Ann, eigentlich tue ich mich sehr schwer Kampfhandlungen zu beschreiben. Daher ist dein Review ein echtes Kompliment. Danke.
Ratisbona, es freut mich sehr, dass du zu dieser Story gefunden hast und dass dir der Anfang gefiel. Danke für dein Lob bez. meines Stils. Ich geb mir Mühe!!
Celebne, danke für deine Treue. In diesem Fall wird Denethor sehr überrascht sein von seinen eigenen Gefühlen.
Lady of Ithilien, vielen Dank auch für Dein Review. Da möchte ich deinem Wunsch gerne entgegengehen.
Wie durch ein Wunder trieb der Fluss den Körper des jungen Mannes an die gefährlichen Felsen vorbei.
Lange Zeit wurde er vom Anduin förmlich getragen. Die ganze Nacht hindurch, bis der Morgen graute.
Dann endlich wurde er an das Ufer geschwemmt, wo er reglos liegen blieb.

Die Sonne stand jetzt bereits hoch am Himmel und schickte ihre erbarmungslosen Strahlen auf das Land.
Die Luft flimmerte von der Hitze. Kein Vogel unterbrach die Stille mit seinem Gezwitscher.
Das einzige leise Geräusch war der langsam fließende Fluss.
Auch kein Wind fuhr durch das Geäst der Bäume um das Laub flüstern zu lassen.
Das Land hüllte sich in Schweigen.
So, als wollte es den jungen blonden Mann, der am Ufer lag nicht stören.

Das Erste, was er fühlte war ein Brennen in seinem Gesicht. Sein Körper aber war kühl und nass. Er lag im Wasser, der Untergrund war steinig.
Der Rücken schmerzte ihn.
Seine Hände tasteten blind über den Kies und die Steine.
Dann öffnete er seine Augen. Die Sonne blendete ihn und er schloss sie sofort wieder.

Nach einigen Augenblicken drehte er sich schwerfällig auf die linke Seite und öffnete wieder seine Augen.
Jetzt sah er den Fluss. Langsam und träge folgte er hier seinem Bett.

Angestrengt überlegte er, wo er war und wie er hierher kam! Doch die Erinnerung wollte nicht kommen.
Es war sein Instinkt, der ihn veranlasste von dem Fluss wegzukriechen. Nicht weit vom Ufer entfernt gab es einige Büsche. Diese boten ihm ein wenig Schutz vor der gnadenlosen Sonne. Das war sein Ziel.
Es dauerte unendlich lange, aber dann hatte er sie erreicht und blieb erschöpft dort liegen.
Wieder nahm ihn eine gnädige Bewusstlosigkeit gefangen und ließ ihn seine Verletzung am Rücken und das aufkommende Fieber nicht spüren.

Ungefähr zu diesem Zeitpunkt hatte Boromir mit seinen Männern Minas Tirith erreicht.
Sie ließen die Pferde im Schritt gehen. Er hatte es nicht eilig vor seinen Vater zu treten und ihm von dem Verlust seines zweitgeborenen Sohnes zu informieren.

Denethor saß im Speisesaal mit einigen seiner Ratsmitglieder. Der Tisch war üppig gedeckt mit feinen Speisen. Er liebte es, gut zu essen.
Zum Trinken gab es erlesenen Wein, der eine rubinrote Farbe besaß.
Jetzt hörte er den Klang der silbernen Trompete. Aber er hörte sie nur einmal!
Er blickte von seinem Teller auf und wartete. Doch sie erklang kein zweites Mal.

Ein unruhiges Gefühl überkam ihn. Auch die anderen Männer wussten, was dies bedeutete!
Es war nur ein Sohn des Truchsess heimgekehrt!
Sie sahen sich betreten an. Dann sprach einer von ihnen. „Sir, Ihr wollt Euren Sohn sicher alleine sprechen." Denethor sah dem Mann ins Gesicht. Erst verstand er nicht, aber dann nickte er nur und stand auf.
Sein Ziel war das Amtszimmer. Dort würde er seinen Sohn erwarten! Bisher waren immer beide zu ihm gekommen, wenn sie zusammen unterwegs gewesen waren.
Jetzt würde es nur einer der beiden sein!

