Das Wasser ist so von Spuk heimgesucht wie die Insel. Wir zogen unsere Zauberstäbe und warteten auf Ärger. Wir hörten einen Schrei, eine Frau, und dann quoll Rauch aus dem Schiff. Die Muggel liefen wie Ratten aus der offenen Seite des Schiffs. Sie rannten in alle Richtungen davon und einige kamen auf uns zu, einige liefen zum Wasser und versuchten zu schwimmen. Sie gerieten in Panik. Es müssen mindestens fünfzig gewesen sein. Sie hatten solche Angst ..."
An diesem Punk hält Mr. Archer inne und reibt sich die Nase. Seine Augen wirken abgestumpft, als er wieder spricht.
„Die Dementoren mussten sie schon gefühlt haben, als sie noch eine Meile weit weg waren. All diese verängstigten Menschen. Wir befahlen ihnen, im Gebäude zu bleiben, aber sie drängten heraus auf die Küste. Die Muggel konnten sie nicht sehen. Einige liefen ihnen direkt in die Arme. Ich werde die Schreie nie vergessen. Die Dementoren verfolgten sogar diejenigen, die versuchten, schwimmend zu flüchten. Sie glitten in einer Art unheiligen Prozession hinaus aufs Wasser und hoben die Muggel hoch. Einige versuchten, den Atem anzuhalten und sich unter dem Wasser zu verstecken. Ich sah, wie eine ältere Frau unter die Oberfläche tauchte. Sie kam nie wieder hoch. Vielleicht war es so besser.
Die Dementoren kamen auch auf uns zu. Sie hielten einfach nicht an. Sie ignorierten unsere Anweisungen. Nur vier der Muggel erreichten uns und bettelten um Hilfe – um Gnade. Der Rest von ihnen wurde erwischt. Ich kann einen gestaltlichen Patronus hervorbringen. Man muss das können, bevor sie einen auf die Insel lassen - natürlich nur als Wächter, meine ich. Es gab aber so viele von ihnen. Wir konnten kaum einen Nebel heraufbeschwören, um sie uns vom Leib zu halten.
Sie waren außer Kontrolle. Wir konnten nichts mehr tun. Wir zogen uns in Richtung des Gefängnisses zurück. Als wir drinnen waren, verschloss MacNash den Eingang magisch. Die Dementoren, die bereits draußen waren, konnten so nicht mehr herein, aber ich wusste, dass ein paar noch bei uns drinnen waren. Jeremiah Burke, der Verwalter, war im Büro und ich ließ ihn per Flohpulver im Ministerium um Hilfe rufen und mitteilen, was geschehen war. Sie sagten, dass Hilfe auf dem Weg war, aber sie würden mindestens eine Stunde brauchen. Man kann in Askaban nicht apparieren oder disapparieren, und das Flohnetzwerk kann nur zur Kommunikation gebraucht werden.
MacNash, Fleetwood und ich gingen unsere Möglichkeiten durch. Wir konnte die Insel nicht unbewacht lassen, aber wir mussten die Muggel fortbringen. Wir beschlossen, dass wir die beste Chance hatten, wenn wir einen Notfall-Portschlüssel verwendeten. Die Portschlüssel würden die Muggel direkt ins Atrium des Ministeriums bringen und die Vergissmichs könnten sich dann um sie kümmern. Das Problem war, dass die Portschlüssel nur außerhalb der Sicherheitsbanne funktionierten, deshalb mussten die Muggel entweder nach draußen schwimmen, oder wir mussten sie zum Ende des Stegs auf der anderen Seite der Insel bringen. Egal was wir taten, wir mussten wieder nach draußen gehen.
Ich schickte Fleetwood und Burke auf Rundgang durch die Korridore, um sicher zu gehen, dass keiner der Gefangenen während des Tumults draußen an der Küste entkommen war. Fleetwood ging zuerst zum Hochsicherheitstrakt. Das war das letzte Mal, dass ich ihn lebend gesehen habe.
MacNash ging nach unten zu dem Verlies mit den Portschlüsseln und ich blieb alleine zurück, um die Muggel zu bewachen. Es waren drei Männer und eine Frau; sie sahen jung aus und schienen sich nicht zu kennen. Sie sahen mich nur mit ängstlichen Gesichtern an und als ich sie ansprach, zuckten sie zusammen.
