Ausnahmezustand

Erde an Draco

Schweigend gingen Harry und Draco zurück zum Schloss. Teilweise wurde ihnen hinterhergetuschelt, seit wann verstand Harry Potter sich mit Malfoy? Hatte Dumbledore das Unmögliche geschafft?

Im Zimmer angekommen schmissen sie ihre Besen aufs Bett und wollten gleichzeitig ins Bad.

„Potter, mein Haus, mein Zimmer, mein Bad! Ich bin zuerst dran!"

„Es ist auch mein Haus, mein Zimmer und mein Bad! Außerdem hast du mich in Lebensgefahr gebracht!"

„Ich wohne hier schon länger und außerdem habe ich dir das Leben gerettet!"

„Du brauchst aber immer so lange!"

„Woher willst denn du das wissen?"

„Ich bin zuerst oder du kannst was erleben!"

„Uh, ich zittere ja richtig", keifte Draco und tat, als schlottere er vor Angst. Dann grinste er und ging einfach ins Bad, zog die Tür hinter sich zu. Harry hämmerte dagegen, dann gab er auf und schmiss sich neben seinen Besen.

Er starrte an die Decke. Dieser Moment, als er auf Dracos Besen gesessen hatte, so dicht bei ihm, dass er seinen Atem hatte spüren können... er wollte nicht daran denken, aber es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Nach einiger Zeit hörte er, dass die Badezimmertür sich öffnete und vernahm Schritte auf dem Boden. Bevor Harry etwas tun konnte, war Draco auf sein Bett gesprungen und schüttelte sein nassen Haare über ihm aus.

„Hier, du magst meine Haare doch so, Potter", lachte er dabei. Es war kein gemeines Lachen, sondern eins, dass Fröhlichkeit ausdrückte. Ungewöhnlich genug für Draco.

Harry schrie auf, als er die Tropfen bemerkte, die auf seinem Gesicht landeten. Er fasste Draco an den Schultern, um ihn aufzuhalten und konnte seinen Blick nicht von diesem frechen Gesicht abwenden.

Dracos Grinsen verschwand und er wurde ernst. Er kroch näher zu Harry und setzte eine Hand auf die andere Seite, dann beugte er sich langsam hinab.

Harry wurde schlecht. Was hatte Draco vor? Gleich sprengt mein Herz meinen Brustkrob, solche sinnlosen Gedanken gingen ihm in diesem Augenblick durch den Kopf. Dracos Gesicht war jetzt ganz nahe und Harry spürte einen intensiven Drang, sein eigenes ihm entgegenzustrecken. Aber er war unfähig, sich zu bewegen. Der Umstand, dass Draco halbnackt war, trug nicht gerade zu Harrys Ermutigung bei.

Dann war es soweit und Draco legte seine Lippen hauchzart auf Harrys, die Augen geschlossen. Augenblicklich entspannte Harry sich und spitzte seine Lippen, küsste Draco, als ob seit seiner Geburt darauf gewartet hatte, und doch unheimlich sanft. Langsam brachte Draco seine Zunge zum Einsatz und Harry presste seinen Oberkörper gegen Dracos. Dracos Hand wanderte zu Harrys Hals und streichelte ihn.

Dann brach Draco unerwartet ab. Harrys blickte ihn fragend an. „Potter", meinte Draco und rutschte ein Stück weg, „das geht einfach nicht." Dann stand er auf.

„Das Bad ist frei", meinte er, als er zu seinem Bett ging.

-

Als Harry im Bad verschwand, setzte Draco sich auf sein Bett, den Kopf mit einer Hand bedeckt. Was hatte er getan, und vor allem, warum hatte es sich so gut angefühlt? Er hatte Harry nur ärgern wollen, ihn nass spritzen, doch dann war alles außer Kontrolle geraten.

Draco konnte sich das nicht erklären. Bis jetzt hatte er nur Beziehungen zu Mädchen gehabt. Beziehungsweise heimlich für sie geschwärmt, denn ein Malfoy spricht doch nicht über seine Gefühle. In letzter Zeit war da aber auch nichts mehr gewesen, er hatte seine Energie der Schule zugewendet, nur Potter hatte es immer wieder geschafft, ihn aus der Reverse zu locken. Bei dem Gedanken krampfte sich Dracos Magen zusammen.

