AKT2
Einige Minuten später
„Und was machen wir jetzt," ratlos blickte Bug und auch Nigel zu Jordan.
„Wieso schaut ihr mich an?", Jordan verzog kurz den rechten Mundwinkel zu einem unsicheren Lächeln. Doch als Bug und Nigel sie weiter ansahen, hob sie abwehrend die Hände. „Ooohh nein, ich gehe nicht damit zu ihm."
„Wir kommen mit und geben dir Rückendeckung," nickte Nigel zuversichtlich und stand bereits auf.
„Ihr könnt doch nicht im Ernst annehmen, dass ich mit unseren brisanten Ergebnissen zu Garret spaziere und...und.. und überhaupt er ist ein Verdächtiger...," begann Jordan zu stottern. „Ich meine.. Verdächtige füttert man nicht mit Beweisen. Vielleicht sollten wir erst ... Woody anrufen?"
„Auf gar keinen Fall, Jordan," Nigel schob Bug zur Seite, um sich vor Jordan in voller Länge aufzubauen. „Er ist unser Boss. Er hat ein Recht darauf es von uns zu erfahren. Oder möchtest du, dass Woody ihn in Handschellen an uns vorbei abführt und wir mit dem schlechten Gewissen leben müssen?"
Jordan verzog ihre Mundwinkel nach unten, schüttelte aber den Kopf. „Natürlich nicht... aber wenn wir nicht den korrekten Weg einhalten..."
„Seit wann kümmert dich der Dienstweg," überrascht zog Bug die Augenbrauen in die Höhe.
„Ihr wisst was ich meine... ich kann mir in nächster Zeit echt nicht mehr viel leisten. Jeder schaut mir auf die Finger. Von Garret zur Staatsanwältin.. selbst Woody ist manchmal eine Spur zu kritisch..."
„Bei was bin ich zu kritisch?"
Erschrocken fuhr Jordan zur Tür herum, durch die Woody seinen Kopf gesteckt hatte und sie alle breit angrinste.
„Nicht so wichtig," winkte Jordan verlegen ab und machte Woody platz. Woody sah Jordan mit einem Stirnrunzeln an, aber sagte nichts mehr weiter dazu. Er hielt stattdessen ein zusammengerolltes Papier in die Höhe. „Ich habe Neuigkeiten."
„Wir auch," murmelte Bug Nigel zu und erntete von Woody einen fragenden Blick. „Sie zu erst, Woody."
„Die Spurensicherung hat in Mrs. Robertson Haus weitere Fingerabdrücke gefunden, die weder ihr, noch ihrer Tochter oder dem zukünftigen Ex-Mann gehören. Die Fingerabdrücke waren sowohl in ihrem Schlafzimmer, im Bad, in der Küche und im Wohnzimmer," Woody räusperte sich und rollte das Papier auseinander. „Ich weiß nicht ob euch das gefällt.. aber es sind die Fingerabdrücke von Macy."
Als weder Jordan noch Bug oder Nigel sonderlich überrascht reagierten, nicht einmal vor Erstaunen das Gesicht verzogen, kam Woody die Situation ein wenig merkwürdig vor. „Uhm... ich weiß nicht ob ihr mich verstanden habt, aber..."
„Oh, doch klar und deutlich," sagte Jordan und reichte Woody den Ausdruck ihres Fingerabdruckes. „Wir sind bereits mit dem Weinglas genauso weit gekommen."
„Oh," war alles, was Woody vor Überraschung herausbrachte und dann auf den Ausdruck starrte. „Ich hoffe ihr habt Macy nicht bereits gewarnt?"
"Gewarnt?", Bug sah Woody kritisch an. „Ich denke er hat ein Recht darauf, zu erfahren, dass wir wissen, dass er in Robertsons Haus war. Vielleicht gibt es eine ganz natürliche Erklärung dafür."
„Aber sicher und bestimmt auch dafür, dass er mit ihr Sex hatte," rutsche es Nigel heraus und wurde von Jordan mit einem Blick bedacht, der ihn glatt ins Jenseits hätte befördern können.
„Sex?", Woody sah irritiert zwischen Jordan und Nigel hin und her. „Macy hatte..."
„Ich weiß, die Vorstellung ist irgendwie gruslig," lächelte Jordan verlegen, wurde dann aber wieder ernst. „Aber wir wissen es nicht hundertprozentig. Bug hat nur ein Haar gefunden, das dieselbe DNS besitzt wie die Samenflüssigkeit."
„Und das führt euch zu Macy, weil..."
„Das Haar Spuren eines teuren Haarwassers aufweist, von dem ich zufällig weiß, dass es Macy auch benutzt.", fügte Bug Jordans Erklärung hinzu.
„Dann sollten wir mit ihm reden," schlug Woody vor. „Und was heißt Bug hat ein Haar gefunden? Ich dachte du arbeitest gründlich," feixte Woody während sie das Labor verließen und Jordan ihn dafür kräftig in die Seite knuffte. Ein „AUA," war noch zuhören, als hinter ihnen die Tür zuflog.
Eine Minute später
Garrets Büro
Garret starrte auf die Ausdrucke, die er in beiden Händen hielt, legte nur seine Stirn in Falten und schwieg. Jordan, Woody, Nigel und Bug standen dicht aneinander gedrängt vor Garrets Schreibtisch und starrten ihn erwartungsvoll an.
Weitere schweigsame Sekunden verstrichen und man hörte vom Flur Schritte, Türen, gedämpfte Stimmen, nur Garret schien gefallen daran zu haben, sie zu foltern.
Schließlich war es Jordan, die nicht mehr ruhig stehen und schon gar nicht ihr Mundwerk länger halten konnte.
„Uhm... haben Sie uns nicht zufällig was zu sagen? Oder vielleicht zu erklären? Ich meine...die Fingerabdrücke..."
