Ausnahmezustand
Frettchenjagd
Am nächsten Tag stand „Pflege magischer Geschöpfe" auf dem Plan, was normalerweise nie reibungslos ablief. Es fing schon an, wenn die Slytherins ankamen. Heute jedoch beließ Malfoy es bei einem wütenden Funkeln. Harry grinste ihn an, was ihn noch wütender machte.
„Nicht provozieren, Potter, das war die Regel", zischte er und ging dann zur anderen Seite, von wo aus er Harry nicht sehen konnte.
Harry gluckste. „Na, was habe ich gesagt?", meinte er zu Ron, welcher mit den Schultern zuckte.
„Wir werden sehen."
Hagrid verschaffte sich Aufmerksamkeit. „Heute habe ich mir etwas ganz spezielles ausgedacht", rief er. Ein Stöhnen ging durch die Klasse, die Slytherin Seite fing an zu flüstern. Argwöhnisch streckte Ron seinen Hals aus, aber keiner sagte ein offenes Wort gegen Hagrid.
Dieser zog eine Kiste heran und klopfte darauf. „Muggel Tiere. Können gar nicht gefährlich sein. Trotzdem solltet ihr den Umgang mit ihnen beherrschen."
„Muggel Tiere? Ihh!", kreischte eine Slytherin.
„Das können Sie nicht von uns verlangen!", sagte Malfoy, Reinblutzauberer erster Klasse.
„Und ob ich das kann, und ob. Alles mit dem Direktor abgesprochen, keine Angst. Ich werde jetzt Paare einteilen und ihr macht dann einen Spaziergang mit den Tieren. Dabei müsst ihr euch gegenseitig unterstützen, ist klar, nicht?"
„Mir schwant nichts Gutes", flüsterte Ron zu Harry. Harry blickte ihn an. „Wieso?"
Ron nickte nur zu Hagrid, der mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck auf sie zukam.
„Ich mach's nicht gerne, Leute, glaubt mir, aber Dumbledore dachte, es wäre das Richtige..."
„Schon gut, Hagrid", beschwichtigte Harry ihn, „ich kenne mich mit Muggel Tieren aus. Was sind es denn? Hunde? Katzen?"
Hagrid schüttelte den Kopf. „Das meine ich nicht." Er zog eine Liste heraus und blickte darauf. „Also gut, Ron, dein Partner ist Blaise Zabini, Harry, deiner ist Draco Malfoy." Er klopfte ihnen noch einmal aufmunternd auf die Schulter und ging dann, die weiteren Paare einteilen. Harry und Ron starrten sich fassungslos an.
„Das geht zu weit!"
„Das kann er uns nicht antun!"
Doch sie hatten keine andere Wahl. Harry stapfte zu einem säuerlich aussehenden Malfoy.
„So haben wir nicht gewettet, Potter!", keifte dieser ihn an.
„Ich muss doch sehr bitten, mein Name ist Harry. Ich hol uns mal ein Tierchen."
Er ging zur Kiste, da er wusste, dass Malfoy das Tier wohl kaum anpacken würde. In der Kiste lagen verschiedene Tiere. Hundewelpen waren schon von den Mädchen genommen worden, im Moment saß noch eine Katze dort, ein Frettchen und ein Schwein. Harry grinste und nahm das Frettchen.
Dasselbe an der Leine entfernten er und Malfoy sich von der Klasse und gingen schweigend über das Schlossgelände. Harry sah Ron von weitem, mit zwei Schweinen, äh, einem Schwein und Zabini herumspazieren. Er sah nicht sehr fröhlich aus.
„Draco, willst du nicht auch einmal?", fragte Harry und hielt ihm die Leine hin. Malfoy musterte das Frettchen angewidert.
„Nein, Potter."
„Och, komm schon, wir sollen uns doch helfen!", feixte Harry. Indem er nett zu Malfoy war, ärgerte er ihn mehr als sonst, und das Beste war, Malfoy konnte nichts dagegen tun. Irgendwie war der Plan von Dumbledore ja doch nicht so schlecht. Solange es nicht zum äußersten kam.
Malfoy knurrte und nahm die Leine aus Harrys Hand. „Wenn es irgendwelche Anstalten macht, kannst du es wieder haben."
„Ja, ja. Mach dir mal nicht ins Hemd."
