Bia: Danke für die anhaltenden Reviews. Ich hoffe, in nächster Zeit genug Muße zum Schreiben zu finden, da ich umziehen werde.

Kapitel 23

Neue Wege

Der Gedanken, den Alexa als Erstes fassen konnte, war sehr selbstironisch – irgendwie starb sie einfach nicht. Eine klinisch weiße Zimmerdecke, weiße Vorhänge um ihr Bett und ebensolche Laken drängten sich in ihr Bewusstsein mit einer Aufdringlichkeit, die ihr Kopfschmerzen bereitete hätte, wenn sie nicht gewusst hätte, dass ihr ganzer Körper unter der Einwirkung von Heil und Anti-Schmerz-Zaubern stand. Ihr Bewusstsein war leer, nur hin und wieder schoben sich Bilder in ihren Kopf, die ihr vermittelten, was geschehen war und doch gab es nur noch bestimmte Momente, an die sie sich erinnern konnte. Doch sie genügten, um Alexa vor Pein und Scham die Augen wieder schließen zu lassen.

Ja, sie hatte überlebt, erneut, doch wozu? Ronan war entkommen, den Weg bereitet durch Severus Snape, dem sie vertraut hatte. Und das Schlimmste war – sie sah die Gesichter ihrer Mutter und Schwester vor sich, denen sie alles erzählen musste. Unglaube, Mitleid, Selbstvorwürfe. Alexa wollte das nicht erleben. Sie hasste es schon, selbst damit fertig werden zu müssen – und es nun auch noch auf ihre Familie abzuwälzen, das war unerträglich.

Eine Tür klappte und der Vorhang an ihrem Bett wurde beiseite geschoben. In einer fast schrillen lavendelfarbenen Robe trat Albus Dumbledore heran und blickte mit einem gütigen Lächeln über den Rand seiner halbmondförmigen Brillengläser auf sie hinunter. Dann setzte er sich auf den Stuhl neben dem Bett und faltete die langen Hände mit einem bedeutungsvollen Räuspern auf der Matratze.

„Es ist vieles geschehen, Miss Hammond", sagte er bedächtig. „Vor allem: ihre Mutter ist auf dem Weg der Besserung und Ihre Schwester erholt sich auf Hogwarts. Beide sind sehr besorgt, aber ich habe sie soweit beruhigen können, dass es Ihnen gut geht, Alexa, und Sie sie bald sehen werden."

„Das ist gut", gab Alexa leise zurück, doch sie blieb innerlich seltsam teilnahmslos. Dumbledore seufzte tief.

„Es bleibt nun zu überlegen, wie wir weiter vorgehen."

„Wir?" Verwirrt blickte Alexa den Schulleiter an. „Was meinen Sie, Professor? Sie haben eine Menge zu tun. Ihr Zaubertranklehrer ist ein Todesser." Sie blickte dem weisen Zauberer in die Augen und als sie dort kein Aufflammen von Entsetzen erkennen konnte, seufzte sie leise. „Sie wissen es, nicht wahr?"

Dumbledore neigte leicht den Kopf.

„Ja, ich weiß es. Und das ist der Kernpunkt des Problems. Professor Snape ist seit einigen Jahren für mich in den Reihen der Anhänger Voldemorts tätig." Alexa zuckte zusammen und Dumbledore schmunzelte. „Den Namen sollte man aussprechen, dann verliert er seinen Schrecken. – Nun denn, Severus hat mir alles berichtet."

„Das kann ich mir denken." Dem Blick des Schulleiters ausweichend, sah Alexa zur Decke und verbarg ihre hilflose Wut hinter einem sarkastischen Tonfall. „Das Problem ist nun, dass die Todesser und Ronan denken, dass ich tot bin. Wenn ich also gesund und munter in die Schule zurückkehre, wird das Folgen für Snape haben."

„Professor Snape", korrigierte Dumbledore sie sanft, aber bestimmt, dann nickte er und lehnte sich unbehaglich auf dem Besucherstuhl zurück. „Ich habe über einigen Lösungsmöglichkeiten nachgesonnen, doch keine erscheint mir wirklich reizvoll. Die volle Entscheidungsfreiheit liegt bei Ihnen, Miss Hammond, und ich beneidet Sie nicht um diese Aufgabe."

Mit einer müden Bewegung winkte Alexa ab und ließ die Hand auf die Bettdecke fallen.

