Akt 3
Gerichtsmedizin
etwas später
„Sie hat...hat
was...," stammelte Jordan, während sie fassungslos zwischen
Lily, Bug und Nigel hin und her blickte. „Sie hat Garret
verhaftet?", brachte sie schließlich über die Lippen,
wenn auch ein wenig schrill. Dann wanderte ihr Blick anklagend zu
Woody, der unschuldig die Augenbrauen hob und mit den Schultern
zuckte.
„Ich hab dir gesagt, dass Walcott einen Haftbefehl ausgestellt hat. Und wenn du es lieber gesehen hättest, dass ich ihm seine Rechte vorgelesen hätte, hätten wir gleich umkehren sollen, als ich starke Bedenken an die Zukunft unsere Karrieren gestellt hatte..."
„Schon gut, schon gut," wehrte Jordan ab. „Ich hab's kapiert."
„Ich aber nicht," sagte Nigel mit einem Stirnrunzeln.
„Nicht so wichtig," sagte Jordan. „Sagt uns lieber, was jetzt passiert."
„Woher sollen wir das wissen," Entsetzen schwang in Nigels Stimme mit. „Wir haben gehofft du könntest uns das verraten."
„Ich...", setzte Jordan an, wurde aber von Lily unterbrochen.
„Ich verstehe das einfach nicht," Lilys Gesicht drückte ihre Sorge um Garret aus. „Wenn sie ihn verdächtigt, hätte sie doch erst einmal mit ihm reden können, um seine Variante zu hören. Schließlich waren sie zusammen, dass muss ihr doch etwas bedeutet haben..."
„Na ich weiß nicht," Bug klang nicht sehr von Lilys Worte überzeugt. „So recht weiß das keiner genau. Und vielleicht hat sie ja schon seine Seite der Geschichte gehört und reagiert deshalb so..."
„Genau, wir sprechen hier von der Staatsanwältin," erinnerte Nigel. „Wenn Garret der einzige Verdächtige ist und man eine Verhaftung sehen möchte, dann war sie vielleicht gezwungen zu handeln."
„Uhm.. Moment mal... wieso verteidigen wir SIE und nicht Garret? Er ist unser Boss," warf Jordan ein. „Und darum schlag ich vor, wir versuchen anhand der bisherigen Beweise etwas zu finden, was Garret entlastet. Und Woody und ich fahren aufs Revier und sehen nach wie es ihm geht."
„Wenn du meinst," stöhnte Woody und wandte sich, wenn auch gerade erst angekommen, wieder dem Fahrstuhl zu. Es war ihm ganz und gar nicht recht, wenn Jordan mitkam, aber er wusste auch leider nur zu gut, dass Widerstand zwecklos war und Jordans Bitten konnte er so gut wie nie widerstehen...
„Darum liebe ich dich," sagte Nigel überschwänglich, packte Jordans Kopf mit beiden Händen und presste ihr seine Lippen auf die Stirn. „Ein Plan ist nämlich besser als gar keiner."
„Du musst ihn entschuldigen," sagte Bug gelassen. „Stress und Panik wirkt auf ihn wie Ecstasy."
Jordan grinste, wenn auch nicht ganz so breit wie sonst und sah beunruhigt von einem besorgten Gesicht ihrer Freunde zum anderen, ehe sie Woody folgte.
Polizeirevier
Zur selben Zeit
Garret saß
mit geradem Rücken auf dem unbequemen Plastikstuhl, die Arme vor
sich auf dem Tisch überkreuzt. Sein Blick war kühl, seine
Haltung reserviert und die Art und Weise, wie er die beiden Beamten
vor sich direkt anblickte, ließ erahnen, was er von dem ganzen
hielt – nämlich absolut nichts!
Sein Anwalt neben ihm raschelte nervös mit seinen Unterlagen und warf immer wieder einen unruhigen Blick auf Walcott, die ruhig und gelassen, jedenfalls nach Außen, gegen die Wand neben dem großen Spiegel lehnte und Garret nicht aus den Augen ließ.
Doch der Leiter der Gerichtsmedizin vermied es ihr den Gefallen zu tun ihren Blick zu erwidern. Noch tat er ihr den Gefallen, ihr zu zeigen, wie sehr ihm das Ganze hier gegen den Strich ging. Innerlich kochte er vor Wut und überlegte sich eine Variante nach der anderen, wie er sich dafür an Renee rächen könnte. Letztendlich würde es natürlich nur bei den Vorstellungen bleiben – er war erwachsen genug das Ganze irgendwie zu verarbeiten und schließlich tat Renee auch nur ihren Job. Wenn auch wie immer mit ein wenig zu viel Leidenschaft – das hatte sie zu oft blind für die Wahrheit gemacht.
Daher hielt es Garret für angebrachter es mit Gleichgültigkeit der Situation gegenüber zu versuchen. Zeigte er nämlich Renee lieber die kalte Schulter, würde er sie damit mehr treffen, als mit emotionalen Ausbrüchen. Schwer fiel es ihm allerdings schon sich entsprechend beherrscht zu zeigen. Vor allem da sie es ihm mit ihrer Anwesenheit nicht gerade leichter machte.
„Dr. Macy," nahm der rechte, kleinere Beamte, Detective William Lance, das Verhör wieder auf, während sein Kollege sich mit einem strengen Blick auf Garret begnügte. „Sie haben unserem Kollegen Detective Hoyt gegenüber zugegeben vor zwei Tagen im Haus der Toten, Anne Robertson, gewesen zu sein. Ist das richtig?"
„Ja. Aber das sagte ich Ihnen doch bereits schon vor Minuten," langsam ließ seine Geduld nach.
„Ich möchte nur sicher gehen, dass wir nichts übersehen," meinte Lance knapp und fuhr fort. „Sie waren also dort, tranken Wein und unterhielten sich. Über was genau?"
„Über alles mögliche. Was man eben so beredet, wenn man sich fast 20 Jahre nicht mehr gesehen hat."
„Ach, Sie haben also die Tote schon mehr als 20 Jahre nicht mehr gesehen und haben dennoch die Nacht mir ihr verbracht?" Bei Renees fast verächtlichen Worte schnellte Garrets Kopf zu ihr herum und mit seiner Selbstbeherrschung war es vorüber. Allerdings war er sich noch bewusst, dass er im Moment Renee als Staatsanwältin vor sich hatte und begnügte sich daher mit einem vernichtenden Blick, während er recht trocken auf diesen Angriff erwiderte:
„Nun, ich denke, wen ich nach 20 Jahren noch immer attraktiv finde, geht nur alleine mich etwas an."
Für einen Moment herrschte eisiges Schweigen im Raum, das sowohl dem Anwalt als auch den beiden Beamten unangenehm wurde, während sich die beiden Hauptakteure lange und böse anstarrten. Niemand wagte es zu stören, während Renee und Garret damit beschäftigt waren sich mit ihren Blicken zu duellieren.
Schließlich war es Lance, der mutig genug war, durch ein Räuspern wieder die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Wie Ms. Walcott bereits vorgegriffen hat – sie blieben bei der Toten über Nacht?"
„Wir hatten Sex ja...," obwohl Garret wütend über Renees kleines Machtspiel war, so wusste er doch warum sie es tat und die Worte kamen ihm nicht mehr ganz so leicht über die Lippen. Er sah sogar nach Entschuldigung suchend kurz zu Renee hinüber, die ihren eisigen Blick für einen Moment aufgab und verletzt wirkte, während sie ihren Blick zu Boden richtete. „Aber ich bin hinterher zu mir gefahren. Und nein es gibt keine Zeugen dafür," fügte Garret hinzu, der sich die nächste Frage denken konnte.
„Hm... keine Zeugen, nur ihr Wort, Dr. Macy. Das sieht nicht gut aus," brummte Lance. „Allerdings sind die Beweise noch nicht wirklich ausreichend.. aber die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchungshaft beantragt," Lance reichte Garrets Anwalt, einem gewissen Paul Heaton ein Schreiben. „Für Fragen ist Ms. Walcott zuständig. Wir für unseren Teil haben im Moment erst einmal was wir brauchen..."