Sie gingen schweigend weiter. Was sollten sie sich auch erzählen, bis jetzt waren ihre einzigen Konversationen Streitgespräche gewesen, die ja jetzt ausfielen. Harry dachte an die vergangenen drei einhalb Jahre. Tatsächlich war ihr einziges Gespräch ganz am Anfang gewesen, als sie sich in der Winkelgasse getroffen hatten. Danach hatte Malfoy sich von ihm abgegrenzt (oder war es Harrys Schuld gewesen, weil er sein Freundschaftsangebot nicht angenommen hatte?).
„Ey, Draco!", sprach er seinen Rivalen, der immer wieder nervös zu dem Frettchen blickte, an. Malfoy zischte ihn an. „Was? Ich bin beschäftigt."
„Das sehe ich. Aber mal im Ernst, warum bist du eigentlich immer so gemein zu mir?"
Malfoy wandte ihm nun doch den Kopf zu und verengte seine grauen Augen zu Schlitzen.
„Willst du mich auf den Arm nehmen?"
„Uh, nicht so gerne, nein."
„Potter, du bist einfach dumm wie Brot..."
„Ich verbitte mir die Beleidigungen!"
„...da kann ich einfach nicht anders. Außerdem...HEY!"
Das Frettchen, von beiden aus den Augen gelassen, hatte sich losgerissen und lief nun, die Leine hinter sich her schleifend, frei umher. Malfoy fing sich wieder und lachte.
„Malfoy, wir müssen es wieder einfangen!", meinte Harry entsetzt und vergaß ganz, Malfoy mit seinem Vornamen anzusprechen.
„Warum? Es ist nur ein Frettchen! Oder hängst du so an Frettchen, Potter?"
„Wir werden eine schlechte Note kriegen, das ist alles!"
„Als würde der Riesenunken DIR eine schlechte Note geben."
„Ich werde es jetzt auf jeden Fall wieder einfangen", meinte Harry und setzte sich in Bewegung. Malfoy lief langsam weiter und beobachtete, wie Harry verzweifelt dem Frettchen hinterher jagte. Schon merkwürdig, mehr oder weniger friedlich mit Potter zu reden.
Hagrid schrie etwas herüber, was Malfoy zu ignorieren versuchte. Doch dann kam der Halbriese immer näher, und Draco wollte es nicht alleine mit ihm aufnehmen.
„Malfoy, hilf deinem Partner gefälligst! Sonst muss ich das Dumbledore melden!"
„Schon gut, schon gut", meinte Draco und rannte zu Potter, aber nur, um Hagrids Klauen zu entkommen. Sein Partner machte sich gerade lächerlich und Draco war nicht darauf aus, es ihm gleich zu tun.
„Potter! Hast du denn gar kein Gehirn? Du musst es in eine Ecke treiben!"
Ohne weiter nachzudenken, half Malfoy Harry, der schon ziemlich außer Atem war, das Frettchen einzutreiben und zu zweit hatten sie leichtes Spiel. Dann gingen sie zurück zur Hütte und gaben ihr Tier ab.
-
„Und Ron, wie war Zabini so?", wollte Harry auf dem Rückweg wissen.
„Schrecklich. Aber heute hat er sich zusammen gerissen und noch weniger gesprochen als sonst, man sollte es nicht meinen."
„Keine Probleme mit dem Schwein gehabt?"
„Ich sagte doch gerade, er hat sich zusammen gerissen."
„Ron!"
„Schon gut. Nein, das Schwein war pflegeleicht. Du und Malfoy hatte Probleme mit eurem Frettchen, ne?", grinste er.
„Ja. Hätte Draco sich mal früher erbarmt, wäre das nicht so schlimm gewesen."
„Draco?"
„Ach. Reine Gewohnheit. Ich meinte Malfoy, das ist sein Vorname."
Ron schaute Harry schief an. „Ich weiß."
„Dann ist doch gut. Hoffentlich werden die nächsten Wochen nicht zu hart. Aber ich denke, nach einiger Zeit werden wir es gewöhnt sein, Slytherin zu ignorieren."
Sie kamen zur Tür und betraten das Schloss. Die nächsten Stunden hatten sie mit Ravenclaw und Hufflepuff, und Harrys Gedanken wurden auf Cho Chang und später Pflanzenkunde gelenkt. Bis zum Abendessen wurde die Geduld von Gryffindor und Slytherin nicht mehr auf die Probe gestellt.
Danke an meine Reviewer! Ich wollte noch anmerken, dass ich gar nicht vorhatte, eine weitere deutsche Fic zu diesem Thema zu schreiben, aber ihr habt mich mit euren Reviews bei "I will always make you cry" so nett darum gebeten, da konnte ich einfach nicht anders. Also seht ihr mal, was Reviews so ausmachen! ;-)