„Ich kenne Anne Robertson," sagte Garret schließlich, ohne aufzublicken. Seine Stimme verriet nicht, ob er über diesen Überfall mit Beweisen aufgebracht oder eher verlegen war. Schließlich legte Garret die Papiere auf die Tischplatte ab und blickte die vier vor sich an. „Ich kenne sie ziemlich lange und ziemlich gut. Und ja, ich war vor zwei Tagen in ihrem Haus. Wir haben Wein getrunken, uns über alte Zeiten unterhalten...was machen Sie da," Garret wehrte leicht gereizt Jordan ab, die um den Tisch gekommen war und versuchte ihm ein Haar auszureißen.
„Beweise sammeln?", sagte Jordan neutral, zuckte mit den Schultern, als wäre es das normalste auf der Welt. Was es natürlich auch gewesen wäre, wenn es sich bei dem Verdächtigen nicht um ihren Vorgesetzten gehandelt hätte.
„Beweise? Bin ich etwa schon verhaftet und des Mordes überführt? Und ich gehe doch stark davon aus, dass auch in meinem Fall ein Gerichtsbeschluss notwendig ist, bevor ich DNS-Proben abgebe."
„Ja sicher doch," beeilte sich Woody zu sagen. Jordan zog sich beleidigt zurück. Es wäre doch viel unkomplizierter, wenn sie das gleich vor Ort und Stelle hätten klären können.
„Hm.. Sie haben den Bericht gelesen," wandte Nigel vorsichtig ein. „Ich meine alle Details..."
„Ich kenne die Details," nickte Garret und starrte mit düsterem Blick auf die Tischplatte. „Ich bin etwas länger geblieben, als nur auf ein Glas Wein, wenn ihr das meint. Aber ich habe sie sicher nicht getötet."
„Haben wir nie angenommen," sagte Nigel hastig.
„Ich meine, wir kennen Sie ja schließlich," sagte Jordan versucht überzeugt.
„Und nur weil Sie mit ihr geschlafen haben, und Ihre Fingerabdrücke überall verteilt sind...," fügte Bug hinzu. „Muss das noch gar nichts bedeuten?"
Alle drei sahen in diesem Moment fragend zu Woody, der auffällig ruhig geblieben war und Garret musterte. Als er sich der Blicke bewusst wurde, räusperte er sich. „Nun ja... die Beweise sprechen für sich und ich bin Polizist. Allerdings weiß ich nicht ob es der Staatsanwaltschaft reichen wird, um einer Verhaftung zu zustimmen...aber ich werde Sie bitten müssen mit aufs Revier zu kommen, um eine Aussage zu machen."
Garret nickte müde. „Natürlich. Damit habe ich sowieso gerechnet."
„Sie hätten sich sehr viel Ärger erspart, wenn Sie heute Morgen gleich mit offenen Karten gespielt hätten," meinte Woody mit ein wenig Enttäuschung in der Stimme.
„Glaube Sie mir, den Ärger den ich mit Ihnen habe ist nichts im Vergleich mit dem Ärger, den ich noch bekommen werde," Garret seufzte, stand auf und in Gedanken bei der Vorstellung wie Renee auf seine Verhaftung im Fall Robertson reagieren würde, ließ ihn innerlich fast ein wenig frösteln.
Boston Police Department
eine halbe Stunde später
„Ich kann es noch immer nicht fassen, dass du ihn verhaftet hast," Jordan stand mit Woody im Beobachtungsraum und sahen zu Garret in den Verhörraum, wo er alleine saß und lustlos an einem Pappbecher Kaffee herumspielte.
„Ich habe ihn nicht verhaftet," verteidigte sich Woody überrascht. „Er ist nur hier um eine Aussage zu machen."
„Ja sicher... und habt ihr ihn erst einmal in der Mangel, steht er schneller am Pranger als wir uns umschauen können. Er ist der Leiter der Gerichtsmedizin. Die Medien werden sich darauf stürzen."
„Vielleicht. Wenn wir es nicht diskret behandeln...", meinte Woody vorsichtig.
„Eben. Polizisten sind wie Waschweiber. Ein Geheimnis macht schnell die Runde," in eigenen kurzen Erinnerung versunken, starrte Jordan durch Woody hindurch, riss sich dann wieder zusammen und schüttelte den Kopf. „Und wenn Walcott erst davon Wind bekommt ist er geliefert."
Woody verzog das Gesicht zu einer Miene, die sagte ‚hältst du mich für so blöde' und sagte: „Ich habe bisher nur meinen Vorgesetzten davon unterrichtet. So lange wir nicht wissen, was Macy uns zu sagen hat oder welches Spiel er mit uns spielt, werde ich nichts weiter unternehmen."
„Spiel?", nun war es mit Jordans Ruhe endgültig vorbei. „Du denkst Garret spielt mit uns? Wieso sollte er? Er kennt die Tote, er war bei ihr... und wenn schon? Wie oft hatten wir ähnliche Fälle?"
„Heute Morgen stand er mit uns im Autopsieraum und hat die Tote erkannt. Er hat uns beide angelogen und es auch später nicht für richtig empfunden uns aufzuklären. Wie sollte ich das sonst interpretieren?", Woody fühlte sich ein wenig in seiner Berufsehre gekränkt und ließ es Jordan auch spüren.
„Bitte... welches Motiv sollte er haben?", Jordan drehte sich von Woody weg und blickte wieder durch die Scheibe.
„Ich hoffe keines," sagte Woody aufrichtig und verließ den Raum, um zu Garret zu gehen. Antworten konnte ihnen nur der Leiter der Gerichtsmedizin selbst geben.
