Elektra Murdoch
Eine Woche später
Miriam fröstelte.
Seit zwei Stunden saß sie jetzt schon in ihrer Einzelzelle, in die sie während des Vollmondes gebracht worden war.
Ein Fenster, natürlich mit Silber vergittert, ließ das ungewöhnlich helle Mondlicht herein.
Nichts war bisher passiert, nicht mal ein Kribbeln in den Zehen hatte sie gespürt, einzig und allein die Kälte die hier herrschte setzte ihr zu. Allerdings hatten sich merkwürdiger Weise ihre Sinne um ein vielfaches verschärft.
Um nicht herumzustehen lief sie unruhig hin und her.
Neugierig sah sie hinaus auf das Gelände.
Einen Moment lang glaubte sie sich verguckt zu haben, aber nach weiteren zwei Minuten wusste sie, dass sie sich die eindeutig menschlichen Bewegungen nicht einbildete, mehrere Männer, dass konnte sie ganz genau erkennen, kamen auf sie zu und teilten sich dann in zwei Gruppen, die zu beiden Seiten des Gebäudes, indem sie sich befand verschwanden.
Wenige Minuten später hörte sie plötzlich Schreie hinter ihrer Zellentür.
„ Findest sie und lasst die Wölfe raus!", befahl eine grollende Stimme.
Sie hörte wie die Eisentüren nacheinander geöffnet wurden und dann das Knurren der Wölfe.
Auch ihre Tür wurde geöffnet.
Ein hoch gewachsener Mann in schwarzer Robe und weißer Maske rief laut: „ Ich hab sie".
Miriam hörte beinahe auf zu atmen, was wollten diese Männer von ihr?
„ Kommen Sie mir nicht zu nahe", schrie sie ihn an.
Unbeeindruckt lief er auf sie zu, drückte sie hart gegen die Wand. Doch diesmal hatte Miriam allein durch ihre Größe einen Vorteil. Ohne Probleme konnte sie unter seinen Armen, die ihr den Weg versperrten, hindurchschlüpfen.
Der Todesser war zu verblüfft und reagiert viel zu langsam, als er sich regte hatte Miriam auch schon die Tür verschlossen und abgeriegelt.
Die Werwölfe hatten sich schon in alle Himmelsrichtungen verteilt.
Auf dem Boden lagen die toten Wärter.
So schnell sie konnte rannte sie in ihr Zimmer und zog sich ein paar vernünftige Sachen an, doch irgendein Scherzkeks hatte ihre Schuhe geklaut.
Alles was sie hatte waren ein paar Socken, eine alte Tasche und ihre Armspange. Ohne lang darüber nachzudenken legte sie sie wieder an und verließ das Zimmer so schnell sie konnte.
Sie dufte keine Zeit verschwenden, was wenn die anderen Todesser noch auf dem Gelände waren? Oder Werwölfe?
Aber wohin? Sie wusste nicht an wen sie sich wenden sollte. Das Ministerium schied auf jeden Fall aus, den für die war sie ein Werwolf.
Sie wusste auch nicht wo Selenus wohnte. Doch eines stand fest, sie musste hier weg.
Im Büro von Albus Dumbledore war alles und jeder wie elektrisch geladen. Durch Severus Snapes kurzfristige Warnung wussten alle von dem Überfall auf das Gewahrsamslager Bescheid.
Minerva McGonnagall sah ziemlich nervös aus, Sirius Black streifte quer durch das Büro. Die restlichen anwesenden Mitglieder des Phoenixordens, also mindestens das halbe Kollegium, plapperten aufgeregt durcheinander.
Voldemorts Häscher hatten alle Werwölfe von dort irgendwie eingefangen und gefangen genommen.
Dumbledore selbst war erst vor wenigen Minuten zum Gewahrsamslager aufgebrochen in Begleitung von Alastor Moody und Kingsley Shaklebolt.
Plötzlich gab es ein leises Plopp und die drei Männer erschienen vor ihnen. In ihrer Mitte hielten sie ein schmuddelig aussehendes Mädchen an den Armen fest.
Sie auffallend schöne blaue Augen, die braunen Locken umspieltes ihr längliches Gesicht.
„ Miriam", rief plötzlich Selenus von Maidenhead aus, der gerade die Treppe heraufkam.
„ Sie kennen das Mädchen?", fragte Albus verwirrt.
„ Natürlich. Ich bin erleichtert, dass Sie sie gefunden haben, ich dachte schon die Todesser hätten sie entführt", schloss der kreidebleiche Selenus Miriam in die Arme.
„ Ich hätte nicht gedacht, dass sie so weit gehen".
„ Das haben wir alle gedacht, Mr. von Maidenhead. Aber wir fragen uns was Ihre junge Freundin in der Nähe des Gewahrsamslagers zu suchen hatte", wandte Sirius sich feindselig an Selenus.
„ Ein Irrtum des Ministeriums. Laut denen ist sie nämlich ein Werwolf, aber sie ist kein Werwolf", antwortete Selenus so ruhig wie nur möglich.
„ Ach das ist unser kleines „Wunderkind"? ich habe schon von ihr gehört. Remus hat mir davon erzählt", stellte Albus interessiert fest.
„ Wunderkind? Das ich nicht lache, das einzig Besondere an ihr ist doch nur ihr Blut", schnaubte Sirius verächtlich.