Er stand auf und wanderte zum Schrank. Während er sich anzog, gingen seine Gedanken wieder auf Wanderschaft. Was war das nun mit Potter? Nur wer die Gefahr kennt, kann sie abwenden. Draco wusste nicht, ob er auf ihn stand oder nicht. Er würde sich wohl noch abweisender als sonst verhalten müssen, reiner Selbstschutz.

-

Harry ließ das heiße Wasser seinen Körper herunterrauschen, aber er spürte es kaum. Erst der Moment auf dem Besen und nun der Kuss – war er vollkommen durchgedreht? Sein Bauch flatterte, ihm war äußerst übel und alles, was er wollte, war in Dracos Nähe zu sein. Aber andererseits: Draco war ein Junge, jawohl, und sein Feind. Nun, vielleicht nicht mehr Feind, aber Freund ganz bestimmt nicht. Und erst recht nicht fester Freund. Wie unvorstellbar schön war allein die Vorstellung, er könnte es sein...

Harry stellte das Wasser aus und trocknete sich ab. Nein, darauf bestand keine Aussicht. Draco selbst hatte es gesagt. „Potter, das geht einfach nicht", waren seine Worte gewesen, und Harry musste ihm zustimmen. Wohl oder doch eher übel. Selbst wenn Harry es in Betracht zog, sich eventuell umzuentscheiden, Draco würde seine Gefühle niemals erwidern. Moment einmal, welche Gefühle?

Er stellte erschrocken fest, dass er keine Klamotten mitgenommen hatte und band sich ein Handtuch um. Dann ging er zurück ins Zimmer, und zu seiner Erleichterung (oder auch Enttäuschung) war Draco nicht mehr da.

-

Harry lief verstreut zum Gryffindor Turm. „Zaubertrank", sagte er zur fetten Dame, die mit beleidigter Schnute zur Seite schwang. Einige Schüler blickten ihn verwundert an. „Harry, bist du wieder bei uns? Aber die schmierigen Slytherin sind noch...", fragte Dean ihn, der Zaubererschach mit Ginny spielte (die sich bei seinem Anblick sehr intensiv mit dem Spiel befasste).

„Nein", sagte Harry, „bin ich nicht. Ich fürchte, das dauert noch einige Zeit."

„Wie lange denn genau?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Bis sich Freundschaften gebildet haben?"

„Na, da kann Dumbledore ja lange warten."

„Ach, ich glaube, so lange auch wieder nicht..." Harry dachte an seine beiden besten Freunde. Dann an sich und Draco und prompt errötete er. Glücklicherweise hatte Dean sich wieder dem Spiel zugewandt und machte nur „Hm? Wieso?"

„Ron und Pansy?", sagte er und wandte sich dann an Ginny. „Ähm, Ginny?"

„Ja?", antwortete sie, ohne aufzusehen. „Willst du mit mir zum Ball gehen?"

Ginny blickte von Dean zu ihm. „Tut mir leid, Harry, ich gehe schon mit Dean."

„Oh. Na, macht ja nichts...", meinte er und schlich sich enttäuscht davon. Alle, die er fragte, hatten schon jemand. Warum fuhr Draco bloß nach Hause? Argh, Stopp! Fang gar nicht erst so an, schalt er sich.

Als er wieder aus dem Gemeinschaftsraum gehen wollte, kam gerade Ron durch das Portraitloch hinein. Verwundert blieb er stehen. „Harry? Du hier?"

„Stell dir vor. Und du, so ganz ohne Parkinson?"

„Na ja, auch in einer Beziehung sollte man sich nicht in jeder Minute sehen", antwortete Ron schulterzuckend. „Aber ich wollte sowieso nur kurz schauen, ob Hermine hier ist, denn Blaise sucht sie."

„So, so, tut Blaise das? Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken um mich gemacht?"

„Ja, klar", meinte Ron verdutzt. „Aber jetzt ist wirklich nicht die Zeit, um über dich nachzudenken, Harry. Komm, Hermine ist nicht hier."

Die beiden Jungs gingen nach draußen, wo Pansy und Zabini standen. Bei ihrer Ankunft kreischte Pansy auf und schmiss sich an Rons Hals. Harry schaute angewidert weg.

