Ausnahmezustand
Ronny und Pansy
Harry erwachte am nächsten Morgen voller Frische und fragte sich, ob er vergessen hatte, die Vorhänge zu schließen, da ihm eindeutig die Sonne ins Gesicht schien. Er blinzelte und öffnete die Augen. Ruckartig setzte er sich auf, als er erkannte, dass er nicht in seinem Bett lag.
Doch dann sah er Draco ihm gegenüberliegendem Bett liegen und alles fiel ihm wieder ein. Wenn er schlief, sah Draco so friedlich aus, stellte Harry fest. Er bettete seinen Kopf wieder auf sein Kissen und dachte nach. Heute war Samstag, den er ungestört mit seinen Freunden verbringen konnte. Ein Glück. Zwar hatte er festgestellt, dass Draco auch na ja, nicht nett, aber ganz angenehm sein konnte, aber seine Freunde fehlten ihm jetzt schon.
Er stand auf, zog sich an und verließ leise das Zimmer. Er schaffte es sogar, nicht die Tür hinter sich zuzuknallen.
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Draco öffnete seine Augen. Sein Herz klopfte in seiner Brust, als hätte er gerade nach einem anstrengenden Quidditch Match den Schnatz gefangen. Er wusste nicht, wieso, aber als er von Potters Geräuschen wach geworden war, hatte er sich nicht bewegen können. Manchmal blinzelte er durch seine leicht geöffneten Augen, bis Potter das Zimmer verlassen hatte.
Dann setzte er sich auf, schwang seine Beine vom Bett und streckte sich. Bei dem Gedanken, seinen Tag mit Crabbe und Goyle zu verplempern (wahrscheinlich würde Pansy sich auch noch ihnen aufzwingen), schüttelte er sich. Vielleicht konnte er sich ja zwischendurch zu Zabini wegschleichen.
Nachdem er sich fertig gemacht hatte, ging er zum Frühstück. Ein kurzer, eher aus Gewohnheit geworfener Blick zum Gryffindortisch ließ seinen Mund aufklappen. Während er weiterlief, blieb sein Blick an den Tisch geheftet und er lief gegen die Bank und verlor das Gleichgewicht. Er schwankte, hielt sich an der dort sitzenden Person fest, was aber nur dazu führte, dass er unter ihr vergraben wurde.
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„Uah!", rief Harry, als er nach hinten gerissen wurde und auf etwas weichem landete. Einen Moment hatte er den besten Ausblick seines Lebens auf die verzauberte Decke, als zwei starke Hände ihn auch schon packten und auf den Boden beförderten. Harry, noch im Halbschlaf, wusste nicht, wie ihm geschah und blickte sich um.
„Malfoy! Warum greifst du mich an?", beschwerte er sich, als er sich aufrappelte und neben seinen Zimmergenossen setzte.
„Wovon redest du?", meinte Malfoy gefasst und schieb seinen Löffel in den Mund. Ein klitzekleines Lächeln umspielte seine Lippen.
„Potter, hast du schon mal zu deinem Freund geblickt, heute Morgen?", fuhr er fort.
Harry drehte seinen Kopf kurz und schaute auf Ron. Dann grinste er Malfoy an.
„Was denn, freust du dich nicht für sie? Oder bist du eifersüchtig?"
„Im Gegenteil, ich bin froh, dass sie mich anscheinend aufgegeben hat. Soll das Wiesel sich mit ihr rumquälen!", schnarrte Draco.
Seamus, der ihnen gegenüber saß, starrte mit offenem Mund von Ron und Pansy zu Harry und Draco.
„Was... oh Mann! In letzter Zeit erlebe ich so viel Ungewöhnliches! Ron und Pansy? Nicht in meinen kühnsten Träumen! Und dann ihr beiden, fast friedlich miteinander frühstückend!", sagte er.
Draco schnaubte und sagte nichts mehr. Harry funkelte Seamus an. „Wir frühstücken nicht friedlich miteinander! Lass dir das gesagt sein!"
Seamus grinste und stand auf, drei Toast in der Hand. „Harry, am Samstag ist es eigentlich egal, an welchem Tisch du frühstückst, da viele gar nicht erst erscheinen. Aber lass dich nicht aufhalten, die Macht der Gewohnheit ist stark, kenn ich, kenn ich", sagte er und lief aus der Halle.
Harry blickte ihm böse hinterher und tauschte dann einen Blick mit Malfoy, der genauso griesgrämig aus der Wäsche schaute.
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Draco hätte schwören können, dass er und Potter denselben Gedanken gehabt hatten – eine kleine Rache an Seamus – doch dann stand Harry auf und wanderte mit seinem Teller zum Gryffindor Tisch. Beleidigt starrte Draco in seine Grütze. Der Appetit war ihm vergangen.