Sie konnten sich nicht daran erinnern, wie sie auf dem Boot gelandet waren. Dolores, die Frau, sagte, dass sie am Trafalgar Square einkaufen gewesen war, als sie ein Plop hinter sich gehört hatte. Sie hatte sie umgedreht und einen Blitz aus rotem Licht gesehen. Sie war im Rumpf des Fischerboots aufgewacht, umgeben von Fremden. Sie hatten versuchte, zu entkommen, aber die Türen waren verschlossen gewesen. Etwa eine Stunde nachdem sie aufgewacht war, lief das Boot auf Grund. Ein Mann war erschienen; er war klein und trug einen schwarzen Umhang und eine weiße Maske. Er hatte einen Zauberstab gezogen und die eine Seite des Rumpfes hatte sich selbst aufgerissen. Der Mann in dem schwarzen Umhang hatte seinen Zauberstab auf sie gerichtet und sie mit einem riesigen Feuerball attackiert. Sie waren nach draußen gelaufen und etwas Unsichtbares hatte sie angegriffen.
In diesem Moment wusste ich, dass wir es mit Todessern zu tun hatten. Ich benutzte einen Sonorus Zauber, um Burke und Fleetwood zu rufen. Burke rief zurück, dass er keinen von ihnen gesehen hatte. Fleetwood antwortete nicht. Ich wollte mich gerade auf den Weg zum Hochsicherheitstrakt machen, als MacNashs Stimme durch die Gänge hallte. Er sagte, dass er von mindestens zehn Zauberern in einem Verlies festgehalten wurde. Ich wollte die Muggel alleine im Büro lassen, aber sie wollten nichts davon hören, und um ehrlich zu sein, es wäre nicht viel sicherer gewesen. Ich ließ sie mit mir kommen, und als wir das Büro gerade verlassen wollten sah einer der Männer, ich kann mich gerade nicht an seinen Namen erinnern, MacNashs Golftasche auf seinem Stuhl hinter dem Tisch. Die Muggel bestanden darauf, dass jeder von ihnen einen Schläger mitnehmen wollte. Ich dachte, es würde ihnen nicht viel bringen, aber es hielt sie in Bewegung.
Wir trafen Burke im Korridor vor dem Verlies. Alles war ruhig geworden und niemand wollte den Kopf um die Ecke stecken um zu sehen, was los war. Einer der Muggel hatte aber eine gute Idee. Er benutzte das glitzernde Ende seines Schlägers als kleinen Spiegel um zu sehen, was vor sich ging. Er erbleichte und gab mir dem Schläger.
MacNash war tot und sie hatten für ihn nichts so sauberes wie den Todesfluch verwendet. Er war über den Türrahmen des Verlieses verteilt und ich konnte sehen, dass die Portschlüssel fort waren. Die Todesser mussten in Richtung des Hauptstegs davon sein, und nicht zurück zum Boot. Burke und ich wussten, dass wir fast keine Chance hatten, sie aufzuhalten, aber wir liefen trotzdem zum Steg. Ich bemerkte nicht, dass die Muggel noch hinter uns waren, bis wir die Eingangstür erreichten, die schief in den Angeln hing.
Einer der Muggel fragte, ob dort draußen etwas war. Ich sagte ihm, dass es wahrscheinlich war. Ich konnte hören, wie das Wasser gegen die Küste klatschte – sonst nichts. Wir benutzten noch einmal den Trick mit dem Golfschläger, und so weit wir sehen konnten, was alles ruhig. Wir liefen hinunter zur Küste. Der Beginn des Piers kam in Sicht, aber das Ende war im Nebel verborgen. Ich dachte, wir wären zu spät, aber dann schrie einer der Muggel.
Ein grüner Lichtblitz schoss zwischen den Säulen des Stegs hervor und auf uns zu, ein weiterer kam hinter einem Felsen am Fuß der Klippe hervor. Burke und ich warfen uns zu Boden, aber die Muggel reagierten nicht schnell genug. Zwei von ihnen wurden getroffen und fielen tot und überrascht zu Boden.