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Als sich die Tür öffnete und Garrets Blick auf Woody fiel, der alleine herein kam, atmete er erst einmal erleichtert durch. So wie es aussah blieb alles erst einmal „unter ihnen". Diskretion war etwas, auf das er viel Wert legte und im Moment auch unbedingt nötig war. Es gab nichts über was er sich Sorgen machen musste – er hatte Anne nicht getötet, nur im Schock über ihre Einlieferung als Leiche unüberlegt und unbesonnen reagiert. Weil er Angst hatte... weil er im ersten Moment nicht verstehen konnte und wollte, dass sie tot auf einer Bahre lag... alles Dinge, die er Woody erklären konnte. Er würde schneller hier herausspazieren, als er wohl selbst dachte.
Woody setzte sich Garret gegenüber und schaltete das Aufzeichnungsgerät an. Er sprach Tag, Datum, Uhrzeit und die Namen der beiden Anwesenden drauf, ehe er sich an Garret selbst wandte.
„Okay... wenn Sie bereit sind Dr. Macy... könnten Sie mir vielleicht die ersten Fragen beantworten?"
„Sicher, nur zu," nickte Garret.
„Sie waren in Anne Robertsons Haus?"
„Ja, vor zwei Tagen," bestätigte Garret ruhig.
Flashback
Vor zwei Tagen, am Abend
Anne Robertson, in einem attraktiven schwarzen Abendkleid, öffnet einem vor der Haustür auf der Veranda wartendem Garret die Tür. Sie begrüßen sich mit einer freundschaftlichen Umarmung und einem Begrüßungskuss auf die Wange.
„Können Sie mir kurz sagen, wieso und was an diesem Tag oder Abend vorgefallen ist?"
Garret räusperte sich umständlich, rutschte im Stuhl etwas zurecht und versuchte eine Formulierung für jenen Abend zu finden, die unverfänglich klang und nicht zu viel von dem verriet, was zu privat war. „Nun... Anne und ich kennen uns seit dem Studium. Wir waren damals kurz zusammen, und später noch eng befreundet, bis wir uns vor einigen Jahren aus den Augen verloren. Vor einer Woche rief sie mich an und bat mich um ein Gespräch. Ich wollte sie in mein Büro einladen, doch sie bestand auf eine vertraulichere Umgebung. Wir gingen Essen, sprachen über alte Zeiten. Das übliche," versuchte sich Garret rauszureden.
Flashback
Vor einer Woche, abends in einem Lokal
Garret sitzt Anne gegenüber. Sie spielt an ihrem Weinglas, während Garret sich gerade den Mund mit seiner Serviette betupft und sie ein wenig besorgt, aber auch fragend anblickt. Sie sieht hoch und lächelt ihn an, wobei sich Garret wieder zu entspannen scheint. Ihre Hand ruht plötzlich auf seiner Hand.
„Vor zwei Tagen wollte sie unser Treffen wiederholen, bei sich zu Hause. Sie war der Meinung, mir dringend etwas mitteilen zu müssen. Etwas, das sie mir seit über 20 Jahren schuldig wäre. Wir tranken zusammen ein Glas Wein und unterhielten uns."
Flashback
Garret und Anne sitzen nebeneinander auf ihrem Sofa und leeren ihre Gläser. Die Flasche steht leer auf dem Tisch vor ihnen. Die Stimmung scheint gelöst und gelockert. Anne rutscht näher an Garret heran, der einen Arm freundschaftlich um sie legt.
„Aber sie kam nicht darauf zu sprechen, was sie mir angedeutet hatte. Es verlief.. irgendwie anders und endete in ihrem Schlafzimmer. Ich hoffe das beantwortet ihre Frage?"
Flashback
Garret und Anne betreten das Schlafzimmer und noch ehe Garret die Tür hinter sich schließen kann, zieht Anne ihn mit sich auf ihre Bett, wo sie sich eng umschlungen küssen...
Woody nickte, erinnerte sich dann aber an das Aufzeichnungsgerät und fügte ein schnelles „Ja" hinzu. „Sie geben also zu am Tag ihres Todes bei ihr gewesen zu sein, mit ihr geschlafen zu haben..."
„Das sagte ich Ihnen doch gerade," Garrets Anspannung ließ sich nicht mehr länger unterdrücken. „Ich bin allerdings in der Nacht noch nachhause gefahren. Da war sie noch sehr lebendig."
„Wieso?"
„Weil ich...der Ansicht war, dass es falsch gewesen ist, was wir getan haben?", bot Garret mit hoch gezogenen Augenbrauen an. „Weil ich vielleicht der Meinung war, zu übereilt gehandelt zu haben? Oder weil ...," er hinterher erst an Renee gedacht hatte und an das was zwischen ihnen war oder nicht mehr war? Aber das ging Woody und seinen Bericht nun wirklich nichts an. „Ich einfach gerne in meinem eigenen Bett schlafe?"
„Ich glaube eine Spur Sarkasmus zu hören, Dr. Macy," warnte Woody. „Wir sind bei einer wichtigen Aussage..."
„Wenn ich das nicht wüsste, Det. Hoyt, säße ich nicht hier," erwiderte Macy gereizt. „Aber es gibt nichts, was ich Ihnen noch sagen könnte."
„War etwas ungewöhnlich?"
„Nein..."
„Sie sagte Ihnen nicht, warum sie so dringend mit Ihnen sprechen wollte?"
„Nein..."
„Und Sie haben sie nicht gedrängt oder gefragt?"
„Natürlich habe ich sie danach gefragt, aber sie meinte, dass wäre jetzt im Moment nicht mehr ganz so wichtig. Sie könnte es mir auch später noch sagen. Ich dachte es ginge um ihre Scheidung oder irgendwelche Schwierigkeiten im Büro."