Während Lance noch sprach, stieß sich Renee von der Wand ab und verließ ihren absichtlich gewählten Beobachtungsposten. Neben Garret blieb sie am Tisch stehen und beugte sich auf ihre Hände gestützt auf der Tischplatt nach unten. Dabei kam sie ihm viel zu nahe und Garret wusste nicht zu sagen ob absichtlich oder nicht – aber der vertraute Geruch ihres Parfüms und die kurze aber wohl doch beabsichtigte Berührung, sorgten dafür, dass sich Garret immer mehr schuldig fühlte und vor allem langsam zu der Ansicht kam kein Recht auf Wut über Renees Verhalten zu haben. „Mich würde es noch immer sehr interessieren, was es so wichtiges zwischen Ihnen und der Toten zu besprechen gab."
„Herr Gott Renee," explodierte Garret schließlich doch, obwohl sein Anwalt ihm beruhigend eine Hand auf den Arm legte, die er abschüttelte. Jetzt hatte er keine Zeit und schon gar kein Verlangen mehr auf falsche Höfflichkeiten. „Wo ist dein Problem? Was soll das Theater? Mein Anwalt braucht keine 12 Stunden, um beim Richter Einspruch gegen deine Anweisung zu bewirken und ich spaziere hier wieder heraus. In weniger als 12 Stunden hat mein Team bewiesen, dass ich unschuldig bin. Unschuldig was den Mord betrifft. Alles andere geht nur dich und mich etwas an."
Renees eisiger Blick blieb, auch wenn Garret hätte schwören können, dass sie für einen Moment unter seinem Angriff zusammengezuckt war. Doch sie reckte nur ihr Kinn etwas nach vorne, ließ sich nicht anmerken, dass sie Garrets Worte trafen und richtete sich wieder auf. „Ich würde Ihnen empfehlen sich einen anderen Ton zu zulegen, Dr. Macy. Und früher oder später werde ich sowieso die Wahrheit erfahren. Sie geben doch zu, heute Morgen Detective Hoyt und mich vorsätzlich im Unklaren darüber gelassen zu haben, dass sie die Tote kennen?"
Nach einem kurzen Abwägen seiner Antwort begnügte sich Garret mit einem geschlagenen Nicken.
„Dann erklären Sie mir doch bitte einmal, wieso wir Ihnen noch irgendetwas glauben sollten, das Sie uns zu diesem Fall zu erzählen haben?" Renee blieb überraschend ruhig, aber ihre Fragen kamen scharf und gezielt.
Garret hob seinen Blick und hielt dieses Mal dem von Renee stand. Obwohl er wusste, dass es noch mehr gab, das er ihr erzählen musste, und obwohl er erahnen konnte, wo das Ganze sie beide hinführen würde... er konnte hier und jetzt ihr einfach nicht die ganze Wahrheit erzählen. Noch nicht.
Renee sah etwas in Garrets Blick, das sie irritierte und verunsicherte. Sie wusste nicht wieso, aber ihre weibliche Intuition flüsterte ihr zu, dass er noch etwas vor ihr verbarg. Aber was konnte das sein? Viel schlimmer, als das Geständnis mit ihrer besten Freundin geschlafen zu haben, konnte es doch nicht mehr kommen? Sie spürte, dass sie ihre kühle Maske für einen Moment hatte fallen gelassen und daher richtete sie sich mit einem Ruck auf und wandte sich von Garret ab, ehe er es bemerken konnte.
„Ich denke wir haben für den Moment wirklich alles, was wir brauchen. Tun Sie und Ihr Anwalt was auch immer sie für nötig halten. Aber die nächsten Stunden gehören Sie mir und Ihrer Zelle."
Polizeirevier
Flur, wenige Augenblicke
später
Völlig erschöpft schloss Renee die Tür
zum Verhörzimmer hinter sich und lehnte sich einen Moment
dagegen. Sie holte tief Luft und schloss die Augen. Was tat sie hier
eigentlich? Auf jeden Fall nichts, um ihre Beziehung mit Garret zu
retten. Aber wollte sie das überhaupt noch? Gab es jetzt noch
eine Zukunft? Es war schon immer schwierig gewesen und der alte
Streit, der sie beide dank ihres Stolzes seit Wochen zwang sich aus
dem Weg zu gehen, weil sich jeder zu schade war, sich als erstes zu
entschuldigen, machte das nicht besser. Und das hier schon gar
nicht...
Als Renee die Augen wieder öffnete, zuckte sie erschrocken zusammen – vor ihr stand Cavanaugh und Hoyt und musterten sie kritisch.
„Alles in Ordnung Ms. Walcott?", Hoyt sah sie besorgt an und Renee lächelte ihm dankbar zu – ein Moment der Schwäche dank dem zerrenden Verhör von eben. Es war ihr nur zu gut anzusehen, dass ihr das peinlich und unangenehm war.
„Es ist nichts, dank. Haben Sie hier etwas zu erledigen?", mit dieser Frage wandte sich Renee bereits wieder gefasst und in gewohnter Strenge an Jordan, die als Antwort zunächst ihre Stirn kraus zog. Der sprunghafte Stimmungswandel alarmierte Jordan. Sie nahm das Schlimmste in Bezug auf Garret an. Ihr war es einerlei, wie sich Walcott fühlte. Sie war hier, um zu erfahren, was man mit ihrem Chef vorhatte und das würde sie ihr auch sagen.
„Ob ich hier etwas zu erledigen habe?", brauste Jordan sofort auf. „Sie haben Nerven. Marschieren in die Gerichtsmedizin ein und verhaften Garret und wollen von mir wissen, was ich hier zu suchen habe?"
Woody legte Jordan beruhigend eine Hand auf die Schulter und zog sie nach hinten, während er einen Schritt nach vorne machte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und die Situation zu entschärfen. „Was Ms. Cavanaugh zu sagen beabsichtigt... wir wollen zu Dr. Macy und mit ihm reden. Als Freunde."
„Nein," entrüstete sich Jordan über Woodys Behandlung und Einmischung und machte wieder einen Schritt nach vorne. „Das möchte Ms. Cavanaugh damit nicht sagen. Wir sind hier, um uns davon zu überzeugen, dass sie ein faires Spiel mit ihm treiben."
„Jordan," mahnte Woody und fühlte sich zunehmend unwohler zwischen den beiden, die ihn völlig zu ignorieren schienen.
„Oh, ob ich ein faires Spiel mit ihm spiele? Haben sie sich heute noch nicht ein einziges Mal gefragt, wieso Dr. Macy uns alle an der Nase herumgeführt hat?", Renee fühlte sich ungerecht behandelt und sah keinen Grund für Jordans Angriff. Sie tat doch nur, was sie als Staatsanwältin tun musste – es gab genug Hinweise darauf, dass Garret als Täter in Frage kam. Nicht das sie das wirklich glaubte oder glauben wollte – aber wäre es nicht Garret, hätte sie genauso mit jedem anderen Verdächtigen verfahren müssen. Zudem – war sie es gewesen, der ihr kleine Beziehungspause für einen Seitensprung missbraucht hatte? Wer war hier der unfair behandelte Mensch? Sicher nicht Garret.
Und offensichtlich hatte Renee einen wunden Punkt angesprochen, denn sie spürte, dass Jordan für einen Moment gebremst wurde. Doch nur für einen sehr kurzen...
„Er wird seine Gründe haben. Und wenn schon... sollten wir nicht genug vertrauen in Garret haben?"
„Ich schätze ich müsste zu persönlich werden," Renee stieß sich von der Tür ab und reckte sich ein wenig zu ihrer vollen Größe auf. „Aber das geht sie nicht wirklich etwas an. Ich denke sie sollten ihren Besuch auf später verschieben. Wir haben gerade das Verhör beendet und zwei Kollegen sind noch bei ihm..."
