Tineoida: Danke für Dein Feedback. Ich hoffe, Dich als neue regelmäßige Leserin begrüßen zu dürfen. :)
Isidra: Du bist die Beste!!!
Kapitel 11
Mehr als Schein
Eine lange Zeit über geschah rein gar nichts. Alexa betrachtete die zuckenden Flammen und lauschte dem Knacken der Holzscheite, durch die sich die Glut fraß und irgendwann knackernd zusammenbrachen. Snapes Atemzüge waren unregelmäßig und sie vermutete, dass er Schmerzen hatte, aber sie wusste auch, daß sie den Bogen nicht überspannen durfte, indem sie ihn darauf ansprach – vielleicht würde er versuchen, sie hinauszuwerfen und in seinem Zustand würde das nicht sonderlich gut für ihn sein.
Und Alexa hatte auch nicht vor zu gehen. Mitternacht schlug auf der kleinen Uhr im Regal und der Samstag war angebrochen. Sie hatte Zeit. Was erwartete sie denn auch? Ein einsamer Schlafsaal und eine Unmenge von Büchern und Hausaufgaben, bei denen sie kaum noch nachkam, seit sie den Sonderunterricht bei Snape nahm. So blieb sie still sitzen und wartete. Worauf sie wartete, konnte sie noch nicht einmal so genau sagen.
Irgendwann hob sie den Blick und sah, dass Snape sie beobachtete. Seine Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammengepresst, aber sein Blick so bohrend wie eh und je.
„Sie sind eine Landplage. Ich weiß nicht, warum ich mir Ihre Gegenwart überhaupt antue."
Alexa lächelte schmal. Sein Angriff prallte an ihr ab, denn er war nur verbaler Art gewesen. Daran hatte sie sich langsam gewöhnt.
„Weil Sie im Moment keine Alternative haben, Professor." Sie erhob sich in einer schnellen Bewegung. „Ich denke, es ist besser, wenn ich Madam Pomfrey informiere."
Snapes Hand schoß vor und umfasste ihr Handgelenk. Die Berührung überraschte Alexa, denn sie war auffallend sanft. Es war wie jener seltsame Moment, den man so oft beschrieben fand – der Moment, in dem man eine Schlange berührte und feststellte, dass sie nicht kalt und glitschig, sondern warm und weich war.
„Sie werden gar nichts tun." Mit unendlicher Langsamkeit erhob sich Snape und ließ sie dann los. „Ich kann diese verfluchte Krankenschwester für verweichlichte Schüler nicht ausstehen."
Alexa musterte ihn prüfend. Das Rot der verletzten Haut in seinem Gesicht kontrastierte in krassester Art und Weise mit seinem totenbleiben Gesicht. Er schwankte kurz, als er einen Schritt vom Lehnstuhl fortmachte. Schnell sprang Alexa vor und griff ihm kurzerhand unter den Arm. Er wollte sie abschütteln, doch er schaffte es nicht – oder er versuchte er nicht wirklich.
„Wenn Sie hier zusammenbrechen, Professor, dann werde ich sie wohl oder übel holen müssen. Sie brauchen Ruhe und Ihre Machtspielchen werden Ihnen sicher nicht helfen, sich zu erholen."
Snapes Mundwinkel zuckten kurz, als er sie ansah.
„Und das von Ihnen, Miss Hammond."
‚Wüsste ich es nicht besser würde ich denken, er ist amüsiert', dachte Alexa bei sich und sagte dann entschlossen: „Ich bringe Sie in Ihre Räume."
Snape gab ein Geräusch von sich, das Alexa verwundert als kurzes, trockenes Auflachen identifizierte. Dann nickte er knapp.
„Die Tür hinter dem Schreibtisch. Und bilden Sie sich nichts darauf ein."
Alexa schüttelte den Kopf, gleichzeitig um zu verneinen und aus verwunderter Resignation über sein Verhalten. Zumindest war sie froh, dass er seine starrköpfige Haltung aufgegeben hatte.