Boromir war schon auf den Weg zu seinem Vater. Er wusste, dass er ihn in seinem Amtszimmer finden würde.
Sein Herz war schwer und voller Trauer. Jeder Schritt, der ihn näher an seinem Vater brachte wurde ebenfalls schwerer und schwerer.

Bewegungslos saß Denethor hinter seinem Schreibtisch und wartete.
Es dauerte nicht lange als die Tür sich langsam öffnete. Der Truchsess sah wie gebannt zur Tür und wünschte, es würden beide seiner Söhne eintreten.
Er wünschte, er hätte sich verhört!

Boromir holte tief Luft und öffnete die Tür zu seines Vaters Amtszimmer. Dann trat er ein und schloss sie wieder.
Anschließend blickte er seinem Vater ins Gesicht. Er wollte es unterdrücken, doch Tränen traten in seine Augen.
Er ging auf den Schreibtisch zu und blieb davor stehen. Seine Stimme versagte fast, als er flüsterte. „Vater!....Faramir….!"

Denethor bemerkte die Tränen in den Augen seines Sohnes. Als dieser vor seinem Schreibtisch stand, hörte er ihn flüstern. Nur zwei Worte!
Sie drangen nur langsam in sein Bewusstsein.
Jetzt konnte auch er es nicht verhindern und er fühlte seine Tränen. Sie traten ihm in die Augen und rannen an seinem Gesicht hinab.

Schon seit Stunden verfolgte der Junge dieses Reh. Immer wieder pirschte er sich an das Tier, aber es war wie verhext.
Wenn er es mit seinem Pfeil anvisiert hatte, schien es ihn zu spüren und lief wieder weg.
Einige Male hatte er es aus den Augen verloren. Dann musste er mühsam nach den Spuren suchen.
Aber mit spurensuchen war er aufgewachsen. Auch mit dem Erlegen von Wildtieren. Seine Familie war arm und dieses Fleisch war eine willkommene Abwechslung.
Das Fell konnten sie in der nächsten Ortschaft verkaufen.

Er musste ungefähr fünfzehn Jahre alt sein und er war schlank. Sein langes, gewelltes schwarzes Haar hatte er hinten zusammen gebunden.
Er trug ein rotes Haarband, ein buntes Oberteil und eine schwarze Hose. Diese war an den Beinen recht weit.
Um seine Hüften hatte er eine ebenfalls rote Schärpe gebunden. Der Bogen war nur einfach, aber er erfüllte seinen Zweck.
Seine Hautfarbe war recht dunkel und seine fast schwarzen Augen mandelförmig.

Jetzt konnte er in der Nähe schon den großen Fluss sehen. Die Sonne reflektierte das Wasser und ließ es glitzern.
Einen Moment überlegte er. Eigentlich durfte er nicht an den Fluss, weil es zu gefährlich war. Doch es war so heiß und er hatte Durst.

Aber dann sah er das Reh wieder. Es schien auch zu dem Fluss zu wollen. Im Schutze der vereinzelten Bäume folgte er leise dem Tier.
Wie ein Schatten huschte er von Baum zu Baum. Seine Füße verursachten kein Geräusch. Jetzt schaute er auf eine Gruppe von Büschen.
Diese waren recht nah an dem Ufer. Sie konnten ihm auch Deckung geben.
Aber dann blieb sein Blick dort gebannt hängen! Minutenlang rührte er sich nicht und atmete auch nur ganz flach.
Dort unter den Büschen lag etwas. Oder besser gesagt, dort lag ein Mensch. Doch dieser rührte sich nicht.
Noch eine ganze Weile blieb er hinter dem Baum und beobachtete den Mensch. Das Reh hatte er vergessen.
Da er aber keine Bewegung registrieren konnte, kam er langsam näher. Er ging in geduckter Haltung, jederzeit bereit zu fliehen.
Jetzt konnte er erkennen, dass es ein Mann war, der dort lag. Ein Mann mit blondem Haar. So etwas hatte er noch nie gesehen.
Ein Mann mit goldenem Haar, dachte er verwundert.
Dieser lag mit dem Rücken zu ihm und er sah, dass er verletzt war. Dann hatte er ihn erreicht und tippte ihn vorsichtig mit seinem Bogen an.
Eine Reaktion bekam er nicht.
Unschlüssig sah er auf den Mann hinab und überlegte. Was sollte er machen?
Nach einigen Minuten wandte er sich ab und lief so schnell er konnte nach Hause.