Flashback
Vor zwei Tagen, Annes Wohnzimmer, ein paar Minuten vor den anderen Flashbacks
Anne kommt gerade mit der noch ungeöffneten Weinflasche aus der Küche zurück. Sie stellt zwei Weingläser ab und schenkt ihnen ein. Garret wirkt angespannt und auch Annes Gesicht verrät ihre Anspannung. Garret springt plötzlich auf und läuft im Wohnzimmer auf und ab. Er bleibt ruckartig stehen und funkelt Anne an: „Du kannst mir so etwas nicht einfach zwischen zwei Gläsern Wein sagen und dann so tun, als wäre alles wieder beim Alten."
Woody machte sich eine kurze Notiz, schaltete dann das Aufzeichnungsgerät ab und nickte. „Okay, ich denke das war's fürs erste."
Doch da war sich Garret nicht so sicher. Er hatte wieder aus unüberlegten Gründen nicht die ganze Wahrheit gesagt...
Am späten Nachmittag
Garrets Büro
In Gedanken versunken versuchte Garret etwas Ordnung auf seinem Schreibtisch zu machen. Seit dem Morgen war er mit allem möglichen beschäftigt gewesen und auf dem Polizeirevier waren ihm zusätzliche kostbare Stunden verloren gegangen. Seine Arbeit erledigte sich nun mal nicht von selbst. Und er konnte sich damit herrlich vom heutigen Tag ablenken...
Er bemerkte Renee erst, als sie in der offenen Tür stand, ihn mit einem schwer deutbaren Blick musterte und dann gegen den Rahmen kurz, aber heftig klopfte.
Mit dem Gefühl ertappt worden zu sein, versuchte es Garret mit einem nicht so ehrlichen Lächeln, doch statt sie für sich zu gewinnen, erreichte er damit nur das Gegenteil: sie trat mit gekrauster Stirn herein und knallte die Tür hinter sich wütend zu. „Mistkerl!", fuhr sie ihn ohne Vorwarnung an.
„Ja, ich freu mich auch dich wieder zu sehen," murmelte Garret.
Renee beschloss ihn einfach zu ignorieren und ihrem Ärger Luft zu machen. „Was hast du dir dabei gedacht? Hast du ernsthaft geglaubt, ich würde davon nichts mitbekommen?" Auf eine Antwort wartend, funkelte sie Garret wütend an.
„Was genau meinst du?", versuchte Garret Zeit zu schinden. „ Meine Aussage auf dem Revier oder die Details, die ich dir heute Morgen über Anne und mich verschwiegen habe..."
„Spar dir weitere Worte," unterbrach sie ihn barsch, und wollte nicht erneut daran erinnert werden, was sie nur durch Det. Hoyts Polizeibericht erfahren hatte. Am liebsten hätte sie Garret geohrfeigt – und dabei hätte sie nicht einmal genau gewusst für was – es war einfach zu viel. Er hatte sie belogen, und betrogen und dann war er nicht einmal Manns genug gewesen, ihr davon zu erzählen. Sie hatte es wie jede Gewöhnliche erst aus den Akten erfahren müssen... Doch Renee wollte Garret mit dieser Handlung keine Stärkung in seiner Meinung über sie als Charakter geben. Diese Genugtuung gönnte sie ihm einfach nicht und übte sich daher in Selbstbeherrschung.
„Ich dachte wir beide, du und ich, hätten unsere zweite Chance nicht genutzt."
„Ach ja, und das rechtfertig dich gleich los zu ziehen, um dich mit einer anderen zu trösten?", Renee wusste, dass sie eine Spur zu scharf klang, aber sie verspürte nicht im geringsten Lust darauf sich zu mäßigen. Schließlich war sie wütend, verletzt und betrogen worden. „Was hat es dir so einfach gemacht? Dass ich dich einmal mehr habe stehen gelassen, um mir weitere Verletzungen zu ersparen? So einfach bekommt man dich los? Ich dachte dir lege etwas an uns. Denn nach unserem großen Auftritt vor Gericht hast du noch ganz anders geklungen. Um Frauen muss man manchmal kämpfen, Garret."
Seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, als er Renees Worte belächelte. Er hatte oft gekämpft.. jetzt war er es einfach nur noch müde und leid... „Ach weißt du... du machst es einem verdammt leicht in dieser Beziehung," schoss er unüberlegt zurückt.
Renee verstummte daraufhin und sah ihn getroffen an. Als sie wieder Worte für ihn fand, klang sie kalt. „Ich glaube darüber sollten wir hier nicht reden. Das ist nicht der Punkt, Garret. Du hast mich wegen Anne belogen. Du warst heute Morgen mit mir im Autopsieraum und hast so getan, als wäre sie eine für dich vollkommene Fremde. Als wir telefoniert hatten, wusstest du bereits, dass sie hier war und du hast es nicht für nötig gehalten, mir davon zu erzählen. Das ist mehr als nur ein Vertrauensbruch."
Garret stand auf und trat zu Renee, die jedoch abwehrend die Hände hob und vor ihm zurückwich. „Versuch es jetzt ja nicht auf deine leise, nachsichtige Art. Dafür bin ich nicht in Stimmung."
Garret senkte kurz den Blick und versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bekommen. „Ich kann verstehen das du aufgebracht bist, aber versteh doch bitte auch mich. Ich stand heute morgen an der Bahre einer Toten, die ich vor 2 Tagen noch lebend gesehen habe. Wir haben zusammen gegessen, geredet..."
