Meinen beiden Review-Damen Tineoida und Isidra einen herzlichen Dank!!!

Kapitel 13

Von Angesicht zu Angesicht

Charlotte Hammond schloss auf dem Gleis ihre Töchter herzlich in die Arme und hatte sogar ein paar Tränen in den Augen.

„Ach, meine beiden kleinen Mädchen!", schniefte sie und Alexa musste lachen. Sie hatte Ronan nicht bei den Eltern gesehen, die ihre Kinder vom Hogwarts Express abholten und war ein wenig erleichtert, auch wenn ihr klar war, dass es nur aufgeschoben war.

„Mama, wir sind größer als Du!", erinnerte sie scherzhaft und blickte ihre zarte Mutter voller Zuneigung an. Charlotte war noch immer eine sehr hübsche Frau und die beste Mutter der Welt, wie Alexa fand. Liza hakte sich bei ihrer Schwester unter und grinste.

„Genau", bestätigte sie. „Oh, Mum, Du wirst nicht glauben, was das für ein aufregendes Schuljahr bisher war. Bei Quidditch -"

Abwehrend hob Charlotte die Hände.

„Kinder, erzählen könnt Ihr zuhause, es ist ganz schön kalt hier draußen. Allerdings dachte ich, dass Ihr zuerst einen Ausflug in die Winkelgasse-?"

Liza machte einen Luftsprung und eilte schon vor zum Ausgang, um sich noch im Vorübergehen bei ihren neuen Freundinnen zu verabschieden. Charlotte drehte den Kopf zu ihrer Ältesten und lächelte sie an.

„Du bist blass, mein Liebling. Du lernst zuviel, oder?"

Alexa nickte leicht und verzog das Gesicht, weil sie sich beim Lügen unwohl fühlte.

„Der Abschluss steht ja kurz bevor und es gibt einige Fächer, in denen ich mit meinen Noten nicht zufrieden bin."

„Ich bin sicher, bei einem Einkaufsbummel wirst Du das sehr schnell vergessen."

Und so begaben sie sich durch Londons Innenstadt zum „Tropfenden Kessel", um über seinen Hinterhof in die belebte Einkaufsstrasse der Zauberer zu gelangen. Liza wollte wie immer alles auf einmal kaufen und Charlotte erfüllte ihr den einen oder anderen Wunsch schon einen tag vor Weihnachten, aber es wanderten auch, als sie sich trennten, viele verpackte Geschenke in ihrem Einkaufsbeutel.

Alexa schlenderte alleine herum und freute sich an den farbenprächtigen Auslagen und dem Schnee, der sich auf ihr Haar legte. Für Liza kaufte sie ein Buch über die besten Taktiken beim Quidditch und für ihre Mutter einen eleganten Seidenschal, der seine Farbe sich der dazu getragenen Kleidung anpasst. Als sie aus dem Bekleidungsgeschäft trat, meinte sie, aus dem Augenwinkel etwas Schwarzes gesehen zu haben. Doch als sie sich umdrehte, war dort nichts und sie musste sich über sich selbst wundern – hatte sie wirklich vermutete, dass Snape hier war? Kopfschüttelnd ging sie weiter und traf nach einigen Minuten ihre Familie wieder.

Ihre Mutter verstaute ein letztes Päckchen in ihrer Tasche und blickte fragend zu Alexa und Liza.

„Was habt Ihr für Euren Stiefvater?"

Liza wedelte mit einem Paket.

„Gute Zigarillos", sagte sie leichthin und Alexa fühlte wie ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Zigarillos. Die stanken furchtbar, wenn sie auf Fleisch trafen. Alexa ballte die Hand zu Faust, an der er sie mit der heißen Glut verletzt hatte.

Charlotte runzelte die Stirn und missinterpretierte die Geste.

„Alexa, Schatz, ich weiß, dass es für Dich nicht leicht ist nach dem Tod Deines Vaters, aber kannst Du nicht wenigstens versuchen, nett zu Ronan zu sein? Mir zuliebe." Alexa bekam gerade noch ein knappes Nicken hin. „Ich habe das natürlich vorausgesehen und etwas für ihn besorgt, das Du ihm schenken kannst. In Ordnung?"