Eine ganze Woche lag Faramir in schweren Fieberträumen. Sehr häufig wandelte er an dem Abgrund der immerwährenden Dunkelheit.
Er wusste nicht, dass er in einem Bett eines kleinen und spärlich eingerichteten Zimmers lag. Es war das Zimmer des Jungen, der ihn gefunden hatte.
Dieser Raum gehörte zu einem einfachen Holzhaus, welches sich inmitten eines Waldes in Harad, nicht sehr weit vom Anduin, befand.
Die Bewohner des Hauses waren ein Mann mittleren Alters und seine Frau, mit ihren zwei Kindern. Das zweite Kind war ein Mädchen von achtzehn Jahren.
Eine gerade zur Frau erblühte Schönheit.
Sie alle hatten keine Erfahrungen mit dem Krieg. Er war noch nicht bis hierher gelangt.
Und sie hatten auch noch nie andere Menschen als Haradrim gesehen.
Anfangs waren sie erstaunt über die helle Hautfarbe und das goldene Haar. Gerne hätte sie gewusst, wo er denn herkäme.

Am achten Tag fühlte Faramir, dass ihm jemand half, sich ein wenig aufzusetzen. Dann spürte er ein Gefäß an seinen Lippen. Dankbar trank er die kräftige Brühe. Anschließend legte man ihn wieder hin. Er hörte Stimmen, doch er verstand die Sprache nicht.
Was war passiert? Und wo war er? Langsam öffnete er seine Augen und blickte in das dunkelhäutige Gesicht einer Frau.

Ihre ebenfalls dunklen Augen schauten ihn gütig und freundlich an.Dann sagte sie etwas zu ihm. Da er sie nicht verstand schüttelte er seinen Kopf.
Jetzt wurde ihm gewahr, dass eine zweite junge Frau an der anderen Seite des Bettes stand. Langsam neigte er seinen Kopf zu Seite und schaute sie staunend an.
Sie war auch sehr dunkel aber wunderschön.
Wer waren diese Frauen? Wieder versuchte er sich zu erinnern! Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war der Fluss. An das eisige Wasser des Flusses.
Was davor gewesen war blieb im Dunkel.

Jetzt war es genau eine Woche her, seit sie Faramir verloren hatten.
An diesem Tag sollte die Totenfeier abgehalten werden.
Fast die ganze Stadt war in Trauer um den zweitgeborenen Sohn ihres Truchsess.
Auch das Licht des Himmels war heute in einem dunklen Grau.

Auf dem Turm Ecthelions war an einem Mast eine schwarze Flagge gehisst worden.

An der Spitze vieler Menschen gingen Denethor und Boromir nebeneinander her. Ihr Weg führte sie nach Rath Dinen und dann zum Haus der Truchsessen, das im Zwielicht unter seiner großen Kuppel aufragte.

Schließlich standen sie vor dem steinernen Sarkophag um von Faramir Abschied zu nehmen.
Da sie keine sterblichen Überreste von ihm hatten, bestatteten sie seine Rüstung.

Von vielen Menschen bekamen sie ein Beleid ausgesprochen. Dann war es endlich vorbei.

Vater und Sohn gingen jetzt schweigend zu den Ställen, die im sechsten Zirkel waren. Sie machten ihre Pferde fertig und durchritten die große Straße der Stadt, die sie zum Tor führen würde.
Als sie die Stadt verlassen hatten, ließen sie die Pferde in einen leichten Galopp fallen. Ihr Ziel war der Anduin.