„Was kann denn jetzt noch kommen, Professor Dumbledore, bei allem Respekt? - Ich habe genug von dem, was mir passiert ist und erst Recht genug von dem, was Sie mir anbieten. Und es ist mir mit Verlaub scheißegal, was mit Snape passiert!"

Die letzten Worte hatte sie fast geschrieen, doch der Schulleiter zeigte sich unbeeindruckt, im Gegenteil. Er nahm ihre Hand in seine und blickte sie fest an, Gram in der Stimme und in den Falten seines Gesichtes.

„Mein liebes Kind, ich wusste erst viel zu spät Bescheid über das, was Ihnen zugestoßen ist und ich teile Ihre Unmut gegen Severus, dass er mir gegenüber so lange geschwiegen hat. Aber ich glaube nicht, dass Sie bereit wären, ein so großes Unternehmen wie das, in das Severus verstrickt ist und von dem wir alle in irgendeiner Weise abhängen, zu boykottieren. Verbieten können wir es Ihnen freilich nicht."

Alexa schluckte und presste ihre zitternden Lippen zusammen.

„Es – es ist ja nicht einmal so, dass er das alles nicht für sich hätte behalten sollen", brachte sie hervor und schloss dann abrupt den Mund. Wie konnte sie dem Schulleiter erklären, dass es sie am meisten schmerzte, dass Snape im Kreis der Todesser das in den Schmutz gezogen hatte, was ihr heilig gewesen war – jene Stunden in Snapes Gemächern? Es mochte in den Augen Dumbledores vielleicht bedeutungslos erscheinen im Vergleich zu dem, was Ronan ihr angetan hatte doch Snapes Verrat reichte tiefer – er hatte ihre kindischen Hoffnungen enttäuscht und ihr vorgehalten, dass sie zu naiv gewesen war, eine Mann zu vertrauen, dessen Ruf und Charakter sie hinreichend kannte. „Sagen Sie, was habe ich für Möglichkeiten?"

Albus Dumbledore faltete die Hände über dem Bauch und runzelte für einen Moment die Stirn, dann nickte er, so als wolle er sich selbst daran erinnern, dass sie ihm gerade eine Frage gestellt hatte.

„Wir könnten Sie und Ihre Familie im Ausland unterbringen, an einem entlegenen Fleck der Welt, in den Voldemorts Anhänger noch nicht vorgedrungen sind. Timbuktu soll um diese Jahreszeit ganz entzückend sein", sinnierte der Zauberer und Alexa brauchte einen Moment, um das Zucken in Dumbledores Mundwinkeln zu entdecken.

„Ist mir zu einsam", gab sie trocken zurück.

„Natürlich ist es das. Ich hatte da eher eine andere Lösung, die Ihnen sicher besser gefällt. Zumal ich annehme, dass Sie gerne Ihren Abschluss machen würden, nicht wahr?"

Alexa starrte ihn verwundert an und begriff dann.

„Ich darf nach Hogwarts zurück? Aber wie-? Und was ist mit – mit meiner Familie? Dürfen Sie es wissen?" Und was war mit Kelly? Alexa musste zugeben, dass sie ihre beste Freundin vollkommen vergessen hatte und es war ihr peinlich. „Ich könnte nicht ertragen, wenn Sie denken müssten-."

Dumbledore hob abwehrend die Hände.

„Nein, das ist ja gar nicht nötig. Ihre Familie und Ihre engen Freunde werden davon unterrichtet und die Information wird so in ihr Gedächtnis eingebettet, dass kein noch so starker Zauber sie herauspressen könnte. Was allerdings Ihr Leben angeht, Miss Hammond und Ihre Identität – die werden Sie aufgeben müssen. Zumindest so lange, bis Voldemort endgültig vernichtet ist. Professor Snape hat für Sie dieses hier entwickelt." Er kramte in den Taschen seiner Robe herum und förderte nach einer kleinen Weile eine Phiole mit einem matten, grauen Inhalt hervor. „Es ist ein verbesserter Vielsafttrank, den Sie einmal die Woche einnehmen müssen um die Wirkung zu garantieren."

„In wen werde ich mich verwandeln?"

„Oh, das werde Sie schon erfahren, wenn es Ihnen besser geht."

Dumbledore kicherte, dann stand er auf, verabschiedet sich höflich und verschwand hinter dem Vorhang. Alexa hatte den Eindruck, dass noch eine Menge auf sie zukam.