Mehr und mehr Flüche schossen auf uns zu, während wir versuchten, zu kämpfen, aber wir waren von den Flüchen eingeschlossen. Wir wären alle getötet worden, wären die Dementoren nicht in diesem Moment aufgetaucht. Die Flüche von ihrer Seite des Kliffs hörten auf einen Schlag auf, und drei der Gefangenen liefen auf den Pier zu. Ich schaffte es, einen von ihnen zu lähmen, aber die Flüche, die unter dem Steg hervorkamen, zwangen mich, mich wieder zu ducken. Die Dementoren fielen über den her, den ich gelähmt hatte. Sie kamen auch auf uns zu, aber Burke beschwor seinen Patronus, und sie hielten sich von uns fern. Ich habe ihn immer wegen seines Patronus geärgert. Sein Patronus ist eine kleine Katze, der ein Ohr fehlt. Das werde ich aber nie wieder tun.
Ich konzentrierte mich wieder auf den Steg und Burke versuchte, unsere Seelen zu retten, aber ich hatte meinen Rücken frei gelassen. Wenn die Muggel nicht gewesen wären, nun ... um ehrlich zu sein, ich schulde ihnen mein Leben – und ihren Golfschlägern. Ich hätte wissen sollen, dass die Todesser noch ein paar Tricks im Ärmel hatten, aber mit einem Animagus hatte ich nicht gerechnet.
In Askaban wimmelt es von Kakerlaken und Ratten, und als ich sah, dass eine auf uns zukam, ignorierte ich sie. Sie lief direkt an mir vorbei. Eine Sekunde später hörte ich ein Plop. Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie sich die kleine Ratte in einen maskierten Todesser verwandelte, nur fünf Meter hinter mir, und sein Zauberstab war bereits auf meinen Kopf gerichtet. Der Muggel – ich erinnere mich jetzt wieder an seinen Namen, Andrew Pauling, stand auf und warf seinen Golfschläger. Er brachte den Arm des Todessers vom Kurs ab und die Frau, Dolores, warf sich auf ihn. Sie schrie die ganze Zeit und drosch mit einem Neuner-Eisen auf ihn ein. Sie zerbrach seinen Zauberstab und schlug ihm so oft auf den Kopf, dass Blut durch seine Kapuze sickerte. Andrew rief ihr zu, dass sie sich ducken sollte, aber sie war wie taub. Ein grünes Licht traf sie im Rücken. Sie ist die einzige Person, bei der ich je gesehen habe, das sie mit einem wütenden Gesichtsausdruck vom Todesfluch getroffen wurde. Der Todesser verwandelte sich wieder in eine Ratte und lief davon. Andrew traf ihn fast mit seinem Golfschläger, aber eben nur fast.
Die Dinge standen schlecht für uns. Die Gefangenen entkamen und krochen zum Steg. Der Animagus mussten ihnen Zauberstäbe gebracht haben, weil die Flüche praktisch auf uns herab regneten. Ich betete mit all meinen Gedanken und versuchte, mein Gesicht vor den herum fliegenden Trümmern zu schützen. Durch den ganzen Lärm hörte ich etwas anderes, ein hohes Brummen. Es war ein weiteres Boot der Muggel.
Ich wandte meinen Blick dem Meer zu und einen Moment lang sah ich es durch den dünnen Nebel hindurch. Es war eines dieser kleinen und schnellen Boote, die von den Muggeln immer zu Schrott gefahren werden. Ich sah auch, wer hinter dem Steuer stand, und ich war sicher, dass mein letztes Stündlein geschlagen hatte.
Einen Moment später war das Boot vom Nebel verborgen, aber alle Gefangenen schienen es auch bemerkt zu haben. Ich war überrascht, dass sie nicht glücklich aussahen. Eine Sekunde später wurde die Hälfte von ihnen von einem roten Lichtblitz ins Wasser geworfen. Es herrschte Unordnung und Verwirrung, und ein weiteres rotes Licht scheuchte sie auf. Sie sprangen vom Pier und kletterten zurück zur Küste und versuchten, vor den grünen und roten Blitzen Unterschlupf zu finden, die auf sie gefeuert wurden. Allerdings wurde kein Fluch in unsere Richtung abgefeuert, also nahm ich an, dass man uns noch nicht gesehen hatte. Ich dachte, dass unsere einzige Chance war, den Pier zu erreichen und zu beten, dass sie einen Portschlüssel vergessen hatten.