Bei Erreichen des großen Flusses hatten sie noch kein Wort miteinander gewechselt. Sie beide hingen ihren eigenen Erinnerungen nach.
Es dauerte nicht lange und sie saßen nebeneinander am Flussufer und schauten auf das Wasser.
Denethor fühlte abermals seine Tränen. „Ich hätte nie gedacht, dass er so enden würde. Und er war noch so jung…"

Boromir schaute seinen Vater nicht an und schüttelte den Kopf. „Mein Herz sagt mir, dass er nicht tot ist."

Denethor blickte ihn überrascht an. „Und wo soll er sein? Warum kommt er nicht nach Hause?"

Jetzt klang Boromirs Stimme bekümmert. „Ich weiß es nicht, Vater. Ich weiß es wirklich nicht!" Eine ganze Weile blieben sie stumm und dachten über Faramir nach.

Es war schon fast Abend als Boromir aufstand und seine Hand auf die Schulter seines Vaters legte. „Komm, Vater. Wir müssen zurück, bald wird es dunkel sein." Schwerfällig stand Denethor auf und warf noch einen letzten Blick auf den Fluss. „In meinem Herzen ist es auch dunkel."
Jetzt sah er Boromir an. „Die Dunkelheit soll mir willkommen sein." Dann ging er zu seinem Pferd.

Auch Boromir blickte noch einmal auf das Wasser.
Er sah eine einzelne Blume, die der große Strom mit sich trug. Sie tanzte über die leichten Wellen und drehte sich immer wieder. Dann war sie nicht mehr zu sehen und er wandte sich ab.
Sein Vater saß bereits auf seinem Pferd.

Als Faramir am neunten Tag erwachte, fühlte er sich schon erheblich besser. Langsam setzte er sich in dem Bett auf und sah sich um.
Der Raum barg einen Schrank, eine Truhe, so etwas wie ein Schreibtisch mit einem Stuhl und das Bett, in dem er lag.
Durch das Fenster konnte er den hellen Sonnenschein sehen. Und es war sehr warm.
Er richtete seine Kissen und lehnte sich an ihnen. Dann wurde ihm bewusst, dass er vollkommen nackt war. Nur diese dünne Leinendecke kleidete ihn.
Jetzt ging die Tür auf und die junge Frau, die er am Vortag gesehen hatte, betrat den Raum. Einen Moment schaute sie ihn überrascht an. Dann lächelte sie erfreut und rief etwas in ihrer Sprache.

Finiel betrat den Raum ihres Bruders, in dem jetzt der fremde, blonde Mann lag und war überrascht. Er saß in dem Bett und schaute ihr entgegen.
„Mutter, komm schnell. Der Fremde ist wach!" Abwartend blieb sie stehen.
Dann erschien ihre Mutter, auch sie war erfreut und ging auf das Bett zu. „Es freut mich, dass er es geschafft hat. Manchmal hatte ich keine Hoffnung mehr für ihn."
Ihre Tochter kam ebenfalls näher. Sie hatte wieder ein Gefäß mit Brühe in der Hand.
„Dann kann er sicherlich selbst trinken." Damit streckte sie ihre Hand mit dem Gefäß aus.

Faramir hatte kein Wort verstanden, von dem was die Frauen sagten. Aber er sah ihre Freundlichkeit. Gern nahm er die Brühe entgegen und trank sie auch gierig.
Er hatte wirklich Hunger.
Anschließend nahm ihm die junge Frau das Gefäß wieder ab und die ältere Frau setzte sich zu ihm auf das Bett.
Sie deutete auf sich und sagte: „Naira!" Dann deutete sie fragend auf Faramir. Dieser wusste, was sie gesagt hatte. Naira war ihr Name, jetzt wollte sie seinen wissen.
Er überlegte, aber es fiel ihm nicht ein. Er hatte ihn vergessen. Bedauernd schüttelte er seinen Kopf.

Naira dachte, er hätte sie nicht verstanden. Sie deutete nochmals auf sich und sprach ganz langsam. „Naira!" Dann zeigte sie auf ihre Tochter. „Finiel!"

Verzweifelt überlegte Faramir, aber er konnte sich nicht an seinen Namen erinnern. Er konnte sich an gar nichts erinnern.
Er wusste nicht, wer er war und wo er herkam! Noch immer war seine letzte Erinnerung der Fluss!