„He, Harry, wo ich dich sehe, fällt mir was ein. Ich müsste noch mal was holen, wenn du mal Zeit hast...", sagte Zabini. Harry nickte. „Die habe ich jetzt", meinte er mit Blick auf Ron und Pansy.

-

Wie Zabini sich ganz recht gedacht hatte, war das Passwort geändert worden. Harry saß nun auf ‚seinem' Bett und schaute Zabini dabei zu, wie er etwas im Bücherregal suchte. „Wo ist eigentlich Draco?", fragte dieser.

Harry zuckte mir den Schultern. „Keine Ahnung. Ich habe ihn nicht mehr gesehen seit... nun, wir haben Quidditch gespielt."

Verwundert blickte Blaise ihn an. „Du und Draco? Wow, herzlichen Glückwunsch. In den letzten drei Jahren hat er sich nicht ein Mal dazu herabgelassen, etwas mit mir zu unternehmen. Wie hast du das bloß angestellt?"

„Weiß nicht", meinte Harry. Er hatte noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, aber jetzt wunderte es ihn schon. Nun, er wollte ja nicht mehr über Draco nachdenken, er wusste, wozu das führte.

In diesem Moment stürmte Draco ins Zimmer, natürlich nicht ohne die Tür sachte zu schließen.

„Blaise! Gut, dass du hier bist!" Dann schickte er einen düsteren Blick zu Harry. „Geh! Ich will mit Blaise alleine reden!", schnappte er.

Harry zuckte zusammen. Womit hatte er denn das verdient? Zu verletzt, um Gegenworte zu geben, ging er aus dem Zimmer und schmiss extra die Tür hinter sich zu.

Draco stöhnte und wandte sich an Zabini. „Das macht er extra."

„Warum hast du ihn so angefahren? Ich dachte, ihr freundet euch langsam an, immerhin habt ihr Quidditch gespielt."

„Ich mich mit Potter anfreunden? Zabini, ich wüsste gerne, wovon du nachts träumst!"

Zabini seufzte und ließ sich auf sein Bett nieder, mit dem Buch in der Hand. Er nahm eine Strähne seiner schulterlangen Haare und zwirbelte sie. „Worüber wolltest du mit mir reden?"

„Ach – ja, es geht um Crabbe und Goyle. Sie hängen mit oh Mann, mit Finnigan ab!" Draco legte sich auf sein Bett, hielt sich seine Augen zu. Er bekam Kopfschmerzen.

Zabini blickte ihn ungläubig an. „Draco. Merkst du nicht, dass wir alle uns mehr oder weniger mit Gryffindor angefreundet haben? Meiner Meinung nach hat Albus Dumbledore genau das Richtige getan -"

„Ach, halt doch die Klappe. Glaubst, dass ich mich hier mit Potter abquälen darf, ist richtig?"

„Ja. Dann lernt ihr euch endlich mal besser kennen. Hass führt doch zu nichts, vor allem keiner, der nur auf Eifersucht basiert -"

„Zabini! Du solltest dich mal reden hören!", stöhnte Draco und massierte sich die Schläfen.

„Meine Theorie ist ja, dass du dich nur mit ihm streitest, weil du so wenigstens etwas mit ihm zu tun hast. Es ist wirklich nicht schlimm, Draco, mit jemandem aus Gryffindor -"

„Darum geht es überhaupt nicht!", unterbrach Draco ihn zum dritten Mal und setzte sich empört auf.

„Sondern?"

Draco öffnete den Mund. Da aber kein Ton heraus kam, schloss er ihn wieder. „Ich weiß es nicht", gab er zu. „Ich schätze..."

„Ja?", wollte Blaise wissen. Er hatte nicht mehr viel Zeit, gleich traf er sich mit Hermine.

„Verflucht, es ist einfach Potter! Ich hasse das, was er mit mir anstellt, also hasse ich auch ihn!"

„Was stellt er denn mit dir an? Ich meine, hast du nicht immer angefangen?" Blaise runzelte die Stirn. Viel hatte er nicht mitbekommen, aber er erinnerte sich noch an viele Situationen in Zaubertränke oder auf dem Gang, oder beim Mittagessen...