„ Stimmt so nicht. Wenn sie soweit ist kann sie sogar den Werwölfen befehlen, sie wird sie verstehen können. Doch dazu muss sie erst fest an ihre Gabe glauben, mit ganzem Herzen", widersprach Dumbledore ihm.
„ Ja wenn sie soweit ist. Und wer garantiert uns, dass sie ihre Gabe nicht gegen uns verwendet?", rief Moody in den Raum.
„ Ich", hielt Miriam dagegen.
„ Guck dich doch mal an Mädchen, du zählst nicht mal 20 Jahre alt und willst schon wissen was du willst?", fragte Moody ungläubig.
„ Was wissen Sie schon von mir? Nichts. Das Alter spielt keine Rolle, hier muss man es haben", gab Miriam spitz zurück und tippte sich mit dem Finger gegen den Kopf.
„ Miriam, beruhige dich", versuchte Selenus sie zu beschwichtigen.
„ Nichts da. In den vergangenen Monaten und Wochen habe ich nur Ärger am Hals. Man hat versucht mich zu erwürgen, ein Werwolf hat mich gebissen, ein Todesser hat versucht mich zu verschleppen und niemand hat mir geholfen. Hier und da hat vielleicht mal jemand versucht mich aufzumuntern, aber letztendlich hat mir das nichts geholfen. Durch einen puren Zufall stehe ich jetzt hier. Ich werde mich nicht von irgendeinem Besserwisser hier heruntermachen
Noch hinzu kommt diese dumme Lebenslüge. Wäre Selenus nicht gewesen würde ich jetzt immer noch so ahnungslos vor Ihnen stehen. Jetzt weiß ich wenigstens wie meine Vergangenheit wirklich aussah, teilweise zumindest", explodierte Miriam fast.
Selenus stand hinter ihr und verhinderte eventuelle Handgreiflichkeiten, aber Miriam war nicht nach Gewalt zumute.
Sirius musterte sie nun bei weitem interessierter.
„ Der Witz dabei ist ja, an allem und ich meine wirklich allem, sind diese verdammten Todesser schuld.
Fenrir Greyback war auch Todesser wenn ich mich nicht irre. Ich habe nämlich mal einen kurzen Blick auf sein dunkles Mal werfen können.
Die Todesser haben mir eine vielleicht sehr viel glücklichere Vergangenheit und damit auch Zukunft Von heute Nacht will ich gar nicht erst reden", setzte Miriam hinzu.
„ Professor Dumbledore, dürfte ich mit Miriam den Raum verlassen? Ich denke das wäre besser. Miriam, bitte tu mir einen Gefallen und komm einfach mit", schlug Selenus vor, einen missbilligenden Blick zu Moody hinüber konnte er allerdings nicht unterlassen.
„ Das denke ich auch.
Nichts gegen Sie, Miriam, ich verstehe Ihre Wut. Aber bitte lassen Sie uns das noch einmal in aller Ruhe besprechen.
Sie brauchen jetzt Ruhe, sonst explodieren sie mir hier noch wirklich", lächelte Albus sie freundlich an.
Miriam schnaubte abfällig, ging aber ohne zu widersprechen mit Selenus.
„Mein Gott ich dachte Elektra Murdoch wäre von den Toten auferstanden. Das Mädchen sieht ihr ja wie aus dem Gesicht geschnitten aus", atmete Minerva erleichtert auf.
„ Ich musste mich auch etwas beherrschen. Ich kann und will es nicht glauben, dass die Tochter einer gefährlichen Todesserin jetzt hier vor uns steht und ernsthaft behauptet sie führe nichts im Schilde", grummelte Moody.
„ Moody, woher willst du wissen dass es ihre Tochter ist? Sie sieht ihr nur ähnlich. Außerdem weiß dieses Mädchen hier nichts über ihre Eltern, so habe ich das zumindest verstanden", schritt Madam Sprout energisch ein.
„ Alastor, du hast recht mit der Vermutung, dass Miriam die Tochter der Todesserin Elektra Murdoch ist. Aber nur weil sie ihre Tochter ist, kannst du sie nicht dazu verurteilen, dass sie böse ist", beschwichtigte Albus Moody.
„ Woher weißt du so sicher, dass sie ihre Tochter ist?", fragte Sirius interessiert.
„ Hundertprozentig sicher bin ich mir da nicht, aber ich würde es für unmöglich halten, wenn Miriam nicht die Tochter von Elektra Murdoch wäre. Ich werde mich aber um Gewissheit bemühen", versicherte Albus ihnen.
„ Ihre Tochter ist auf jeden Fall genauso jähzornig wie ihre Mutter", bemerkte Severus Snape in seiner Ecke. Bisher hatte er sich aus dem Theater herausgehalten.
„ Severus, verwechsele nicht Wut mit Jähzornigkeit. Ich denke, wenn Miriam sich beruhigt hat ist sie ein sehr umgänglicher Mensch", berichtigte Albus ihn.
„ So jetzt ist aber Schluss mit dem Thema, wir haben ein weit größeres Problem am Hals", beendete der Schulleiter die Diskussion. Niemand widersprach oder murrte. Allerdings dauerte diese Besprechung bis Sonnenaufgang, sodass jeder in sein Bett fiel und über so etwas wie Werwölfe gar nicht mehr nachdachte.
