Der Schwur der Waldbewohner
Miriam saß oft am Waldrand auf einem Zaun und sah gedankenverloren zum Schloss hinauf.
Sie brauchte oft Zeit für sich allein. Auch sie machte der Gedanke daran, dass bald nichts mehr so sein würde wie es mal war, nervös. Egal wie der Kampf ausgehen würde, die Welt würde nach diesem Kampf eine andere sein.
Menschen würden aus ihrem Leben verschwinden, die ihr viel bedeuteten.
Sie hatte Angst. Nicht Angst um sich selbst, sondern um ihre Mitmenschen. Früher wären ihr diese Menschen wahrscheinlich egal gewesen, doch nun hatte sie die Wärme kennen gelernt die ihr gewisse Menschen zu geben vermochten und ohne diese Wärme zu leben wäre für sie die Hölle.
„Krieg ist eine schreckliche Sache, aber leider lässt man uns auch hier keine Wahl". Miriam merkte auf und sah hinter sich.
Ein Zentaur mit goldfarbenen Fell und hell blonder Mähne trat neben sie.
„Ich bin Firenze", stellte der Zentaur sich mit einer Verbeugung vor. „Sie sind ganz sicher Miriam. Bei uns im Walde haben Sie einiges Aufsehen erregt. Man sagt, Sie könnten die Wölfe verstehen". Der Zentaur musterte die ziemlich perplexe Miriam.
„Ich kann sie leider nicht verstehen, alles was ich höre ist Knurren und Bellen", erklärte Miriam hastig.
„Noch sind Sie noch nicht soweit, aber es wird die Zeit kommen".
„Ja irgendwann, wenn ich alt und runzlig bin", erwiderte Miriam ein wenig genervt.
„Garantiert früher", gab der Zentaur mit einem kaum merkbaren Lächeln von sich.
„Guten Abend, Firenze", grüßte Remus Lupin.
„Guten Abend. Mr. Lupin", antwortete der Zentaur höflich.
„Ich muss zurück in den Wald. Viel Erfolg mit Ihrem Kampf", verabschiedete Firenze sich und verschwand dann wieder in der Dunkelheit des verbotenen Waldes.
„Du bist nervös, das merke ich schon seit einer Woche. Ist es der Kampf?", fragte Remus vorsichtig.
„Ja, ich habe Angst. Angst um euch", gab Miriam zu.
„ Ich will jetzt nicht sagen, dass du keine Angst zu haben brauchst, aber vergiss bitte nicht in der ganzen Angst auch einen kleinen Hoffnungsschimmer zu sehen.
Du kannst nicht mit uns kämpfen, aber uns reicht es schon wenn du in Gedanken bei uns bist, wenn du fest an uns glaubst. Es würde auch dir helfen", ermunterte Remus sie.
„Warum darf ich nicht euch kämpfen?", fragte Miriam leicht säuerlich.
„ Bitte sein nicht eingeschnappt oder so, aber du hast einfach keine Erfahrungen im Kampf gegen solche Gegner", versuchte Remus ihr schonen klarzumachen.
„Du hast leider Recht", stimmte ihm Miriam zu.
„Aber seid vorsichtig. Ich kenne euch zwar erst seit kurzem, aber ich würde es nie verkraften wenn ihr streben würdet".
„Das werden wir. Aber ich kann nichts versprechen, Miriam".
„Ich weiß".
Miriam übernachtete in Hagrids Hütte, oben im Schloss wurden gerade die letzten Vorbereitungen getroffen für den schweren Kampf, nämlich den dringend benötigten Schlaf.
Hagrid blieb im Schloss. Kurz vor Sonneaufgang wollten sie aufbrechen. Voldemort hatte in einem nahe gelegenen Schloss Stellung bezogen.
Die junge Frau jedoch dachte noch nicht einmal an Schlaf. Die Angst hatte ihr in den letzten zwei Stunden fast den Verstand geraubt. Sie wusste es konnten nicht alle zurückkehren, selbst wenn Dumbledore und seine Armee gewinnen würden. Was wenn Remus, Sirius oder Selenus nicht wiederkehren würden? Oder alle drei? Oder niemand? Dann waren sie alle verloren.
Die Sonne war schon wieder aufgegangen und Dumbledore war vor etwa einer halben Stunde mit seiner nicht gerade kleinen Armee aufgebrochen.
Nach etwa einer Stunde ging Miriam nach draußen, der Raum engte sie ein. Wenn sie Angst hatte oder sich beklemmend fühlte, hielt sie es nie in geschlossenen Räumen aus.
Die Schule war menschenleer, die Schüler waren nach Hause geschickt worden. Kein Licht brannte. Über dem gesamten Gelände schien Todesstille zu liegen.
Doch nicht alle waren in den Kampf gezogen, aus dem Wald ließ sich Wolfsgeheul vernehmen.
Vögel zwitscherten aufgeregt in den Kronen des Baumes.
Das Wolfsgeheul kam näher an sie heran, und je näher sie kamen und desto lauter sie wurden verstand Miriam ihr Heulen als eine Art Namen der sich mehr und mehr nach ihrem eigenen anzuhören schien. Spielte ihr Gehör ihr einen Streich?
