„An die Freude"

Drei Wochen später

Allein ihrer Ausdauer und Erfahrung hatte Miriam es zu verdanken, dass sie die schweren Arbeiten durchhielt, obwohl diese hier wesentlich Kraft raubender waren.

Tagein tagaus mussten die Frauen so unnütze Aufgaben wie Spinnen, Weben, Stoffe gerben und färben, oder die Männer mussten neue Häuser bauen, für neue Insassen. Obwohl einige dieser Arbeiten natürlich viel schneller mit Zauberei erledigt werden könnten, sollten sie in mühevoller Arbeit von Werwölfen, also billigen Arbeitskräften, verrichtet werden.

Miriam arbeitete meist so dass sie in der Nähe von Irene, Maggien und Lindsay stand. Seit ihrem ersten gemeinsamen Tag waren sie unzertrennlich.

Irene, die Tochter eines reichen Ministeriumsangestellten, hatte einst wundervolle weiche, glatte Hände, doch durch die Arbeit an einem altmodischen Spinnrad, hatte sie bald genauso raue Hände wie ihre anderen Leidensgenossinnen. Unverständlicher Weise beharrte man bei der Herstellung von Garn und Wolle auf beinahe mittelalterliche Methoden.

Selbst Miriams Hände bluteten oft und ihre Hände wiesen tiefe Schnitte auf. In ihren Arbeiten steckte wortwörtlich Schweiß und Blut.

So ungern Miriam es auch zugab, aber ihr blieb nichts anderes übrig als diese Situation zu akzeptieren.

„ Miriam, im Büro des Lagerleiters ist Besuch für dich. Ich wusste genau das du nicht ganz sauber bist, wahrscheinlich irgend so ein Lover von dir, du kleine Hure", blaffte Eve sie an, vor Schreck fuhr Miriam hoch.

„ Ich habe keinen Lover", erwiderte Miriam eiskalt und erhob sich von ihrem Arbeitsplatz.

Eve grinste nur und befahl ihr zu folgen.

Im Büro ihres Vorgesetzten stand jemand, den Miriam wahrscheinlich am wenigsten erwartete hatte. Selenus von Maidenhead sah sie dieses mal mit ernstem und besorgtem Blick an.

Mr. Andrews verließ zusammen mit Eve stillschweigend den Raum.

„ Miss Gilmore. Ich habe mir schon große Sorgen um Sie gemacht". Er griff ihr hart an die Schulter und seine Stimme klang tatsächlich besorgt.

„ Warum kümmern Sie sich so um mich? Ich bin nicht mehr als ein Hausmädchen…ach quatsch no viel weniger als das. Ich bin ein Werwolf".

„ Warum ich mich so für jemanden wie Sie interessiere? Weil Sie etwas Besonderes sind. Sie haben eine Gabe, die für uns Werwölfe sehr wichtig ist", antwortete er ohne Umschweife.

„ Bin ich nur noch von Irren umgeben? Warum erzählen Sie mir so etwas? Ich bin nur ein Werwolf, nichts besonderes nur eine Bestie", spie sie ihm ins Gesicht.

„ Sie sind kein Werwolf und ich kann Ihnen hier und jetzt einen Beweis bringen".

„ Das will ich sehen", lachte Miriam höhnisch.

„ haben Sie Ihre Armspange dabei?", fragte er.

„ Woher wissen Sie von meiner Armspange?".

„ ich weiß es einfach. Sie ist aus purem Silber. Wenn Sie sie berühren, müssten Sie sich arg die Hand verbrennen, wenn Sie ein Werwolf sind Geschieht dies nicht, sind Sie kein Werwolf und dafür gibt es eine Erklärung", sagte er.

„ Ich glaube Ihnen kein Wort, Sir. Sehen Sie sich meinen Arm an. Das ist der Beweis das ich ein Werwolf bin".

Sie hasste ihn. Er spielte mit ihr, versuchte in ihr falsche Hoffnungen zu erwecken um sie an den Boden zu spielen, weshalb auch immer.

„ Sie haben dich wirklich perfekt manipuliert, Miriam. Ich hätte nie gedacht dass du mich vergisst", begann Selenus laut zu werden.

„ Was soll das denn schon wieder?", fragte sie völlig entnervt.

„ Weißt du überhaupt, wie du zu den Malfoys gekommen bist und weshalb?", fragte Selenus lauernd.

„ Mein erster Herr hat mich an sie verschenkt, als ungefähr zwölf war", antwortete Miriam knapp und kühl.