„Dich verstehen," Renee neigte kampflustig ihren Kopf leicht zur Seite und sah Garret fassungslos an. „Oh ja sicher... es geht ja immer um dich Garret, nicht wahr? Wie konnte ich das vergessen. Ach erspar mir einfach den Rest und die Details," Renee kehrte ihm mit diesen Worten einfach den Rücken zu, um tief und ruhig durchzuatmen. Dabei starrte sie durch seinen Glaskasten nach draußen auf den Flur, als würde der ernüchternde Anblick von Arbeit in einer Atmosphäre von Tod ihr dabei helfen, sich zu beruhigen. Trotz das sie einiges gewöhnt war, einiges einstecken konnte, genauso wie sie austeilen konnte, hatte sie auch ihren Stolz und ihre Gefühle und in diesem Fall waren beide mehr als nur gekränkt und verletzt worden. Es war merkwürdig.. obwohl sie voller Wut auf Garret hier her gekommen war, fühlte sie sich nicht so selbstsicher und stark wie sonst. Vielleicht lag es daran, dass sie sich insgeheim wirklich die Schuld an dem Ganzen gab. Aber das würde sie Garret gegenüber nie zugeben.
Hin und her gerissen zwischen der Annahme, dass sie mit ihrem Verhalten Garret in die Arme ihrer besten Freundin getrieben hatte und dem Wissen, dass Garret so einfach einen Schritt weitergehen konnte, über sie hinweg kam, kam sie Tränen recht nahe. „Nur weil ich dich seit einigen Tagen nicht mehr angerufen habe und du beschlossen hast, es nicht mit Reden zu versuchen, heißt das doch nicht, dass du einen Freibrief hast!", presste sie hervor.
Garret stand hilflos hinter Renee und fühlte sich vollkommen unsicher. Sollte er versuchen etwas zu sagen, um sich zu verteidigen oder würde das nur dazu führen, dass sie sich an den Hals gingen? Oder war es ratsam einfach ruhig zu sein, damit sie ihrer Enttäuschung Luft machen konnte?
Am Ende entschied er sich doch für den Versuch zu reden... Beruhigend legte er seine Hände auf ihre Schultern.
„Ich dachte... nun... waren wir uns nicht schon so weit einig, dass du meist mit dir selbst redest und die ganze Beziehung als Treibsand betrachtest?"
„Du bist schlimmer als ein Eisschrank," dabei schüttelte Renee seine Hände ab und drehte sich mit einem wütenden Funkeln in den Augen zu Garret herum.
„Und das aus deinem Mund...," murmelte Garret und bereute seine Worte sofort wieder, als er in Renees verbittertes Gesicht blickte. Er hatte doch nur versucht verständnisvoll an die Sache ranzugehen.
„Auch ich habe Gefühle, Garret, die man verletzen kann. Darüber solltest du vielleicht einmal nachdenken."
Ehe er noch etwas sagen konnte, hatte sich Renee an ihm vorbei geschoben, riss die Tür auf und stürmte auf den Flur hinaus. Für einen Moment überlegte er sich ihr zu folgen, doch dann wurde ihm bewusst, dass es wohl wenig von Nutzen war. Renee schien sich einig zu sein, ihm die ganze Schuld an ihrer verkorksten Beziehung zu geben und wie Garret schätzte, brachte ihn eine einfache Entschuldigung nicht unbedingt Pluspunkte ein.
Trotzdem gab es etwas, das er unbedingt noch wissen musste, bevor er Renee das nächste Mal vielleicht als verhafteter Mann gegenüber stand. Also ging er ihr doch nach. Am Fahrstuhl holte er sie ein.
Obwohl sie seine Schritte hörte, hielt es Renee für nicht wichtig sich nach ihm umzusehen. Sie wollte nur noch raus, fort von hier, fort von Garret. Es tat weh zu wissen, dass Garret keine Chance mehr zu sehen schien. Nicht nachdem sie jetzt wusste, dass er so schnell nach ihrem letzten ernsten Streit Trost bei einer anderen gesucht hatte, anstatt den Versuch gewagt hatte, mit ihr über ihre Probleme zu reden.
„Renee.. warte einen Augenblick," Garret berührte Renee leicht am Arm, woraufhin sie sich zu ihm herumdrehte, wenn auch nur sehr widerwillig.
„Was für eine Gemeinheit hast du vergessen?", Renee klang kalt und kalt sah sie ihn auch an. Doch das schreckte Garret nicht ab.
„Ich wüsste gerne eines – hältst du mich für schuldig oder nicht?"
Darum ging es ihm also... schon wieder um ihn. Es ging immer um ihn – wie bei den meisten Männern, dachte sie verächtlich und schüttelte dann den Kopf. Hatte er sich auch nur eine Sekunde lang gefragt, wie sie sich dabei fühlte? Wahrscheinlich nicht... „Du bist vieles, nur kein Mörder. Ein gefühlsarmer, kalter und unsensibler Mistkerl, aber kein Mörder." Und als die Fahrstuhltür in diesem Moment aufglitt, schlüpfte Renee erleichtert eilig hinein, drückte den Knopf nach unten, während sich ihr enttäuschter und Garrets verletzter Blick festhielten, bis die Tür sich wieder schloss.
Labor
Ein Tag später, morgens
„Bug ich brauche dringend eine gute Nachricht," seufzte Jordan, als sie sich mit verspanntem Nacken streckte und die Proben vor sich missmutig betrachtete.
„Ich schätze dass heißt, Garrets DNS bestätigt seine Aussage?" Bug blickte kurz hoch, ehe er wieder durch das Mikroskop starrte, um einen Haarvergleich mit dem gefundenen Haar und einem von Garret abzuschließen.
„Ja. Der Wahnsinnige hat mir ihr geschlafen und uns gestern Morgen an der Nase herumgeführt," doch trotz den harten Worten klang Jordan nicht wütend oder aufgebracht. Eher verzweifelt.
„Ich verstehe... aber leider kann ich dir keine Freude machen. Auch die Haare stimmen überein."
„Verdammt.. wenn wir nicht andere Beweise finden, die Garret entlasten, wird Woody gezwungen sein auf Grund dieser Garret zu verhaften." Jordan stand auf und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Aber wo finden wir welche?"