Plötzlich verstummte das Geheul. Wieder herrschte Totenstille.
Dann schien die Erde zu vibrieren, am Boden klapperten kleine Steine, sie sprangen höher und höher.
Sie hörte das Brechen des Unterholzes. Mit atemberaubendem Tempo rannten Wölfe, die so riesig waren dass ihre Köpfe beinahe über den Miriams ragten, nur das Alphatier war tatsächlich größer als Miriam. Noch nie zuvor hatte Miriam so große Wölfe gesehen. Den Wölfen folgten Zentauren, Einhörner, Elfen und andere magische Wesen die im magischen Wald hausten.
Neben ihr stoppte Firenze, der Zentaur.
„Miriam, Gott sei Dank, dass Sie hier sind. Steigen Sie auf. Dumbledores Gruppe steckt in Schwierigkeiten". Ohne eine Antwort abzuwarten griff er nach ihrem Arm und zerrte sie auf seinen Rücken. Kaum saß Miriam richtig auf seinem Rücken galoppierte Firenze schon wieder los.
„Die Wölfe haben Sie gerufen, richtig? Sie haben sie verstanden, oder?", fragte Firenze sie, es grenzte beinahe an ein Wunder dass Miriam ihn verstand.
„Ja, aber warum?", fragte Miriam und sie musste fast schreien.
„ Weil du in diesem Jahrhundert unser so genanntes „Werwolfsherz" hast und das ermöglich es dir die Werwölfe und die Wölfe zu verstehen. Die bist gegen die Werwölfe immun, aber du kannst sie dennoch verstehen. Du wurdest gebissen, hast dich aber nicht verwandelt. Dennoch wird in deinem Blut auch immer ein kleiner Teil des Werwolfes fließen", erklärte ihr Firenze.
„ Du hast mir erklärt warum ich sie verstanden habe. Ich habe gefragt warum sie mich überhaupt rufen".
„Voldemort hat viele Werwölfe auf seiner Seite. Wenn sie dich sehen, werden sie in dir ihre Herrin erkennen. Damit hätten wir die Werwölfe auf unserer Seite".
„Aber wir haben doch gar keinen Vollmond. Wenn ich dich richtig verstanden habe, kann ich nur den Werwölfen befehlen.
Wir Bewohner des Waldes haben so etwas wie einen Pakt mit Dumbledore. Sollte das Schloss oder seine Bewohner in wirklich großer Gefahr sein, sind wir dazu verpflichtet mit allen Mitteln gegen den Feind anzugehen, sonst halten wir uns aus den Kämpfen der Menschen heraus. Dumbledore und seine Armee sind größtenteils Bewohner des Schlosses, also haben wir uns nun zusammengefunden".
„Stimmt, aber Voldemort hat den Werwölfen eine Droge verabreicht, die verhindert dass sie sich für ungefähr einen Monat verhindert dass die Werwölfe sich zurück verwandeln".
Miriam wäre fast von Firenze heruntergefallen. Maggien, Lindsay und Irene mussten einen ganzen Monat in Werwolfsgestalt verbringen. Irene würde das nie überleben, Maggien hatte immer Angst vor dem Werwolf gehabt und Lindsay war nur eine gesteigerte Form von Maggien.
Wie aber sollte sie an die Werwölfe herankommen, ohne dass sie sie zerfetzten, bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte? Wie stellte Firenze sich dass überhaupt vor?
Plötzlich hielten sie an. Sie standen vor einem menschenleeren verwüsteten Schlachtfeld. Nur die Toten waren zurückgelassen worden, oder diejenigen die nur noch darauf warteten zu sterben und von ihren Qualen erlöst zu werden.
Miriam stieg von Firenzes Rücken und betrat als erste das Schlachtfeld. „ Wir sind zu spät", knurrte die Leitwölfin der Riesenwölfe hinter ihr.
„Das glaube ich nicht. Der Kampf hat doch noch gar nicht so lange angedauert, wie kann er jetzt schon beendet sein?", hauchte Miriam ungläubig.
Von weitem vernahmen sie plötzlich ein leises kaum wahrnehmbares Stöhnen.
Miriam ging diesem Geräusch entgegen.
Der Mann lag flach am Boden, eine Hand und ein halbes Bein fehlten ihm, seine Lippen waren aufgesprungen, in seinem totenblassen Gesicht war kaum noch heile Haut. Seine Kleidung war beinahe vollkommen mit Blut durchtränkt. Seine zerfetzten Ärmel gaben das dunkle Mal frei.
„ Wo sind die Männer von Albus Dumbledore?", fragte Miriam eisig.
„Oben im Schloss und warten auf ihren Tod. Heute um Mitternacht werden alle noch lebenden Gegner hingerichtet", grinste der Todesser höhnisch und verachtend mit letzter Kraft. Dann wurden seine Augen glasig und er hörte auf zu atmen.
„Fahr zur Hölle!", flucht Miriam heftig.
Die Leitwölfin tritt hinter sie.
„Wir stehen hinter dir, wenn du ins Schloss willst", sagte sie mit ihrer tiefen rauen Stimme.
„Und ob ich will", antwortete Miriam ohne lange zu fackeln.