„Oh das ist sicher kein Problem. Wenn es welche aus meiner Abteilung sind, dürfte...", Woody versuchte übertrieben fröhlich zu klingen, da ihm das kleine Duell der beiden Frauen sichtlich nervös machte. Er richtete ein Stoßgebet gegen den Himmel, dass Jordan schlau genug war und ihre Klappe hielt, doch als sie ihm ins Wort fiel, blieb Woody nichts anderes übrig als zu resignieren.
„Wissen Sie was mich das interessiert? Garret bleibt vor dem Gesetz so lange unschuldig, bis etwas anderes bewiesen ist. Das muss ich Ihnen doch nicht wirklich erklären, Frau Staatsanwältin? Ich verstehe nicht im geringsten, wie sie Ihn verhaften konnten und jetzt auch noch so einfach festhalten. Ich hoffe nur, es wird Ihnen hinter her leid tun."
„In meinem
Beruf kann ich mir weder Mitleid, noch persönliche Gefühle
erlauben. Das sollten gerade Sie wissen, Jordan." Und mit diesen
Worten drehte sich Renee einfach herum und ließ die beiden
stehen.
Jordan war drauf und dran ihr hinter her zu rennen, um ihr
gehörig die Meinung zu sagen, doch Woody hielt sie
zurück.
„Lass gut sein Jordan. Für sie hängen noch persönliche Dinge an diesem Fall. Du machst alles nur noch mit deiner Streitsüchtigkeit schlimmer."
„Streitsüchtigkeit? Bitte was?", Jordan sah Woody bestürzt aber auch beleidigt an.
„Na ja, ich meine das nicht so.. ehm.. also eigentlich wollte ich damit ausdrücken, dass du es...," irgendwie hatte Woody auf einmal das Gefühl, dass er bei Jordan gleich hinter Walcott auf die Abschussliste gekommen war.
„Ich schätze ich habe dich nur zu gut verstanden," Jordans Blick wurde taxierend und Woody schien sich darunter regelrecht zu winden. „Ich habe langsam den leisen Verdacht, dass du auf ihrer Seite stehst. Aber das mein Freund ist die falsche Seite." Und damit drehte sich auch Jordan herum und ging den Flur zurück auf den Ausgang zu.
Zurück blieb ein einsamer Woody, der sich nicht zum ersten Mal fragte, wieso Frauen solch komplizierte Geschöpfe waren. Schließlich verdrehte er ergeben die Augen und beschloss erst einmal in seinem Büro nach dem Rechten zu sehen, wenn weder Walcott noch Jordan bereit waren in der Sache Garret Macy zusammenzuarbeiten.
Gerichtsmedizin
Eine Stunde
später
„Ha-ha," Nigel, über ein Mikroskop
gebeugt, riss eine Hand in die Höhe, um seinem lauten Ausruf
noch an Deutlichkeit zu verleihen und erreichte genau das Maß
an Aufmerksamkeit, das er wollte.
„Ich schätze, dass bedeutet, du hast etwas?", Bug verließ seinen Labortischplatz und trat neben Nigel, mit einem interessierten und neugierigen Ausdruck im Gesicht.
„Oh ja, in der Tat mein liebes Bugilein. Schau's dir an," Nigel trat mit einem breiten, zufriedenen Lächeln zur Seite und machte eine einladende Handbewegung. Bug beugte sich über das Mikroskop und starrte hindurch. Es vergingen ein paar schweigsame Sekunden, ehe sich Bug aufrichtete und Nigel mit einem Stirnrunzeln anblickte.
„Das ist das Seil... und? Ich dachte es ist herkömmlich?"
„Ist es auch, ist es auch," nickte Nigel aufgedreht. „Fällt dir sonst nichts auf? Da im dritten und vierten Grad?"
Bug seufzte und beugte sich erneut nach unten. Wieder dauerte es schweigsame Sekunden, ehe sich Bugs Gesicht aufhellte. „Oh ja, ich seh's... ist es das, was ich denke?"
„Das werden wir gleich erfahren. Ich muss nur eben mal kurz," damit schubste er Bug zur Seite und griff nach einem Stäbchen, um das graue Pulver, das er entdeckt hatte vom Seil zu entfernen. „Eine Probe nehmen und eine Analyse laufen lassen. Aber ich wette mit dir 10:1, dass es sich dabei um Zement handelt."
„Und das würde uns weiterbringen, weil..." Bug klang nicht ganz so erfreut wie Nigel und schon gar nicht so wie es Nigel erwartet hatte. Daher sah er seinen Freund und Kollegen tadelnd an.
„Weil wir eine Spur haben?. Wenn es spezieller Zement ist, könnten wir vielleicht die Baumärkte eingrenzen, in denen das Seil gekauft wurde." Nigel war bereits damit beschäftigt das Pulver für die Analyse vorzubereiten.
„Ich verstehe. Ich drück dann mal die Daumen," Bug klang noch immer sehr negativ, aber das brach Nigels Freude nicht. Er war überzeugt, etwas gefunden zu haben.
„Ah.. Bingo," Nigel riss den Computerausdruck ein paar Minuten später aus dem Drucker. „Schau's dir an. Die Dichte der „Zutaten" lässt einen speziellen Bauzement vermuten. Wir haben sogar zwei mögliche Marken und wenn ich die gleich in den PC eingeben," Nigel sprang fast auf seinen Stuhl, um sich dem Monitor zu zuwenden. „Dann wette ich wieder 10:1, dass wir nur noch eine Handvoll Baumärkte übrig behalten werden." Nigel tippte bereits den Namen beider Bauzemente ein und schickte die Anfrage ab. „Das ist heute mein Tag, Bugilein," wieder strahlte der Brite übers ganze Gesicht. „Es könnte nicht besser sein. Es sind sogar nur fünf Läden die in Frage kommen." Nigel war bereits aufgestanden und griff nach seiner Lederjacke. „Ja was ist? Auf was wartest du noch? Prüfen wir es nach..."
Bug blieb gar keine Zeit zu realisieren, was Nigel da gerade eben alles aus dem Ärmel gezaubert hatte, noch was er plante und hatte genug damit zu tun, ihm zu folgen.
Gefängniszelle
Zur
selben Zeit
Garret saß auf der harten Liege der rundum
vergitterten Zelle, lehnte mit dem Rücken an dem kalten
Backstein und versuchte sich etwas zu entspannen. Was angesichts des
aktuellen Geschehens recht schwer war. Zudem stank es in der Zelle
nach altem Urin und kaputten Abwasserleitungen. Auch das trug
erheblich zu Garrets Kopfschmerzen und seiner schlechten Laune
bei.
Das plötzliche Geräusch der sich öffnenden Tür, ließ ihn seine Augen öffnen und er blickte überrascht Lily entgegen, die ungeduldig darauf wartete, eintreten zu dürfen.
„Lily?", er stand auf. „Was machst du hier?"
„Ich habe Ms. Walcott auf meine liebe und unwiderstehliche Art angebettelt mich zu dir zu lassen?"
„Ich meine es ernst." Garret wirkte angespannt und Lily trat besorgt ein, während der Beamte die Tür wieder schloss und davor Posten bezog.
„Ich auch. Ich wollte dich sehen und dir beistehen. Die Beamten hatten ein Einsehen. Zudem sagte Jordan, dass man sie nicht zu dir gelassen hatte. Also wollte ich es versuchen."
„Ich bin froh jemanden von euch zu sehen," Garret setzte sich wieder auf die Liege.
Lily nahm neben ihm platz und schlug ihn plötzlich hart mit der flachen Hand gegen die Schulter.
„Au... verdammt, Lily! Was soll das?"