Er beschloss, seine Hausaufgaben zu erledigen und ging dazu mit seinen Sachen in die Bibliothek. Nachdem er einige Zeit dort gesessen hatte, kamen Zabini und Granger hereingeschlendert. Draco starrte sie an. Ob Potter ihm die richtigen Informationen über die beiden gegeben hatte? Zabini sah ihn und steuerte auf ihn zu, während die Granger sich an einen entfernten Tisch setzte.
„Hi Draco", sagte Zabini und setzte sich ihm gegenüber.
„Hi", antwortete Draco. Was sollte er tun, noch so ein Vornamenfetischist. Aber bei Zabini sah er ein, da er ihn mittlerweile als Freund betrachtete. „Blaise", hängte er deswegen noch an. „Stimmt es, dass du mit der da", Draco nickte abfällig zu Hermine hinüber, „auf den Ball gehen willst?"
Zabini zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Sie ist nett. Und ich bleib in den Ferien eh immer hier."
„Seid ihr... ein Paar? So wie Weasley und Pansy?", wollte Draco wissen. Alle seiner Mitschüler fingen was mit Gryffindor an. Richtig ekelhaft. Doch zu seiner Überraschung antwortete Zabini: „Nein. Nein, sind wir nicht..."
Draco betrachtete seinen Freund. Tatsächlich, er sah enttäuscht aus. „Aber du wärst es gerne?"
„Würdest du dann nicht mehr mein Zimmerpartner sein wollen?"
Draco lachte spitz auf. „Mach dir darum mal keine Sorgen, ich weiß dich als Zimmerpartner zu schätzen. Hoffentlich kehrst du bald zurück."
Zabini horchte auf. Seit wann war Draco Malfoy so sentimental? „So schlimm?" Draco nickte nur. Dann verdüsterte sich sein Gesicht und Zabini drehte sich um, um den Grund zu erkennen.
„Wenn man vom Teufel spricht", kommentierte er die Ankunft Potters mit Weasley und Pansy. Pansy kreischte spitz auf und stürmte zu ihnen.
„Dracooo! Ronny und ich...hach! Tut mir ja leid, aber ich bin jetzt mit ihm zusammen. Du warst zu langsam!"
„Ach?", machte Draco genervt und hielt sich sein Buch vor die Nase. Zabini drückte es herunter und Draco stöhnte auf, als er sah, dass „Ronny" zu Pansy gekommen war. Hermine und Harry standen neben dem Tisch und Hermine meinte etwas säuerlich: „Blaise, wolltest du mir nicht etwas zeigen?" Zabini nickte Draco zu und stand dann auf, ging mit Granger weg.
Harry setzte sich auf den freigewordenen Platz, mit Seitenblick auf Ron und Pansy. Dann wandte er sich an Draco.
„Vor dir hat man auch keine Ruhe!"
„Potter, wer ist mir denn hinterher gerannt? Niemand zwingt dich, hier zu bleiben!"
„Doch", nuschelte Harry in seinen nicht vorhandenen Bart. Draco hob eine Augenbraue.
„Na ja, ich will mit meinen Freunden zusammen sein. Und die sind nun mal hier, wenn auch beschäftigt", erklärte Harry.
„Interessant. Warum nutzt du nicht die Zeit und suchst dir ein Date für den Ball?", stellte Draco die Frage, die ihn seltsamer Weise beschäftigte.
Harry zuckte mit den Schultern. „Ich weiß niemanden... und ich habe auch keine richtige Lust auf diesen Ball. Ich glaub, ich geh nicht."
Ron ließ von Pansy ab und drehte seinen Kopf zu Harry. „Natürlich gehst du, und wenn du mit Malfoy gehst!", beschwerte er sich. Draco setzte seinen tödlichsten Blick auf. „Weasley, willst du mich provozieren?"
Harry stattdessen war sprachlos, was sollte man auch erwidern, wenn einem unterstellt wird, mit seinem Feind zu einem Ball erscheinen zu müssen?
Ron dachte nicht über eine Antwort nach, da Pansy ihn ungeduldig zu sich zog. Harry schaute sich den Tisch genauer an und Draco, der zu diesem blickte, hob eine Augenbraue. Warum verhielt sich Potter so merkwürdig?
„Potter?", fragte er. Harry blickte ihn mit einem Dackelblick an. „Ja?"
„Du solltest endlich ein Mädchen aufreißen, denn ich fahre in den Ferien nach Hause, wie ich dir gestern schon gesagt habe", meinte Draco mit einem kleinen, hinterhältigen Grinsen. Harry wurde rot.
„Keine Angst, Malfoy, eher würde ich vom Astronomieturm springen, als mit dir zu gehen", spie er aus. Er erhob sich und verließ die Bibliothek.