Ein erneutes Nicken und dann ein Lächeln. Alexa fühlte sich elend und sie verbrachte den gesamten Rückweg nach Hause in düsterem Schweigen, das ihre Mutter sichtlich betroffen machte, aber Alexa konnte nicht anders. Zuviel lag ihr auf der Zunge, zuviel, das sie noch nicht sagen durfte.

Das kleine Haus lag in einem Londoner Vorort gut versteckt in einer Häuserzeile der Muggel und obwohl sie sich freute, es zu sehen, krampfte sich ihr Magen erneut zusammen, als sie durch die Eingangstür trat und den Mantel an die herbeieilende Garderobe gehängt hatte. Mit dem Koffer in der Hand ging sie schnell und ohne ein weiteres Wort zu verlieren erst einmal in ihr Zimmer. Alles war unverändert, und doch schien über dem Raum eine Wolke zu hängen, die auf sie herabzustürzen drohte.

Mit mechanischen Gesten räumte sie den Koffer aus und den Inhalt in die Schränke, dann setzte sie sich an ihren Schreibtisch und sah die Post ein, die ihre Mutter ihr noch nicht per Eule geschickt hatte. Mit einem Seufzen ließ sie irgendwann die Pergamente sinken und starrte aus dem Fenster, vor dem weiße, dichte Flocken zu Boden fielen.

Es wurde schon dunkel, ein dämmriges Grau übernahm den tief hängenden Himmel und war nicht dazu geeignet, ihre Stimmung zu heben. Da hörte sie Schritte auf der Treppe und erstarrte. Kurze Zeit darauf öffnete sich ihre Zimmertür, ohne dass daran geklopft worden war.

„Deine Mutter sitzt unten im Salon und weint sich die Augen aus. Was hast Du dazu zu sagen?"

Alexa drehte sich langsam auf dem Stuhl um und erhob sich dann langsam. Sie konnte es nicht ertragen, vor Ronan klein zu erscheinen, erst recht nicht, weil sie nun wusste, wessen er verdächtigt wurde. Wie sehr hoffte sie, dass er sie in Ruhe ließ und sie Zeit fand, sich in seinem Büro im Keller genau umsehen zu können.

Hass wallte in ihr auf und sie konnte sich nur mühsam beherrschen. Ihr Entschluss, bei Snape weiterhin zu lernen, wurde durch dieses kalte Gefühl nur noch verstärkt. Ja, er sollte leiden. Und wenn es ihr nicht gelingen sollte, ihn zu überführen und ihm zu beweisen, dass er ein Todesser war, dann musste sie alleine handeln und dazu brauchte sie die Macht, die Snape ihr bot.

Alexa hob das Kinn.

„Ich werde mich selbstverständlich bei ihr entschuldigen."

Ronans Miene verdüsterte sich und in seinen kalten, wasserblauen Augen zeigte sich verärgertes Erstaunen. Er war ein attraktiver Mann Mitte vierzig, dem man auf der Straße nachblickte, weil seine kräftige, große Gestalt mit dem schwarzen Haare unverwechselbar war. Doch in seinem Gesicht und um seine Mundwinkel lag stets ein grausamer, spöttischer Ausdruck. Wie oft hatte Alexa sich gefragt, warum ihre Mutter es niemals bemerkt hatte.

„Du bist schon wieder aufsässig, Alexa und Du weißt, was das nach sich zieht." Er trat näher, aber sie wich nicht zurück. Angst paralysierte sie, aber auch ein kleiner Teil Trotz verbot ihr, dieses Mal zurückzuweichen. Seine Stimme war trügerisch sanft und leise. „Du und ich, wir haben unser kleines Geheimnis, meine Süße. Und es würde mir gar nicht gefallen, wenn es jemand anderes erfährt. Es kann so vieles passieren."

„Ich weiß", flüsterte Alexa. Ronan lachte leise auf und legte ihr die Hand auf die Schulter, in die Nähe ihres Nackens. Es war keine väterliche Geste, auch wenn es für einen Außenstehenden so wirken mochte. Voller Ekel ließ Alexa es geschehen.

„Willkommen zuhause."

Er ließ sie los und verließ das Zimmer, wohl um wieder nach unten zu gehen und scheinheilig ihre Mutter zu trösten. Alexa starrte noch eine Weile auf die Tür und atmete zittrig. Es würde etwas passieren. Auf die eine oder andere Weise. Bald.