„Das ist dafür, dass du uns heute Morgen nicht gleich die Wahrheit gesagt hast. Wie stehen wir denn jetzt da? Wie stehst du vor allem da? Wo sollen wir anfangen, um dir zu helfen? Wie sollen wir dir helfen, wenn du dich uns nicht öffnest..", hilflos blickte Lily Garret an und verstummte.
Garret sah betroffen aus und sein Blick wanderte von Lily zu dem Rücken des Officers vor seiner Zelle.
„Und wie geht es dir überhaupt?", fügte Lily hinzu.
„Wie es mir geht? Was denkst du, wenn du der Frau, die dir eigentlich etwas bedeutet gestehen musst, sie irgendwie betrogen zu haben und die dich nur wenige Stunden später wegen Mordes verhaftet und einem Kreuzzug gleich versucht, dir diesen Mord anzudichten?"
„Das glaube ich nicht Garret. Das traue ich nicht einmal ihr zu. Sie ist verletzt und versucht sich zu rächen. Sie ist eine Frau... das ist normal," Lily lächelte dabei, aber sie spürte, dass Garret jetzt nicht unbedingt in der Verfassung war, Renee mit dem üblichen „typisch Frau" zu entschuldigen oder sich damit sogar zu trösten. Die Lage war zu ernst. „Ich meine... wir arbeiten alle daran dir zu helfen und am Ende wird alles gut. Du wirst sehen – Jordan hat schon ganz andere rausgehauen. Dann dürfte es ihr auch bei dir leicht fallen. Walcott wird einsehen müssen, dass sie dir unrecht getan hat..."
„Und was dann? Wird sie sich für das hier entschuldigen? Wohl kaum," brummte Garret und stand auf, um unruhig auf und ab zu gehen. „Ich weiß nicht Lily. Irgendwie bekomme ich es nie auf die Reihe. Egal was ich tute – alle meine Beziehung enden in einer Katastrophe."
Lily schwieg dazu und fühlte sich schmerzlich an das erinnert, was ganz kurz zwischen ihr und Garret aufgeblüht war, bevor seine Ex alles wieder kaputt gemacht hatte. Und danach hatte Lily sich zu verletzt gefühlt, um ihn zurückzunehmen.. im Gegenteil, sie war aus Boston geflüchtet. Tja und dann kam diese Hexe vom Gericht und hatte sich Garret ganz leicht geangelt... sie seufzte unbewusst leise auf und bemerkte, dass sie damit Garret unterbrochen hatte. „Oh..uhm... lass dich nicht unterbrechen. Beachte mich gar nicht..."
„Ich hab schon verstanden," lächelte Garret ungeschickt. „Du warst keine Katastrophe.. du warst das beste was mir damals passieren konnte. Ich habe mein Leben dank dir wieder in den Griff bekommen, auch wenn es keine Zukunft für uns beide bedeutet hatte... du weißt was ich meine," unterbrach Garret sich selbst und erschrak ein wenig, wie sehr er sich Lily gegenüber öffnete. Aber er befand sich in einer ungewöhnlichen Situation und da war es vielleicht nur völlig normal, dass er befremdlich reagierte.
Lily sah Garret mit einem wehmütigen Lächeln an und nickte ihm zu. Sie verstand gut, was er meinte, auch wenn es weh tat – noch immer - und schwieg. Sie wollte Garret nicht unterbrechen – nicht jetzt, wo sie das Gefühl hatte, dass er seit langem einmal wieder kurz davor stand sich zu öffnen und irgendwie hatte Lily auch das Gefühl, dass es noch mehr gab, was er ihr sagen wollte.
„Ihr wollt mir also alle helfen?", lenkte Garret dann doch von sich und seinen Gefühlen ab, um zurück zu dem wirklich wichtigeren zu kommen.
Lily nickte. „Aber natürlich. Nigel und Bug haben sich die wenigen Beweise noch einmal vorgenommen und irgendetwas haben sie gefunden. Sie sind gleich los gestürzt um es zu überprüfen und Jordan hängt Woody an den Fersen, um den Stand der Ermittlungen zu erfahren..."
„Hm..," Garret setzte sich wieder zu ihr. „Dann solltet ihr wohl die ganze Wahrheit erfahren..."
„Was meinst du damit," erschrocken starrte Lily Garret an. „Die ganze Wahrheit.. du hast..."
„Nichts was ihren Tot betrifft," beruhigte Garret sofort. „Aber... es war mir einfach zu peinlich mit Nigel oder Bug darüber zu reden. Oder mit Renee... es ist... einfach so..."
Lily legte ihm beruhigend eine Hand auf seine. „Egal was es ist, du kannst es mir sagen. Und mit deiner Staatsanwältin solltest du nach dem sich alles geklärt hat in Ruhe mal reden. Vielleicht renkt sich alles wieder ein."
Daran
glaubte Garret zwar am wenigsten, aber Lilys Worte klangen so
vernünftig, dass er zumindest versuchte, sich daran zu klammern.
„Okay.. wie erkläre ich dir das am besten.. Also wir waren
nicht bei ihr zuhause... also doch schon... später meine ich...
wir sind später mit dem Auto in eines der Flachmoore um Boston
gefahren. Später, als wir vom Wein angeheitert auf ihrem Bett
gelandet sind.. sie hatte diese verrückte Idee. Jeder ist in
seinem Wagen dorthin gefahren und erst dort bin ich dann bei ihr
eingestiegen. Der Wein und alte Erinnerungen, wenn du verstehst...sie
haben uns vergessen gelassen, wie alt wir sind und wir haben uns wie
zwei dumme Teenager aufgeführt..."
Lily grinste breit als sie langsam zu begreifen schien, was ihr Garret zu sagen versuchte.
„Mein Gott ich... hinterher habe ich mich von ihr verabschiedet und bin wieder in meinen Wagen eingestiegen, um nach Hause zu fahren. Ich habe mich nicht versichert, ob sie mir folgte, noch hab ich ein einziges Mal in den Rückspiegel geschaut. Vielleicht würde sie noch leben. Aber ich fühlte mich zu beschwingt und auch so schuldig wegen Renee..."
„Du darfst dir nicht die Schuld geben. Wer weiß, wo sie noch hingefahren ist..."
„Ich weiß, aber es ändert sich nichts daran.. ich hätte auf sie warten sollen, ich hätte in den Rückspiegel schauen können," wieder seufzte Garret schwer. „Und dann ist da noch etwas.. wenn Det. Hoyt oder Renee davon erfahren, könnten sie daraus ein Motiv schustern."
Erwartungsvoll sah ihn Lily an.. konnte es noch mehr Überraschungen geben?
„Anne hat mich aufgesucht, um mir zu beichten, dass ihre Tochter, Lisha, das ihre Tochter möglicherweise meine Tochter sein könnte."
Baumarkt,
„Tool Box", Bakerfield Street
Etwas später
„Ich
verstehe durchaus, dass Sie sich nicht an jeden Kunden erinnern
können, der eine Rolle herkömmliches Seil kauft,"
geduldig stand Nigel an der Kasse, hinter sich eine lange Schlange
ungeduldiger Menschen, die langsam nervös wurden. „Aber wir
ermitteln in einem Mordfall und es wäre sehr wichtig," Nigel
setzte sein Lächeln auf, von dem er der Ansicht war, das es
Frauenherzen zum schmelzen brachte. Doch dieses kleine, rothaarige
Biest schien nicht darauf anzuspringen, noch war sie bereit Nigels
Höfflichkeit zu erwidern. Bug war inzwischen auch nicht mehr so
geduldig wie noch vor ein paar Minuten, als sie in den Regalen
überprüft hatten, ob das Seil in der Nähe ihres
Bauzements gelagert und angeboten wurde. Leider Fehlanzeige. Aber das
brachte Nigel trotzdem auf eine Idee.
„Gut, uhm ... Laura," sagte Nigel mit einem Blick auf das Namensschild der Verkäuferin. „Vielleicht erinnern Sie sich an jemanden, der nebenbei auch noch Ihren Spezialzement gekauft hat? Den Sie dort hinten gerade im Angebot haben?"