Draco blickte ihm amüsiert hinterher. Einen Augenblick überlegte er sogar, hinter ihm herzugehen, aber das war dann doch zu un- malfoy- haft. Und überhaupt, warum sollte er das wollen? Er schüttelte sich und wandte sich wieder seinem Buch zu. Doch er konnte sich nicht konzentrieren, immer wieder kehrten seine Gedanken zu Harry zurück, wie dieser fast schon schüchtern den Tisch angestarrte hatte.
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Harry stürmte wütend aus der Bibliothek. Das nächstbeste Mädchen, das ich treffe, werde ich bitten, mich zum Ball zu begleiten, nahm er sich vor. Prompt rannte er in Luna, die ihn mit verträumten Augen ansah. Vielleicht doch lieber das übernächste, dachte er und ging ohne Entschuldigung weiter.
Wie kam Malfoy überhaupt darauf, er würde mit ihm ausgehen wollen? Erstens, sie waren beiden Jungens, zweitens, Harry war für alle ersichtlich hetero und drittens, es war MALFOY! Sein bitterster Rivale!
In Gedanken schnaubte Harry und sah sich um. Er stand in der Eingangshalle, seine Füße hatten ihn automatisch dorthin getragen. Er beschloss, hier zu bleiben, denn hier war die Chance, ein attraktives Mädchen zu treffen, größer.
Er verschränkte seine Arme und blickte die vorübergehenden Schüler provokativ an. Niemand sagte etwas. Nachdem er schon drei Mädchen nicht angesprochen hatte, kam Ginny an und fragte: „Harry? Was genau machst du da?"
„Ich bin auf der Suche."
Sie blickte ihn prüfend an. „Kann ich dir vielleicht behilflich sein?"
Jetzt war Harry derjenige, der sie sich genauer ansah. „Keine Ahnung. Bleiben ein paar Freundinnen von dir über die Ferien hier?"
„Ja, bestimmt. Warum?"
„Ich brauche ein Date. Für Halloween."
„Oh", meinte Ginny und errötete. Dann starrte sie nachdenklich ihre Fußspitzen an. „Vielleicht...wenn es dir nichts ausmacht..."
„Was?", fragte Harry, mit Blindheit geschlagen.
„Ach, du musst wissen, wen du bittest", meinte Ginny, ohne ihn anzusehen und rannte die Treppen hoch. Harry sah ihr stirnrunzelnd hinterher. Dann fiel ihm etwas ein. „Ginny!", rief er, aber sie hörte nicht mehr. Schließlich war sie ja auch ein Mädchen, warum hatte er das nicht früher bemerkt? Er nahm sich vor, sie bei der nächsten Gelegenheit zu fragen und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.
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Draco hatte genug von dem knutschenden Paar, das nicht gerade aus seinen besten Freunden bestand. Und da Zabini verschwunden blieb, ging er raus und überlegte, was er tun sollte.
Zuerst einmal wollte er Crabbe suchen. Vielleicht war er sogar bei Goyle, dem neu erkorenen Gryffindor, aber wo würden sie sich aufhalten? Sicherlich nicht im Slytherin Gemeinschaftsraum, auf den Draco sich automatisch zu bewegte. Er war in Gedanken versunken. Wen würde Potter wohl um ein Date bitten? Plötzlich bemerkte er, dass er vor seiner Zimmertür stand. Er zuckte mit den Schultern und trat ein. Beinahe hätte er wieder kehrtgemacht, als er sah, dass Potter auf seinem Bett lag, aber dann überlegte er es sich anders. Von dem lasse ich mich nicht aus meinem Zimmer vertreiben.
So würdevoll wie möglich ohne Umhang (schließlich war es Samstag) schritt er zu seinem Schrank und tat, als würde er etwas suchen. Als er seinen Besen sah, beschloss er spontan, ein bißchen Quidditch zu trainieren.
Mit dem Besen in der Hand ging er zur Tür, aber er hatte die Rechnung ohne Harry gemacht. Dieser sprang auf und sagte:
„Gut, dass du daran denkst, ich wollte dich auch noch darauf ansprechen!"
Verwirrt blieb Draco stehen und fragte sich, wovon Potter schon wieder quatschte. Es wurde ihm jedoch klar, als er ebenfalls seinen Besen holte und sich neben Draco stellte. „Ich bin bereit."
„Potter, was glaubst du eigentlich, dass du dir alles erlauben kannst?", funkelte Draco ihn an.
Harry sah ihn betroffen an. Aber nur eine Sekunde lang. „Du hast gestern ‚Morgen' gesagt."