Wir krochen am Rand des Wassers entlang und zogen uns auf unseren Ellbogen vorwärts. Eine hohe Welle durchtränkte uns. Mein Umhang fühlte sich an, als würde er eine Tonne wiegen und gab ein Geräusch von sich, wie ein klatschender Fisch. Wir drei schafften es bis zum Pier, ohne dass auf uns gefeuert wurde. Wir setzten uns unter den Pier und durchsuchten unseren kleinen Unterschlupf nach einem vergessenen Portschlüssel ab, aber unser Glück war verbraucht. Wir saßen nur da und hörten zu, wie die Flüche eine halbe Stunde lang über unseren Köpfen nach vor und zurück flogen.
Eine Pause trat ein und ich hörte, wie das Boot der Muggel zum Steg vor. Der Motor starb ab und wir hörten ein dumpfes Pochen, als der Passagier auf die hölzernen Planken über uns trat. Das unheilvolle Poch, Poch, Poch, Poch von schweren Stiefeln kam uns immer näher und ich konnte sehen, wie ein Schatten die dünnen Schlitze im Boden verdeckte.
‚Du bist offenbar nicht glücklich, mich zu sehen, Peter!', rief Black aus vollem Halse und er lachte dabei leise. Ein weiterer Fluch blitzte auf und Black trat zur Seite, um ihm auszuweichen."
Archer hält wieder inne und schüttelt den Kopf.
„Ich kann es noch immer nicht verstehen. Was danach passiert ist, macht für mich keinen Sinn. Ein Explosionszauber zerstörte den hölzernen Steg über unseren Köpfen und eine Sekunde später starrten wir hoch zu Sirius Black. Vielleicht hatte ich eine seltsame Miene auf meinem Gesicht, oder vielleicht ist für einen Verrückten alles komisch, aber Black lachte uns aus, als wären wir das Albernste auf der ganzen Welt. Der Expelliarmus traf Burke und mich zur gleichen Zeit und unsere Zauberstäbe flogen weg. Black sah ein wenig enttäuscht aus, als er seinen Fang begutachtete. Er trat zur Seite, als ein weiterer Fluch der Gefangenen auf ihn zuflog, und dabei sah er fast ein wenig gelangweilt aus.
‚Kommt schon raus da', sagte Black. Ich dachte nicht, dass wir eine Wahl hatten. Ich kletterte heraus, und machte mich dann auf dem Pier so klein wie möglich, falls mich die Gefangenen mit einem Fluch attackierten. Burke folgte mir zitternd. Andrew sah uns verwirrt an. Er war ein Muggel, also wusste er nicht, wozu Black fähig war, und als Black ihm seine Hand anbot, um ihm nach oben zu helfen, nahm er sie doch tatsächlich an und bedankte sich auch noch.
‚Du weißt, wie man ein Boot fährt?', sagte Black zu dem Muggel, während er uns komplett ignorierte. Andrew nickte. ‚Hat es sonst noch jemand lebendig vom Fischerboot geschafft?', fragte ihn Black als nächstes. Andrew schüttelte den Kopf. Black hielt Andrew einen Schlüsselbund entgegen und er nahm ihn. ‚Das Boot ist am Ende des Piers. Fahr langsam, bis du an den Felsen vorbei bist. Wenn du auf offener See bist, fährst du Richtung Süden. Aus dieser Richtung kommt ein Schiff der englischen Marine. Sie sollten dich in Sicherheit bringen können.' Andrew nickte wieder und ging zurück, auf das Ende des Piers zu.
Dann sah uns Black an. Ich dachte, dass er uns umbringen würde. Ich erinnere mich an die Art, wie er uns aus seiner Zelle heraus immer angestarrt hat, bevor er entkommen ist. Der gleiche Blick lag in diesem Moment in seinem Gesicht. Er sah enttäuscht aus. ‚Werdet ihr mir helfen?', fragte er. Ich dachte, es wäre eine Art Einladung, uns Du-weißt-schon-wem anzuschließen, und ich sagte nein, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.