„Oh der," stöhnte Laura. „Der letzte Ladenhüter. Aber Sie haben recht. Vor drei oder vier Tagen habe ich einen Sack davon verkauft. An eine junge Frau."
„Mit einem Seil?", fragte Bug hoffnungsvoll.
„Möglich," zuckte Laura mit den Schultern.
„Wie sah sie denn aus," versuchte Nigel weiterhin sein Glück.
„Mein Gott... wie jede andere auch. Und jetzt sollten Sie langsam gehen.. hinter Ihnen stehen genug Leute, die dafür sorgen wollen, das mein Arbeitsscheck am Ende der Woche gedeckt ist."
„Schon klar," nickte Nigel verständnisvoll. „Aber diese Frau.. sie hat nicht zufällig mit einem Scheck oder Karte bezahlt?"
„Mit Karte, wie fast jeder. Da müssen Sie aber schon in unsere Buchhaltung gehen," ungeduldig winkte sie zum Informationstisch.
„Danke... Sie haben uns wirklich sehr geholfen," rief Nigel hastig, als ihn Bug auch schon weg zog.
„Die kleine war süß," schwärmte Nigel.
„Du hast sie nicht mehr alle. Sie war gut und gerne zehn Jahre jünger und zudem absolut nicht interessiert."
„Bugilein.. du kannst einem auch jede Hoffnung zerstören," seufzte Nigel und war bereits mit der jungen, blonden Suzie am flirten, die hinter der Information stand...
Gerichtsmedizin
Jordans Büro
Am
Abend
Jordan saß vertieft über der inzwischen
gewachsenen Akte von Anne Robertson. Sie hatten einfach zu wenige
Hinweise auf einen anderen Täter. Besser gesagt Null. Niemand
war gewaltsam in ihr Haus eingedrungen, alles was sie gefunden hatten
waren zwei Weingläser mit Garrets Fingerabdrücken, die
ebenfalls überall im Haus verteilt waren. Es gab einen
zukünftigen Ex-Mann, der vielleicht in Betracht kam. Ein Motiv
hätte er. Aber Garret war der Spurenleger – ein Haar,
Samenflüssigkeit, verschwiegene Kenntnisse... Jordan stützte
ihren Kopf frustriert ihn ihre Hände und stöhnte.
„Klopf, klopf.. kann ich was für dich tun?"
Bei Woodys Stimme sah Jordan auf und lächelte schwach. Sie hatte sich vorhin nicht gerade nett von ihm verabschiedet. Trotzdem ließ er sich nichts davon anmerken. Dankbar lehnte sie sich zurück. „Da gebe es vieles," grinste sie und als sie bemerkte, wie sich das eigentlich anhörte, wurde sie wieder ernster. „Ich meine... was machst du hier? So spät noch meine ich."
„Ich habe Neuigkeiten, aber leider keine guten. Die Spurensicherung hat keinen Hinweis auf die Benutzung ihres Bettes gefunden. Falls Macy und Robertson dort Sex hatten, waren sie sehr vorsichtig."
„Und was soll das heißen? Er ist jetzt erst recht der Mörder, weil sich nichts finden lässt? Weil Mrs Robertson ein ordentlicher Mensch war. Oder..."
„So war das nicht gemeint, Jordan," sagte Woody geknickt. „Aber du musst zugeben, dass Garret uns ein wenig zu oft anlügt."
„Entschuldige.. ich bin einfach müde und das Ganze macht mich total fertig," gab Jordan zu.
„Das weiß ich doch. Ich dachte nur, du solltest die neuesten Entwicklungen kennen."
„Ich hätte dafür vielleicht eine Erklärung," Lilys Stimme ließ beide zur Tür blicken, wo Lily stand und sie unbehaglich anblickte. „Ich war vorhin doch bei Garret? Nun... er hat euch noch ein paar Dinge mehr verheimlicht."
Gerichtsmedizin
Jordans Büro
Ein
paar Minuten später
„Langsam habe ich das Gefühl
ich müsste mit Garret mal ein paar ernste Worte reden," Jordan
klang sehr verärgert und auch Woodys Gesicht drückte
Verstimmung aus. „Mir hält er große Vorträge über
Pflicht und Verantwortung und er selbst reitet sich in eine
auswegslose Situation hinein. Ein Wunder dass sie uns noch keine
offizielle Vertretung geschickt haben."
„Ich weiß, dass ihr sauer auf ihn seid," sagte Lily. „Aber glaubt mir, Garret fühlt sich deswegen ganz schlecht und er ist sehr dankbar, dass wir trotzdem alle versuchen ihm zu helfen."
Schritte und Stimmen vor Jordans Tür lenkte sie alle kurz von Garret ab. Doch als sie Nigel und Bug entdeckten, wussten sie sofort, dass das Thema heute zwingend zu Überstunden führen würde.
„Das trifft sich ja gut," strahlte ihnen Nigel entgegen. „Wir haben Neuigkeiten... sehr gute sogar."
„Die können wir auch gebrauchen," meinte Jordan bissig und platzte fast vor Neugier.
„Also... wir haben einen Käufer des Seils ermittelt, dank des Bauzements am Seil... und haltet euch fest... ihr werdet nie drauf kommen wer es ist..."
"Nigel... rede einfach, ja? "ungeduldig stand Jordan auf.
„Lisha Woodruff. Robertsons Tochter.", ließ Nigel mit einer weiteren kleinen Pause die Bombe platzen.
„Sie war zu unserem Glück dumm genug ihren Einkauf per Karte zu bezahlen", fügte Bug hinzu.
„Wir hätten heute schon längst bei ihrer Tochter anfragen sollen," kritisierte Jordan mit einem entsprechenden Blick zu Woody.
„Und wann hätten wir das heute noch machen sollen?", Woody ohrfeigte sich in Gedanken allerdings selbst für seine Nachlässigkeit am späten Nachmittag das ausstehende Gespräch nicht nachgeholt zu haben. Aber Garrets Verhaftung hatte nicht nur seine Mitarbeiter hier im Institut verwirrt.
„Wie wäre es mit jetzt," grinste Jordan ohne Spur von Müdigkeit und war auch schon an der Tür.
Haus von Lisha und Andrew Woodruff
30 Minuten
später
Wow, nicht schlecht," staunte Woody voller
Begeisterung, während er mit leuchtenden Augen um die rote
Corvette herumging. Jordan schüttelte über so viel
Männlichkeit den Kopf und trat neben ihn. Ihr Blick auf den
Wagen war eher uninteressiert.
„Hör mal Woody... ich weiß ja das ihr Männer bei so einem Anblick schwach werdet und nicht mal meine violette Unterwäsche etwas dagegen tun könnte.. aber wir haben noch was vor."
Woody riss es bei Jordans Worte regelrecht herum, aber Jordan war schon zur Eingangstür gegangen und er konnte ihr nur noch hinterher starren. Ihre was.. violette.. was? Nun, es war für Woody keine Frage welche Kurven ihn wirklich interessierten und bei weitem mehr gefallen würden als die des Sportflitzers... aber er würde wohl nie die Gelegenheit dazu bekommen unter Jordans Lack zu blicken. Dessen sicher ging er schnell Jordan nach, die bereits zum zweiten Mal an die Tür klopfte.
„Jordan, denk bitte daran – ich bin der Polizist. Überlass das Reden mir. Okay?"
Jordan wollte gerne etwas erwidern, doch in diesem Moment wurde die Tür geöffnet. Fast hätten Woody und Jordan in der jungen Frau, die ein 2-jähriges Mädchen auf dem Arm trug, nicht wieder die Lisha Woodruff wiedererkannt die am Morgen in der Gerichtmedizin ihre Mutter identifiziert hatte. Sie war völlig verheult, die Augen aufgequollen, die Nase vom Schnäuzen gerötet und das Haar hing ihr ungekämmt ins Gesicht.