„Ja, und ich bereue es", murrte Draco. Doch er sah ein, dass er sein Versprechen halten musste und wenigstens so tun, als würde er sich ernsthaft Gedanken darüber machen, Potter in sein Team zu lassen. „Na schön, komm."
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Harry pfiff fröhlich vor sich hin. Er liebte Quidditch, da machte es ihm auch nichts aus, an Malfoys Seite spielen zu müssen. Dieser hatte den Schnatz losgelassen und nun umkreisten sie beiden das Stadion, immer Ausschau danach haltend.
Im Moment flog Malfoy neben ihm. „Und Potter, wie siehst aus?", fragte er und schaute ihn misstrauisch an. Wahrscheinlich hoffte er, dass Harry aufgab, aber da kannte er ihn schlecht. Harry grinste und erwiderte:
„Danke, ganz gut. Wenn du aus meinem Sichtfeld verschwinden würdest, natürlich noch besser."
„Denk daran, du brauchst mich noch! Also sei nett!", höhnte Draco.
„Pah, das wüsste ich aber!"
„Wie du willst, dann können wir das Training ja abbrechen, oder?"
„Schon gut, seit wann verstehst du keinen Spaß mehr? Ach, hast du ja noch nie verstanden, tut mir leid", meinte Harry.
Draco stieß ihn mit der Hand, so dass Harry schwankte.
„Pass auf, was du sagst, Potty!"
Harry fing sich und sendete einen bösen Blick zu seinem Rivalen. „Pass du lieber auf, was du mit deinen Griffeln veranstaltest."
Zum Protest schubste Draco ihn noch einmal, und diesmal konnte Harry sich nicht mehr halten.
Einen Moment lang starrte Draco erschreckt dem fallenden Harry nach, dann setzte er zum Sturzflug an. Er näherte sich mit rasender Geschwindigkeit, streckte seine Arme aus und schwankte selber heftig, als er Harry festhielt. Doch er gewann die Kontrolle über seinen Besen zurück und zog Harry mit aller Kraft darauf. Voller Panik blickte dieser Draco an.
„Was hast du getan! Ich hätte mir wer- weiß- was brechen können!"
„Wie bitte?", protestierte Draco. „Ich habe dir gerade das Leben gerettet!"
„Aber nur, weil du es vorher in Gefahr gebracht hattest!"
„Potter, ich kann dich immer noch runterschubsen!"
Harry blickte nach unten, sie waren noch gute zwanzig Meter vom Boden entfernt. Er schluckte.
„Schon gut. Danke", krächzte er. Eine Hand hielt Draco noch um seine Hüfte, und er wollte nicht, dass er losließ. Sonst wäre Harry nur noch Vogelfutter.
Dann blickte er auf, sein Besen schwebte immer noch an derselben Stelle. „Hm, Draco? Denkst du, du könntest dorthin fliegen?"
„Sicher denke ich das", erwiderte Draco gleichgültig. „Ich weiß nur nicht, ob ich das will."
Harry erschauderte bei dem Ausdruck, mit dem Draco ihn anblickte. Zu gerne würde er jetzt wissen, was der Slytherin dachte. Der Besen flog ein Stück nach oben, und Harry klammerte sich instinktiv an Draco fest.
„Potter, ich wusste schon immer, dass du mir nicht widerstehen kannst", keifte dieser bei dem unerwartet nahen Kontakt.
„Lustig, Malfoy. Normalerweise habe ich keine Höhenangst, aber auf deinem Besen wird mir schwindlig."
„Das liegt nicht an meinem Besen", flüsterte Draco. Harry löste seinen Blick vom Boden und schaute in die grauen Augen, die nur wenige Zentimeter entfernt waren. Am liebsten würde ich darin versinken. Er löste einen Arm von Malfoys Rücken und strich ihm vorsichtig durch die Haare, verloren in Gedanken. Wie es schien, hatte auch Draco sich nicht unter Kontrolle, denn er schloss kurz die Augen und als er sie wieder öffnete, lehnte er sich ein wenig vor, bis ihre Nasenspitzen sich berührten.
Harry hielt die Luft an. Dann öffnete Draco seinen Mund – „Potter, ich wusste, dass du ein Haarfetischist bist."
Dann steuerte er Harrys Besen an, der noch immer verwirrt hinüber kletterte. Den Rest des Spiels konnte er sich nicht mehr konzentrieren und so geschah es, dass er sich den Schnatz zum ersten Mal in seinem Leben von Malfoy wegschnappen ließ.
An meine lieben Reviewer Elektra van Helsing, Silver Snake, Mäuschen, niah luna, kittyCat, Avallyn Black und SammyBN :Ich bin euch zu großen Dank verpflichtet! Es tut mir leid, wenn ich jemals vergessen habe, dass ihr reviewt habt, soll nie wieder vorkommen! °zwinker°