Die Tür hinter dem Schreibtisch führte in einen Gang, die von zwei matten Lichtern beleuchtet war und zu einer weiteren Pforte führte. Sie kamen nur langsam voran, da Snape offenkundig nicht nur im Gesicht verletzt war und leicht humpelte. Nach dem Passieren der zweiten Tür standen sie in einem langen, düsteren Korridor, den Alexa noch niemals gesehen hatte. Snape wies nach rechts und sie gingen noch einige Schritte bis zum Ende des Ganges, bis er stehenblieb, nach seinem Zauberstab griff und auf eine Stelle der gemauerten Wand tippte.
Diese verschwand und offenbarte in der schwindenden Illusion eine schwere Pforte aus dunklem Eichenholz. Alexa zauderte nicht, sondern drückte die Klinke hinunter und führte Snape in sein Refugium, das vor ihr wohl kein Schüler gesehen haben mochte. Sie sah sich um, als ein Kronleuchter hoch über ihrem Kopf jäh aufflammte und ihre Kinnlade klappte nach unten. Sie mussten sich unten in einem der Türme befinden, denn der Raum war kreisrund und wurde von einem ebenso runden Tisch dominiert, auf dem sich zahlreiche Gerätschaften befanden – doch nichts, was darauf hindeutete, dass hier ein Lehrer für Zaubertränke residierte. Der Zweck der Apparaturen entzog sich vollkommen Alexas Kenntnis. Wohin sie auch blickte, die Wände waren mit Regalen aus schwarzem Holz verkleidet und nur kleine Schächte weit oben schienen dazu bestimmt zu sein, das Licht des Tages einzulassen. Selbst über dem Türsturz über ihr befanden sich Bücher.
„Genug gestarrt?" Snapes Stimme schnitt scharf in die Stille. „Bewegen Sie sich."
Eine weitere Tür führte schräg links von ihr weiter und sie führte ihn hindurch in einen kleinen Vorraum. Einziger Zierrat hier war ein grosser Kleiderschrank, die Türen bedeckt mit kunstvollen Schnitzereien. Alexa sah im flackernden Lichtm das aus dem Turmzimmer drang, ein kunstvolles Geflecht von Greifen und Drachen in verschlungenem Kampf. Eine angelehnte Tür zweigte zu ihrer Linken ab, ein Durchgang führte geradeaus. Snape machte ein ungeduldige Geste dorthin und so brachte sie ihn in sein Schlafzimmer. Auch hier gab es einige kleine Lichtschächte, hinter denen die Dunkelheit der Winternacht lag. Im Zimmer flackerten auf einen gemurmelten Befehl Snapes hin Kerzen von Leuchtern an den Wänden auf. Alexa sah, dass der Raum im Gegensatz zu dem verschwnderischen Schatz von Büchern in der Bibliothek bis auf das Bett und einen Nachttisch vollkommen leer war. Das Bett, ein trutziges Ungetüm aus viktorianischen Zeiten, mit eine Himmel aus mattem, schwarzen Stoff, stand mitten im Raum.
Snape löste sich von ihr und machte einige Schritte auf das Bett zu. Dann verharrte er.
„Werden Sie zurechtkommen?", fragte Alexa leise, vollkommen eingenommen von den Eindrücken, die sie bestürmten. Snape nickte knapp und mied ihren Blick. Seine Anweisungen ware wie stets knapp und präzise, wenn auch mit einer Müdigkeit in der Stimme vorgebracht, die Alexa berührte, obgleich sie wußte, dass sie das nicht sollte.
„Es ist gut. Sie können gehen. Wir sehen uns am Montag. Folgen Sie einfach dem Gang draußen in die andere Richtung."
Alexa nickte leicht, obgleich er es nicht sah und zog sich dann zurück. Zu weit schon war sie in sein Reich vorgedrungen, hatte zuviel gesehen von dem, was er war und wie er lebte. Ein Teil der Illusion, die ihn umgab, war von ihm abgefallen wie Blätter von einem Baum, der nun nackt und bloß vor ihren Augen lag. Schwäche, Schmerz, Scham, Stolz. Alles hatte sie gesehen, aber was sie wirklich erschreckte, war die Gewißheit, dass sie in dieser Nacht, wenn sie in ihrem Bett lag, an ihn denken würde.