„Oh... Sie sind doch diese Pathologin von heute morgen?"
„Ja.. ganz recht. Dr. Jordan Cavanaugh und Det. Hoyt. Wir.. tut uns leid, wenn wir sie so spät noch stören, aber wir hätten noch ein paar Fragen an sie?"
„Gut kommen sie doch rein?" Lisha führte die beiden in ein unordentliches Wohnzimmer für das sich Mrs. Woodruff nicht einmal entschuldigte. Woody setzte sich in einen Sessel und schrak heftig zusammen, als unter seinem Gesäß ein lautes Quietschen erklang. Überrascht zog er einen Kinder-Gummihammer hervor und behielt ihn etwas unbeholfen in der Hand, weil er zu höfflich war ihn einfach achtlos zum restlichen Durcheinander zu legen, Jordan zog währenddessen von ihrem Stuhl ein halb gegessenes, pink farbiges und klebriges Bonbon herunter. Zusammengelegte Wäsche lag unaufgeräumt auf dem Esstisch, alte Fernsehzeitschriften hingen über Stuhllehnen... hier gehörte mit Sicherheit gehörig aufgeräumt, dachte Jordan.
„Tut mir leid, wenn es hier aussieht als hätte eine Bombe eingeschlagen, aber mit drei kleinen Kindern.. ich komme zu gar nichts mehr und Andrew ist den ganzen Tag in der Kanzlei oder im Gericht." Zumindest versuchte Lisha doch etwas zu erklären und die beiden lächelten ihr zu, als wüssten sie von was die dreifache Mutter sprach.
„Oh.. das macht nichts," winkte Jordan ab und glaubte sich dummerweise doch auf etwas klebriges gesetzt zu haben, denn unter ihrem Hintern entstand je nach Bewegung ein merkwürdiges Geräusch. „Sie sollten mal meine Wohnung sehen und ich lebe alleine."
„Was kann ich für Sie tun?", Lisha setzte sich auf das Sofa und blickte sie unschuldig und offen an.
„Mrs. Woodruff, das ist mir ziemlich unangenehm, aber ich muss Sie fragen, ob Sie vor einigen Tagen in der „Tool Box" in der Bakerfield Street Bauzement und eine Rolle Seil samt Plastikmüllbeutel Spezialgröße gekauft haben?"
Lisha sah sie ungläubig an, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, nein ganz bestimmt nicht. Außer zum Supermarkt schaffe ich es kaum raus aus diesem Haus."
„Nun wir haben eine Kreditkartenabrechnung..."
Ein Geräusch an der Haustür unterbrach Woody und kurz darauf stand Andrew Woodruff im Haus. Er hatte überhaupt keine Ähnlichkeiten mit seinem Vater –das fiel Woody und auch Jordan sofort auf. Er war kleiner, und gedrungener, hatte aber ein jugendliches Gesicht trotz das er auf die 40 zu zugehen schien – jedenfalls laut der Akte. Sein dunkles Haar war durchzogen von einigen bereits ergrauten Haarsträhnen, sein makellos sitzender Anzug unterstrich seine drahtige Figur und im ersten Moment war er ganz der Anwalt, den er tagsüber zu sein vorgab.
„Was ist hier los Lisha?"
Lisha stand auf, ging zu Andrew und küsste ihn auf die Wange. „Das ist Det. Hoyt mit einer Kollegin. Sie haben Fragen. Aber ich verstehe das nicht ganz..."
„Was für Fragen?", Andrew stellte seinen Aktenkoffer ab und kam zu ihnen an die Sitzecke.
„Ihre Frau hat ein Seil, wie das, mit dem ihre Schweigermutter ermordet wurde, laut Kreditkartenabrechnung erworben. Wir wollten nur wissen ob das richtig ist und ob wir das Seil sehen dürften."
„Ach Detective Hoyt.. Sie wissen doch selbst wie das läuft. Ohne Durchsuchungsbefehl müssen wir Ihnen gar nichts zeigen. Und jetzt darf ich sie beide bitten," er winkte zur Tür. „Wie Sie sehen steht meine Frau völlig neben sich und braucht ruhe."
„Verlassen Sie sich drauf, dass wir wieder kommen," sagte Woody nicht ganz frei von jeglicher Aggression. Er mochte diesen Andrew nicht und er sah, dass es Jordan ähnlich erging. So aus dem Haus geworfen zu werden –damit hatten sie nicht gerechnet.
Gartenschuppen der Woodruffs
etwas später
am selben Abend
„Sie hätten sich das alles ersparen können,
Mr. Woodruff," erklärte Woody gelassen, während er den
Durchsuchungsbefehl hochhielt und ihn dann Woodruff in die Hand
drückte. „Wenn ich bitten dürfte?"
Woodruff starrte Woody entsprechen erbost an, trat aber schließlich zur Seite und stieß die Tür zum Gartenschuppen auf. „Bitte... sehen Sie selbst nach. Sie werden nichts finden."
„Wenn es nichts gibt, um so besser," sagte Jordan voller Tatendrang und drängelte sich an Woody vorbei. Im Inneren war es dunkel, da elektrisches Licht fehlte und Woody schaltete seine Taschenlampe ein. Jordan tat es ihm gleich.
Gemeinsam fingen sie an die Schränke zu durchsuchen, Müllsäcke zu öffnen, Schubladen aufzuziehen und jeden dunklen Winkel auszuleuchten.
„Ich hab hier was, Woody," Jordan hatte an einem alten Tisch die wacklige Schublade aufbekommen und ein zusammengerolltes Stück Seil herausgezogen.
„So lange wir nicht auch Spuren der andern Dinge hier finden, wird es schwer sein Walcott davon zu überzeugen, dass Garret nicht der alleinige Verdächtige ist."
„Keine Sorge.. wir müssen nur herausfinden, ob das Stück Seil, das wir haben zu diesem hier passt und schon wird alles gut...", jedenfalls hoffte es Jordan. Ihr Gesicht sagte etwas ganz anderes.
Gerichtsmedizin
Mitten in der
Nacht
„Na komm schon Nigel..."
„Es geht nicht schneller, Prinzessin, okay? Ich mach schon so schnell wie ich kann. Ein Kaffee würde vielleicht helfen..."
"Sag nur du hast schon geschlafen?", feixte Jordan.
„Hin und wieder aller liebste Jordan, brauch auch ich meinen Schlaf und kann nicht immer die Nacht zum Tag machen, auch wenn heute ein interessanter Themenabend im Club..."
"Okay... so genau will ich das gar nicht wissen," bremste Jordan Nigel aus.
„Können wir das einfach überspringen und zu unserem Fund zurückkehren?"
„Aber sicher Herr Detective," feixte Nigel völlig unberührt von dem ungehaltenen Ton der beiden. Er zog einen Ausdruck aus dem Drucker. „Hier haben wir es auch schon. Ich hab an dem Seil, das ihr mir gegeben habt die gleichen Zementspuren gefunden, wie an dem kleinen Stücken, das wir von der Leiche haben. Zudem ist das Seil aus der selben Zusammensetzung. Ich würde zu 99 sagen, wir haben die Mordwaffe gefunden."
Polizeirevier
Verhörraum
Nächster
Morgen
„Hören sie Mrs. Woodruff, wir sagen ja gar
nicht, dass Sie Ihre Mutter ermordet haben. Wir haben nur
herausgefunden, dass das Seil aus Ihrem Geräteschuppen mit dem
Mordseil zu übereinstimmen scheint."
Lisha blickte blass und müde von Woody weiter zu dem uniformierten Polizisten im Raum, weiter zu Renee, die am Spiegel stand. Zum einen weil sei Lisha unterstützen wollte, zum andere, weil Hoyt sie gebeten hatte, dabei zu sein. Er glaubte Garrets Unschuld beweisen zu können – nicht das sie glaubte das Garret wirklich der Täter war.. es tat nur so unglaublich gut, ihn leiden zu sehen...