„Meistens geben ja die Toten eine Antwort..."
„Nur unsere nicht," stöhnte Jordan und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Als die Tür aufging und Nigel hereinstürmte, hellte sich Jordans Gesicht auf. Vielleicht war ja die Seilanalyse erfolgreicher verlaufen. Aber ein Blick in Nigels Gesicht sagte Jordan, dass dem wohl so nicht wahr.
„Meine Lieben, ich muss euch enttäuschen," Nigel lehnte sich bei Bug gegen den Schreibtisch und verzog sein Gesicht. „Das Stück Seil könnte die Mordwaffe sein.. in der Tat, aber leider übliches Material. Könnte sich jeder für ein paar Pennies in einem Baumarkt gekauft haben."
„Also Sackgasse... und was sagen wir jetzt Woody?" Jordan blickte die beiden Kollegen an.
„Das er auf Grund der Beweislage Dr. Macy verhaften soll!"
Bei der eisigen Stimme von Staatsanwältin Walcott fuhr Jordan herum und Nigel richtete sich automatisch auf.
„Ist das nicht ein wenig... verfrüht?", gab Jordan zu bedenken, doch Walcott schüttelte energisch den Kopf.
„Wie es scheint haben sie nur Beweise gegen Dr. Macy und er hat kein Alibi für die Tatzeit. Besser gesagt, sein einziges Alibi liegt hier bei ihnen im Kühlraum. Er ist somit unser einziger Verdächtiger. Geben sie ihren Bericht bitte an Det. Hoyt weiter und ich veranlasse alles weitere." Sie wartete keine Antwort ab, es war auch weniger eine Bitte gewesen, als viel mehr ein Befehl.
Verdattert blickten die drei der Staatsanwältin nach, die mit diesen schlechten Neuigkeiten aufgetaucht war und genau so schnell wieder aus dem Raum verschwand.
„Ich würde sagen, da nimmt jemand die Sache sehr persönlich," Nigel verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich schätze, dass würdest du auch, wenn du auf diese Art und Weise vom Ende deiner Beziehung erfährst," sagte Bug erklärend.
„Ich lasse das nicht zu," Jordan schlüpfte bereits aus ihrem weißen Kittel in ihre Jacke hinein. „Ich werde mich jetzt ein wenig umhören, während ihr tut was Walcott verlangt hat. Irgendjemand hat mir bestimmt etwas zu er zählen."
Anwaltskanzlei Woodruff & Robertson
Eine Stunde später
„Okay.. ich tue das hier noch einmal weil...," Woody eilte an Jordans Seite durch die Glastüre des Empfangsbereichs auf die Empfangstheke zu.
„Du mein Freund bist," schlug Jordan vor.
„Selbst die beste Freundschaft kann nicht so weit und tief gehen, dass man seine Karriere dafür opfert." Auch nicht wenn ich diese Frau hier liebe, fügte er ein wenig frustriert in Gedanken hinzu.
„Weil wir es Garret schuldig sind," bot Jordan ruhig als nächste Überredung an.
„Das sind zwar schon zwei gute Gründe, aber wenn Walcott erfährt, dass ich hier bin anstatt ihrer Anweisung nachzukommen..."
„Du kannst Garret noch immer verhaften. Aber ich brauche dich jetzt hier... entschuldigen Sie," sie waren an der Theke angelangt, hinter der eine Frau mittleren Alters saß und am PC mit dem Erledigen von Korrespondenz beschäftig war. Wenig erfreut über die Unterbrechung blickte sie auf. „Könnten sie mir sagen, ob jemand gerade hier ist und Zeit für uns hätte?"
„Haben sie einen Termin?"
„Nein," lächelte Woody mit seinem besten „Schwierigermamaslieblings-Lächeln" und zückte dabei seine Marke.
„Oh.. ich schätze es geht um Mrs. Robertson... ich... einen Moment bitte." Die Frau stand auf und verschwand hinter einer Tür. Woody und Jordan sahen sich noch fragend an, als die Tür bereits wieder aufging und die Dame in Begleitung eines um die 60 Jahre alten Mannes zurückkehrte.
„Das ist Mr. Woodruff. Ihm gehört die Kanzlei. Er wird sich Zeit für sie nehmen."
„Vielen Dank Mr. Woodruff," sagte Woody ehrlich und reichte ihm die Hand. „Det. Hoyt und dies ist Dr. Cavanaugh vom Gerichtsmedizinischen Institut. Wir hätten ein paar Fragen wegen Mrs. Robertson."
„Natürlich," nachdem er ihnen die Hand geschüttelt hatte bot er ihnen an ihm zu folgen und führte sie in sein Büro. Es war so beeindruckend, wie es sowohl Jordan als auch Woody von einem erfolgreichen Anwalt erwartet hatten – großräumig, mit hellen, großen Fenstern, schwere und teure Möbel im Clubstil, Bücherregale an den Wänden ringsherum, eine kleine Bar in einer Ecke.
„Setzen Sie sich doch bitte," bot ihnen Woodruff an, was sie befolgten. „Wie kann ich ihnen helfen?"
„Nun... Mrs. Robertson arbeitete für Sie, Sir?" Woody zückte seinen Notizblock, um die Fragen abzulesen, die er mit Jordan im Wagen ausgearbeitet hatte.
„Oh nicht nur. Sie ist vor einigen Monaten zur Partnerin geworden."
„Interessant. Wie viele Partner gibt es in Ihrer Kanzlei?"
„Nur Anne und mich. Wir sind nicht so groß wie die meisten Kanzleien. Man muss nur mehr verdienen, um genug Geld zu haben um es mit den anderen dann teilen zu können."