„ Nein, er wurde dazu gezwungen, dich den Malfoys zu übergeben. Du solltest dich nur noch bruchstückchenhaft an ihn erinnern, aus einem sehr guten Grund. Denn dein erster Herr hätte mit deinem außergewöhnlichem Blut beinahe ein gegenmittel gegen den Werwolffluch gefunden, auf natürlichem Wege, ohne Zauberei.

Dieser Mann war mein Vater und einige der treuesten Gefolgsleute Voldemorts brachten ihn letztendlich um. Die Werwölfe waren nämlich unverzichtbare Werkzeuge des dunklen Lords geworden und einige wenige Gefolgsleute hatten natürlich noch den festen Glauben, dass ihr einstiger Herr zurückkehrt. Ich bin damals nur knapp mit dem Leben davongekommen.

Vielleicht hast du dich schon einmal gewundert, warum deine Armspange aufleuchtet wenn du bedroht wirst!

Das war meine Erfindung für dich, um dich zu beschützen. Darin ist ein Teil meiner Magie enthalten und somit auch ein Teil von mir. Wenn du in Gefahr warst, reagierte die Armspange und ein Teil meiner Magie wurde freigesetzt. Das klingt alles sehr verrückt, aber es ist wahr".

Er hielt ihre Hände fest gegen sein Herz gepresst. Miriam konnte sein schnelles Schlagen spüren.

„ In meiner Brust schlägt das Herz eines Werwolfs und es schlägt seit sieben Jahren für die Rache an den Todessern, der Befreiung aus der Unterdrückung der Werwölfe und für dich", hauchte er leise.

Seine grünen Augen bohrten sich in ihre dunkelblauen.

Miriam zerriss von innen heraus. Ein großer Teil von ihr glaubte ihm kein Wort, doch der kleine Teil in ihr wurde stetig größer.

„ Diese Geschichte ist gut, zu gut beinahe um sie sich auszudenken und dennoch glaube ich eher dass sie Ihrer Fantasie entsprungen ist", versuchte sie so eisig zu klingen wie es nur ging, doch dass misslang.

„ Miriam, sieh mich an. Das ist keine Geschichte sondern die pure Wahrheit. Alles ist wahr, sieben Jahre lang konnte ich mich dir nicht nähern, ohne dass Lucius Malfoy mich erkennt und mich eventuell selbst erledigt. Sieben Jahre lang habe ich nur an dich gedacht. Vielleicht hilft dir die jedoch auf die Sprünge:

„ Freude, schöner Götterfunken,

Tochter aus Elisium,

Wir betreten feuertrunken

Himmlische, dein Heiligtum.

Deine Zauber binden wieder,

was der Mode Schwerd geteilt;

Bettler werden Fürstenbrüder,

wo dein sanfter Flügel weilt.

Das steht in deiner Armspange, es ist die erste Strophe aus „ An die Freude" von Friedrich Schiller.

Es war mein Lieblingsgedicht und es ist dies auch noch immer noch. Es hat mich immer an dich erinnert".

Miriam erschrak. Es stimmte, alles stimmte.

Was blieb ihr jetzt noch anderes übrig als ihm zu glauben, eigentlich gar nichts.

„ Warum kommst du erst jetzt zu mir? Sieben Jahre? Warum hast du Malfoy nicht einfach platt gemacht?", fragte sie mit schwacher Stimme.

„ Hinter Malfoy stehen zu viele und unsere Organisation gegen Voldemort und seine Todesser war einfach zu klein, im Gegensatz zu ihnen. Aber jetzt haben wir genug und wir haben uns sogar mit einem anderen Orden verbündet. In ungefähr einem Monat wollen wir den ersten Angriff wagen. Danach wird hier im Land ein riesiger Krieg ausbrechen, ich möchte dann dass du in Sicherheit bist, aber soweit ist es noch nicht. Warte noch eine kleine Weile, dann bist du hier raus", versprach er ihr.

„ Ich kann nicht gehen. Das wäre unfair gegenüber den anderen hier. Aber du, ich bin mal so frei, sei bitte vorsichtig", bat sie ihn.

„ Aber du glaubst mir doch ein bisschen, oder?", fragte er und ein abwägender Blick streifte sie.

„ Deine Nähe erinnert mich an Dinge, an die sich mein Kopf zwar nicht erinnern kann, aber aus meinem Herzen sind gewisse Gefühle noch nicht verschwunden.

Als du mich das erste Mal im Hause der Malfoys so unverschämt angegrinst hattest, da kam mir dieses Grinsen irgendwie bekannt vor. Ich glaube dieses Grinsen habe ich gehasst, aber ohne es konnte ich mir mein Leben auch nicht mehr vorstellen", sagte sie, dabei flüsterte sie beinahe.

„ Das stimmt", bemerkte Selenus verwundert lächelnd.