Draco schnaufte. Er würde sich Zabini bestimmt nicht anvertrauen. Allerdings, wem sonst? Jemand anderen zum Reden hatte er nicht, und er hatte vor allem in den letzten Tagen gemerkt, dass es ab und zu doch einmal ganz gut tat, über Gefühle zu reden. Vielleicht wurde es besser, sobald es einmal raus war.

„Ich...er..." Draco verstummte. Er hatte sich getäuscht, es war nicht gerade leicht. Er kniff seine Augen zusammen.

„Das bleibt aber unter uns, verstanden? Wenn nicht, dann hetze ich dir meinen Vater auf den Hals, und der wird -"

„Ja, ja, schon gut. Glaub mir, ich werde es niemandem sagen."

Draco glaubte ihm. Zabini war nicht der Typ, der Geheimnisse weitererzählte. Selbst als Draco eines abends nach dem Duschen auf dem Steinboden ausgerutscht war und Zabini ihn auffangen musste, was Draco unendlich peinlich war, wusste am nächsten Tag niemand aus Slytherin davon. Damals hatte Draco sich schweigend gewundert, warum Zabini nicht die Möglichkeit genutzt hatte, sich über ihn lustig zu machen. Er hatte sich die Antwort gegeben, dass dieser wohl Angst vor ihm hatte oder sowieso mit niemandem sprach. Aber beide Antworten stimmten nicht, wie Draco in den letzten Stunden festgestellt hatte.

„Also gut. Ähem. Ich bin in ihn verliebt."

Zabinis Augen weiteten sich.

„Du siehst, ich habe also allen Grund, ihm aus den Weg zu gehen", schloss Draco.

„Aber...Draco, ich hatte ja keine Ahnung, dass du schwul bist!"

„Bin ich auch nicht", fauchte Draco; er bereute sein Geständnis jetzt schon. „Das ist eine einmalige Sache."

„Okay, okay. Nun, die Chancen, dass er deine Gefühle erwidert, stehen... sagen wir ungünstig. Seit wann geht das schon?"

„Hm..." Draco überlegte. „Ich bin es mir erst seit heute bewusst. Aber wenn ich zurückdenke... schon ziemlich lange. Ich weiß nicht, wann es angefangen hat."

„Schau mal, Draco, die beste Chancen, ihn loszuwerden, hast du, wenn du ein wenig netter bist. Bis Dumbledore überzeugt ist, dass ihr euch nicht mehr streitet."

„Aber... das war bis jetzt meine einzige Möglichkeit, mit ihm zu reden, ohne ihm zu nahe zu kommen!"

„Und wenn du dich mit ihm anfreundest? Vielleicht erwidert er deine Gefühle irgendwann. Ich kann mich nicht erinnern, ihn mit einer Freundin gesehen zu haben."

„Er steht auf Cho Chang. Versuche bloß nicht, mich aufzumuntern." Draco seufzte und sein Blick verlor sich in der Ferne, als er an den Kuss dachte. Potter hatte ihn als Übungsspielzeug missbraucht, der kleine...

„Erde an Draco, alles klar?" Zabini stand auf. „Können wir nachher weiterreden? Ich habe eine Verabredung."

Draco nickte und ließ sich zurück auf sein Bett fallen.


Silver Snake: Ja, die war für dich, du hast es durchschaut! Hoffe, dies hier hat dir auch gefallen!

Iria-chan88: Danke! Hier war die Fortsetzung... hoffentlich genauso lustig in deinen Augen!

Claire14fraser: Danke, danke! Mann, soviel Lob ist aber nicht gut für mein Ego! °lach° Naja, die Gedanken setz ich nur sporadisch ein, wie es gerade kommt halt...ich achte demnächst mehr darauf, okay? Aber bist das kommt, dauert es noch, ich schreibe nämlich schon weiiit im Voraus...

SammyBN: Natürlich, Ron hats erfasst! Auch wenn er das selbst noch nicht so gemerkt hat. °ggg°

Elektra van Helsing: Jaah! Das glaube ich auch, natürlich! Beweist dieses Kapitelchen das nicht wieder?

teddy172: Dein Wunsch sei mir Befehl!