„Gutes Argument," meldete sich Jordan kurz zu Wort, wurde aber von einem bösen Blick von Woody zum Schweigen verdammt.
„Anne ist übrigens die Schwiegermutter meines Sohne," fügte Woodruff ungefragt hinzu und beugte sich nach vorne auf die Platte seines Schreibtisches.
„Die Welt ist klein," lächelte Woody freundlich, während er eher scharf weiterfragte. „Und das war nicht der Grund wieso sie zur Partnerin wurde und jemand anderes nicht?"
„Ich verstehe auf was sie hinauswollen Det. Hoyt. Aber glauben sie mir... es war keine Vetternwirtschaft und es gibt bei uns niemand hier, der eifersüchtig gewesen ist. Jeder hat sich mit Anne gefreut."
„Ach wirklich," murmelte Woody und notierte sich wieder etwas.
Ein Klopfen an der Tür unterbracht ihre Befragung. Die Empfangsdame streckte ihren Kopf herein. „Mr Woodruff... tut mir leid zu stören, aber ihr Sohn ist am Apparat. Es gibt Schwierigkeiten am Gericht."
Für einen Moment ließ Woodruff seine freundliche Maske fallen und blickte verärgert zum Telefon.
„Es wäre dringend," mahnte die Frau und verließ das Zimmer wieder.
„Sie entschuldigen mich einen Moment...," Und mit diesen Worten nahm er den Hörer ab und meldete sich mit einem kurz angebundenen „Ja?", während sich Woody und Jordan kurz ansahen und im Stillen beschlossen zu warten bis Woodruff sein Telefonat geführt hatte. Es konnte ja nicht all zu lange dauern und zu privat sein, ansonsten hätte der Anwalt sie sicher nach draußen gebeten. Um so überraschter waren sie dann, als der weitere Ton von Woodruff schroff und unfreundlich blieb, nachdem er kurz dem Gesprächspartner zugehört hatte. „Mein Gott Andrew, für was haben deine Mutter und ich das ganze Geld für deine Ausbildung ausgegeben? Natürlich gehen wir auf das Angebot ein. Es ist mehr als wir in einem langwierigen Prozess zugesprochen bekommen würden... Nein verdammt... tu einfach was ich sage und Schluss," Und damit legte der alte Mann einfach auf.
Jordan und Woody lächelten etwas verlegen, als der Blick von Woodruff ein wenig abwesend auf sie gerichtet wurde. Doch der Anwalt brachte das Kunststück fertig sofort seine freundliche Miene von eben aufzusetzen und sich zu entschuldigen. „Tut mir leid... mein Sohn. Nicht gerade der beste Anwalt, tut aber was er kann."
„Väter und Söhne," versuchte Woody verständnisvoll zu klingen und weckte Jordans Neugier. Er spürte ihren interessierten Blick auf sich und beschloss das zu ignorieren. Seine Bemerkung hatte nur höfflich, mitfühlend und eine Überleitung zum Aufbruch sein sollen.. er hatte vergessen, dass Jordan perfekt zwischen den Zeilen lesen konnte.
„Nun ja, das ist ein anderes Thema," Woodruff wirkte auf einmal etwas angespannt, fand Jordan, aber da Woody aufstand blieb ihr keine Gelegenheit deswegen ein wenig nachzufragen.
„Ich denke vorläufig haben wir erfahren, was wir wissen wollten. Nur noch eines... wo arbeitet Robertsons Tochter?"
„Sie ist zuhause, hat zwei Kinder und ein großes Haus. Meine Sekretärin kann ihnen gerne die Adresse meines Sohnes geben, falls ihnen das weiterhilft."
"Das wäre großartig," verkündete Woody mit einem breiten Lächeln als hätte er gerade eben im Lotto den Jackpot geknackt. Sie waren schon an der Tür, als sich Jordan noch einmal herumwandte.
„War Mrs. Robertson sehr erfolgreich?"
„Anne war die beste, die wir hatten," nickte Woodruff mit viel bedauern in der Stimme. „Sie brachte uns die meisten Klienten und viele spektakuläre Fälle, die unser Ansehen beträchtlich steigerten."
„Danke Mr Woodruff," sagte Woody erneut und zog Jordan leicht mit sich. „Und auf Wiedersehen..."
Park oder Zooanlage
etwas später
„Ich verstehe noch immer nicht wieso wir so schnell wieder aufgebrochen sind," Jordan knabberte an einem Sandwich, das sie an einem Kiosk als Maßnahme gegen ihren knurrenden Magen gekauft hatte.
„Weil wir vorläufig keine Fragen mehr hatten."
„Oh doch, die hatten wir," ereiferte sich Jordan. „Fandest du nicht auch, dass er sich seinem Sohn gegenüber ziemlich merkwürdig verhielt? Und seine Bemerkung über das gesteigerte Ansehen war etwas seltsam formuliert fand ich. Als hätte die Kanzlei einige Probleme gehabt. Wir müssen mit Walcott sprechen. Wenn sie Robertson gut kannte, kann sie uns vielleicht sagen, wieso eine erfolgreiche Anwältin für so eine kleine Kanzlei arbeitete."
„Ho ho ho, Auszeit," Woody machte dazu das typische T-Zeichen mit der Hand und schüttelte den Kopf, „Bevor wir mit Walcott sprechen und sie belästigen, muss ich für sie erst noch eine Verhaftung durchführen und ein paar Akten füllen."
Jordan grinste. „Es ist schön, dass die Gerichtsmedizin nicht alleine vor dieser Frau zittert." Damit ließ sie Woody stehen und ging eilig auf einen Mann zu, der wenige Schritte von ihnen entfernt eine Hecke beschnitt.
„Ich zittere doch nicht...," protestierte Woody und folgt dann. „Ich hänge nur an meinem Job. Mr Robertson?"