Als er meine Antwort hatte, deutete er einfach nur zum Ende des Stegs und sagte: ‚Geht.' Burke und ich folgten Andrew. Wir kletterten in das Boot. Andrew steckte den Schlüssel in einen kleinen Schlitz, zog an ein paar Hebeln und drehte an Scheiben und der Motor begann zu beben. Das Boot fuhr vom Pier weg und das letzte, was ich sah, war Blacks Rücken, bevor der Nebel alles verdeckte. Wir sahen ein paar Lichtblitze und hörten Explosionen, während der Kampf weiterging. Danach erreichten wir das offene Meer. Ein Angestellter des Ministeriums fand uns ein paar Stunden später und wir wurden in die Aurorenzentrale gebracht."
Da war es also. Dumbledore hatte mir gesagt, dass sie vier der entkommenen Gefangenen tot an der Küste gefunden hatten, und der Tagesprophet hatte später ihre Identitäten bestätigt. Rodolphus Lestrange, Augustus Rookwood, Aloysius Redford und Lydia McClintock waren Sirius zum Opfer gefallen. Acht weitere Gefangene wurden noch vermisst und ihre Namen waren nicht bekannt gegeben worden. Die seelenlosen Muggel waren aufgenommen und ins St. Mungos gebracht worden, aber nur zwanzig waren gefunden worden. Das Ministerium nahm an, dass der Rest von ihnen ins Meer gegangen und ertrunken war. Die Dementoren zeigten wieder absoluten Gehorsam. Ich denke, dass das Ministerium fand, dass es ein nettes Ende für die Geschichte war.
Ich konnte diese kränkliche Gefühl nicht unterdrücken, als ich darüber nachdachte. All diese Menschen waren gestorben, und sie haben nie auch nur gewusst, was mit ihnen geschah. Ihre Familien würden nie erfahren, was passiert war. Ihre Kinder hatten wahrscheinlich vor den Schulen gewartet und fragten sich, warum ihre Mum oder ihr Dad noch nicht am Parkplatz waren, um sie abzuholen. Pettigrew war an all dem Schuld.
Ich ging hinüber zum Fenster und sah wieder hinaus; ich hoffte, einen großen, schwarzen Hund zu sehen, der über den Rasen schlich, aber das Gras wog nur sanft im Mondlicht. Ich ging zurück zum Bett und ließ mich darauf fallen. Ich machte mir wegen Sirius Sorgen, aber eigentlich war ich eher wütend.
Es war alles geplant. Dumbledore hatte mir in der Woche vor meiner letzten Verwandlung die Erlaubnis gegeben. Ich würde den Sommer am Grimmauldplatz verbringen. Die Dursleys würden mich nie aufnehmen, wenn wie wüssten, dass ich ein Werwolf bin, und nun war alles im Unklaren. Meine Wut war egoistisch, das gebe ich zu, aber ab und zu verdiene ich auch etwas Egoismus, oder? Sirius musste ja Pettigrew unbedingt alleine verfolgen! Er hätte Dumbledore um Hilfe bitten können! Er hätte mich fragen können. Ich hätte im helfen können, aber nun hatte ich nur einen Stapel Zeitungen und eine dahin schmelzende Hoffnung, dass er acht Todessern entkommen war und es noch einmal geschafft hatte, zu Küste zu schwimmen.
Seamus kam in diesem Moment ins Zimmer. Er warf meinem Stapel Zeitungen einen seltsamen Blick zu, und ging dann weiter zu seinem Nachttisch. Ich zog die Vorhänge um mein Bett und starrte hoch zur Decke, wobei ich versuchte, meinen Magen zu überreden, sich zu entknoten. Sie haben seine Leiche nicht gefunden, dachte ich zu mir selbst. Sie haben seine Leiche nicht gefunden.
Sie suchen aber auch nicht nach einem großen, schwarzen Hund, sagte die kleine Stimme in meinem Kopf.
Ich verbrachte eine weitere schlaflose Nacht.