„Also machen Sie es sich und uns doch nicht so schwer und sagen Sie endlich, wer mit Ihrer Karte diesen Kauf getätigt hat?"
Lisha schloss die Augen und lehnte sich zurück. „Ich glaube ich würde doch lieber gerne auf Andrew warten, damit er mir als Anwalt beisteht..."
„Wir können sehr gerne auf Ihren Mann warten," sagte Woody mit einem zuckersüßen Tonfall. „Aber wenn ich das richtig verstanden habe, ist er für die nächsten Stunden am Gericht und sie wollten doch ihre Kinder pünktlich abholen?"
Ein Räuspern von Renee beirrte Woody zwar nicht, aber er wusste nun, dass die Staatsanwältin einen rüden Ton gegen die Tochter ihrer Freundin nicht dulden würde.
„Ich ... ich kann und will das nicht glauben," fing Lisha leise an, als sie erkannte, dass sie es sich leichter machen konnte, wenn sie dem Polizisten gab, was er wollte. „Das muss ein dummer Zufall sein. „Ich habe meinem Dad meine Karte geliehen. Er war vor kurzem da und hat mir im Garten geholfen. Er wollte schnell etwas besorgen, um weitermachen zu können und ich habe ihm meine Karte gegeben. Aber ich ... nein, er war es bestimmt nicht. Das müssen sie mir glauben. Er hat meine Mutter geliebt..."
„Aber sie wollten sich trennen," fiel Woody ihr ins Wort.
„Ja, aber ohne böse Hintergedanken..." Lishas Blick wurde verzweifelt als sie begriff, dass sie eben ihren Vater der Polizei auf dem goldenen Präsentierteller dargeboten hatte.
„Wir werden sehen, was er uns dazu zu sagen hat... vielleicht gibt es eine einfache Erklärung."
„Ich denke damit ist die Sache erledigt," mischte sich Renee bestimmt ein, um Lisha aus Hoyts Fänge zu befreien, damit sie endlich nach Hause fahren konnte. „Lisha... die Befragung ist hiermit abgeschlossen. Ich bringe dich zu deinem Wagen."
Gericht
Einen
Tag später
„Ich kann es nicht fassen, dass sie Garret
anklagt. Die Beweise sprechen doch für sich." Jordan lief
aufgebracht in den Zuschauerraum des Gerichtssaals. „Für was
reißen wir uns seit zwei Tagen den Arsch auf, wenn sie einfach
unsere Bemühungen übergeht."
„Wir haben doch niemanden anderes. Der Ex-Mann hat zwar zugegeben die Sachen gekauft zu haben, aber sein Freund, dieser Danfort hat sein Alibi bestätigt. Und die Bar war gegen Mitternacht noch gut besucht. Der Barkeeper hat sich an ihn erinnert. Vielleicht ist es wirklich nur ein dummer Zufall. Die Kassiererin im Baumarkt könnte zum Beispiel jemanden decken oder hat einen anderen Käufer des Zementes vergessen, der Bar bezahlt hatte oder der Ehemann kam zufällig an den Zement heran und hat so den Staub auf sein Seil übertragen... das ganze ergibt einfach keinen Sinn und ist auch viel zu wacklig. Ms Walcott war eigentlich recht deutlich mit ihren Worten ‚mehrere und überzeugendere Beweise zu beschaffen."
„Hervorragend... die Frau schafft es jedes Mal aufs neue, das ich sie noch mehr hasse..."
„Na na na Jordan," beschwichtigte Woody. „Sie macht nur ihren Job, so wie wir unseren. Na ja, meistens," fügte er leise hinzu, weil inzwischen der Saal gefüllt war und die Anwälte auf ihrem Platz waren. Garret wurde hereingeführt und als Jordan seinen Blick suchte, erwiderte er ihn mit einem schwachen Lächeln. Er wirkte müde und älter und Jordan fühlte sich so hilflos in ihren Versuchen ihn zu entlasten.
„Deine Theorien sind alle albern. Wieso sollte eine Kreditkartenabrechnung lügen? Und ein Zufall? Das wäre schon wirklich hartes Schicksal. Wenn wir nur die Genehmigung für einen DNA-Test bekämen. Vielleicht findet sich eine Hautschuppe des Opfers am Seil aus dem Schuppen...", weiter kam Jordan nicht, denn der Richter betrat den Saal und alle erhoben sich.
Als sie wieder saßen und der Richter die Verhandlung eröffnet hatte, stand Walcott auf und las die Anklage vor. Jordan fühlte sich einer Ohnmacht nahe als Walcott tatsächlich Garret des Mordes bezichtete und die Beweise, die gegen ihn vorlagen aufzählte. Es sah leider wirklich schlecht für ihn aus und das Argument seines Anwaltes, dass die Beweisführung noch gar nicht abgeschlossen sei, und seine werte Kollegin ein wenig zu übereilt handle, ließ der Richter nicht gelten. Er ordnete an, dass bis zum Ende der Woche die Beweisführung abgeschlossen sein sollte und dass Dr. Macy solange noch in Untersuchungshaft blieb.
Ein
Indizienprozess – fuhr es Jordan durch den Kopf. Das schlimmste was
Garret passieren konnte.
Sie mussten etwas tun und zwar
schleunigst.
Kurz bevor die Anhörung zu ende war, kam ein Kollege von Woody herein und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ein breites Lächeln erschien auf Woodys Gesicht und Jordan platzte fast vor Neugier. Aber keiner machte sich die Mühe sie aufzuklären. Woody nickte ihr nur kurz zu und zeigte zum Ausgang. Zu dritt verließen sie den Saal.
„Man hat Annes Wagen gefunden. Er steht noch immer dort, wo Garret Anne in der Nach angeblich verlassen hat.", sagte Woody erklärend, kaum das sie auf dem Flur standen.
„Na prima. Das spricht ja nicht gerade für seine Unschuld."
„Nicht, wenn wir keine neue Bewiese finden... die dieses Mal ihn entlasten"
„Worauf warten wir noch?
Gefängniszelle
Etwas
später
Garret hörte die lauten, hallende Schritte
und noch bevor er sah, wer sich mit bestimmten Schritt auf seine
Zelle zu bewegte, roch er das süßliche Parfüm, das
ihn an einen kalten Wintertag vor einem Kaminfeuer erinnerte, als sie
noch keine Verpflichtungen sich gegenüber eingegangen waren, als
ihnen noch bewusst war das ihre Beziehung nur auf reinen Sex
basierte, dass niemand davon erfahren sollte und sie sich erst einmal
nur in ihren vier Wänden trafen, um die Seiten an einander zu
erforschen, die sie sich dienstlich nicht offen zeigten, sondern die
alte Feindschaft auslebten. Er seufzte und hob nicht einmal den
Blick, als die Schritte langsamer wurden und das Geräusch
schließlich ganz verebbte.
„Renee."
„Garret!"
„Kommst du, um deinen Sieg auszukosten?"
„Hier geht es nicht um Sieg oder Niederlage..."
„Nein, hier geht es nur um Rache!", er wandte seinen Kopf und blickte Renee eisig an. „Du gibst zwar mir den Laufpass, und wenn ich danach etwas Trost suche, werde ich gleich dafür bestraft." Garret ließ sich von dem kurzen Ausdruck von Verletztheit in Renees Gesicht nicht täuschen. „Hätte ich nach uns ins Zölibat übertreten sollen?"
„Du hättest dir nur die Mühe machen können, mir zu zuhören, mit mir zureden. Selbst das war zu viel von mir verlangt."
„Ich versteh nicht ganz dein Problem. Du hast unsere Beziehung als „Treibsand" bezeichnet und wolltest alles aufgeben, nur weil man uns vor Gericht bloß gestellt hatte. Nicht ich. Und dann kommst du bei mir an und willst unsere Beziehung definieren, mit mir reden, willst das es funktioniert... und weil ich nicht gleich vor Freude darüber in die Luft gesprungen bin, wird eine „Pause" einberufen..."