Der Mann unterbrach seine Arbeit und wandte sich zu ihnen herum. „Ja?" Ihnen stand ein gut über 1,80 großer Mann Mitte 50 gegenüber, dessen Gesichtsfarbe von der vielen Arbeit im Freien gebräunt und gegerbt war. Erste Falten machten sein Gesicht interessant und sein kurz geschnittenes hellblondes Haar ließ ihn auf den zweiten Blick jünger wirken, als er wohl war.
„Det. Hoyt," dabei zeigte er dem hellblonden Mann seinen Ausweis. „Und das hier ist Ms. Cavanaugh vom Gerichtsmedizinischen Institut..."
„Ist etwas passiert? Lisha...?" Der Mann wirkte bestürzt, verängstigt zugleich und sein Heckenschere glitt ihm aus der Hand.
„Nein Sir, ihrer Tochter geht es gut.. wir sind wegen ihrer Frau hier..."
„Anne...," die Stimme des Mannes versagte in weißer Voraussicht der schlechten Nachricht.
„Sie ist tot, ja. Ermordet..."
„Mein Gott," unterbrach Robertson Woody und starrte Jordan fassungslos an. Jordan beschloss seine Reaktion als echt einzustufen und klammerte ihn als Verdächtigen vorläufig aus. Für den Moment begnügte sie sich mit einem bestätigenden Kopfnicken.
„Wo waren sie in der Nacht vor zwei Tagen zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens?", kam Woody schnell auf den Grund ihres Besuches zu sprechen.
„Wo ich war... ich... ich weiß nicht mehr... ich müsste nachdenken... wie.. wie ist das passiert?"
„Das wissen wir nicht, Sir. Noch nicht. Sie wurde erdrosselt und nackt im Park hinterlegt. Sie wurde heute morgen gefunden." Klärte Woody ziemlich kaltherzig den Ehemann auf. Jordan runzelte die Stirn.
„Also vor zwei Tagen war das Spiel... oh ja, ich war bei Bob...Bob Danford. Wir haben uns das Spiel angesehen und hinterher sind wir noch in eine Bar gegangen, um auf den Sieg anzustoßen. Es muss eins oder zwei gewesen sein als wir von dort wieder mit einem Taxi nachhause fuhren. Zu erst zu Bob dann zu mir."
„Hm, danke Sir...," Woody machte sich eine Notiz. „Kennen sie einen Dr. Garret Macy?"
Robertson schien nachzudenken und setzte zu einem Nein an, doch dann klärte sich seine Mine auf. „Oh ja, doch. Er war mit Anne auf der Uni, bevor sie sich für ein Jura-Studium entschied. Sie waren wohl mal zusammen und Anne hat vor einigen Wochen durch zu Fall diesen Mann wieder getroffen. Sie hat mir davon erzählt. Wissen sie... wir leben seit einigen Monaten getrennt... es ... wir haben ein paar Probleme, aber nichts das sich nicht aus der Welt hätte schaffen lassen. Ich erzähle ihnen das lieber gleich, bevor sie es von jemanden anderen erfahren. Aber wir hatten noch immer Kontakt."
„Danke für ihre Offenheit," Woody notierte sich wieder etwas. „Falls wir weitere Fragen haben, kommen wir auf sie zu."
Als sie wieder Richtung Ausgang gingen, läutete Woodys Handy und mit einem viel sagenden Blick ging er dran. Sein Blick wurde noch eine Spur viel sagender, als er der aufgebrachten Stimme von Walcott lauschte. Viel sagte er nicht, außer „Mhm", „Ich verstehe, Ma'am" und „Auf Wiederhören."
„Walcott," erklärte Woody Jordan. „Wir sollen machen, dass wir in die Gerichtsmedizin zurückkehren. Das hier wäre mein Job aber nicht der deinige. Und wenn uns etwas an unseren Jobs liegen würde, sollten wir sofort aufbrechen und nicht noch lange diskutieren." Damit ließ Woody Jordan stehen und eilte auf seinen Dienstwagen zu.
Gerichtsmedizin
zur selben Zeit
„Nigel, Bug," Garret betrat das Büro der beiden mit ernster Miene und sein Ton verriet den beiden seine miserable Laune, die für sie beide nur zu verständlich war. Mit einem raschen Blick untereinander schienen sie sich zu einigen Macys Laune zu ertragen und zu tun, was auch immer ihr Chef von ihnen verlangte.
„Garret, fragte Nigel zuckersüß zurück. „Können wir ihnen irgendwie helfen?"
„Haben sie irgendetwas neues? Etwas das meinen Tag ein wenig aufheitern könnte?"
„Wenn sie die Beweise meinen... nein. Das Seil ist vollkommen frei von irgendwelchen Besonderheiten. Nichts was uns zum wahren Täter führen könnte. Aber wir können uns gerne noch einmal die Leiche vornehmen..."
„Nicht nötig, das habe ich gerade eben selbst getan. Ein verzweiflter Macy stand unschlüssig in ihrem Büro und Nigel hatte das Bedürfnis etwas zu tun, um den Chef aufzuheitern, nur fiel ihm nichts ein und Bugs betretenes Gesicht sagte dasselbe.
„Ach kommen sie schon Garret.. das wird schon...lassen sie das nur uns machen und Jordan... wir finden was, das sie entlasstet... Nigel brach ab und eine Falte erschien auf seiner Stirn. Bugs Blick wanderte zur Tür und auch Garret drehte sich alarmiert herum: Renee war in Begleitung zweier uniformierter Beamte herein gekommen. Ihr Gesicht drücke den dienstlichen Besuch aus und Garret wusste leider zu gut, warum sie hier war.
„Dr Macy? Ich verhafte sie wegen Mordes an Anne Robertson."
tbc