„Eine Beziehung besteht nicht nur aus schön Essen gehen und Sex," erwiderte Renee nicht ganz so beherrscht, wie sie gerne geklungen hätte und das veranlasste Garret aufzustehen, um an die Zellentür heranzutreten. Renee wich einen Schritt nach hinten weg und das tat irgendwie weh. Auch wenn es sich Garret nicht eingestehen wollte.
„Na bitte... da siehst du es selbst.. ich hatte mit Anne also nichts weiter als Sex. Keine Beziehung. Da war vorher nichts und da wäre nie hinterher etwas gewesen..."
„Hast du etwas bestimmtes vermisst?", Renees Stimme war wieder fest und drifte vor Hohn.
„Sicher nicht den Eisklotz, der hin und wieder an meiner Seite aufgewacht ist." Garret sah mit einer gewissen Genugtuung, dass Renee unter seinen Worten schluckte und mit sich ringen musste, um Tränen aus verletzten Stolz zu unterdrücken, „und lass mich überlegen... warst nicht du das, die mir ungefähr vor einem halben Jahr die Spielregeln wie folgt beschrieben hat – ich darf dich flach legen, aber mich nicht mit dir anlegen?"
Renee war für eine Moment aus dem Konzept gebracht und hatte das Gefühl, den Boden unter ihren Füssen zu verlieren. Sie hatte gedacht sie wären inzwischen in ihrer Beziehung gereift und wüssten es besser... Der ganze Besuch hier war eine dumme Idee von ihr gewesen.. reine Zeitverschwendung. Garret würde sich nie ändern, ganz gleich was sie tun würde, ganz gleich was sie ausprobieren würde, ganz gleich wie sie sich verhielt. Männer konnte man nicht ändern. Hinter ihr lag nicht umsonst eine Scheidung. Auch wenn sie und ihr Ex noch Freunde waren... am Ende waren sie alle gleich.
Auch wenn es ihr mit Garret immer sehr viel Spaß gemacht hatte und ihr kleines Katz und Mausspiel etwas besonders erotisches zwischen ihnen aufgebaut hatte... so war dies nicht die Zukunft. Sie musste hin und wieder auch einmal daran denken, wo sie in zehn Jahren stehen würde, nicht nur an das hier und jetzt. Doch Garret wollte aus seiner ganzen Bindungsangst und Angst vor erneutem Versagen in einer Beziehung einfach nicht in diesem Punkt auf sie eingehen und das tat weh. Mehr als sie sich je eingestehen wollte. Es lag ihr mehr an diesem kleinen, mürrischen Mann, als sie es sich je hätte erträumen lassen. Und schon gar nicht hatte sie je daran gedacht, das aus den Anfängen so viel mehr hätte werden können – was hatte sie schon verbunden außer ein paar harte Fälle, bei denen sie Garrets Hilfe nötig gehabt hatte, ein paar Meinungsverschiedenheiten und am Ende nur ein Glas Scotch in einem Hotelzimmer... und eine sehr interessante Nacht... erfahrene Männer in einem gewissen Alter waren durchaus ein Bruch eigener Prinzipien mit „Kollegen" nichts anzufangen, wert... nein, es half nichts an damals zu denken.. auch wenn es die einzige Möglichkeit war bei Garrets Worten nicht schmerzhaft getroffen den Rückzug antreten zu müssen.
„Du
hast einfach nicht zugehört," sagte sie mit einer Spur
ungewohnter Traurigkeit in der Stimme und wandte sich von Garrets
Zelle ab. „Du hast einfach nie zugehört", murmelte sie nicht
mehr sehr kampflustig und ehe Garret etwas sagen konnte, lief sie
eilige den Flur zurück.
Moor
Aussichtspunkt
„Er ist es Boss," ein uniformierte Polizist tauchte mit einem
Führerschein und dem Zulassungspapier auf. „Hab ich im
Handschuhfach gefunden Der Wagen ist auf eine Anne Robertson
zugelassen."
„Hervorragend," freute sich Woody. „Ganz ausgezeichnet. Abschleppen und auf Spuren untersuchen lassen..."
„Lass mich kurz einen Blick rein werfen ja?", bat Jordan und ließ ihren Koffer aufschnappen.
„Okay," stöhnte Woody ergeben und Jordan grinste ihn dankbar an. „Aber es wird nichts entwendet. Sonst reißt mir der Boss noch den Kopf ab. Er versteht sowieso nicht, wieso ich meine Berichte über die Sache nicht endlich abliefere."
„Ich schau mir nur alles an, versprochen," Jordan zog sich Handschuhe über und öffnete den Kofferraum. Darin fand sich nichts, nicht auf den ersten Blick. Enttäuscht verzog sie ihr Gesicht und richtete sich wieder auf, um auf die Fahrerseite zu gehen. Sie öffnete die Tür und leuchtete mit einer kleinen Lampe hinein. Im ersten Moment war da nichts zu entdecken und Jordan wollte schon erneut enttäuscht den Rückzug antreten, als sie stutzte. Etwas hatte am Lenkrad kurz aufgeblitzt. Sie richtete den Strahl zurück auf das Leder und ließ ihn auf und ab wandern. Und tatsächlich... ein kleiner, dunkler Fleck.
Woody streckte auf der andern Seite gerade seinen Kopf herein und sah wie Jordan mit einem Wattestäbchen etwas vom Lenkrad rubbelte. „Du hast was?"
„Wenn es gleich violett wird, ja.. Blut.", dabei tröpfelte sie eine Mittel auf das Wattestäbchen, dass sie zwei Sekunden später leicht violett verfärbte. „Könnte eine Spur sein. Fragt sich nur, wessen Blut das ist. Anne hatte nicht mal einen Kratzer. Ihres ist es sicher nicht." Jordan verstaute das Stäbchen in ein Gläschen.
„Mit etwas Glück nicht das von Garret," Woody war Erleichterung und Optimismus anzuhören. Jordan zog es vor erst einmal ruhe zu bewahren. Etwas Blut in einem Wagen war noch kein Anlass zu Euphorie. Sie suchte am Sitzpolster fand aber nichts mehr.
„Lass uns die Seiten wechseln, ja?
„Okay...", Woody zog seinen Kopf zurück und ging auf die andere Seite hinüber, während Jordan bereits auf der Rückbank herumturnte. Sie fand tatsächlich noch etwas unter dem Beifahrersitz, das ihre Aufmerksamkeit erreget. Sie bückte sich und streckte Woody ihr Gesäß entgegen, das diesen automatisch dazu zwang es anzustarren. Auch wenn ihm der Ausblick durchaus gefiel. Ein leicht verrückter Blick schlich sich in seine Augen.
„Denk ja nicht ich würd das nicht bemerken."
„WAS denn?"
„Dein Blick, der mich gerade auszieht. Lass dich gleich enttäuschen – heute trag ich dunkelgrün."
„Uhm.. ich.. ich.. entschuldige.. es war nur so..", stammelte Woody und versuchte nervös seine Augen auf irgendetwas anderes zu richten.
„Schon gut," lachte Jordan. „Schau dir das lieber an.", sie hielt eine Pinzette hoch, an deren Ende ein Klumpen Erde hing.
„Erde? Was soll uns das sagen? Dass Mrs Robertson doch nicht so ordentlich war?"
„Nein... sondern das hier jemand vielleicht saß? Das ist Torf... und hier in diesem Gebiet kommt kein Torf vor."
„Wow.. das würde Garret vielleicht entlasten."
„Ihn würden DNA-Spuren entlasten, die eine dritte Person ins Spiel brächte," merkte Jordan an und kam von der Rückbank geklettert, um die Beifahrerseite zu untersuchen. Aber hier fand sie nichts weiter. Kein Blut, kein Torf, kein Haar.. rein gar nichts. Ihnen musste also ein Blutstropfen und etwas Torf fürs erste reichen...
